Orseille

Orseille

Orseille (franz., spr. -ßéllje, Orchil, Archil), roter Farbstoff, der aus verschiedenen, den Gattungen Reccella und Ochrolechnia angehörigen Flechten gewonnen wird. Die Roccella-Arten (Krautorseille, Orchal) wachsen an felsigen Küsten des Mittelmeers, des Atlantischen und Stillen Ozeans und werden besonders aus Madagaskar, Sansibar und den Kanaren in den Handel gebracht. Schweden, Thüringer Wald, Rhön, Jura, Pyrenäen und Schottland liefern die Ochrolechnia-Arten, minder wertvolle Flechten, die auf der Erde, an Steinen und Rinden wachsen (Erdorseille). Die Flechten enthalten Lekanorsäure (β Orsellsäure), Parellsäure, Erythrinsäure, Roccellsäure, Oxyroccellsäure, aus denen bei Behandlung mit Alkalien Orcin entsteht, das bei Einwirkung von Luft und Ammoniak in Orceïn übergeht. Letzteres ist der wesentliche Farbstoff der O. Zur Darstellung der O. werden die zerkleinerten Flechten mit verdünnter Sodalösung ausgekocht, dann der Einwirkung von Luft und Ammoniak (Gaswasser) ausgesetzt und schließlich als breiige Masse in Fässer verpackt. O. ist mehr oder weniger rot- oder dunkelviolett, riecht eigentümlich ammoniakalisch und schmeckt alkalisch. Persio (Persico, Cudbear, roter Indigo) ist reiner und getrocknet; er wird in England, Schottland, Schweden, Nordamerika dargestellt. Orseillepurpur (pourpre français) wird erhalten, indem man die Flechten mit Ammoniak schnell extrahiert, den Auszug mit Salzsäure fällt, den ausgewaschenen Niederschlag (wesentlich Flechtensäuren) in Ammoniak löst, die Lösung der Luft aussetzt, bis sie kirschrot geworden ist, dann kocht und in flachen Gefäßen anhaltend auf 70–75° erhitzt. Wird die purpurfarben gewordene Flüssigkeit mit Alaun oder Chlorcalcium gefällt, so erhält man den bläulich purpurfarbigen Orseillelack, der beim Reiben Kupferglanz annimmt. Ein dem Orseillepurpur ähnliches Präparat ist Orseillekarmin. Man benutzt diese Präparate zum Rot- und Violettfärben von Wolle, noch mehr mit andern Farbstoffen zu braunen Nuancen, den Purpur auch in der Kattundruckerei. Durch die Anilinfarben hat die O. an Bedeutung sehr verloren. Die alten Griechen verstanden mit gewissen Flechten violett zu färben, die Herstellung von O. scheint eine levantinische Erfindung zu sein. Im 14. Jahrh. wurde O. in Florenz dargestellt und von dort aus das übrige Europa damit versorgt. Vgl. Ronceray, Contribution á l'étude des lichens à orseille (Par. 1904). – O. von Auvergne, s. Lecanora.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • orseille — [ ɔrsɛj ] n. f. • orsolle XVe; catalan orxella, p. ê. de l ar. ♦ Lichen des côtes rocheuses de la Méditerranée qui fournit une matière colorante de couleur pourpre. ⇒ rocelle. ♢ Techn. Pâte tinctoriale tirée de ce lichen et utilisée comme… …   Encyclopédie Universelle

  • Orseille — Or seille , n. [F.] See {Archil}. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Orseille — (spr. Orsehj, Columbinfarbe), ein aus verschiedenen Flechten (bes. Roccella tinctoria, Lecanora parella, Gyrophora pustulata, Variolaria dealbata u.m.a.) dargestellter, dem Persio verwandter violetter Farbstoff zum Färben auf Wolle u. Seide. Die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Orseille — Orseille, s. Farbstoffe, pflanzliche, Bd. 3, S. 641 …   Lexikon der gesamten Technik

  • Orseille — (spr. ßéj), Orchil, Archil, violetter Farbstoff, aus Flechten (Roccella, Lecanora, Usnea, Variolaria) durch Ammoniak bei Zutritt von Luft gewonnen. Handelsmarken sind Persio, Cudbear oder roter Indigo (trockene, pulverförmige O.); Orseillepurpur… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Orseille — Orseille, Columbinfarbe, Farbestoff von rother od. violetter Farbe, der in den Südländern aus getrockneten, gemahlenen u. mit Ammoniak benetzten Flechtenarten bereitet wird …   Herders Conversations-Lexikon

  • orseille — (or sè ll , ll mouillées, et non or sè ye) s. f. 1°   Espèce de lichen qui donne une belle couleur bleue tirant sur le violet, lichen roccella, L. roccella tinctoria, DC, et lichen parella, L. lecanora parella, Achar. L orseille, qui est une… …   Dictionnaire de la Langue Française d'Émile Littré

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  • Orseille — Or|seil|le [ɔr sɛj]: ↑ Orcein. * * * Orseille   [ɔr sɛj, französisch], braunroter bis violetter Pflanzenfarbstoff, der wie Lackmus aus Flechten (v. a. Roccella , Ochrolechia Arten) gewonnen wird. Orseille wurde früher v. a. zum Färben von Wolle… …   Universal-Lexikon

  • Orseille — Die Orseille ist ein purpurner Farbstoff, der aus Flechtenarten der Gattung Rocella, die in Küstennähe wachsen, gewonnen wird. Im Altertum galt er neben dem Purpur der Purpurschnecke als wertvollster Farbstoff. Schon Theophrast beschreibt die… …   Deutsch Wikipedia

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