Parīs

Parīs

Parīs (hierzu der Plan der innern Stadt mit Registerblatt und Karte: »Umgebung von Paris«), die Hauptstadt Frankreichs, Sitz des Präsidenten der Republik, der Regierung und des Parlaments, zugleich Hauptstadt des Depart. Seine, ist nächst London die volkreichste Stadt Europas und der Erde.

Lage, Klima, Stadtteile.

P. liegt unter 2°20´15´´ östl. L. und 48°50´49´´ nördl. Br., 25–128 m ü. M., an beiden Ufern der Seine zwischen zwei Hügelketten, den Höhen von Belleville (101 m) und Montmartre (128 m) am nördlichen Ufer, dem Hügel Butte aux Cailles und den Höhen von Meudon am südlichen Ufer und schließt in dem Bette der Seine selbst zwei Inselchen, die Ile St.-Louis und die Cité, ein.

Wappen von Paris.
Wappen von Paris.

Die geographische Lage von P. als Mittelpunkt des wichtigen Seinebeckens ist sehr günstig und erklärt die frühzeitige Gründung und die außerordentliche Entwickelung der Stadt. Das Klima ist mild, die Durchschnittstemperatur beträgt im Januar 2,42°, im Juli 18,44°, im Jahresmittel 10,71°. Die Regenmenge erreicht an durchschnittlich 200 Regentagen jährlich 594 mm. Schnee fällt selten. Die Stadt hat einen Umfang von 34,5 km und einen Flächeninhalt von 7802 Hektar, wovon 714 Hektar auf das Strom bett entfallen. Die nördliche Uferseite der von der Seine in der Richtung von OSO. nach W. durchschnittenen Stadt ist etwas größer als die südliche; die ältesten Niederlassungen gehören der letztern und der Citéinsel an, sind aber bis auf wenige Spuren verschwunden. Die Mittelpunkte des modernen Lebens, die großen Kaufläden, Cafés, Restaurants, Theater, die Börse, die Post, die Bank, die Kunstsammlungen, sind vorwiegend auf dem rechten, die altertümlichen Baudenkmäler, die Ministerien und Gesandtschaften, der Justizpalast, die Polizeipräfektur, die höhern Lehranstalten, die Akademie, die Münze auf dem linken Ufer und in der Cité zu suchen. Administrativ zerfällt die Stadt in 20 Arrondissements, wovon 6 auf das linke, 14 auf das rechte Seineufer entfallen, und zwar: 1) Louvre, 2) Börse, 3) Temple, 4) Hôtel de Ville, 5) Panthéon, 6) Luxembourg, 7) Palais Bourbon, 8) Elysée, 9) Oper, 10) Enclos-St.-Laurent, 11) Popincourt, 12) Reuilly, 13) Gobelins, 14) Observatoire, 15) Vaugirard, 16) Passy, 17) Batignolles, 18) Buttes Montmartre, 19) Buttes Chaumont und 20) Ménilmontant.

Befestigung. Während P. vor 1840 eine offene Stadt war, bildet es gegenwärtig die großartigste Armeefestung der Welt. Die Befestigungswerke von P. setzen sich aus der Stadtumwallung (Enceinte), dem ältern Fortsgürtel und den neu angelegten äußern verschanzten Lagern zusammen. Der 10 m hohe Hauptwall mit 15 m breitem Graben und gemauerter Eskarpe besteht aus 94 bastionierten Fronten, hinter denen eine Ringstraße und eine Eisenbahn (Gürtelbahn) herlaufen. Er ist 34,5 km lang und enthält 57 Tore, 9 Eisenbahndurchgänge sowie Durchlässe für die Seine (2) und für die Kanäle de l'Ourcq und St.-Denis. Der ältere Fortsgürtel in einer Ausdehnung von etwa 53 km besteht aus 16 vorgeschobenen Forts und zwar: auf dem rechten Seineufer Fort de la Briche, Double Couronne du Nord und Fort de l'Est, die den Vorort St.-Denis umschließen; dann östlich die Forts von Aubervilliers, Romainville, Noisy, Rosny, Nogent und Vincennes; auf dem linken Ufer der Marne, nahe ihrer Mündung in die Seine, das Fort von Charenton; südlich auf dem linken Seineufer die Forts Ivry, Bicêtre, Montrouge, Vanves, Issy;en di ich im W. der Mont Valérien (136 m ü. M.), der eine kleine Festung für sich bildet. Veranlaßt durch die Belagerung 1870/71, wurde seit 1874 eine noch erheblich weiter vorgeschobene dritte Befestigungslinie ausgeführt, die bestimmt ist, durch die weite Ausdehnung der Werke die Stadt vor einer Beschießung und gänzlichen Einschließung zu schützen sowie mehrere verschanzte Lager zu bilden, die groß genug sind, ganzen Armeen Schutz und die Möglichkeit zu gewähren, sich zu einem Angriff zu sammeln und auszurüsten. Das Nordlager mit St.-Denis im Rücken umfaßt die Befestigungslinie vom Fort de Cormeilles auf dem linken bis zum Fort de Stains auf dem rechten Flügel; in ihr liegen die Forts erster Klasse Cormeilles und Domont, die zweiter Klasse von Montlignon, Montmorency, Ecouen und Stains. Das Ostlager erstreckt sich vom Ourcqkanal und dem Wald von Bondy bis zum rechten Seineufer und umfaßt als Hauptstützpunkte die Forts von Vaujours und Villeneuve-St.-Georges sowie die dazwischenliegenden Forts Chelles, Villiers, Champigny und Sucy. Das Südwestlager dehnt sich über das ganze linke Seineufer aus und schließt auch Versailles noch ein; es umfaßt die große Redoute Bois d'Arcy, das Fort St.-Cyr (beide noch 7 km westlich von Versailles und gegen 19 km von der Stadtenceinte gelegen) und die Forts Haut-Buc, Villeras und Palaiseau (südlich von Sceaux). Im Rücken dieser Forts liegt noch die befestigte Stellung von Verrières, und noch weiter hinter dieser, vor dem alten Fortsgürtel, liegen die Forts Châtillon und Hautes-Bruyères. Im ganzen besteht die neue Befestigung aus 7 Forts erster, 16 zweiter Ordnung und gegen 50 Redouten und Batterien, die untereinander durch die Große Gürtelbahn von 113 km Länge verbunden sind; diese Befestigungslinie hat bei 34 km Durchmesser von N. nach S. und 45 km von O. nach W. eine Länge von 124 km, der eine feindliche Einschließungslinie von etwa 175 km Länge entsprechen würde; sie umschließt einen Flächenraum von etwa 1200 qkm. Vgl. Karte »Umgebung von P.«

Straßen, Plätze, Brücken, öffentliche Anlagen, Denkmäler.

Die öffentlichen Straßen von P. haben eine Länge von 978 km, wovon 270 km mit Bäumen bepflanzt sind. Bei einer Breite von 10–40 m bedecken sie eine Fläche von 1639 Hektar. Die berühmteste Straßenanlage, der Stolz der Pariser, sind die Boulevards und zwar die sogen. innern oder alten Boulevards, die unter Ludwig XIV. an Stelle der frühern Befestigungswerke als breite, mit Bäumen bepflanzte Straßen angelegt worden sind und sich in der nördlichen Stadthälfte von der Madeleinekirche in einem 4,3 km langen Halbbogen bis zum Bastilleplatz hinziehen. Sie werden von 5–7 Stockwerke hohen Gebäuden mit glänzenden Cafés, Restaurants und Verkaufsläden eingeschlossen und bilden den Mittelpunkt des Pariser Lebens. Sie bestehen aus folgenden Teilen: Boulevard de la Madeleine, des Capucines, des Italiens, Montmartre, Poissonnière, Bonne-Nouvelle, St.-Denis, St.-Martin, du Temple, Filles du Calvaire und Beaumarchais. Der Name Boulevards wurde zu Ende des 18. Jahrh. auch auf die sogen. äußern Boulevards übertragen, gleichfalls breite, mit Bäumen besetzte Straßen, welche die ehemalige Mautgrenze bezeichnen. Endlich werden als Boulevards auch die unter Napoleon III. durch den Seinepräfekten Haußmann (s. d.) neu geschaffenen Straßenzüge, wie z. B. Boulevard Malesherbes, Strasbourg, Sébastopol, Magenta, Voltaire, St.-Michel, St.-Germain, des Invalides etc., bezeichnet. Zu den schönsten Straßenanlagen sind ferner die Kais zu rechnen, die sich an beiden Ufern der Seine in einer Gesamtausdehnung von 23 km hinziehen, mit Bäumen bepflanzt und mit Monumentalgebäuden eingefaßt sind. Eine weltbekannte Straßen- und zugleich Parkanlage sind die 2 km langen Champs-Elysées, das großartig entworfene Bindeglied zwischen der Place de la Concorde und dem Tuileriengarten einerseits und dem Boulogner Gehölz anderseits, in ihrem untern Teil ein Park, der das Grand und das Petit Palais (s. S. 442), mehrere Cafés und andre Vergnügungsetablissements enthält, dann bis zur Place del'Etoile eine breite, von palastartigen Gebäuden eingeschlossene Avenue. Hervorragende Straßen sind ferner die belebte Rue de Rivoli, die sich von der Place de la Concorde in beinahe immer gerader Linie über 3 km lang parallel zur Seine bis zum Bastilleplatz (zuletzt unter dem Namen Rue St.-Antoine) erstreckt, die breite Avenue de l'Opéra, die sich von der Place du Théâtre-Français in gerader Linie zum Opernhaus hinzieht, die Rue Castiglione vom Tuileriengarten bis zum Vendômeplatz und ihre Fortsetzung bis zur Oper, die Rue de la Paix, mit Juwelierläden und Hotels, die Rue Royale von der Place de la Concorde bis zur Madeleinekirche, die Rue St.-Honoré, die mit ihrer Fortsetzung Rue du Faubourg St.-Honoré eine wichtige, gegen 4 km lange Verkehrsader zwischen den Halles Centrales und der Place des Thermes bildet, und die Rue du Quatre Septembre. Sehr belebte Straßen sind ferner die Rue de Richelieu, Rue Vivienne, Montmartre, Lafayette, Rue du Faubourg Poissonnière, Turbigo, Rue St.-Denis mit ihrer Fortsetzung Rue du Faubourg St.-Denis, Rue du Temple und am linken Seineufer Rue de Sèvres und Rue de Rennes. P. zählt 158 Plätze. Die bedeutendsten und historisch merkwürdigsten derselben sind, und zwar zunächst am rechten Seineufer: die berühmte Place de la Concorde, ein längliches Achteck von 250 m Breite und 350 m Länge, mit prächtigen Perspektiven, im S. an die Seine (Konkordienbrücke), im O. an den Tuileriengarten, im N. an die Rue de Rivoli, im W. an die Champs-Elysées grenzend, in der Mitte von dem 1836 hier aufgestellten Obelisken von Luksor und zwei imposanten Fontänen, an der äußern Linie von 8 Statuen französischer Städte geschmückt, eine historisch denkwürdige Stätte (Standplatz der Guillotine 1793–95, unter der zuerst Ludwig XVI. endete); der schöne, an den vier Ecken abgestumpfte Vendômeplatz mit der zu Ehren der Siege von 1805 errichteten, 43,5 m hohen, mit der Bronze von 1200 eroberten Geschützen bekleideten Vendômesäule, die 1871 während der Kommune umgestürzt, seither jedoch wieder ausgerichtet wurde und von der Statue Napoleons I. gekrönt ist; die kleine Place des Victoires mit dem Reiterstandbild Ludwigs XIV. (seit 1822); die Place du Chatelet mit der Fontäne der Siegesgöttin (1806–08); die Place de l'Hôtel de Ville (früher der als Richtstätte bekannte Grèveplatz); die Place des Vosges (früher Place-Royale) mit der Reiterstatue Ludwigs XIII. (1825); der Bastilleplatz mit der 47 m hohen bronzenen Julisäule (1831–40); die Place de la Nation (früher Place du Trône), in die 12 Straßen münden, mit 2 Säulen, welche die Standbilder Philipp Augusts II. und des heil. Ludwig tragen, und einer Bronzegruppe (von Dalou, 1899), den »Triumph der Republik« darstellend, inmitten eines Wasserbeckens; die Place de la République (früher du Château d'Eau) mit der Bronzestatue der Republik (von 1883); die Place de Clichy mit dem Denkmal des Marschalls Moncey (von 1869), der hier die ehemalige Barrière Clichy 1814 gegen die Verbündeten verteidigte; die Place de l'Europe, eine ungeheure eiserne Brücke über den Gleisen der Westbahn; die Place Malesherbes mit Denkmälern der beiden Alexander Dumas; die Place de l'Etoile mit dem Arc de Triomphe de l'Etoile; am linken Ufer die Places du Palais Bourbon, St.-Michel, St.-Sulpice (mit einem Brunnen mit vier Standbildern berühmter Kanzelredner), du Panthéon, Carrefour de l'Observatoire (mit Denkmal des Marschalls Ney); die Place Denfert-Rochereau mit dem bronzenen Löwen von Belfort; endlich auf der Citéinsel die Place du Parvis Notre-Dame mit dem Reiterstandbild Karls d. Gr. (1882).

Über die Seine führen 30 Brücken, von denen die hervorragendsten die folgenden sind: Pont National, eine Eisenbahn- und Straßenbrücke mit 6 Bogen; Pont d'Austerlitz (1802–07 erbaut, 1885 erweitert); Pont-Neuf, an der Westspitze der Citéinsel, 1578–1604 erbaut, 1886 zum Teil restauriert, 229 m lang, mit 12 Bogen und dem Reiterdenkmal Heinrichs IV.; die Ponts de Solférino, de la Concorde, Alexandre III (1896–1900), des Invalides, de l'Alma, d'Jéna (1809–13), meist mit Statuen und andern Skulpturen geschmückt; endlich die Eisenbahn- und Straßenbrücke du Point du Jour (1865) im äußersten Südwesten. Unter den öffentlichen Anlagen und Spaziergängen (s. Karte der »Umgebung von Paris«) ist das Boulogner Gehölz (s. Boulogne-sur-Seine), am westlichen Ende der Stadt zwischen der Festungsmauer und dem rechten Seineufer gelegen, der bedeutendste. Es ist namentlich seit 1853 von der Stadtgemeinde in einen modernen Park, das tägliche Stelldichein der vornehmen Welt, verwandelt worden, der unter anderm zwei künstliche Seen und einen Wasserfall enthält, und an den sich der Akklimatisationsgarten für fremde Tier- und Pflanzengattungen (mit großem Palmenhaus von 1893 und einem Museum für Jagd und Fischerei) und die Rennplätze von Longchamp (s. d.) und Auteuil anschließen. Am östlichen Ende der Hauptstadt liegt das nicht minder ausgedehnte und liebliche Gehölz von Vincennes (1866–67 in einen Park umgewandelt), das durch den Exerzier- und Artillerieschießplatz in zwei Hälften geteilt wird. mit dem Lac de Charenton und andern künstlichen Seen, dem Musée forestier, der Feuerwerkerschule etc. Der Norden der Stadt hat die aus den unwirtlichen Hügeln von Belleville hervorgezauberten Buttes Chaumont, mit einem See und Wasserfall, einer Grotte, einer Kopie des Tempels der Sibylle in Tivoli und mehreren Bronzeskulpturen; der Süden endlich den Park von Montsouris mit einem See und dem von der Weltausstellung 1867 hierher übertragenen Bardo (Palast des Beis von Tunis, gegenwärtig Observatorium) aufzuweisen. Im Innern der Stadt fehlt es ebenfalls nicht an Anlagen; zu den alten und wohlgepflegten Gärten der Tuilerien (der besuchtesten Promenade, 1665 von Lenôtre angelegt, mit Statuen, Vasen und Springbrunnen geziert und von Terrassen flankiert), des Luxembourg (mit der schönen Fontaine de Médicis und andern Bildwerken), des Palais-Royal und dem Jardin des Plantes, bestehend aus dem eigentlichen Botanischen und dem Zoologischen Garten, gesellen sich der schöne, 1778 angelegte Park von Monceau (mit künstlicher Ruine und Skulpturwerken), der Park des Trocadéro (mit breiter Kaskade und einem Aquarium) und zahlreiche Squares. Von Denkmälern, die P. in überreicher Menge besitzt, sind außer den an andrer Stelle genannten noch zu erwähnen: der Arc de Triomphe de l'Etoile, ein 50 m hoher und 45 m breiter, 1806 bis 1836 erbauter Triumphbogen mit zahlreichen, den Nationalruhm verherrlichenden Hochreliefs; die Tour St.-Jacques, auf dem Square gleichen Namens, Überrest einer 1522 erbauten, 1789 niedergerissenen gotischen Kirche, mit einer Statue Pascals; die meist mit Statuen geschmückten Fontänen Louvois, Molière (beide von Visconti), St.-Michel (1860), de l'Observatoire (1874), St.-Sulpice (1847), de Grenelle (von Bouchardon, 1739), des Innocents (1550 von Lescot ausgeführt, mit Skulpturen von Jean Goujon; s. Tafel »Brunnen«, Fig. 6), du Progrès (von der Ausstellung 1889) u.a.; die triumphbogenartigen Portes St.-Denis und St.-Martin, 1672 und 1674 zu Ehren Ludwigs XIV. errichtet; die Monumente der Jungfrau von Orléans, des Admirals Coligny (1888), der Staatsmänner Danton, Ledru-Rollin, Louis Blanc, Gambetta (1886), Lamartine, Washington und Lafayette (1895), der Dichter Béranger, Victor Hugo, Lafontaine, Shakespeare (von Fournier, 1888), der Schriftsteller Diderot, Voltaire, Rousseau, Balzac, Beaumarchais, Augie r, Murger, Daudet, Maupassant, der Gelehrten Chappe, Lavoisier, Leverrier, Pasteur, Arago, der Musiker Berlioz, Gounod, Thomas, der Maler Watteau, Delacroix, Neuville, Regnault, Meissonier (1895), des Kunsttöpfers Palissy, des Bildhauers Barye, des Architekten Garnier, des Ingenieurs Alphand (der Haußmann bei der Verschönerung von P. unterstützte, 1817–92), der in Tongking Gefallenen (1888) etc.

Kirchliche Bauwerke.

Unter den Kirchen steht die altehrwürdige Kathedrale Notre-Dame in der Cité obenan. Dieselbe wurde von 1163 an bis in das Ende des 13. Jahrh. im gotischen Stil erbaut, im 18. Jahrh. mehrfach verändert, seit 1845 aber von Viollet-le-Duc trefflich restauriert. Die Kathedrale ist 130 m lang, 50 m breit und 34 m hoch; sie hat eine bedeutende Hauptfassade mit drei reichen Portalen; die beiden unvollendeten Türme erheben sich zu einer Höhe von 68 m. Das Innere zerfällt in 5 Schiffe, umfaßt 37 Kapellen und hat reichgeschnitzte Chorstühle und trotz der Verwüstung durch die Revolution noch manche alte Kostbarkeiten. Ein reizendes gotisches Bauwerk ist die im Hof des Justizpalastes gelegene Ste.-Chapelle, die, 1245–48 erbaut, seit 1837 stilgemäß restauriert wurde und 1871 glücklicherweise von dem Brande des Justizpalastes verschont blieb; sie besteht aus einer untern und einer obern Kapelle, enthält schöne alte Glasmalereien und polychrome Ausstattung und ist mit einem vergoldeten Turm gekrönt. Künstlerischen Wert haben von den übrigen Kirchen insbes. die folgenden: die romanische Kirche St.-Germain-des-Prés, aus dem 11. und 12. Jahrh., mit bedeutenden Wandgemälden von Flandrin u.a.; St.-Germain l'Auxerrois, aus dem 12.–16. Jahrh., gotisch, ehemalige Hofkirche mit malerischer Fassade und schönen Glasmalereien; St.-Séverin, aus dem 13.–16. Jahrh., ein ebenfalls gotischer Bau von edlen Verhältnissen; die spätgotische Kirche St.-Gervais, aus dem 16. Jahrh., mit Fassade in den drei Säulenordnungen; St.-Etienne du Mont, 1517–41 im spätgotischen Stil erbaut, mit zahlreichen Details französischer Renaissance, schlankem Turm, Glasmalereien, prächtigem Lettner und der Gruftkapelle der heil. Genoveva; St.-Eustache, 1532–1642 im Übergangsstil von der Gotik zur Renaissance erbaut, 1793 Schauplatz des Festes der Vernunft, 1846–54 restauriert, mit dem bemerkenswerten Grabdenkmal Colberts; Val- de-Grâce, 1645 als Abteikirche gegründet, mit schöner Kuppel (Nachahmung der Peterskuppel in Rom) und Fresken von Mignard; St.-Sulpice (1646–1749), mit säulengeschmückter Fassade und zwei Türmen (der eine unvollendet, im Innern mit neuern Wandgemälden); das Panthéon (Ste. – Geneviève), ein nach dem Plan Soufflots 1764–90 ausgeführter griechisch-römischer Bau, der als Mausoleum berühmter Männer dient (s. Artikel »Pantheon« und Tafel »Architektur XII«, Fig. 6); die Madeleine, 1806–42 in der Form eines griechischen Tempels mit 54 umlaufenden korinthischen Säulen erbaut, mit großem Relief im Giebelfeld, schöner Bronzehaupttür, im Innern einschiffig, von drei Kuppeln überdeckt und mit zahlreichen Marmorbildwerken und Gemälden versehen; endlich von den neuern die Kirchen Notre-Dame de Lorette, eine 1823–36 erbaute, mit Gemälden ausgestattete Basilika, St.-Vincent de Paul, 1824–44 in imposanter Lage erbaut, im Innern eine fünfschiffige Basilika mit polychromer Decke, großen Wandgemälden von Flandrin und modernen Glasmalereien, Ste. – Clotilde, eine moderne gotische Kirche (1846–59), die Renaissancekirchen La Trinité (1861–67), mit reicher Fassade, und St.-François Xavier (1875), die romanischen Kirchen Notre-Dame des Champs (1867–75) und Notre-Dame d'Auteuil (1881), endlich die Herz-Jesukirche, 1875–91 in romanisch-byzantinischem Stil nach Plänen Abadies mit großen Kosten auf der Höhe des Montmartre erbaut (im Innern noch unvollendet), St.-Augustin (1860–68, mit interessanter Eisenkonstruktion im Innern), St.-Ambroise (1863–69), St.-Antoine (1903), die Kapelle Notre-Dame-de-Consolation (zur Erinnerung an den furchtbaren Brand eines Wohltätigkeitsbasars 4. Mai 1897). Von den gottesdienstlichen Gebäuden andrer Konfessionen sind insbes. die in byzantinischem Stil erbaute russische Kirche (1861) und die Synagoge (1865–74) hervorzuheben. Von den 21 Friedhöfen gehören der Père-Lachaise, Montmartre und Montparnasse wegen der Pracht ihrer Monumente und der großen Zahl berühmter Toten zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt; doch sind dieselben gegenwärtig nur noch für dauernde Familiengrabstätten bestimmt, während die Friedhöfe von St.-Ouen, Ivry, Bagneux und Pantin die Leichen aufnehmen, die sich in der Regel mit einer zeitweiligen Ruhestatt von fünf Jahren begnügen müssen. Dann werden die ausgegrabenen Gebeine in den Katakomben, ursprünglich alten Steinbrüchen im S. der Stadt, aufgespeichert.

Weltliche Bauten.

Das hervorragendste weltliche Bauwerk von P. ist das Louvre (s. d.). Dieser von der Seine, dem Tuileriengarten, der Rue de Rivoli und der Rue du Louvre begrenzte Gebäudekomplex, ehemals das Königsschloß von P. (s. Tafel »Architektur XI«, Fig. 6), besteht aus dem alten Louvregebäude und den Bauten des neuen Louvre, die mit ihren vorspringenden Pavillons den Square du Nouveau Louvre (mit dem Denkmal Gambettas) umschließen. Von den mit dem Louvre verbundenen Tuilerien (s. d.) sind nach der Zerstörung durch die Kommunarden (1871) nur die beiden Pavillons de Marsan und de Flore erhalten. Auf der vom neuen Louvre und den Tuilerien eingeschlossenen Place du Carrousel steht der von Napoleon I. 1806 nach dem Muster des Triumphbogens des Septimius Severus erbaute, 14,6 m hohe Arc de Triomphe du Carrousel, von einer Quadriga gekrönt. Das Louvre enthält gegenwärtig die reichhaltigen Museen (s. unten), die 1871 glücklicherweise von der Zerstörung verschont blieben (nur die wertvolle Louvrebibliothek verbrannte), im nördlichen Bau des neuen Louvre ist das Finanzministerium untergebracht, dessen ehemaliges Palais in der Rue de Rivoli 1871 gleichfalls verbrannt wurde. Nördlich vom Louvre steht das Palais-Royal (s. d.), dessen ältester Teil 1629–36 erbaut wurde, jetzt Sitz des Staatsrats; es besteht aus einem Vorbau mit Säulenhalle und drei Flügeln, die den Jardin du Palais-Royal einschließen und in ihren dem letztern zugekehrten Galerien zahlreiche Restaurants und Kaufläden für Luxusartikel enthalten. Im nördlichen Teil des Palastes befindet sich das Théâtre du Palais-Royal, während südwestlich das Théâtre-Français angebaut ward (1790 eröffnet, nach dem Brande von 1900 restauriert). Von öffentlichen Gebäuden und Palästen sind ferner zu erwähnen: das Palais de l'Elysée, 1718 erbaut, von der Marquise von Pompadour reich ausgestattet, jetzt Residenz des Präsidenten der Republik, mit schönem Garten; südlich zu beiden Seiten der Avenue Alexandre III sind 1897–1900 das Grand Palais (für Kunstausstellungen) und das Petit Palais des Beaux-Arts (für die städtischen Kunstsammlungen) errichtet worden (s. Tafel »Ausstellungsbauten IV«, Fig. 1 u. 2); der 1612–20 erbaute Luxembourgpalast (s. d.) auf dem südlichen Seineufer, Sitz des Senats, mit einem schönen Garten; der Palast der Deputiertenkammer, 1722 als Palais Bourbon erbaut, seit 1798 der Volksvertretung eingeräumt, mit schöner Fassade gegen den Kai (von Poyet 1807); der Palast der Ehrenlegion, 1782 bis 1789 erbaut, nach dem Brand von 1871 wiederhergestellt; das Palais de Justice, ein großer Gebäudekomplex auf der Citéinsel, ursprünglich Residenz der Könige von Frankreich, nach den wiederholten Zerstörungen (1618, 1776 und 1871) restauriert, mit wenigen vom ursprünglichen Bau erhaltenen Resten (Tour de l'Horloge etc.), der Ste. – Chapelle (s. oben), der großen Salle des Pas perdus und andern Sitzungssälen; das gegenüberliegende Handelsgericht (1860–66) mit achteckiger Kuppel und stattlicher Treppe; das Ministerium des Äußern (1845) am Quai d'Orsay; das Hôtel de Ville, 1533–1628 in französischem Renaissancestil erbaut, 1871 von den Kommunarden niedergebrannt, aber 1876–84 in der frühern Gestalt wieder aufgebaut, mit reichem Statuenschmuck, zahlreichen Wandmalereien im Innern und einem Reiterdenkmal Etienne Marcels (im Garten gegen die Seine; vgl. Haucourt, L'Hôtel de ville de P. à travers les siècles, 1900; Vachon, L'Hôtel de ville de P., 1904); das 1670 bis 1674 erbaute Hôtel des Invalides, das eine reiche Waffensammlung, das Artillerie- und das Armeemuseum enthält (damit verbunden der Invalidendom, ein quadratischer Kuppelbau von 1706, in dem sich seit 1841 das Grab Napoleons I. und die Grabmäler von Turenne und Vauban befinden); die Sorbonne (s. d.), 1629 von Richelieu für das von Sorbon 1253 gegründete theologische Kollegium erbaut, seit 1885 umgebaut und erweitert, mit dem Grabmal Richelieus in der dazugehörigen Kirche; das Hôtel de Cluny, ein gotischer Bau aus dem 15. Jahrh., gegenwärtig Museum; die Nationalbibliothek, an Stelle des Palais Mazarin, seit 1719 wiederholt vergrößert, mit schönen Sälen; die 1820–1838 erbaute und später mehrmals erweiterte École des Beaux Arts mit schöner Fassade (s. Tafel »Eisenbau II«, Fig. 4); das Conservatoire des Arts et Métiers, eine ehemalige, 1060 gegründete Abtei St.-Martin-des-Champs, von deren Räumen namentlich die Kirche und das Refektorium, beide aus dem 13. Jahrh., erhalten sind; die École Centrale des Arts et Manufactures (1884); die medizinische Fakultät, 1769 errichtet, mit neuer griechischer Fassade von 1887; das Opernhaus, 1861–75 von Garnier erbaut, mit reicher Fassade, verschwenderisch ausgestattetem Zuschauerraum mit 2158 Plätzen, prächtigem Treppenhaus und einem mit trefflichen Deckengemälden von Baudry geschmückten Foyer (Gesamtkosten 47 Mill. Frank); das umfangreiche, 1751 errichtete Gebäude der École Militaire (jetzt Kriegsakademie); die Börse (s. Tafel »Börsengebäude I«, Fig. 3, und Tafel II, Fig. 2), 1808–26 erbaut, 1903 erweitert, mit korinthischen Säulen und allegorischen Standbildern; das Hôtel des Monnaies (Münze), 1771–79 an der Stelle des Hôtel Conti errichtet; die Hauptpost (Palais des Postes), 1880–84 umgebaut; die Komische Oper, nach dem Brande von 1887 neu erbaut; das Museum Galliéra, ein Prachtbau im italienischen Renaissancestil, auf Kosten der Herzogin von Galliera bis 1895 erbaut; der Trocadéropalast, ein aus Anlaß der Weltausstellung 1878 in orientalischem Stil errichteter halbkreisförmiger Festbau. Von den anläßlich der Weltausstellung 1889 errichteten Bauwerken auf dem Marsfeld ist der Eiffelturm, ein kühner, 300 m hoher Eisenbau, erhalten (s. Tafel »Eisenbau II«, Fig. 7). Als älteste Baureste von P. sind die 1870 und 1883 zwischen der Rue Monge und der Rue de Navarre aufgefundenen Reste eines Amphitheaters aus dem 2. und 3. Jahrh., dann die in den Gärten des Hôtel de Cluny erhaltenen Ruinen des sogen. Palais des Thermes aus dem 3. Jahrh. hervorzuheben.

Bevölkerung.

P. zählte am Ende des 13. Jahrh. 200,000,1637: 415,000,1680 (unter Ludwig XIV.) 500,000,1800 (bei der ersten Zählung) 547,756,1836: 909,126,1861, nach der Einverleibung zahlreicher Vororte, 1,696,141,1881: 2,239,928,1891: 2,447,957,1901: 2,714,068 und 1906 (nach vorläufiger Feststellung) 2,731,728 Einw. Mit Einschluß der an P. angrenzenden Orte erhöht sich die Bevölkerung noch um etwa 900,000 Einw. Die Dichtigkeit der Pariser Bevölkerung ist größer als die einer andern Großstadt Europas: 348 Einw. auf 1 Hektar. Ihr Anwachsen ist selbstverständlich weniger der natürlichen Zunahme infolge Überschusses der Geburten über die Sterbefälle als vielmehr dem fortwährenden Zufluß ortsfremder Bevölkerung nach P. zuzuschreiben. Nach dem Geschlecht entfielen auf 1000 männliche 1117 weibliche Personen. Nur 37,7 Proz. der Bevölkerung waren im Departement Seine geboren. Etwa 7,8 Proz. der Bevölkerung sind Ausländer; hierunter befinden sich (1901) 27,954 Belgier, 24,568 Deutsche, 21,791 Italiener, 19,639 Schweizer, 10,532 Engländer, 9846 Russen, 6323 Griechen, Rumänen, Türken etc., 5984 Österreicher und Ungarn etc. Dem Glaubensbekenntnis nach ist die Bevölkerung ihrer überwiegenden Mehrheit nach katholisch; an Andersgläubigen gibt es nur etwa 50,000 Reformierte, 40,000 Lutheraner und 50,000 Juden. Die Bevölkerungsbewegung ergab 1904 auf 1000 Bewohner 19,51 Lebendgeborne (im Jahrzehnt 1893–1902 noch 22,15), darunter 14,32 eheliche und 5,19 uneheliche, 17,43 Sterbefälle, 1,76 Totgeburten, 9,62 Trau ungen und 0,61 Scheidungen. 1902 zählte man in P. 88,987 bebaute Grundstücke, wovon 84,884 Ertrag brachten, mit einem Mietswert von 879 Mill. Frank. Es gab 1,231,172 selbständige Wohnungen, wovon 26,633 leer standen. P. gehört zu den gesündesten der großen Städte Europas; seine Einrichtungen für die öffentliche Verpflegung, für Licht, Wasser, Luft, Reinlichkeit, kurz für alle materiellen Bedürfnisse eines großen Bevölkerungszentrums sind mustergültig und haben in der denkwürdigen 133tägigen Belagerung, vom 19. Sept. 1870 bis 29. Jan. 1871, die Probe gut bestanden. Die Verproviantierung hat ihre Zentralpunkte in den großen Markthallen (Halles Centrales), bestehend aus 10 in Eisenkonstruktion ausgeführten Pavillons (s. Markthallen, S. 326, und Tafel II, Fig. 1 u. 2), in der Fleisch- und der Weinhalle und dem Viehmarkte, der mit dem Schlachthause von La Villette in Verbindung steht. Auf dem Viehmarkte von La Villette wurden 1903: 310,075 Rinder, 169,523 Kälber, 1,754,034 Hammel und 513,966 Schweine ausgetrieben. 267,027 Rinder, 274,391 Kälber, 2,047,770 Hammel, 382,508 Schweine und 28,965 Pferde gelangten in den Schlachthäusern von La Villette, Vaugirard und Villejuif zur Schlachtung. Der Konsum von P. umfaßte 1903 unter anderm an Fleisch 158 Mill. kg, an Geflügel und Wild 25, an Gemüse und Obst 19,6, an Fischen und Schaltieren 45,1 Mill. kg, an Austern 36,8 Mill. Stück, an Butter 14,4, an Eiern 17,5, an Käse 13 Mill. kg, an Wein 6,1 Mill. hl, an Bier 414,306 hl, an Alkohol (zu 100°) 131,023 hl etc. Das Trinkwasser wird der Stadt durch die 131 km lange Dhuisleitung nach Ménilmontant (1865), durch die 173 km lange Vanneleitung von Troyes und Cochepies nach Montrouge (1875) und durch die neue, 102 km lange, die Quellen von La Vigne und Verneuil fassende Leitung durch das Avretal nach St.-Cloud und Passy (1893) zugeführt. Außerdem dient ein besonderes Leitungsnetz für das Spül- und Nutzwasser aus der Seine, Marne und dem Ourcq. Aus dem Kloakennetz, das eine Entwickelung von 1039 km hat, werden die Abwässer durch große Sammelkanäle seit 1899 nicht mehr in die Seine unterhalb P., sondern zur Berieselung der Halbinseln von Gennevilliers, Achères, Carrières unterhalb Poissy und der Gegend von Mèry-Pierrelaye abgeleitet. Die städtische Beleuchtung erfolgt durch 9 Gasanstalten, die 1903: 345 Mill. cbm, davon 43 Mill. für die öffentliche Beleuchtung, lieferten. Außerdem bestehen in P. 6 elektrische Gesellschaften, die 1897: 9622 Bogenlampen und 543,770 Glühlichter teils für Straßenbeleuchtung, teils für Theater- und Privatbeleuchtung im Betrieb erhielten.

Industrie, Handel und Verkehr.

Die Industrie ist in P. in allen ihren Zweigen vertreten. 1902 waren hier in 36,649 gewerblichen Betrieben 402,303 Personen, darunter 227,198 erwachsene Arbeiter, 120,102 Frauen und Mädchen über 18 Jahre und 26,188 Knaben und 28,815 Mädchen unter 18 Jahren, beschäftigt. Der Kohlenverbrauch betrug 1902 im Depart. Seine: 3,703,200 Ton.; die Dampfkraft war 1902 im Depart. Seine durch 5789 Dampfmaschinen von 190,213 Pferdekräften und 8339 Kessel, davon in P. selbst (1903) durch 3270 Dampfmaschinen von 94,835 Pferdekräften und 4660 Kessel, vertreten. Die Pariser Industrie charakterisiert sich hauptsächlich durch kleine Werkstätten, außerdem aber durch weitestgehende Arbeitsteilung. Große Etablissements zählt vor allem die metallurgische Industrie und zwar für Eisenbahnmaterial, Bronzen und Lampen, Messing- und Tombakwaren, Maschinen und Apparate, chemische Produkte, Seife, Kerzen, Farbwaren, raffinierten Zucker, Schokolade, konservierte Früchte und Gemüse, Likör, Bier, Zündhölzer, Porzellan, Fayence und Majolika, Kutschen, Leder, Sattler- und Riemerwaren, Kautschuk- und Guttaperchawaren, Typographie, Kunsttischlerei, für Schals, Teppiche, Tapeten, Hüte, Schuhwaren, Kleider und Wäsche. Kleinere Unternehmungen dagegen stehen hauptsächlich im Dienste der Kunstindustrie; sie liefern Gold- und Silberwaren, echten und falschen Schmuck, Gravüren, Bronzen, Garnituren, typographische und lithographische Arbeiten, Buntpapier, Stickereien, Posamentierwaren u.a. Einen großen Umfang hat ferner (und zwar gleichfalls im kleinern Betrieb) die Präzisionsmechanik, insbes. die Erzeugung von optischen und chirurgischen Instrumenten und Apparaten, Uhren, Musikinstrumenten, anatomischen Präparaten, Wagen und Jagdwaffen, sowie das vielverzweigte Baugewerbe. In eigentlichen Luxusartikeln endlich liefert P. jährlich für den Weltmarkt außerordentliche Quantitäten von Drechsler- und Kinderspielwaren, Necessaires, Korbwaren, Buchbinder- und Kartonnagearbeiten, Sachen in Stahl und Aluminium, Agraffen, künstlichen Blumen, Modewaren, Parfümerien, Schmuckfedern, Fächern, Knöpfen, Handschuhen etc. In vielen Artikeln ist P. nur das geschäftliche Zentrum, von dem die Aufträge und Muster ausgehen, und wo die Verfeinerung zur vollendeten Handelsware vorgenommen wird. So steht denn auch die Industrie des Depart. Seine außerhalb der Bannmeile der Hauptstadt im Dienste der Pariser Industrieunternehmungen. Am hervorragendsten sind hier die Fabrikation von chemischen Produkten, Kerzen, Seife, Farbwaren, Firnissen und Lacken, Maschinen und Eisenwaren, Leder und Glas, die Färberei, Druckerei und Bleicherei, die Eisengießerei und Gipserzeugung vertreten. An Staatsmanufakturen bestehen in P. eine große Tabakmanufaktur (2200 Arbeiter), die Nationaldruckerei (1200 Arbeiter), die Münze, die berühmte Teppichfabrik (Gobelins, s. d.) und die Porzellanfabrik in Sèvres (s. d.).

Hand in Hand mit der hochentwickelten Industrie geht der in P. konzentrierte und trefflich organisierte Handel. Beim Zollamt von P. wurden 1902 (ohne Edelmetalle) 183,111 Ton. Waren im Werte von 375,4 Mill. Fr. ein- und 152,654 T. im Werte von 497,3 Mill. Fr. ausgeführt. Die Zolleinnahme betrug 67,5 Mill. Fr. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind: Schmuckfedern, Baumwoll-, Seiden- und Schafwollwaren, Papier und Bücher, Leder und Lederwaren, Maschinen, Glas- und Tonwaren, Häute und Felle, Metallwaren, chemische Produkte und Wein. Die hauptsächlichsten Ausfuhrartikel sind: Seiden- und Modewaren, Kunstblumen, Kleider und Wäsche, raffinierter Zucker, Handschuhe, Papier und Bücher, Leder, Metallwaren, Waren aus Edelmetall, Spielwaren, Baumwollwaren, Schmuckfedern. Eine Eigentümlichkeit des Pariser Handelsbetriebes sind die weltbekannten großen Magazine (Bon Marché, Louvre, Printemps etc.). Als Kommunikationsmittel dienen dem Handel außer den schiffbaren Flüssen und Kanälen die von den neun Pariser Bahnhöfen nach allen Teilen des Landes hin auslaufenden Eisenbahnen, deren Zentralverwaltung sich durchweg in P. befindet. Auf der Seine und den Kanälen de l'Ourcq, von St.-Denis und St.-Martin kamen innerhalb der Stadt und der Departements Seine und Seine-et-Oise 1903 an: 38,778 Schiffe mit 8,053,218 Ton. Ladung, es gingen ab 18,669 Schiffe mit 3,038,637 T. Ladung. Davon entfielen auf den durch die genannten Kanäle vermittelten Warenverkehr in beiden Richtungen zusammen 3,71 Mill. T. Für den Lokalverkehr sorgen außer den Eisenbahnen und den Seinedampfern die Omnibusse, die Tramways und die Stadtbahn. Auf den Bahnhöfen sind 1903 abgereist: 77,7 und angekommen 77,5 Mill. Personen, wovon der größte Teil auf die West-, dann auf die Ostbahn entfiel. Hierzu kommen die beiden Gürtelbahnen mit 31,5 Mill. beförderten Personen. Die allgemeine Omnibusgesellschaft beförderte auf den Omnibuslinien 125 Mill., auf den Pferdebahnen 29,2 Mill. und auf den 22 elektrischen Straßenbahnlinien 103,6 Mill. Personen. Außerdem bestehen noch 5 Tramwaygesellschaften, die 56,6 Mill. Personen beförderten, eine Drahtseilbahn von der Place de la République auf die Höhe von Belleville (5 Mill. Personen), endlich 15,014 Mietswagen. Eine Stadtbahn (elektrische Untergrundbahn, le Métropolitain) ist seit 1898 erbaut und umfaßt folgende Linien: die Hauptlinie (10,5 km) führt durch die Stadt vom Cours de Vincennes bis zur Porte Maillot im NW., die Nordlinie (12,4 km) von der Porte Dauphine über die Place de l'Etoile nach der Place de la Nation, die Südlinie (22 km) von der Place de l'Etoile über den Trocadéro zum Quai de Passy, eine Querlinie (7 km) von der Avenue des Villiers (Nordring) bis zur Place Gambetta. Weitere Linien sind im Bau. 1903 betrug der Personenverkehr schon 100 Mill. Den Verkehr auf der Seine besorgen 3 Dampferunternehmungen, die 1903: 22,3 Mill. Personen beförderten. Für den Korrespondenzverkehr dienen außer zahlreichen Post- und Telegraphenämtern die pneumatische Post und das Telephon. 1903 wurden 450 Mill. Briefe im innern Verkehr und 42,8 Mill. im auswärtigen Verkehr, 39 Mill. Postkarten und 65 Mill. Ansichtskarten befördert; die Zahl der Wertsendungen betrug 6,7 Mill. Stück, die der rekommandierten Sendungen 24 Mill. Stück, die der Postpakete 26,5 Mill. Stück, die Zahl der Telegramme, ohne die Transitdepeschen, 19,2 Mill. Stück. Es bestehen 7 Fernsprechämter, die Zahl der Abonnenten betrug 1903: 33,700, der Sprechstellen 45,463, der vermittelten Gespräche 124 Mill. An Kreditinstituten besitzt P. vor allen die mit dem Notenprivilegium versehene Banque de France (Notenumlauf 1. Jan. 1901: 4446 Mill. Fr.), den Crédit foncier (Hypothekenbank), Comptoir National d'Escompte, Société de Dépôts, Banque de P., Crédit industriel et commerciel etc. (s. Banken, S. 347 f.), das Clearinghaus (Chambre de Compensation des Banquiers), die Effekten- und die Warenbörse, ferner die Sparkasse (Einlagenstand Ende 1903: 123 Mill. Fr.), die zahlreichen Versicherungsanstalten, das 1777 gegründete Leihhaus (Mont-de-Piété) etc.

An Wohltätigkeitsanstalten besitzt P. 14 allgemeine Krankenhäuser (darunter das Hôtel-Dieu, Pitié, Charité etc.), 9 spezielle Krankenhäuser, 7 Kinderspitäler und eins in Berck-sur-Mer für tuberkulöse Kinder, in denen 1903 zusammen 188,132 Kranke behandelt wurden. Hierzu kommen 4 Hospices für Geisteskranke, Unheil bare und Greise (Bicêtre, Salpêtrière, Ivry und Brévannes), 3 Maisons de Retraite für Greise und Unheilbare (in denen eine geringe Verpflegungsgebühr erhoben wird), 12 Hospices fondés (Stiftungskrankenhäuser) für Greise, 5 für Kinder und 3 für schwangere Frauen, insgesamt mit 29,135 behandelten Personen. Außerdem wurden 75,553 Arme zu Hause unterstützt, 90,571 Kranke zu Hause behandelt und 11,139 Frauen zu Hause entbunden, ferner bestehen 2 städtische Asylhäuser für Obdachlose (Refuges de Nuit), 2 Asyle für Wöchnerinnen, ein Kinderasyl, ein städtisches Werkhaus (Refuge-Ouvroir), in das 1083 Personen aufgenommen wurden, eine Anstalt für Krankentransport, Fürsorge für verlassene Kinder (Enfants Assistés), von denen 5125 in das Hospice dépositaire aufgenommen und 50,943 auf dem Land untergebracht wurden, Fürsorge für verwahrloste Kinder (1239), für kleine Kinder (bis zu 2 Jahren, 25,128) und zahlreiche andre private Wohltätigkeitsanstalten, darunter auch ein deutscher Hilfsverein (1844 gegründet).

Bildungsanstalten.

Wie in keinem andern Staat, ist in Frankreich auch das Unterrichtswesen in der Hauptstadt zentralisiert. Für den Hochschulunterricht besteht vor allem die 1898 durch Vereinigung der Fakultäten entstandene Universität von P., mit 283 Lehrern und 12,985 Studenten, und zwar die 1871 von Straßburg nach P. übertragene Fakultät für protestantische Theologie (1903/04: 54 Hörer), die Fakultät für Rechte (4752 Hörer), die Fakultät für Medizin (3496 Hörer), die neben der eigentlichen medizinischen Schule mit Bibliothek, Botanischem Garten, Museen, Laboratorien etc. eine besondere praktische Schule umfaßt, die höhere Schule für Pharmazie (1307 Hörer), die Fakultäten für Mathematik und Naturwissenschaften (1546 Hörer), dann für Philosophie, Philologie und Geschichte (1830 Hörer), beide an der Sorbonne (s. d.) vereinigt. Außerdem gab es 667 weibliche Studierende (darunter 412 Ausländerinnen). Zu den Hochschulen sind ferner zu rechnen das 1529 gegründete Collège de France, ein freies Lehrinstitut mit 44 Lehrstühlen verschiedener Wissenszweige, die École pratique des hautes études (an der Sorbonne), ein Staatsinstitut mit fünf Sektionen, die höhere Normalschule für Mittelschullehrer (1903 der Universität angegliedert), das naturhistorische Museum im Jardin des Plantes mit 18 Lehrstühlen, endlich die 1875 gegründete freie katholische Universität mit vier Fakultäten und die 1898 begründete Volkshochschule. Für den höhern technischen Unterricht bestehen 4 Anstalten: die École polytechnique, die vom Kriegsministerium ressortiert, Militär- und Zivileleven umfaßt und einerseits die Ausbildung für Artillerie, das Geniewesen und die Marine, anderseits für den Straßen- und Brückenbau, Bergbau. Staatsmanufakturen, Telegraphenwesen etc. bezweckt; die École des ponts et chaussées, die für die Ausbildung im Straßen- und Brückenbau bestimmt ist; die École centrale des arts et manufactures, die Ingenieure für alle Zweige der Industrie und für öffentliche Dienste, deren Leitung nicht den Staatsingenieuren obliegt, ausbildet; die École spéciale d'architecture, ein Privatinstitut für die Heranbildung von Architekten. Das Konservatorium für Künste und Gewerbe ist eine höhere Fachschule und hat neben reichhaltigen Sammlungen von Maschinen, Instrumenten, landwirtschaftlichen und Industrieprodukten und einer Bibliothek zahlreiche Unterrichtskurse. Nennenswerte Fach- und Speziallehranstalten sind ferner: ein höheres und 3 niedere katholische Priesterseminare, die École des chartes zur Ausbildung von Archivaren und Paläographen, die Spezialschule für lebende orientalische Sprachen, die Kolonialschule, die Schule für politische Wissenschaften, die Schule für soziale Wissenschaften, die anthropologische Schule, die École nationale des mines (154 Hörer) für berg- und hüttenmännische Ausbildung mit mineralogischem, geologischem und paläontologischem Museum, die Schule für Staatsmanufakturen, 3 höhere Handelsschulen, 40 Handelskurse mit 2994 männlichen und weiblichen Hörern, das agronomische Nationalinstitut, die École nationale des beaux-arts für Maler, Bildhauer, Architekten, Kupferstecher und Graveure (1903/04: 1402 Schüler) mit einer Sammlung von Kopien und Gipsabgüssen und berühmtem Wandgemälde von Delaroche, die Schule der dekorativen Künste, das Konservatorium für Musik und Deklamation mit wertvollen Sammlungen musikalischer Instrumente und Bibliothek, die Schule für klassische Musik, die höhere Kriegsschule, die Seegenieschule und die militärärztliche Schule. P. zählt ferner an Mittelschulen 12 Lyzeen (1903/04: 10,701 Schüler), 5 Mädchenlyzeen (1787 Schülerinnen) und zahlreiche Privatunterrichtsanstalten. Der Elementarunterricht umfaßt die Kleinkinderschulen (écoles maternelles), 168 öffentliche und 49 private mit 65,903 Kindern (zwischen 2 und 7 Jahren), die Elementarschulen (für Knaben und Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren), 400 öffentliche mit 169,552 und 694 private (darunter 176 von geistlichen Orden unterhaltene) mit 22,598 Schülern und 52,789 Schülerinnen; ferner 8 höhere Primärschulen (5615 Schüler), 77 Fortbildungsschulen (Cours d'adultes) mit 2618 Schülern und 1486 Schülerinnen und 7 städtische Gewerbeschulen für Knaben (1183 Schüler) und 6 für Mädchen (1740 Schülerinnen). Es bestehen ein Seminar für Lehrer und eins für Lehrerinnen, ein Taubstummen- und ein Blindeninstitut. Die Krone des gesamten geistigen Lebens von Frankreich bildet das 1795 ins Leben gerufene Institut de France (s. Akademie, S. 217). Unabhängig von dem Institut besteht die medizinische Akademie, dann eine große Anzahl sonstiger wissenschaftlicher Gesellschaften. Besonders reich ist P. an Bibliotheken, darunter die großartige Nationalbibliothek mit 3,050,000 Bänden, 15,000 Inkunabeln, 105,000 Handschriften, 2,74 Mill. Stichen, Schnitten und Lithographien, 300,000 Karten, 400,000 Medaillen und Münzen und einer wertvollen Sammlung von Antiken; die Bibliothek Mazarine mit 250,000 Bänden, 6000 Handschriften, 80 Reliefmodellen; die Bibliothek des Arsenals mit 250,000 Bänden, 8000 Handschriften; die Bibliothek Ste. – Geneviève (s. Tafel »Bibliotheksgebäude III«, Fig. 1) mit 224,000 Bänden, 4000 Handschriften und 4000 Kupferstichen; die Bibliothek der Sorbonne mit 125,000 Bänden und 1000 Handschriften; die Bibliothek der École de médecine mit 130,000 Bänden; die Bibliothek der Deputiertenkammer (im Palais Bourbon) mit 180,000 Bänden; die historische Bibliothek von P. (110,000 Bände, 90,000 Stiche etc.), eine Zentralbibliothek für den Elementarunterricht (80,000 Bände) und 72 städtische Bibliotheken. Sehr reich an historischen Dokumenten ist auch das Nationalarchiv. Unter den übrigen wissenschaftlichen Anstalten verdienen Erwähnung: die 2 Sternwarten, das Mineralienkabinett und der Jardin des Plantes mit seinen reichhaltigen naturhistorischen Sammlungen.

Kunstschätze, Theater, Presse.

In dem Reichtum und der Mannigfaltigkeit seiner Kunstschätze steht P. unübertroffen da. Das hervorragendste Museum ist das des Louvre (s. d.), das folgende Sammlungen umfaßt: das ägyptische Museum, die Sammlung assyrischer und andrer asiatischer Altertümer, eine große Sammlung etruskischer und griechischer Vasen sowie andrer keramischer Werke des Altertums, das Museum antiker Skulpturen (darunter Meisterwerke, wie die Venus von Milo, Diana mit der Hirschkuh, der Borghesische Fechter), die Sammlung antiker Bronzen, die altchristlichen und jüdischen Altertümer, die Sammlung von Skulpturen und andern Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance, die reichhaltige Gemäldegalerie, die gegen 3000 Werke aller Schulen umfaßt (darunter Leonardo da Vincis Mona Lisa, Hauptwerke von Raffael, Tizian, Correggio, Veroneses Hochzeit zu Kana, Rubens' Gemälde zur Verherrlichung der Maria von Medici und Heinrichs IV., zahlreiche Bilder von Rembrandt etc.), die Sammlung von Handzeichnungen (50,000 Blätter), das Museum moderner Skulpturen, kunstgewerbliche Sammlungen (insbes. Möbel, Fayencen, Elfenbein- und Emailwerke), das Marinemuseum und das ethnographische Museum. Dazu kommen aber noch das Museum im Palais Luxembourg, das als Ergänzung der Louvremuseen in bezug auf die Sammlung moderner Gemälde und Skulpturen dient; das Musée de Cluny, das eine reiche Sammlung (etwa 11,000 Nummern) von Kunstgegenständen, Möbeln und Geräten aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Renaissance enthält (s. Tafel »Goldschmiedekunst«, Fig. 14); das Musée des Arts décoratifs; das städtische Musée Carnavalet mit Gegenständen, die auf die Geschichte von P. Bezug haben; die städtischen Sammlungen mit der Collection Dutuit im Petit Palais; die Antikensammlung (besonders geschnittene Steine) der Nationalbibliothek, das Artilleriemuseum mit reicher historischer Sammlung von Waffen und Rüstungen und das Heermuseum (beide im Invalidenpalast) mit einer Sammlung von Waffen, Uniformen, Fahnen etc.; das Museum Guimet, eine Sammlung von Kultusgegenständen und keramischen Werken des Orients; das Museum Galliéra (mit den von der Herzogin von Galliera hinterlassenen Kunstwerken); das Cernuschi-Museum (am Park Monceau), chinesische und japanische Kunstgegenstände enthaltend; das Gustave Moreau-Museum (mit der Hinterlassenschaft dieses Malers); das Musée d'Ennery, Porzellane, Bronzen, Holz- und Elfenbeinsachen enthaltend; das Victor Hugo-Museum; die Sammlung von Gipsabgüssen, das Kambodscha- und das ethnographische Museum (im Trocadéropalast); die Sammlung von Gobelins in der staatlichen Teppichfabrik; die Münz- und Medaillensammlung im Hôtel des Monnaies; die anatomische Sammlung Orfila, die pathologische Sammlung Dupuytren und die mit einzelnen Unterrichtsanstalten verbundenen Sammlungen. Jährliche Kunstausstellungen sind die »Salons« im Grand Palais, die Aquarellistenausstellung etc.

Auch das Zeitungswesen (s. Zeitungen) und das Bühnenwesen Frankreichs sind in der Hauptstadt konzentriert. Die hervorragendsten Theater sind: die Große Oper (s. oben). die große Opern und Ballette mit glänzender Ausstattung und kunstgemäßer Ausführung zur Darstellung bringt; die Komische Oper, in welcher der musikalische Geist der Franzosen zur höchsten und anmutigsten Blüte gediehen ist; das altberühmte Théâtre-Français (s. d.), das für die Darstellung der klassischen französischen Tragödie und Komödie sowie für jene des modernen Schauspieles höherer Gattung mustergültig ist; das Odéon, eine Art Vorstufe und Vorschule für das Théâtre-Français. Neben diesen 4 subventionierten Haupttheatern bestehen in P. noch etwa 48 Theater, ferner 4 Konzertunternehmungen (die klassischen Konzerte des Konservatoriums, die populären Konzerte von Colonne und Lamoureux, im Sommer die im Jardin d'Acclimatation), 49 Cafés-Concerts (Spezialitätenbühnen), 15 Ballokale, 4 Zirkusse (darunter Nouveau Cirque, Cirque Medrano, Cirque d'Hiver), 9 Panoramen, 16 andre Ausstellungen (darunter das berühmte Wachsfigurenkabinett Grévin). Alle diese Vergnügungslokale hatten 1903 eine Bruttoeinnahme von 40,4 Mill. Fr. Pferderennen finden vom Februar bis November jeden Sonntag und an vielen Wochentagen auf verschiedenen Rennbahnen (Longchamp, Auteuil, Chantilly, Vincennes, La Marche etc.) statt.

Verfassung, Behörden, Finanzen.

Für die Beratung der städtischen Angelegenheiten besteht ein Munizipalrat (Conseil municipal) von 80 auf drei Jahre gewählten Mitgliedern. Der Seinepräfekt vereinigt in sich die Funktionen eines Zentralmaire von P. Die 20 Arrondissements besitzen je eine Mairie. Das Budget der Stadt P. übersteigt dasjenige manches Königreichs. Für das Jahr 1903 wurden die Einnahmen und Ausgaben auf 395,2, bez. 392,9 Mill. Fr. (davon 348,5, bez. 337,9 im Ordinarium) beziffert. Die Haupteinnahme bildet die städtische Verzehrungssteuer (Octroi) mit (1900) 109,1 Mill. Fr.; die Kommunalabgaben, Spezialauflagen und die Hundesteuer 79,5 Mill., die städtischen Wasserwerke 22,4 Mill. Fr. Die wichtigsten Ausgabeposten haben zum Gegenstande: die städtische Schuld (116,1 Mill. Fr.), Polizei (34,7), Armen- und Gesundheitswesen (34,5), Unterrichtsanstalten (28,5), die öffentlichen Wege (23,5), Verschönerung und Beleuchtung (12,5). Die städtische Schuld hatte 1900 einen Stand von 2387 Mill. Fr.

P. ist Sitz des Präsidenten der Republik, der Gesetzgebenden Körper, des Staatsrats, der Ministerien und sonstigen obersten Staatsbehörden, ferner der Seinepräfektur, der Polizeipräfektur, des Militärgouvernements, eines Erzbischofs, des Kassationshofs, eines Appell- und Assisenhofs, eines Tribunals erster Instanz, eines Handelsgerichts und eines Gewerbeschiedsgerichts, dann von 20 Friedensgerichten.

Geschichte.

P. war zur Zeit, als Cäsar Gallien eroberte, die Hauptstadt des keltischen Stammes der Parisier, lag auf der Seineinsel (der Stelle des heutigen Cité) und hieß keltisch Lutuhezi, d.h. Wasserwohnung, bei den Römern und Griechen Lukotitia oder Lutetia Parisiorum. Cäsar veranstaltete 54 hier eine Versammlung der gallischen Völker. An der Erhebung des Vercingetorix 52 nahmen auch die Parisier teil, wurden aber nach hartnäckigem Kampfe von Labienus unterworfen; das hierbei zerstörte Lutetia ließ Cäsar wieder aufbauen und befestigen. P. war jetzt eine Urbs vectigalis (tributäre Stadt) und Station einer Flußflottille, woher auch das Wappen der Stadt, ein Schiff, herrührt. Mehrere römische Kaiser hielten sich hier auf, so Constantius Chlorus, der auf dem linken Seineufer einen Palast baute (von dessen Thermen noch im Hôtel de Cluny Überreste erhalten sind), Konstantin d. Gr., Constans, Julianus Apostata, der hier 360 zum Kaiser ausgerufen wurde, Valentinian I., Valens und Gratian, welch letzterm die in der Nähe von P. gegen Maximus verlorne Schlacht Reich und Leben kostete. Seit 358 ward der Name Lutetia durch die Bezeichnung Civitas Parisiorum, auch bloß Parisii oder Parisia verdrängt. 486 eroberte es der Merowinger Chlodwig und erhob es 508 zu seiner Hauptstadt, nachdem er es mit Mauern umgeben; er ließ sich in der Nähe der Peter-Paulskirche einen Palast bauen und gründete die Kirche Ste. – Geneviève. Später wurde es Hauptstadt von Neustrien. Unter Karl d. Gr. ward es Sitz eines Grafen von P. Im 9. Jahrh. hatte es von den Plünderungszügen der Normannen (841,845,855,861) und wiederholten Hungersnöten schwer zu leiden. 885–886 hielt es unter der tapfern Leitung des Grafen Odo von Paris eine 13monatige Belagerung durch die Normannen aus. Hugo Capet erweiterte es und gab ihm neue Vorrechte. Ein königlicher Prévôt (Vogt) verwaltete im Namen des Königs die Zivil- und Kriminaljustiz, nahm die Gerechtsame des Fiskus wahr und führte die Oberaufsicht über die Polizei, ein Prévôt der Kaufmannschaft leitete die städtische Verwaltung. Unter Philipp II. August wurden zuerst die Straßen gepflastert, das alte Louvre erbaut und die Stadt mit einer starken Befestigungsmauer umgeben. Damals zählte P. schon 100,000 Einw. Die Pariser klösterlichen und bischöflichen Schulen, die durch Lehrer wie Petrus Lombardus und Abälard schon berühmt waren, wurden gegen 1200 zu einem studium generale oder Universität vereinigt, die bald 20,000 Studenten zählte und in der theologischen Wissenschaft eine große Autorität genoß. Ludwig der Heilige führte in P. ein Appellationsgericht ein und erbaute die Ste. – Chapelle und das Hospital der Quinze-Vingts. Unter Philipp 1 V. ward der Sitz des Parlaments, des obersten Gerichtshofs, endgültig 1302 nach P. verlegt, und auch die Generalstände versammelten sich meist daselbst. 1367 bis 1382 mußte die nördliche Ringmauer der Stadt. die bereits 140,000 Einw. zählte, erweitert werden. 1356–58 erregte der Prévôt der Kaufleute, Marcel (s. d.), Unruhen in P., um den dritten Stand zum herrschenden in Frankreich zu machen. Karl V. ließ 1369 den Bau der Bastille beginnen, zum Schutze gegen die Engländer, aber auch gegen neue Empörungsgelüste der Pariser. Gegen die vom Regenten, dem Herzog von Anjou, ausgelegten neuen Steuern kam es 1382 zum Aufstande der Maillotins, wie die Anführer nach den von ihnen als Waffen gebrauchten bleiernen Hämmern hießen, der blutig unterdrückt wurde. In dem Streit zwischen den Parteien der Burgunder und Armagnacs hielten es die Pariser mit den erstern. 1411 erlangten die Zünfte unter Führung der Schlächter, namentlich des Tierabhäuters Caboche (Cabochiens), die Herrschaft in P. und vereinigten sich mit der burgundischen Partei, wurden zwar 1413 gestürzt, erhoben sich aber 1418 zum zweitenmal unter Perrinet le Clerc, ermordeten den Grafen von Armagnac und rächten sich grausam an ihren Unterdrückern. Sie riefen den Herzog von Burgund nach P. und lieferten 1420 die Stadt in die Hände der Engländer. 1429 versuchte Jeanne d'Arc vergeblich einen Sturm auf sie; erst 1436 eroberte sie Dunois für Karl VII. In der längern Friedenszeit, die nun die Stadt genoß, vermehrte sich ihre Bevölkerungszahl bis 1483 wieder auf 150,000 Einw., die sich in 17 Viertel verteilten. 1464 wurde die Briefpost, 1470 die erste Buchdruckerei in den Gebäuden der Sorbonne errichtet, und 1472 erhielt P. medizinische Unterrichtsanstalten.

Unter Franz I. war schon P. der wissenschaftliche und künstlerische Mittelpunkt Frankreichs. Der König begann an Stelle des alten Louvre einen prächtigen Palast und stiftete das königliche Kollegium (später Collège de France); 1553 wurde der Bau des neuen Stadthauses begonnen. In der Schreckenszeit der Hugenottenkriege nahm die Bürgerschaft von P. leidenschaftlich für den Katholizismus und die Liga Partei; bei der Pariser Bluthochzeit 24. Aug. 1572 ermordeten die Bürger 2000 Hugenotten. P. ergab sich, nachdem es am »Tag der Barrikaden« (12. Mai 1588) Heinrich III. vertrieben, erst 1593 nach zweimaliger Belagerung, als bereits 13,000 Menschen den Hungertod gestorben waren, an Heinrich IV., aber erst nachdem dieser zum Katholizismus übergetreten war. Heinrich IV. vollendete den Pont Neuf und das Stadthaus, erweiterte die Tuilerien, begann die Galerie, durch die diese mit dem Louvre in Verbindung standen, legte die Place Royale an, ließ die Kais ausbauen und erweiterte die Bibliothek. Maria von Medici legte 1615 den Grund zum Palais Luxembourg. 1622 wurde P. zum Erzbistum erhoben; ferner wurde die Sorbonne erbaut, der Botanische Garten angelegt und von Richelieu, der 1629 den Bau des Palais Cardinal (später Royal) begann, die Akademie errichtet. Durch die Anlage des Faubourg St.-Germain (1642) und die Erweiterung der Vorstädte St.-Honoré und St.-Antoine vergrößerte sich die Stadt. Während der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. war P. Hauptschauplatz der Unruhen der Fronde und erbitterter Kämpfe in den Vorstädten. Obwohl Ludwig XIV. die Residenz des Hofes nach Versailles verlegte, wo sie bis 1789 blieb, war P. doch immer der Mittelpunkt der französischen Gesellschaft, wohin alle durch ihre Stellung und ihren Geist bedeutenden Persönlichkeiten Frankreichs und des Auslands zusammenströmten, um feinere Sitten zu lernen und dann in ihrer Heimat zu verbreiten. Kunst und Literatur erlebten im 17. Jahrh. in P. ihr goldenes Zeitalter. Die Oper und das Théâtre-Français wurden errichtet, die Stadt durch die Verwandlung der alten Wälle (Boulevards) in Promenaden, die Anlage der Elysäischen Felder durch Lenôtre sowie der Plätze Vendôme und des Victoires und durch den Bau der Triumphbogen der Tore St.-Denis, St.-Martin, St.-Antoine und St.-Bernard verschönert; auch erhielt P. die erste Straßenbeleuchtung. Das Invalidenhotel, das Findelhaus und das Hospital général entstanden, 1722 begann der Bau des Palais Bourbon, 1751 wurde die Militärschule auf dem Marsfelde gegründet. Durch den Frieden von P., der am 10. Febr. 1763 zwischen Frankreich und Spanien einer- und Großbritannien und Portugal anderseits geschlossen wurde, schied Frankreich aus dem Siebenjährigen Krieg aus. 1786 wurde zur Verhütung des Schmuggels eine zum Teil bis 1860 bestehende Mauer erbaut.

Während der Revolution spielte P., das damals über 500,000 Einw. zählte, eine entscheidende Rolle. Durch die Erstürmung der Bastille 14. Juli 17891 ern le der Pöbel seine Macht kennen, und nachdem er durch den Zug nach Versailles (5. Okt.) den König und die Nationalversammlung gezwungen hatte, ihren Sitz nach P. zu verlegen, übte er eine terroristische Herrschaft über sie aus. Infolge der Errichtung der Nationalgarde bewaffnet und in Sektionen eingeteilt, war die niedere Bevölkerung ein williges Werkzeug in der Hand der Häupter der Revolution, so beim Sturm auf die Tuilerien 10. Aug. 1792, bei den Septembermorden, beim Sturz der Girondisten (31. Mai 1793) etc. Die neue städtische Verfassung, die P. erhielt, vereinigte alle Gewalt in der Hand des Munizipalrats, der am 10. Aug. 1792 durch einen Gewaltstreich beseitigt und durch die revolutionäre Kommune ersetzt wurde, welche die Geschicke ganz Frankreichs zu entscheiden beanspruchte. Deren unerträglicher Terrorismus führte 1794 hauptsächlich den Umschwung herbei, und die Pariser Bevölkerung widersetzte sich den gewaltsamen Umwälzungen, die endlich zur Errichtung des Kaiserreichs führten, um so weniger, als Napoleon P., die Hauptstadt seines Weltreichs, mit prächtigen Bauten schmückte und, was er auf seinen Siegeszügen an Schätzen der Kunst und Wissenschaft erbeutete, hier aufhäufte. Handel und Gewerbe nahmen einen glänzenden Aufschwung, und die Stadt vergrößerte sich nach allen Seiten hin. Ihre maßgebende Bedeutung für Frankreich zeigte sich auch darin, daß der Befreiungskrieg gegen Napoleon 1814 erst dadurch entschieden wurde, daß die Verbündeten auf P. losmarschierten und 30. März die von den Korps Marmont und Mortier tapfer verteidigten Höhen von Romainville und Montmartre erstürmten. Am 31. März hielten der König von Preußen und der Zar an der Spitze ihrer Garden ihren Einzug in P. durch die Pforte St.-Martin nach den Elysäischen Feldern, von der des Krieges müden Bevölkerung jubelnd begrüßt. Nachdem 3. Mai Ludwig XVIII. eingezogen war, wurde 30. Mai der erste Pariser Friede zwischen Frankreich und den Verbündeten abgeschlossen, der Frankreich die Grenzen von 1792 sicherte. Doch kehrte schon 20. März 1815 Napoleon nach P. zurück und feierte die Wiedererrichtung des Kaiserreichs 1. Juni mit einem glänzenden Fest auf dem Marsfeld. Nach der Niederlage von Waterloo von den Kammern im Stich gelassen, verließ er 25. Juni P. für immer, und 7. Juli bereits zogen die Preußen und Engländer ein. Blücher ließ die preußischen Truppen in P. einquartieren und die aus Preußen geraubten Kunstschätze aufsuchen und zurückschaffen, worauf auch die übrigen Regierungen ihr Eigentum zurückforderten. Der zweite Pariser Friede, den der am 8. Juli zurückgekehrte König Ludwig XVIII. 20. Nov. mit den Verbündeten abschloß, war für Frankreich erheblich ungünstiger.

Unter der Restauration blühte P. infolge des allgemein herrschenden Friedens mächtig auf. Aber die reaktionären Maßregeln der Regierung erregten leidenschaftliche Unzufriedenheit, die durch Karls X. Juliordonnanzen zum Ausbruch gebracht wurde (1830). In den Kämpfen der Julirevolution (27.–29. Juli) erfochten die republikanischen Arbeiter den Sieg über die königlichen Truppen, doch wußte die Bourgeoisie ihnen die Früchte desselben zu entwinden und die Julimonarchie der Orléans zu gründen. Unter Ludwig Philipp wurde P. erheblich vergrößert und verschönert: mehrere Brücken wurden erbaut, die Kirche La Madeleine und der Triumphbogen de l'Etoile vollendet, auf dem Konkordienplatz der Obelisk von Luksor, auf dem Bastilleplatz die Julisäule errichtet, Abzugskanäle angelegt u. dgl. Eine Anerkennung der herrschenden Stellung der Stadt in Frankreich war auch die 1840 von den Kammern genehmigte Befestigung von P. (s. oben). Dennoch war das Bürgerkönigtum in P. wenig beliebt, und als 1848 die Februarrevolution ausbrach, gelang es der Pariser Bevölkerung, die Verkündung der Republik durchzusetzen. Die Schmeicheleien der neuen Machthaber steigerten bald den Übermut der Arbeiterbevölkerung, der in der blutigen Junischlacht (23.–26. Juni 1848) von Cavaignac unterdrückt werden mußte. Die Reaktion der Provinz gegen P. erleichterte Napoleon III. die Errichtung des zweiten Kaiserreichs, das durch großartige Straßendurchbrüche und Anlagen P. gesund und schöner, zugleich die Revolutionen schwieriger machen wollte. Unter des Seinepräfekten Haußmann energischer, wenngleich verschwenderischer Leitung wurden das Bois de Boulogne zu einem glänzenden Park umgeschaffen, die äußern Boulevards und die Buttes Chaumont angelegt, die Verbindung des Louvre mit den Tuilerien vollendet. Am 30. März 1856 ward der Pariser Friede abgeschlossen, der dem Krimkrieg ein Ende machte. 1855 fand in P. die erste, 1867 die zweite, weit großartigere Weltausstellung statt. Trotzdem zeigte sich die Bevölkerung dem Kaisertum nicht geneigt, und die Wahlen in P. waren stets oppositionell, 1869 sogar radikal. Nach außen hin äußerten die Pariser stets einen chauvinistischen Übermut, wie sich besonders beim Ausbruch des Krieges mit Deutschland 1870 zeigte, und die herbe Enttäuschung, welche die Katastrophe von Sedan bereitete, führte 4. Sept. 1870 zum Sturz des Kaiserreichs. Auf dem Stadthaus konstituierten sich die Deputierten von P. im Gesetzgebenden Körper als Regierung der nationalen Verteidigung unter dem Vorsitz des Generalgouverneurs Trochu.

Die Verblendung, mit der diese jedes Zugeständnis an Deutschland zurückwies, hatte 19. Sept. 1870 die Einschließung der Stadt durch die deutschen Truppen und die Belagerung derselben (s. Deutsch-französischer Krieg) zur Folge, für die sich übrigens die Stadt durch rasche Verproviantierung vorbereitet hatte. Die Deutschen, sechs Armeekorps, bildeten einen weit ausgedehnten, nur dünnen, aber festen Einschließungsring, in der Hoffnung, die Stadt bald auszuhungern. Die französische Streitmacht in P. belief sich auf 580,000 Mann und teilte sich in die regulären Truppen und Marinesoldaten, die Mobilgarde und die Nationalgarde. Letztere, deren Mitglieder täglich 11/2 Fr. erhielten, hatte den Dienst in der Stadt und der Enceinte, die Mobilgarde verteidigte die Forts, die erste Armee sollte Ausfälle machen, um den Feind zu ermüden und einen Durchbruch zu versuchen. Das Mißglücken wiederholter Ausfälle sowie die Kunde von dem Falle von Metz und von Waffenstillstandsverhandlungen veranlaßten in der Nacht vom 31. Okt. zum 1. Nov. einen Aufstand der Sozialisten, der schließlich unterdrückt wurde. Ende November wurde ein großer Ausfall nach Südosten unternommen, um der von Orléans herandrängenden Loirearmee die Hand zu reichen und die Deutschen zur Aufhebung der Belagerung zu zwingen. Der Kampf dauerte mehrere Tage (s. Villiers, Schlacht bei), aber 3. Dez. mußte Ducrot seine stark gelichteten Heerhaufen in die Stadt zurückführen. Auch machte sich der Mangel an Lebensmitteln und an Kohlen immer fühlbarer; Brot und Pferdefleisch wurden von der Regierung in Rationen (300, bez. 30 g für die Person) ausgegeben, die nächtliche Beleuchtung eingestellt; die Sterblichkeit in der Stadt stieg immer höher. Dazu kam seit Ende Dezember das Bombardement der Deutschen. Mit großer Standhaftigkeit ertrug die Bevölkerung alle diese Entbehrungen und Leiden. Ausfälle wurden noch versucht, so 21. Dez. auf der ganzen Nordfront und 19. Jan. 1871 auf der Westfront vom Mont Valérien aus; beim letztern wurde die großsprecherische Nationalgarde verwendet, die aber trotz ihrer Übermacht (100,000 Mann) vom 5. preußischen Korps mit einem Verlust von 7000 Mann zurückgeworfen wurde. Am 23. Jan. beschloß die Regierung, da die Gefahr einer Hungersnot dringend und nach den Niederlagen der französischen Heere in der Provinz eine Aussicht auf Entsatz nicht vorhanden war, Verhandlungen anzuknüpfen. Diese führten 28. Jan. in Versailles zwischen Bismarck und J. Favre zum Abschluß eines dreiwöchigen Waffenstillstandes, der über P. bestimmte, daß die Außenforts dem Feind übergeben, die Enceinte entwaffnet werden, die regulären Truppen und die Mobilgarden, 7500 Offiziere und 241,000 Mann, ihre Waffen niederlegen und als kriegsgefangen gelten, die Nationalgarde aber ihre Waffen behalten sollte; P. mußte ferner 200 Mill. Mk. Kriegskontribution bezahlen. Die Forts wurden 29. Jan. besetzt, und sofort begann die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln. Der westliche Teil von P. bis zum Tuileriengarten wurde 1. März von 30,000 Mann Deutschen besetzt, aber schon 3. März wieder geräumt, da die Nationalversammlung sich beeilte, die Friedenspräliminarien zu genehmigen.

Die Verlegung des Regierungssitzes nach Versailles und die monarchistisch-reaktionären Bestrebungen der Mehrheit der Nationalversammlung erregten den Unwillen der ohnehin mißgestimmten Bevölkerung von P., und zumal die Mehrheit der Nationalgarde gebrauchte die ihr gelassenen Waffen gegen die Regierung. Am 9. März bildete sie auf dem Montmartre ein Zentralkomitee der Nationalgarden, das dort 417 Kanonen aufpflanzte und die freie Wahl aller Offiziere sowie Fortbezug des Tagessoldes verlangte. Der Versuch des Generals Vinoy, 18. März den Montmartre zu besetzen und die Kanonen der Nationalgarde zu entreißen, mißglückte; die Generale Lecomte und Thomas wurden erschossen, und das Zentralkomitee nahm vom Stadthaus Besitz, worauf die Regierung und die Linientruppen unter Vinoy 19. März P. und die südlichen Forts räumten und sich nach Versailles zurückzogen. Das Zentralkomitee ordnete für 26. März die Wahl einer Kommune an, die durch die Wahlen vom 26. März bestätigt wurde und die Umwandlung Frankreichs in eine Eidgenossenschaft unabhängiger Stadtrepubliken mit einer Delegation als gemeinsamer Regierung, ohne Klerus, Beamtentum, stehendes Heer und Hauptstadt proklamierte. Allein die Aufstände in der Provinz wurden unterdrückt, die Kommune auf P. beschränkt, das im Westen und Süden von einer eiligst zusammengezogenen französischen Armee unter Mac Mahon zerniert wurde, während im Osten und Norden die Deutschen die Forts besetzt hielten. Die Exekutivkommission der Kommune anderseits herrschte mit rücksichtslosem Terrorismus, unterdrückte die Presse, zwang die Bürger zum Kriegsdienst und beschaffte sich die nötigen Gelder (52 Mill.) durch Konfiskation der öffentlichen Kassen und durch Erpressungen bei Instituten und Privaten. Das Haus Thiers' und die Vendômesäule wurden zerstört, der Erzbischof Darboy und mehrere andre Personen als Geiseln verhaftet. Im Kampfe gegen die Versailler Armee erwiesen sich die Streitkräfte der Kommunarden nicht als ausreichend. General Douay rückte 21. Mai durch die Pforte St.-Cloud in P. ein; die übrigen Versailler Truppen folgten 22. Mai. Während diese 24. Mai in fünf Kolonnen konzentrisch auf das Stadthaus vorrückten, ließ die Kommune die Geiseln erschießen und die öffentlichen Gebäude in Brand stecken. Die Tuilerien, das Finanzministerium, die Polizeipräfektur, das Stadt haus u.a. brannten nieder. Nach blutigem Kampfe wurde eine Barrikade nach der andern von den Regierungstruppen genommen und über die gefangenen Kommunarden sofort ein blutiges Strafgericht verhängt. Am 29. Mai ergaben sich die letzten Insurgenten in Vincennes. 38,000 Kommunarden, darunter aber nur 9000 Pariser, wurden gefangen genommen und nach Versailles gebracht, wo einige Rädelsführer zum Tode, mehrere tausend zur Deportation verurteilt wurden; 6500 waren gefallen. Hierauf wurde die Stadt entwaffnet und die Nationalgarde aufgelöst.

Die Wunden, die der Krieg und der Kommuneaufstand geschlagen, wurden rasch geheilt, die zerstörten Gebäude, mit Ausnahme der Tuilerien, wieder aufgebaut. Durch die Verlegung der Regierung und der Kammern von Versailles nach P. 1879 wurde es auch wieder politische Hauptstadt Frankreichs. Von dem überraschenden Aufschwung des Gewerbes und Handels gaben die Weltausstellung von 1878 und besonders die von 1889 und 1900 glänzendes Zeugnis. Stets zur Opposition geneigt, begünstigte die Pariser Bevölkerung eine Zeitlang den Boulangismus, gab ihn aber schon 1890 auf. Seitdem schwankt sie zwischen Nationalismus und Radikalismus, bald dem einen, bald dem andern die Mehrheit in der Stadtvertretung gewährend.

[Literatur.] Vgl. »P., ein Spiegelbild seiner Geschichte, seines Geistes und Lebens in Schilderungen von Victor Hugo, L. Blanc, E. Pelletan u.a.« (deutsche Ausg., Berl. 1871, 5 Bde.); die Reisehandbücher von Meyer, Bädeker, Joanne u. a.; Du Camp, P., ses organes, ses fonctions et sa vie (9. Aufl., Par. 1905, 6 Bde.) und P. bienfaisant (das. 1888); Colin, P., sa topographie, son hygiène, ses maladies (1885); Pontich, Administration de la ville de P. (1884); Bournon, P., histoire, monuments, administration (1887); Hellwald, P. und Umgebung (Leipz. 1889); »P. Géographie, administration, services publics, industrie et commerce etc.« (Par. 1898, aus Joannes »Dictionnaire de la France«); W. Gensel, P., Studien und Eindrücke (Leipz. 1900); I. Claretie, La vie à P. (Par. 1906); Riat, Paris (Bd. 6 der »Berühmten Kunststätten«, Leipz. 1900); Bazin, Les monuments de P. (Par. 1905); Rolland, P. als Musikstadt (Berl. 1905); Weyl, Die Assanierung von P. (Leipz. 1900); Marescot und Thilleul, L'assistance publique à P. (Par. 1904, 2 Bde.); Rolfs und Haag, P. Kommentar zu Rolfs »Plan pittoresque« und »Plan monumental de la ville de P.« (Leipz. 1901); das amtliche »Annuaire statistique de la ville de P.«; Barron, Les environs de P. (1886); Villatte, Parisismen (Pariser Ausdrücke, 4. Aufl., Berl. 1894).

Die Geschichte der Stadt und ihrer nähern Umgebung behandeln: Lebeuf (1754–58, 15 Bde; neue Ausg. von Cocheris, 1863–75, 4 Bde.), Dulaure (1821, 7 Bde.; neue Ausg., fortgesetzt von Leynadier und Rouquette, 1874), de Goulle (1840, 4 Bde.), Gabourd (1863–65, 5 Bde.), Robiquet (1880–1904, 3 Bde., bis auf Heinrich IV.), de Menorval (1889–97, 3 Bde., bis zum Tod Ludwigs XIV.); die von der städtischen Behörde seit 1874 herausgegebene umfangreiche »Histoire générale de P.« (bis 1906: 39 Bde.); Lefeuve, Les anciennes maisons de P. (5. Aufl. 1874, 5 Bde.); Lasteyrie, Cartulaire général de P. (1887, Bd. 1: 528–1180); Okey, P. and its story (illustr., Lond. 1904); Christian, Études sur le P. d'autrefois (Par. 1904–1905, 3 Bde.). Vgl. ferner Springer, P. im 13. Jahrhundert (Leipz. 1856); A. Schmidt, Pariser Zustände während der Revolutionszeit 1789–1800 (Jena 1874–76, 3 Tle.); Aulard, Collection de documents relatifs à l'histoire de P. pendant la Révolution française (Par. 1889–4903, 12 Bde.); Lanzac de Laborie, P. sous Napoléon (das. 1905); Barron, P. pittoresque, 1800–1900. La vie, les mœurs, les plaisirs (1899); Simond, P. de 1800 à 1900 (1902, 3 Bde.); Cadoux, Les finances de la ville de P. de 1798 à 1900 (1900); Cilleuls, Histoire de l'administration parisienne an XIX. siècle (1900); I. Arago, Histoire de P. moderne (2. Aufl., Par. 1867, 2 Bde.); Budinßky, Die Universität in P. im Mittelalter (Berl. 1876); Jourdain, Histoire de l'université de P. an XVII. et an XVIII. siècle (Par. 1862–66, 2 Bde.); Denifle und Chatelain, Chartularium universitatis Parisiensis (1889–97, 4 Bde.) und die im Art. »Parlament« angeführten Werke. Über die Kriegsereignisse 1870/71 vgl. Viollet-le Duc, Mémoire sur la défense de P. (1872); La Roncière le Noury, La marine an siége de P. (2. Aufl. 1872); Vinoy, Opérations de l'armée de P. (1872) und Siége de P., opérations du XIII. corps et de la III. armée (1872); Ducrot, La défense de P. (1875–78, 4 Bde.); F. Sarcey, Le siége de P. (30. Aufl. 1872; deutsch, Wien 1872); de Heylly, Journal du siége de P. Décrets, proclamations, etc. (1873, 3 Bde.); Heyde und Fröse, Geschichte der Belagerung von P. (Berl. 1874–75, 3 Bde.); Lehautcourt, Le siége de P. (Par. 1898–1899, 3 Bde.); »Enquête parlementaire sur l'insurrection du 18 mars 1871« (1872) und die im Artikel »Kommune von Paris« angegebenen Werke. Vgl. ferner Lacombe, Bibliographie parisienne. Tableaux de mœurs, 1600–1880 (1886), und Pessard, Nouveau dictionnaire historique de P. (1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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