Richter [3]

Richter [3]

Richter, 1) Jean Paul Friedrich, unter dem Namen Jean Paul berühmt gewordener Schriftsteller, geb. 21. März 1763 in Wunsiedel als Sohn eines Rektors und Organisten, gest. 14. Nov. 1825 in Bayreuth, verbrachte seine Kindheitsjahre, seit 1765, in dem Dorfe Joditz bei Hof, besuchte erst seit 1776 in dem nahen Schwarzenbach, wohin sein Vater versetzt worden war, regelmäßig die Schule, gewann aber die wesentlichsten Anregungen aus einer von früh an lebhaft, freilich auch wahllos betriebenen Lektüre, über die er in dicken Folianten ausführliche Auszüge eintrug. Um Ostern 1779 bezog er das Gymnasium in Hof. Durch den bald darauf erfolgten Tod des Vaters und der Großeltern geriet er mehr und mehr in materielle Bedrängnis, die ihn aber nicht hin derte, Ostern 1781 die Universität Leipzig zu besuchen, um Theologie zu studieren. Doch nahm er es mit den Studien (nur der Philosoph Platner fesselte ihn eine Weile) nicht sehr ernst und wandte sich bald ausschließlich der literarischen Tätigkeit zu, durch die er sich auch leichter über die äußere Not hinweghelfen zu können hoffte. Von bekannten Schriftstellern wirkten jetzt außer Hippel, der schon auf der Schule sein Lieblingsautor gewesen war, Rousseau und die englischen Humoristen und Satiriker stark auf ihn ein. Für sein erstes Buch, das nach des Erasmus' »Encomium moriae« verfaßte »Lob der Dummheit«, in dem er die Dummheit redend einführt, fand er keinen Verleger (es wurde erst lange nach Jean Pauls Tode bekannt). Besser ging es den des Dichters Eigenart schon deutlich verratenden »Grönländischen Prozessen«, die wenigstens einen Verleger fanden (Berl. 1783), wenn sie auch von dem Publikum und der Kritik sehr kühl aufgenommen wurden. Um den drängenden Gläubigern zu entrinnen, begab sich R. Ende 1784 heimlich von Leipzig hinweg und traf vom Frost erstarrt in Hof bei der Mutter ein, von wo es ihm auch in den nächsten Jahren nicht gelingen wollte, literarische Beziehungen anzuknüpfen, die seiner Not hätten ein Ende machen können. Erst zu Anfang 1787 bot sich dem Dichter wenigstens ein Unterkommen als Hauslehrer dar, er übernahm den Unterricht eines jüngern Bruders seines Freundes Örthel in Töpen. Seine dortige Stellung war jedoch unbehaglich, und schon im Sommer 1789 kehrte er nach Hof zurück. Inzwischen schrieb er neue Satiren u. d. T.: »Auswahl aus des Teufels Papieren« (Gera 1789), die ebensowenig Aufsehen erregten wie Jean Pauls Erstlingswerk. Im März 1790 übernahm er aufs neue ein Lehramt. Einige Familien in Schwarzenbach beriefen ihn zum Unterricht ihrer Kinder, und jetzt betrieb der Dichter sein Amt in angenehmen persönlichen Verhältnissen mit wahrhaft begeisterter Freudigkeit. Die Sonntagsbesuche in Hof gewährten erquickliche Erholung, und in dem damals mit seinem dortigen Freund Otto immer inniger geschlossenen Herzensbund erwuchs ihm ein köstlicher Besitz für sein ganzes späteres Leben. Um jene Zeit entstanden einige kleinere Humoresken: »Die Reise des Rektors Fälbel und seiner Primaner«, »Des Amtsvogts Freudels Klaglibell über seinen verfluchten Dämon« und das »Leben des vergnügten Schulmeisterleins Maria Wuz in Auen thal«. Sogleich nach Vollendung des »Wuz« begann R. einen großen Roman, dessen Plan ihn schon länger beschäftigte. Während der Arbeit zwar verflüchtigte sich der ursprüngliche Plan, die »Unsichtbare Loge« (Berl. 1793, 2 Bde.) blieb unvollendet; »eine geborne Ruine« nannte der Dichter selbst sein Werk, in dem neben einzelnen unvergleichlich schönen Stellen bereits die ganze Unfähigkeit Jean Pauls zu plastischer Gestaltung, die maßlose Überwucherung der phantastischen Elemente und alles, was sonst den reinen Genuß an seinen Dichtungen stört, zutage trat. Gleichwohl bildet das Erscheinen des Buches in Jean Pauls Leben einen Wendepunkt günstigster Art. Im Herbst 1792 legte er seine Hand an ein neues Werk, den »Hesperus« (Berl. 1795), der sich gleich der »Unsichtbaren Loge« eines großen Erfolgs beim Publikum erfreute. Seit dem Frühling 1794 wieder in Hof bei der Mutter weilend, schrieb er in den nächstfolgenden Jahren: »Das Leben des Quintus Fixlein« (Bayr. 1796), ein humoristisches Idyll wie das »Leben Wuz'«, nur in breiterer Anlage; die »Biographischen Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin« (Berl. 1796), ein Romantorso mit satirischem Anhang; die »Blumen-, Frucht- und Dornenstücke, oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten Siebenkäs« (das. 1796–97, 4 Bde.), in gewissem Sinne die beste Schöpfung des Dichters, der in den Persönlichkeiten des sen timen talen Siebenkäs und des satirischen Leibgeber die entsprechenden Elemente seiner eignen Natur zu verkörpern versuchte. Noch während der Arbeit an dem letztgenannten Roman empfing Jean Paul eine briefliche Einladung nach Weimar, von weiblicher Hand geschrieben. In der Ilmstadt, meldete die Briefstellerin, die sich Natalie nannte (welchen Namen der Dichter alsbald einer Gestalt im »Siebenkäs« anheftete), seien die besten Menschen von Jean Pauls Werken entzückt. Ohne Verzug folgte dieser dem Ruf. Seine Aufnahme übertraf alle seine Erwartungen; vor allen andern begegnete ihm Charlotte v. Kalb (die pseudonyme Briefschreiberin) mit glühender Verehrung. Jean Paul hat von ihr manche Züge für die Schilderung der hypergenialen Linda im »Titan« entlehnt. Zurückhaltender empfingen Goethe und Schiller den Hesperusverfasser, der sich in Weimar meist im Kreis des ihm wahlverwandten Herder bewegte. In jene Zeit fallen die Anfänge des »Titan«, die Abfassung des »Jubelsenior« (Leipz. 1797) und die Schrift »Das Kampanertal, oder: Die Unsterblichkeit der Seele« (Erfurt 1798). Im Sommer 1797 trat eine neue weibliche Gestalt auf die Lebensbühne des Dichters, Emilie v. Berlepsch, eine junge und schöne Witwe, mit der Jean Paul eine Reihe wunderlich exaltierter Szenen durchmachte. Fast hätte eine (vermutlich unglückliche) Heirat den dramatischen Abschluß gebildet. Im Oktober 1797 führte eine Reise nach Leipzig den nun berühmt Gewordenen auf den Schauplatz seiner einstigen Kümmernis, und jetzt drängten sich die Bewunderer um ihn. 1798 folgte auf Einladung der Herzogin Amalie ein abermaliger Besuch in Weimar. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hildburghausen (Frühjahr 1799), wo er vom Herzog den Titel eines Legationsrats erhielt, ging Jean Paul nach Berlin, in der Absicht, sich dort dauernd niederzulassen. Im Mai 1801 verheiratete er sich daselbst mit der Tochter des Tribunalrats Meyer, aber eine vom König erbetene Versorgung blieb versagt. Von den damals entstandenen Werken sind hervorzuheben: »Palingenesien« (Gera 1798, 2 Bde.); »Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf« (das. 1799; unter den hier vereinigten kleinern Aufsätzen seien erwähnt: »Der doppelte Schwur der Besserung« und die »Neujahrsnacht eines Unglücklichen«) und die »Clavis Fichtiana« (Erfurt 1800), eine Satire auf den Fichteschen Idealismus; er widmete sie F. H. Jacobi, den er als den größten Philosophen der Zeit bewunderte. In Berlin behagte es dem Dichter nicht auf die Dauer; bald nach seiner Hochzeit nahm er seinen Wohnsitz in Meiningen, wo er zum Herzog Georg in vertraute Beziehungen trat und den »Titan« (Berl. 1800–03, 4 Bde.) vollendete. Doch schon im Mai 1803 verließ er Meiningen wieder und siedelte sich nach kurzem Aufenthalt zu Koburg in Bayreuth an, wo er bis zu seinem Tode wohnen blieb. Das nächste größere Werk des fortan in nur selten unterbrochener idyllischer Zurückgezogenheit lebenden Dichters war ein philosophisches, die »Vorschule der Ästhetik« (Hamb. 1805, 3 Bde.; Tübing. 1813), ein Buch voll geistreichster Einfälle, wertvoll in den über die Theorie des Komischen handelnden Abschnitten. Danach folgte die Abfassung der »Flegeljahre« (Tübing. 1804–05, 4 Bde.). Auch in diesem Roman, der zu den genialsten Schöpfungen Jean Pauls gehört und ihm selbst die liebste blieb, hat er die eigne Doppelnatur, die Gemütsinnigkeit und die humoristische Neigung seines Wesens, jene in dem weich gestimmten Walt, diese in dessen Zwillingsbruder Vult, zur Darstellung bringen wollen. In der »Levana, oder Erziehungslehre« (Braunschw. 1807, 3 Bde.; Stuttg. 1815, 4. Aufl. 1861; neue Ausg. von R. Lange, Langensalza 1893) sollten die in der »Unsichtbaren Loge«, im »Titan« und in den »Flegeljahren« in Romanform dargelegten Grundsätze theoretisch ausgeführt wiederkehren. Während der Zeit der französischen Fremdherrschaft schrieb Jean Paul zu eigner und seines Volkes Erheiterung die Humoresken: »Des Feldpredigers Schmälzle Reise nach Flätz« (Tübing. 1809) und »Doktor Katzenbergers Badereise« (Heidelb. 1809, Bresl. 1823), zwei Erzählungen von derbster Komik. Aber auch in ernsthaftern, wenngleich an satirischen Schlaglichtern reichen Schriften suchte er den gesunkenen Mut der Nation auszurichten, so in der »Friedenspredigt in Deutschland« (Heidelb. 1808) und den »Dämmerungen für Deutschland« (Tübing. 1809). Das letztere Buch, gedruckt in der Zeit, als Davout das Bayreuther Land besetzt hielt, legt auch deshalb ein schönes Zeugnis für Jean Pauls männlichen Mut und edlen Sinn ab, weil er es veröffentlichte, nachdem ihm soeben durch den ganz von dem französischen Imperator abhängigen Fürst-Primas v. Dalberg eine Jahrespension von 1000 Gulden ausgesetzt worden war. Nachdem diese Pension mit dem Großherzogtum Frankfurt 1813 zu Ende gegangen, bezog der Dichter seit 1815 einen gleichen Jahresgehalt von dem König von Bayern. Aus den spätern Lebensjahren Jean Pauls sind zu verzeichnen als bedeutendere Schriften: »Das Leben Fibels« (Nürnb. 1811), »Der Komet, oder Nikolaus Marggraf« (Berl. 1820–22, 3 Bde.), die beiden letzten größern Arbeiten des Dichters in der komischen Gattung; ferner das Buch »Selina, oder: Über die Unsterblichkeit der Seele« (Stuttg. 1827, 2 Bde.) und endlich das Fragment einer Selbstbiographie, das unter dem im Gegensatz zu Goethe gewählten Titel: »Wahrheit aus Jean Pauls Leben« (Bresl. 1826) erschien und die Jugenderinnerungen des Dichters enthält. Einen tiefen Schatten warf auf Jean Pauls Lebensabend der Tod seines einzigen Sohnes, der 1821 als Student in Heidelberg starb. Seitdem kränkelte er und war zuletzt über Jahresfrist des Augenlichts fast gänzlich beraubt. König Ludwig I. von Bayern ließ ihm 1841 in Bayreuth ein Erzstandbild (von Schwanthaler) errichten.

Jean Paul nimmt eine eigentümliche und schwer zu bezeichnende Stellung innerhalb unsrer klassischen Literaturperiode und zwischen den sich drängenden Richtungen seit dem Beginn des 19. Jahrh. ein. Unzweifelhaft vom besten Geiste des 18. Jahrh., von dem »Ideal der Humanität«, beseelt, schloß er sich doch in seiner Darstellungsweise weit mehr an die frühern Schriftsteller als an Lessing, Goethe oder Schiller an. Die Engländer, vor allen Swift und Sterne, die Franzosen Voltaire und Rousseau, die ostpreußische Schriftstellergruppe Hamann, Hippel und Herder beeinflußten die Entwickelung seines Talents und führten ihn im Verein mit seinem eignen Naturell und seinem persönlichen Schicksal auf wunderliche Abwege. Gemeinsam mit unsern großen Dichtern blieben R. die Überzeugung von der Entwickelungsfähigkeit des Menschengeschlechts und ein freiheitlicher Zug; aber er gelangte niemals zu einer Entwickelung im höhern Sinne des Wortes. Der Abstand zwischen seinen frühesten und spätesten Werken ist ziemlich unwesentlich; die Widersprüche des unendlichen Gefühls und des beschränkten realen Lebens bildeten den Ausgangspunkt aller seiner Romane; aus ihnen gingen die weichen, wehmut- und tränenvollen Stimmungen hervor, über die er sich dann durch seinen unter Tränen hell lachenden Humor erhob. In der empfindsamen Zeit, in der Jean Paul auftrat, mußte er den größten Erfolg haben; die schreienden Mängel seiner Darstellung wurden geleugnet; ja, sie scheinen in den meisten Kreisen gar nicht empfunden worden zu sein. R. gelangte nur in dem Idyll und in den besten Episoden seiner größern Romane zu wirklich künstlerischer Gestaltung; meist wurden bei ihm Handlung und Charakteristik unter einer wuchernden Fülle von Einfällen, reflektierenden Abschweifungen, Episoden und fragmentarischen Einschiebseln verdeckt und erstickt. Verhängnisvoller noch ward für ihn die oben schon erwähnte Vielleserei, in der er ein Gegengewicht gegen die Enge seiner Verhältnisse gesucht hatte, und in ihrer Folge die leidenschaftliche Bilderjagd und Zitatensucht. Alle diese Mängel vereint drückten seinem Stil mit endlosen Perioden und unzähligen Einschachtelungen den Charakter des Manierierten auf, den der Dichter nur da abstreift, wo er von seinem Gegenstand aufs tiefste ergriffen und in innerster Bewegung ist. Gegenüber dem Enthusiasmus, der R. eine Zeitlang zum gefeiertsten Schriftsteller der Nation erhob, heftete sich die spätere Kritik wesentlich an die bezeichneten Unvollkommenheiten seiner Erscheinung. Während in seinen ausgedehntern Werken, der »Unsichtbaren Loge«, dem »Hesperus«, dem »Titan« und »Komet«, nur einzelne glänzende Beschreibungen, humoristische Episoden oder jene zahlreichen »schönen Stellen« noch zu fesseln vermögen, von denen mehrmals besondere Sammlungen veranstaltet wurden, gewähren alle in ihren Hauptteilen idyllischen oder entschieden humoristischen Dichtungen einen weit reinern Genuß und lassen das Talent und die tiefern Eigentümlichkeiten besser hervortreten. Immer steht die liebevolle, reine Teilnahme bei ihm an allen Mühseligen und Beladenen, an den Armen, Bedrückten und Bedrängten im Vordergrund. Sein Blick für das Köstliche im Unscheinbaren, das Große und Ewige im Beschränkten ist tief und beinahe untrüglich; auch seine Naturliebe verleiht allen seinen Werken Partien von bestrickendem Zauber. Seine scharfe Beobachtung des Komischen wirkt unwiderstehlich, und alle diese Vorzüge erwecken lebhaftes Bedauern, daß dem Dichter das Erreichen klassischer, künstlerisch vollendeter Form versagt blieb. Richters Werke erschienen gesammelt in erster, aber ungenügender Ausgabe in 60 Bänden (Berl. 1826–38), besser in 33 Bänden (das. 1840–42; 3. Ausg. 1860–62, 34 Bde.) sowie in Auswahl in 16 Bänden (2. Ausg., das. 1865); ferner in der Hempelschen Ausgabe, mit Biographie von Gottschall (das. 1879, 60 Tle.; Auswahl 31 Tle.) und eine Auswahl in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur« (hrsg. von Nerrlich, Stuttg. 1882 ff., 6 Bde.). Nach des Dichters Tod erschien noch »Der Papierdrache« (hrsg. von seinem Schwiegersohn Ernst Förster [s. d. 3], Frankf. 1845, 2 Bde.). Von verkürzenden Bearbeitungen, die den Dichter der Gegenwart näher bringen wollen, sei erwähnt die des »Titan« von O. Sievers (Wolfenbüttel 1878). Von seinen Briefen sind zu nennen: »Jean Pauls Briefe an Friedrich Heinrich Jacobi« (Berl. 1828); »Briefwechsel Jean Pauls mit seinem Freund Chr. Otto« (das. 1829–33, 4 Bde.); »Briefwechsel zwischen Heinrich Voß und Jean Paul« (hrsg. von Abr. Voß, Heidelb. 1833); »Briefe an eine Jugendfreundin« (hrsg. von Täglichsbeck, Brandenb. 1858). Die »Briefe von Charlotte v. Kalb an Jean Paul und dessen Gattin« (Berl. 1882) und »Jean Pauls Briefwechsel mit seiner Frau und Christian Otto« (das. 1902) gab Nerrlich heraus. Aus der zahlreichen Literatur über R. heben wir hervor: Spazier, Jean Paul Friedrich R., ein biographischer Kommentar zu dessen Werken (Leipz. 1833, 5 Bde.); die Fortsetzung von »Wahrheit aus Jean Pauls Leben« von Otto und Förster (Bresl. 1826–33, 8 Hefte); E. Förster, Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Jean Paul (Münch. 1863, 4 Bde.); Henneberger, Jean Pauls Aufenthalt in Meiningen (Meiningen 1863); Planck, Jean Pauls Dichtung im Licht unsrer nationalen Entwickelung (Berl. 1868); Vischer, Kritische Gänge, neue Folge, Bd. 6 (Stuttg. 1875); Nerrlich, Jean Paul und seine Zeitgenossen (Berl. 1876) und Jean Paul, sein Leben und seine Werke (das. 1889); Jos. Müller, Jean Paul und seine Bedeutung für die Gegenwart (Münch. 1894), Die Seelenlehre Jean Pauls (das. 1894) und Jean Paul-Studien (das. 1899); Hoppe, Das Verhältnis Jean Pauls zur Philosophie seiner Zeit (Leipz. 1901); Reuter, Die psychologische Grundlage von Jean Pauls Pädagogik (das. 1902): Allievo, Gian Paolo R. e la sua Levana (Tur. 1900); Czerny, Sterne, Hippel und Jean Paul (Berl. 1904); F. J. Schneider, Jean Pauls Altersdichtung Fibel und Komet (das. 1901) und Jean Pauls Jugend und erstes Auftreten in der Literatur (das. 1905). Eine begeisterte, formvollendete »Denkrede auf Jean Paul« verfaßte Börne (1825).

2) Adrian Ludwig, Maler und Zeichner, geb. 28. Sept. 1803 in Dresden, gest. daselbst 19. Juni 1884, erhielt den ersten Unterricht in der Kunst von seinem Vater Karl August R., einem geschickten Kupferstecher, an dessen landschaftlichen Stichen R. mitarbeitete, und nahm sich dann vornehmlich Chodowieckis Radierungen zum Muster. Nachdem er 1820 den Fürsten Narischkin auf einer Reise durch Frankreich als Zeichner begleitet hatte, verweilte er von 1823–1826 in Italien und erwarb sich bereits 1824 durch eine Gebirgslandschaft vom Watzmann allgemeine Anerkennung. Er schloß sich an die neudeutschen Meister, vornehmlich an J. Schnorr, an, der ihm als Vorbild für seine ideal aufgefaßten, meist stilisierten Landschaften diente. In die Heimat zurückgekehrt, erhielt er 1828 eine Anstellung an der Zeichenschule in Meißen, wo er acht Jahre tätig war. 1836 wurde er an die Akademie nach Dresden berufen und hier 1841 zum Professor ernannt. 1876 trat er mit einem ihm vom deutschen Kaiser ausgesetzten jährlichen Ehrensold in den Ruhestand. Schon bald nach Beginn seiner Dresdener Tätigkeit begann er für den Holzschnitt zu zeichnen, zunächst seit 1838 für die von Marbach herausgegebenen »Deutschen Volksbücher«. Nach und nach fand seine künstlerische Tätigkeit immer mehr ihren Schwerpunkt in diesen Zeichnungen, denen er auch seine ungemeine Volkstümlichkeit verdankt. Er hat durch seine gemütvolle Schilderung des deutschen Lebens, seinen liebenswürdigen Humor und die Fülle seiner Phantasie als Illustrator epochemachend gewirkt. Unter der Fülle seiner Zeichnungen, die zugleich den deutschen Holzschnitt wesentlich fördern halfen (vgl. auch Tafel »Bücherzeichen I«, Fig. 1), sind hervorzuheben die Sammlungen: »Beschauliches und Erbauliches, Goethe-Album, Vaterunser, Schillers Lied von der Glocke, Voer de Goern, Fürs Haus, der Sonntag, neuer Strauß fürs Haus, Unser tägliches Brot, Gesammeltes«. Eigentliche Textillustrationen lieferte er zum »Landprediger von Wakefield«, zu den Märchensammlungen von Musäus und Bechstein, zu Nieritz' Volkskalendern, zu Horns Schriften (besonders der »Spinnstube«), zu Studentenliedern und den von G. Scherer gesammelten Volksliedern, zu Hebels »Alemannischen Gedichten« etc. Sie wurden gesammelt im »Richter-Album«, von dem die erste Sammlung 1848, die zweite 1851 erschien (vielfach neu aufgelegt und vermehrt); die zu den Hornschen Schriften erschienen 1873–74 für sich in zwei Bänden. Die schönsten Originalzeichnungen besitzen die Berliner Nationalgalerie, die Dresdener öffentlichen Sammlungen, die Herren Cichorius in Leipzig und Flinsch in Berlin und die Tochter des Künstlers. R. hat auch eine große Anzahl Blätter, besonders Landschaften aus der Umgegend von Dresden, der Sächsischen Schweiz und den Umgebungen Roms, radiert. Von seinen Landschaften in Öl, die an einer etwas spröden Technik leiden, sind hervorzuheben: Gewittersturm am Monte Serone (1830, Frankfurt a. M., Städelsches Institut); Erntezug in der römischen Campagna (1833, Museum in Leipzig); Schreckenstein bei Aussig (1835, ebendaselbst); die Überfahrt am Schreckenstein (1837, Dresdener Galerie); Landschaft am Riesengebirge (1839, Berliner Nationalgalerie); der Brautzug im Frühling (1847, Dresdener Galerie). Er hat auch zahlreiche Aquarelle und Entwürfe für dekorative Malereien ausgeführt. 1898 wurde ihm auf der Brühlschen Terrasse in Dresden ein Denkmal (sitzende Bronzefigur von Kircheisen) errichtet. Vgl. Richters Selbstbiographie: »Lebenserinnerungen eines deutschen Malers« (hrsg. von seinem Sohn Heinrich R., Frankf. 1885; 10. Aufl. 1901, 2 Bde.); Hoff, A. L. R., Maler und Radierer (Dresd. 1877), Lehrjahre bei L. R. (Frankf. a. M. 1903) und R. als Freund (das. 1903); Gerlach, L. Richters Leben, dem deutschen Volke erzählt (Dresd. 1891); Mohn, Ludw. R. (4. Aufl., Bielef. 1906); Koch, L. Richter, ein Künstler für das deutsche Volk (Stuttg. 1903); »Katalog der Ludwig Richter-Ausstellung« (Dresd. 1903); »Ludwig R. an Georg Wigand. Ausgewählte Briefe« (an seinen Verleger, Leipz. 1903).

3) Ämilius Ludwig, Lehrer des Kirchenrechts, geb. 15. Febr. 1808 in Stolpen bei Dresden, gest. 8. Mai 1864 in Berlin, praktizierte seit 1829 als Advokat in Leipzig, betrat gleichzeitig mit kirchenrechtlichen Vorlesungen die akademische Laufbahn und erwarb sich 1835 durch das »Corpus juris canonici« (Leipz. 1833–39, 2 Bde.) und die »Beiträge zur Kenntnis der Quellen des kanonischen Rechts« (das. 1834) eine außerordentliche Professur. 1838 ward er als ordentlicher Professor für Kirchenrecht und Zivilprozeß nach Marburg, im Mai 1846 als solcher und zugleich als Hilfsarbeiter im Ministerium der geistlichen Angel egen heiten nach Berlin berufen. 1850 wurde er zum Mitglied des neuerrichteten evangelischen Oberkirchenrats, 1852 zum Oberkonsistorialrat, 1859 zum vortragenden Rat ernannt. Sein Hauptwerk ist das »Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts« (Leipz. 1842; 8. Aufl., hrsg. von Dove und Kahl, 1877–86). Unter seinen übrigen gelehrten Arbeiten sind außer den von ihm 1836 begründeten, später von Schneider bis 1848 fortgesetzten »Kritischen Jahrbüchern für deutsche Rechtswissenschaft« hervorzuheben: »Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts« (Weim. 1846, 2 Bde.); »Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung in Deutschland« (Leipz. 1851) und eine Ausgabe der »Canones et decreta concilii Tridentini« (das. 1853). Richters »Beiträge zum preußischen Kirchen recht« (Leipz. 1865) gab Hinschius heraus. Vgl. Hinschius, Zur Erinnerung an Ä. L. R. (Weim. 1865).

4) Hermann Eberhard, Mediziner, geb. 14. Mai 1808 in Leipzig, gest. 24. Mai 1876 in Dresden, ließ sich 1831 in Dresden als Arzt nieder, wurde 1838 Professor an der dortigen Chirurgisch-medizinischen Akademie, 1849 wegen angeblicher Teilnahme am Maiaufstand zur Untersuchung gezogen, 1851 zwar frei gesprochen, aber auf Wartegeld gesetzt. R. bemühte sich um zeitgemäße Medizinalreform, gründete den deutschen Ärztevereinsbund und bekämpfte das Geheimmittelunwesen. Er schrieb: »Grundriß der innern Klinik« (4. Aufl., Leipz. 1860, 2 Bde.); »Organon der physiologischen Therapie« (das. 1850); »Das Geheimmittelunwesen« (das. 1872–75, 2 Bde.). Auch lieferte er eine kritische Ausgabe von Linnés »Systema, genera, species plantarum« (Leipz. 1835). Mit Winter redigierte er seit 1850 Schmidts »Jahrbücher der gesamten Medizin«. Vgl. Grosse, Hermann Eberhard R., der Gründer des deutschen Ärztevereinsbundes (Leipz. 1896).

5) Ernst Friedrich, Komponist und Musiklehrer, geb. 24. Okt. 1808 in Großschönau bei Zittau, gest. 9. April 1879 in Leipzig, studierte in Leipzig Theologie, widmete sich aber bald unter Weinlig und Mendelssohn dem Musikstudium, wurde 1843 Lehrer der Komposition an dem neubegründeten Konservatorium daselbst, daneben 1851 Organist an der Peterskirche, später an der Nikolaikirche und 1867 als Nachfolger M. Hauptmanns Kantor an der Thomasschule. In demselben Jahre wurde er zum Professor ernannt. Seine Kompositionen, zum größten Teil geistliche Werke (darunter eine große Messe und ein Oratorium: »Christus der Erlöser«, viele Motetten etc.), sind von gediegener Arbeit. Einen größern Erfolg als diese hatten seine praktisch angelegten theoretischen Werke: »Die Grundzüge der musikalischen Formen« (Leipz. 1852); »Katechismus der Orgel« (4. Aufl. von Menzel, das. 1896); »Lehrbuch der Harmonie« (22. Aufl., das. 1900; auch ins Französische, Russische, Englische, Schwedische, Polnische, Spanische und Holländische übersetzt); »Lehrbuch des einfachen und doppelten Kontrapunkts« (11. Aufl., das. 1904); »Lehrbuch der Fuge« (6. Aufl., das. 1896).

6) Gustav, Maler, geb. 3. Aug. 1823 in Berlin, gest. daselbst 3. April 1884, war Schüler der Akademie und Holbeins in Berlin, dann Cogniets in Paris, wo er sich von 1844–46 aufhielt, verweilte 1847–49 in Rom und kehrte dann nach Berlin zurück, wo er im nordischen Saale des Neuen Museums drei Friesbilder (Balder, die Walküren und Walhalla) ausführte. 1861 ging er im Auftrag König Max' I. von Bayern nach Ägypten, um Studien für das von diesem für das Maximilianeum in München bestellte Bild des Pyramidenbaues zu machen, das er aber erst 1873 vollendete. In Konstantinopel malte er das Porträt des Sultans; 1873 hielt er sich in der Krim auf. Er machte sich zuerst durch das Bildnis seiner Schwester einen Ruf, den die Erweckung von Jairi Töchterlein (1856, Nationalgalerie in Berlin) noch vergrößerte. R. zeigte hierin, allerdings noch mehr im Sinne der Düsseldorfer, eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Farbenfülle und bildete später sein Kolorit noch mehr aus. Im übrigen war nicht die Historienmalerei, sondern das Bildnis sein Hauptgebiet, auf dem er sich sein Leben lang als einer der allerersten in Deutschland behauptete. Insbesondere gelangen ihm weibliche Porträte, wie das ungemein volkstümlich gewordene der Königin Luise (1879, Museum in Köln), das der Kaiserin Augusta (1878), der Fürstin Carolath (1872) und der Gräfin Károlyi. Unter seinen männlichen Bildnissen ragen Kaiser Wilhelm I. in ganzer Figur und im Brustbild, Fürst Pleß und Eduard Hildebrand hervor. Sehr populär wurden seine Studienköpfe, Brustbilder und Familiengruppen (die Ägypterin, der neapolitanische Fischerknabe, die Odaliske, Mädchen aus der Krim, Evviva! Mutterglück, Löwenritt). Er war königlicher Professor und Ritter des Ordens Pour le mérite.

7) Theodor, Hüttenchemiker, geb. 21. Nov. 1824 in Dresden, gest. 25. Sept. 1898 in Freiberg, studierte seit 1843 in Freiberg, wurde 1856 Lehrer an der Bergakademie, 1871 Professor der Metallurgie und Probierkunde und 1875 Direktor der Akademie. 1896 trat er in den Ruhestand. R. entdeckte 1864 das Indium, das er mit Reich näher studierte, und war an der neuern Entwickelung der Freiberger Hüttenwerke lebhaft beteiligt. Er gab auch Plattners »Vorlesungen über Hüttenkunde« (Freiberg 1860–63, 2 Bde.) und die 4. u. 5. Auflage von dessen »Probierkunst« heraus.

8) Gustav, Philolog und Historiker, geb. 29. Juni 1838 in Naumburg a. S., gest. 28. Jan. 1904 in Jena, studierte Philologie und Geschichte in Jena und Bonn, war seit 1862 Gymnasiallehrer in Posen, Schulpforta und Weimar und seit Herbst 1876 Direktor des Gymnasiums in Jena. Er gab heraus: »De L. Annaeo Seneca tragoediarum auctore« (Bonn 1862); »Zeittafeln der deutschen Geschichte im Mittelalter mit Erläuterungen aus den Quellen« (Halle 1881); »Annalen der deutschen Geschichte im Mittelalter« (mit H. Kohl; Halle 1873–98, Abt. 1–3); »Das alte Gymnasium in Jena« (Jena 1888 u. 1889, zwei Programme); »Das höhere bürgerliche Schulwesen in seiner geschichtlichen Entwickelung« (Hannover 1889); »Das Jenaer Lutherfestspiel« (Jena 1889) u. a.; ferner eine Ausgabe von Senecas Tragödien (mit Peiper, Leipz. 1867, 2. Aufl. 1902) und eine Neubearbeitung von Dietsch' »Grundriß der allgemeinen Geschichte«. Mit Frick begründete er die pädagogische Zeitschrift »Lehrproben und Lehrgänge aus der Praxis der Gymnasien und Realschulen« (Halle, seit 1882).

9) Eugen, deutscher Politiker, geb. 30. Juli 1838 in Düsseldorf, gest. 10. März 1906 in Berlin, studierte die Rechte, war 1859–64 Regierungsreferendar, dann Regierungsassessor in Düsseldorf, verließ 1864, als seine Wahl zum Bürgermeister von Neuwied nicht bestätigt wurde, den Staatsdienst und siedelte als Journalist nach Berlin über. Seit 1867 Mitglied des norddeutschen, seit 1871 des deutschen Reichstags, seit 1869 des preußischen Abgeordnetenhauses (meist für den Wahlkreis Hagen in Westfalen), war er der Führer der Fortschritts-, später der Deutschen freisinnigen Partei, zuletzt der Freisinnigen Volkspartei. Ein gewand ler, schlagfertiger Redner und besonders in Finanzsachen wohlunterrichtet, übte er auf seine Partei und durch die von ihm redigierte Parteikorrespondenz auf die fortschrittliche Presse einen beherrschenden Einfluß aus. Als Vertreter des extremsten Individualismus bekämpfte er alle auf Stärkung der Staatsgewalt gerichteten Bestrebungen, wie Verstaatlichung der Eisenbahnen, Vermehrung der Einnahmen durch hohe Zölle, Beschränkung der Gewerbe- und Handelsfreiheit und soziale Reformgesetzgebung. Ein entschiedener Gegner Bismarcks, beherrschte R. im Verein mit Windthorst in dem 1884 gewählten Reichstag die Mehrheit. Sein Einfluß auf die Presse wuchs noch, als er 1885 ein eignes Blatt, die »Freisinnige Zeitung« (s. d., 1904–06 »Freie deutsche Presse«), gründete. Prinzipientreu, verfocht R. die Verweigerung der Heeresvermehrung auch gegen die Mitglieder seiner Partei und veranlaßte so deren Spaltung 1893. Rücksichtslos, wie bei der Vertretung des reinsten Liberalismus, war R. auch jederzeit bei der Bekämpfung der Sozialdemokratie, deren Obstruktion anläßlich der Beratung des Zolltarifs im Dezember 1902 er, obwohl selbst Gegner der Vorlage, wesentlich mit niedergezwungen hat. Als kenntnisreicher und gewandter Parlamentarier hat er sich persönlich allgemeiner Achtung auch bei den Gegnern erfreut. Er schrieb: »Das preußische Staatsschuldenwesen und die preußischen Staatspapiere« (Bresl. 1869); »Das neue Gesetz, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen« (das. 1870); »Die Konsumvereine, ein Not- und Hilfsbuch für deren Gründung und Einrichtung« (Berl. 1867); »Politisches Abc-Buch« (10. Aufl., das. 1903); »Die Irrlehren der Sozialdemokratie« (das. 1890); »Sozialdemokratische Zukunftsbilder« (das. 1891); »Jugenderinnerungen« (das. 1892); »Im alten Reichstag, Erinnerungen« (das. 1894–96, 2 Bde.).

10) Hans, bedeutender Musikdirigent, geb. 4. April 1843 zu Raab in Ungarn, trat 1853 als Chorknabe in die Wiener Hofkapelle, studierte darauf 1860–65 am Konservatorium der Musikfreunde Klavier und Komposition und wurde 1868 auf Empfehlung R. Wagners, bei dem er ein Jahr lang in der Schweiz geweilt hatte, zum Chordirektor an der Münchener Oper ernannt. 1870 leitete er die erste Aufführiung des »Lohengrin« in Brüssel, wirkte 1871–75 als Kapellmeister am Nationaltheater in Budapest und wurde, nachdem er 1875 ein großes Orchesterkonzert in Wien mit außerordentlichem Erfolg dirigiert hatte, als Nachfolger Dessoffs Kapellmeister der Hofoper und zugleich Dirigent der Philharmonischen Konzerte in Wien. 1878 erhielt er die zweite Kapellmeisterstelle der Hofkapelle, 1893 wurde er Nachfolger Hellmesbergers als erster Hofkapellmeister. 1900 nahm er seine Entlassung und ging nach Manchester als Leiter der Konzerte des Hallé-Orchesters, der Musikfeste in Birmingham und der deutschen Oper in London. R. dirigierte 1876 die ersten Nibelungenaufführungen in Bayreuth und 1877 abwechselnd mit Wagner die Wagner-Konzerte in London. Seitdem war er einer der Hauptleiter der Bayreuther Festspiele und dirigierte auch seit 1879 jährlich seinen Namen tragende Orchesterkonzerte in London, ist überhaupt zurzeit einer der gesuchtesten und gefeiertsten Dirigenten.

11) Eduard, Geograph und Alpinist, geb. 3. Okt. 1847 in Mannersdorf bei Wien, gest. 6. Febr. 1905 in Graz, studierte in Wien Geschichte und Erdkunde (unter Fr. Simony), war 1871–86 Gymnasiallehrer in Salzburg und wurde 1886 Professor an der Universität in Graz. Seit 1900 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. Anfangs auf dem Gebiete der mittelalterlichen Geschichte tätig, machte er sich dann besonders um die Gletscherforschung und die physische Erdkunde verdient. Er schrieb: »Das Gletscherphänomen« (Salzb. 1877); »Das Herzogtum Salzburg« (Wien 1881); »Untersuchungen zur historischen Geographie des ehemaligen Hochstifts Salzburg« (Innsbr. 1885); »Die Alpen« (Leipz. 1885); »Die Gletscher der Ostalpen« (Stuttg. 1888); »Lehrbuch der Geographie für Mittelschulen« (Wien 1893, 6. Aufl. 1904); »Ein historischer Atlas der österreichischen Alpenländer« (Graz 1895); »Geomorphologische Beobachtungen aus Norwegen« (Wien 1896); »Die Grenzen der Geographie« (Graz 1899); »Seestudien« (Wien 1898, Erläuterungen zur 2. Lieferung des von ihm mit Penck seit 1895 herausgegebenen »Atlas der österreichischen Alpenseen«); »Geomorphologische Untersuchungen in den Hochalpen« (Ergänzungsheft 132 zu »Petermanns Mitteilungen«, Gotha 1900) und zahlreiche Beiträge in den Veröffentlichungen des Deutschen und Österr. Alpenvereins, dessen Präsident er 1883–85 war und dessen Werk: »Die Erschließung der Ostalpen« (Berl. 1892–94, 3 Bde.) er redigiert hat. Vgl. Lukas in der »Geographischen Zeitschrift« (1906, Heft 3 u. 4); Marek, Ed. Richters Leben etc. (Mitteil. der k. k. geogr. Gesellschaft in Wien, 1906, S. 161 ff.).

12) Ernst, sachsen-koburg-gothaischer Staatsminister, geb. 10. Jan. 1862 in Berlin, stand anfangs im preußischen Justizdienst, wurde 1891 Regierungsassessor in Minden i. W., 1895 Regierungsrat, trat 1899 zum Oberpräsidium in Königsberg über und wurde Mitglied des Provinzialrats und Provinzialschulkollegiums. Seit 1900 Hilfsarbeiter, seit 1901 Geheimer Regierungsrat und vortragender Rat im Ministerium des Innern, seit 1902 auch nebenamtlich Mitglied und Justitiar des Heroldsamts, wurde R. 1904 Geheimer Oberregierungsrat und übernahm im Juli 1905 bei dem Regierungsantritt des Herzogs Karl Eduard das Amt eines sachsen-koburg-gothaischen Staatsministers und eines Bevollmächtigten zum Bundesrat.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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