Fontane

Fontane

Fontane (spr. fongtān'), Theodor, Dichter und Essayist, geb. 30. Dez. 1819 in Neuruppin, gest. 20. Sept. 1898 in Berlin, war, ursprünglich zum Apotheker bestimmt, 1840–43 in der Neubertschen und Struveschen Apotheke in Leipzig und Dresden tätig und machte während dieser Zeit wichtige literarische Bekanntschaften. 1844 bereiste er England, ließ sich dann in Berlin nieder, wo er sich seit 1849 ausschließlich literarischer Tätigkeit widmete. 1852 unternahm er eine zweite Reise nach England, um die altenglische Balladenliteratur an Ort und Stelle zu studieren; es entstand daraus: »Ein Sommer in London« (Dessau 1854). Ein dritter Aufenthalt da selbst (1855–59) war dem Studium der englischen Theater, Kunst und Literatur gewidmet; seine Frucht war: »Aus England. Studien und Briefe« (Stuttg. 1860) und »Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland« (Berl. 1860, zusammen mit »Ein Sommer in London« nach Fontanes Tod neu herausgegeben u. d. T.: »Aus England und Schottland«, das. 1899). Von 1860–70 war F. Redakteur des englischen Teiles an der »Neuen Preußischen Zeitung«, daneben durchreiste er seine Heimat, die Mark Brandenburg, durchforschte ihre Städte, Dörfer, Klöster und Schlacht felder, woraus seine klassischen, in vielen Auflagen erschienenen »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« (Berl. 1862–82, 4 Bde.) entstanden. Später beschrieb er die Waffenerfolge des preußischen Heeres in Schleswig und Böhmen: »Der schleswig-holsteinische Krieg im Jahr 1864« (Berl. 1866) und »Der deutsche Krieg von 1866« (das. 1869–71, 2 Bde.; 2. Aufl. 1871), besuchte 1870 den Kriegsschauplatz in Frankreich und wurde Anfang Oktober in Domremy von Franktireurs gefangen genommen und erst nach drei Monaten vieler Leiden wieder freigelassen. Seine Erlebnisse schilderte er mit ergreifender Kunst in dem Werke: »Kriegsgefangen. Erlebtes 1870« (Berl. 1871, 6. Aufl. 1904). Später schrieb er: »Aus den Tagen der Okkupation; eine Osterreise durch Nordfrankreich und Elsaß-Lothringen« (Berl. 1872, 2 Bde.); »Der Krieg gegen Frankreich 1870–1871« (das. 1874–76, 2 Bde.). Auch als origineller Theaterkritiker (für die Vossische Zeitung) genoß F. großes Ansehen (1870–1890). Wegen seiner Verdienste um die deutsche Dichtkunst wurde ihm 1891, da der Schillerpreis nicht verteilt werden konnte, vom deutschen Kaiser eine Prämie von 3000 Mark verliehen. 1894 ernannte ihn die philosophische Fakultät der Berliner Universität zum Ehrendoktor. Als Dichter ist F. schon 1851 mit »Gedichten« (8. Aufl., Stuttg. 1902) hervorgetreten, doch ist er erst im Alter zu größern Erfolgen als Erzähler gelangt. Seine »Balladen« (Berl. 1861) zeichnen sich durch große Kraft in der knappsten sprachlichen Form aus. Seine lyrische Muse ist spröde und weich zugleich, darum trifft sie den Soldatenton so gut. Sein origineller Prosastil ist von großer Anschaulichkeit, natürlich und farbenreich. F. erzählt realistisch treu bis zur Rücksichtslosigkeit und doch voller Gemüt. Er wird herb, um ja nicht sentimental zu erscheinen, sein Humor ist echt plattdeutsch. In seinen Erzählungen hat er alle Gesellschaftsschichten Norddeutschlands geschildert; die hervorragendsten sind: »Vor dem Sturm«, Roman aus dem Winter 1812–13 (Berl. 1878, 4 Bde., 3. Aufl. 1898); die Novellen: »Grete Miude« (das. 1880), »Ellernklipp« (das. 1881), »L'Adultera« (Bresl. 1882, 4. Aufl. 1903), »Sch ach von Wuthenow« (Leipz. 1883, 4. Aufl. 1901); die Romane: »Graf Petöfy« (4. Aufl., das. 1903), »Unterm Birnbaum« (Berl. 1885), »Cecile« (das. 1887, 3. Aufl. 1900), »Irrungen, Wirrungen« (das. 1888, 8. Aufl. 1902), »Stine« (das. 1890, 4. Aufl. 1901),»Quitt« (das. 1891), »Unwiederbringlich« (das. 1891, 4. Aufl. 1902), »Frau Jenny Treibel« (das. 1892, 7. Aufl. 1903), »Effi Briest« (das. 1895, 11. Aufl. 1902), »Die Poggenbühls« (das. 1896, 6. Aufl. 1902) und »Der Stechlin« (das. 1899, 10. Aufl. 1903), »Von, vor und nach der Reise«, Plaudereien und kleine Geschichten (das. 1893). Ferner schrieb er: »Christ. Friedr. Scherenberg und das literarische Berlin von 1840–1860« (Berl. 1885) und »Meine Kinderjahre«, autobiographischer Roman (das. 1894, 4. Aufl. 1903), dazu als Fortsetzung: »Von Zwanzig bis Dreißig« (das. 1898). Die »Gesammelten Romane und Novellen« Fontanes erschienen in 12 Bänden (Berl. 1890–91). Aus seinem Nachlaß gab Schlenther »Causerien über Theatereindrücke« heraus (Berl. 1904). Vgl. Servaes, Theo dor F. (Berl. 1900); Erich Schmidt, Charakteristiken, Bd. 2 (das. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fontane — ist der Nachname folgender Personen: Theodor Fontane (1819–1898), deutscher Schriftsteller (Vertreter des poetischen Realismus) Louis Henry Fontane (1796–1867), Apotheker, Vater Theodor Fontanes Martha Fontane (1860–1917), Tochter von Theodor… …   Deutsch Wikipedia

  • Fontane — is a surname of Italian origin, meaning fountain . The name refers to: *Char Fontane (1952–2007), American actress *The Fontane Sisters (fl. mid 20th c.), American singing trio *Theodor Fontane (1819–1898), German novelist and poet *Tony Fontane… …   Wikipedia

  • Fontäne — (von lat. fontanus: zur Quelle (lat.: fons) gehörend; engl.: fountain) bezeichnet: im allgemeinen die Form des in einem Strahl mehr oder weniger senkrecht zu einer Oberfläche emporgeschleuderten Materials einen Springbrunnen eine spezielle Form… …   Deutsch Wikipedia

  • Fontäne — Sf Wasserstrahl (eines Springbrunnens) erw. fach. (17. Jh.) Entlehnung. Entlehnt aus frz. fontaine, dieses aus spl. fontāna Quelle , aus l. fōns (fontis) m. Im Mittelhochdeutschen (mhd. funtāne, fontāne) war das Wort in der Bedeutung Quelle… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Fontane — Fontane, Theodor, geb. 1819 in Neu Ruppin, lebt in literärischer Thätikeit in Berlin; er schr.: Männer u. Helden (Preußenlieder), Berl. 1850: Von der schönen Rosamunde, Dessau 1850, 2. Aufl, 1853; Gedichte, Berl. 1851; Ein Sommer in London,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fontäne — (franz. Fontaine), Brunnen, besonders Springbrunnen (s.d.); Fontaine lumineuse, Leuchtspringbrunnen …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Fontäne — (frz. fontaine), Quelle, Brunnen, bes. Springbrunnen …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Fontane — Fontane, Theod., Schriftsteller, geb. 30. Dez. 1819 zu Neuruppin, seit 1860 in Berlin Journalist, 1870 Kriegsberichterstatter, gest. das. 20. Sept. 1898; feinsinniger Schilderer der Landschaft und des Volkstums der Mark; schrieb: »Gedichte« (8.… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Fontane — (Theodor) (1819 1898) auteur allemand de romans réalistes: Dédales (1887), Effi Briest (1895) …   Encyclopédie Universelle

  • Fontäne — Fontäne,die:⇨Springbrunnen FontäneSpringbrunnen;schweiz.:Spritzbrunnen …   Das Wörterbuch der Synonyme

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”