Anaxagŏras

Anaxagŏras

Anaxagŏras, griech. Philosoph der ionischen Schule, geb. 500 v. Chr. in Klazomenä in Ionien, gest. 428, stammte aus reicher und vornehm er Familie, kam etwa 464 nach Athen, wo er die Philosophie aufbrachte, der Freund des Perikles und des Euripides wurde; ob ihn der um 30 Jahre jüngere Sokrates gehört hat, ist unsicher. Seine Lehre bestand in einer qualitativen Atomistik, die mit der heutigen Chemie darin Ähnlichkeit besitzt, daß sie wie diese die Verschiedenheit der Naturkörper auf der Qualität nach verschiedene, unveränderliche Grundstoffe zurückführt. A. nennt sie »Samen« oder »Dinge« ganz im allgemeinen; Spätere brauchen den Ausdruck »Homöomerien« für sie, d.h. »gleichartige Teile«. Im Anfang waren diese unendlich kleinen Urbestandteile nach A. untereinander gemischt in Ruhe; erst später trat eine Bewegung ein, wodurch Gleiches mit Gleichem (z. B. Knochenteilchen mit Knochenteilchen, Goldteilchen mit Goldteilchen) vereinigt, Ungleiches von Ungleichem (Metall von Gestein) getrennt wurde. Doch ist in jedem Naturkörper neben dem Gleichartigen, welches das Vorwiegende, und nach dem das Ding (z. B. Gold) genannt ist, auch etwas ihm Fremdartiges anzutreffen, d.h. alle wirklichen Dinge sind ihrer (qualitativen) Verschiedenheit unbeschadet auch untereinander verwandt. Urheber der Bewegung und damit der Trennung und Verbindung, wodurch das anfängliche Chaos zum Kosmos, d.h. zum geordneten Weltall, ward, ist nach A. der weltordnende, von den stofflichen Dingen wesenhaft unterschiedene, über den Stoff mächtige Geist (nūs), das ideelle, einheitliche und intelligente Bewegungsprinzip, das der Vorstellung von Gott sehr nahe kommt. Hiermit ist zuerst der entschiedene Dualismus in der griechischen Philosophie gelehrt. Durch den Geist einmal hervorgebracht, verbreitet sich die Bewegung in dem unendlichen Stoff immer weiter. Diese genetisch-physikalische Erklärung des Werdens. die sich gegen alle Mantik und Wahrsagerei richtete, brachte den A., seiner dem Theismus günstigen Lehre vom Nus ungeachtet, in den Verdacht der Gottlosigkeit und zog ihm eine Anklage zu, von deren Folgen ihn Perikles mit Mühe befreite. A. ging hierauf nach Lampsakos, wo er die letzten Jahre seines Lebens zubrachte. Die Fragmente seiner Schrift »Über die Natur« wurden von Schaubach (Leipz. 1827) und Schorn (Bonn 1829) gesammelt. Vgl. Breier, Die Philosophie des A. (Berl. 1840); Heinze, Über den Nus des A. (Berichte der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1890).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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