Fersen

Fersen

Fersen, 1) Fredrik Axel, Graf von, schwed. Militär und Parteiführer, geb. 16. April 1719 in Stockholm, gest. daselbst 24. April 1794, stand 1740 bis 1748, wo er zum Generalmajor avancierte, zumeist in französischen Diensten, zeichnete sich im Siebenjährigen Krieg auf schwedischer Seite als Generalleutnant (seit 1757) gegen Preußen aus und ward 1770 Feldmarschall. Seit 1751 Führer der »Hüte« (s.d.), spielte er im politischen Leben Schwedens lange eine hervorragende Rolle, erst (besonders 1756) als Gegner der Machterweiterungspläne der Königin Luise Ulrike (s.d.), dann (seit 1765) im Bunde mit der Hofpartei bei deren Kampf gegen die »Mützen« (s.d.). Nach dem Staatsstreich Gustavs III. (s.d.) 1772 zum Reichsrat ernannt, nahm er bereits 1773 seinen Abschied und trat später, als die Souveränitätsbestrebungen des Königs deutlicher hervortraten, an die Spitze der aristokratischen Reichstagsopposition, weshalb er 1789 vorübergehend verhaftet wurde. Seine »Historiska skrifter« (hrsg. von R. M. v. Klinckowström, Stockh. 1867–72, 8 Bde.) sind tendenziös geschrieben, enthalten aber viele wichtige Beilagen, so die Memoiren der Königin Luise Ulrike.

2) Hans Axel, Graf von, schwed. Militär, Hofmann und Diplomat, Sohn des vorigen, geb. 4. Sept. 1755 zu Stockholm, gest. daselbst 20. Juni 1810, ward, durch viele Reisen gebildet, 1775 schwedischer Offizier, ging aber 1778 nach Paris, wo sein häufiger Verkehr mit der Königin Maria Antoinette (s.d.) schon damals Verdacht erregte, und machte seit 1780 als französischer Adjutant den Nordamerikanischen Freiheitskrieg mit. 1783 zum Oberst des Regiments Royal Suédois ernannt, erfreute er sich fortan der unbeschränkten Gunst des Königspaares und gehörte, besonders seit 1789, zu dessen vertrautesten Ratgebern. Der Königin in schwärmerischer (vermutlich platonischer) Liebe zugetan, war er 1791 am Fluchtversuch nach Varennes hervorragend beteiligt und machte später vom Auslande her mehrere vergebliche Versuche zur Befreiung der französischen Königsfamilie. Inzwischen in Schweden zum Generalmajor befördert, kehrte er 1794 dorthin zurück und ward hier von dem ihm sehr gewogenen König Gustav IV. Adolf (s.d.), der ihn mit mehreren diplomatischen Sendungen betraute, und dessen Begleiter er 1805–1807 während des schwedischen Krieges gegen Napoleon I. war, 1799 zum Universitätskanzler von Upsala, 1801 zum Reichsmarschall ernannt. Wegen seiner Nichtbeteiligung an der Thronrevolution von 1809 beim Volk unbeliebt, ward er (nebst der Gräfin Piper, seiner Schwester) 1810 öffentlich beschuldigt, den plötzlich verstorbenen, volkstümlichen schwedischen Kronprinzen Karl August von Schleswig-Holstein (s.d.) vergiftet zu haben, und von dem erbitterten Pöbel im Stockholmer Rathaus ermordet. Die spätere Untersuchung ergab seine völlige Unschuld. Vgl. R. M. v. Klinckowström, Le comte de F. et la cour de France (Par. 1878, 2 Bde.); P. Gaulot, Un ami de la reine. Marie Antoinette. M. de F. (das. 1892; schwed., Stockh. 1893); Flach, Grefve Hans Axel v. F. (das. 1896); C. C. Bonde, Fersenska mordet (in der »Personalhistorisk Tidskrift«, 1898–99).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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