Dobrowsky

Dobrowsky

Dobrowsky (spr. dóbrof-), Joseph, erster Wiederbeleber der böhmischen Literatur, geb. 17. Aug. 1753 zu Gyermet unweit Raab in Ungarn von böhmischen Eltern, gest. 6. Jan. 1829 in Brünn, besuchte die Schulen zu Deutsch-Brod und Klattau und widmete sich seit 1768 in Prag philosophischen Studien. Nachdem er 1772 in den Jesuitenorden getreten, setzte er nach Aufhebung desselben 1773 seine theologischen Studien zu Prag fort, ward 1776 Diakon und dann Rektor des Generalseminars zu Hradisch, von wo er als Erzieher in das gräflich Nostitzsche Haus zu Prag berufen wurde. Nach vielen Fußwanderungen behufs antiquarischer Forschungen machte er 1792 im Auftrag der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften eine Reise nach Stockholm, um die von den Schweden bei Erstürmung der Kleinseite von Prag unter Königsmark 1648 aus dem Hradschin entführten Handschriften zu vergleichen. Von Stockholm ging er über Upsala, wo er den Codex argenteus (Ulfilas' Bibelübersetzung) mit den ältesten Denkmälern des slawischen Idioms verglich, ferner über Linköping und Åbo nach Petersburg und Moskau, wo er die Handschriften der großen Patriarchalbibliothek durchforschte. Nach seiner Rückkehr 1793 veröffentlichte er die Resultate seiner Forschungen in den »Literarischen Nachrichten von einer 1792 unternommenen Reise in Schweden und Rußland« (Prag 1796), einem Werke, das zu den bedeutendsten glossographischen Urkunden des 18. Jahrh. zählt. Noch vor dessen Herausgabe hatte er sein zweites Hauptwerk: »Geschichte der böhmischen Sprache und ältern Literatur« (Prag 1792, 2. Aufl. 1818), erscheinen lassen. Er begleitete darauf den Grafen Friedrich Nostiz in die Schweiz und durch Tirol nach Venedig und widmete sich, durch eine Gartenwohnung veranlaßt, einige Zeit botanischen Studien, aus denen die Schrift »Entwurf eines Pflanzensystems nach Zahlen und Verhältnissen« (Prag 1802) hervorging. D. lebte dann abwechselnd in Prag und auf den Gütern der Grafen Nostitz, Sternberg-Manderscheid, Czernin. Von seinen sonstigen Veröffentlichungen erwähnen wir: die gemeinschaftlich mit Pelzel herausgegebenen »Scriptores rerum bohemicarum« (Prag 1783–84, 2 Bde.); die Schrift »De sacerdotum in Bohemia coelibatu« (das. 1787); die Ausgabe der »Vita Joa. de Jenczenstein« (das. 1793). Vor allem aber sind seine sprachwissenschaftlichen Werke hervorzuheben: »Die Bildsamkeit der slawischen Sprache« (Prag 1799); »Deutsch-böhmisches Wörterbuch« (das. 1802–21, 2 Bde.); die Sammelwerke: »Slavin« (das. 1808, 6 Hefte; 2. Aufl. von Hanka, 1834) und »Slovanka« (das. 1814–15, 2 Bde.); »Glagolitica« (das. 1807, 2. Aufl. 1832); »Ausführliches Lehrgebäude der böhmischen Sprache« (das. 1809, 2. Ausg. 1819), die erste bahnbrechende tschechische Grammatik; »Entwurf zu einem allgemeinen Etymologikon der slawischen Sprachen« (das. 1813, 2. Aufl. 1833); »Institutiones linguae slavicae dialecti veteris« (Wien 1822), die erste (jetzt freilich überholte) wissenschaftliche Darstellung des Kirchenslawischen; »Cyrill und Method, der Slawen Apostel« (Prag 1823) u.a. Vgl. Palacky, Leben und gelehrtes Wirken des Joseph D. (Prag 1833): »Briefwechsel zwischen D. und Kopitar, 1808–1828« (hrsg. von Jagić, Berl. 1885); »Neue Briefe von D., Kopitar und andern Süd- und Westslawen« (hrsg. von Jagić, das. 1898).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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