Kapo d'Istrĭas

Kapo d'Istrĭas

Kapo d'Istrĭas, 1) Johannes Anton, Graf, griech. Staatsmann, geb. 11. Febr. 1776 in Korfu, gest. 9. Okt. 1831 in Nauplia, stammte aus einem nach seiner Heimat, Capo d 'Istria bei Triest, benannten Geschlecht, das 1373 nach Korfu übergesiedelt war. Er studierte in Padua und Venedig Philosophie und Heilkunde, betrat aber nach der Rückkehr nach Korfu, das 1797 unter französische Herrschaft gekommen war, die diplomatische Laufbahn. Als 20. März 1800 die Ionischen Inseln unter türkische Oberhoheit gestellt wurden, erhielt er den Auftrag, die Verwaltung der Inseln Kephallinia, Santa Maura und Ithaka zu ordnen, ward sodann Senatssekretär, arbeitete mit Theotokis und Mocenigo die neue Verfassung aus und übernahm 1803 das Ministerium des Innern, dann das Auswärtige. Bei der Rebellion Ali Paschas von Janina 1807 ward K. zum Oberbefehlshaber sämtlicher Milizen der Ionischen Inseln ernannt und focht glücklich, bis ihn der Tilsiter Friede (1807), wonach die Ionischen Inseln an Frankreich kamen, veranlaßte, sich auf seine Güter zurückzuziehen. Schon 1809 wurde er jedoch nach Petersburg berufen, 1811 der russischen Gesandtschaft in Wien und 1812 dem Hauptquartier der russischen Donauarmee beigegeben. 1813 begleitete er den Zaren als Chef der Kanzlei in den Krieg und gewann dessen volles Zutrauen. Im November 1813 begab er sich als Gesandter nach der Schweiz und bewirkte deren Beitritt zur Allianz gegen Napoleon I. Auf dem Wiener Kongreß, dem er als russischer Bevollmächtigter beiwohnte, erreichte er die Wiederherstellung der Siebeninselrepublik unter Englands Schutz. 1816 wurde er zum Staatssekretär ernannt und verwaltete mit Nesselrode die auswärtigen Angelegenheiten, außerdem die neue Provinz Bessarabien. Seit 1814 Präsident der Hetärie der Philomusen, lehnte er zwar 1819 den Antrag, sich an die Spitze der Hetärie der Philiker zu stellen, ab und billigte auch Ypsilantis' Unternehmung nicht, hoffte aber, den Zaren für die Griechen zu gewinnen. Als indes Rußland sich gegen den Aufstand erklärte, nahm er 1822 seine Entlassung und begab sich nach Lausanne und Genf, von wo aus er durch Wort und Tat (er ließ z. B. viele junge Griechen auf seine Kosten erziehen) die hellenische Sache unterstützte; auch eine Reise durch Frankreich, die Niederlande und Deutschland (1826) diente diesem Zweck. Am 14. April 1827 von der Volksversammlung in Damala zum Präsidenten (Kybernetes) von Griechenland berufen, begab er sich Ende Januar 1828 dahin. Sein Ziel, in dem von Parteiungen zerrissenen Land eine geordnete Regierung herzustellen, erreichte er nur teilweise; das Volk mißtraute ihm und nannte ihn den »russischen Präfekten«. Auch von der englischen Partei wurde er angefeindet. Der Widerspenstigkeit seiner Gegner setzte K. eine immer straffere Autokratie entgegen und reizte die Griechen durch Begünstigung seiner korsiotischen Landsleute. Man beschuldigte ihn, die Ablehnung der griechischen Krone durch Prinz Leopold von Koburg herbeigeführt zu haben, um selbst König zu werden. Auf Hydra und in der Maina brachen Aufstände aus, und als K. den Mainotenfürsten Petros Mauromichalis verhaften ließ, wurde er von Bruder und Sohn, Konstantinos und Georg Mauromichalis, zu Nauplia auf dem Wege zur Kirche ermordet. In Korfu wurde ihm 1887 ein Denkmal errichtet. Vgl. Bétant, Correspondance du comte J. Capodistrias (Genf 1839, 4 Bde.); Mendelssohn-Bartholdy, Graf Joh. K. (Berl. 1864); Dragonmis, Capo d'Istria, la régence, le régne d'Othon (a. d. Griech., Par. 1891); Evangelides, Geschichte des J. K. (griech., Athen 1894).

2) Jony Maria Augustin, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 1778 in Korfu, gest. daselbst im Mai 1857, studierte die Rechte, ward 1828 von seinem Bruder, dem Präsidenten, nach Ägina berufen und 1829 zum Statthalter in den Provinzen des griechischen Festlandes ernannt. Er nahm hierauf seinen Sitz in Kostri, schloß 22. März die Kapitulation von Lepanto, nahm von der Feste Missolunghi, die am 17. Mai gefallen war, sowie von Anatoliko Besitz und organisierte dann das Heer nach den Plänen seines Bruders. Nach der Ermordung des letztern wurde er Präsident der Regierungskommission und 20. Dez. 1831 provisorischer Kybernetes, legte indes, als sich Aufstände gegen ihn als russischen Söldling erhoben, 13. April 1832 seine Würde nieder und schiffte sich mit der Leiche seines Bruders nach Korfu ein.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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