Nazarēner [1]

Nazarēner [1]

Nazarēner (Nazaräer), 1) Beiname Jesu (zufolge seines Wohnortes Nazareth) und Bezeichnung seiner Jünger, dann nach der Apostelgeschichte (24,5) auch gemeinschaftlicher Name aller Christen, bei Hieronymus (4. Jahrh.) Parteiname für diejenigen syrischen Christen, die sich an das mosaische Gesetz gebunden erachteten. Verwandt sind die Ebioniten (s. d.). – 2) Sekte, deren Anhänger sich an die Bibel halten, nur Taufe (Erwachsenentaufe durch Untertauchen) und Abendmahl (in der Form des Brotes und Weines) als Sakrament anerkennen, nicht schwören, das Tragen von Waffen verwerfen, der Militärpflicht nur gezwungen Genüge leisten und einen extrem puritanischen Gottesdienst, darin jeder Erleuchtete das Wort nehmen kann, feiern. Durch zwei Schlossergesellen (Denkel und Kropacsek) fand die Sekte 1839 Eingang in Ungarn, wo der Schlossergeselle Henesei (gest. 1841 in der Schweiz) und später Stephan Kalmar (gest. 1863) ihre Apostel wurden. In Ungarn wurde 1891 ihre Zahl auf 6829 angegeben, jetzt schätzt man sie über 40,000. Die kroatisch-slawonische Landesregierung bestimmte 1893, daß die N. zur Teilnahme am Gottesdienst andrer Kulte nicht gezwungen werden können. Mit den Mennoniten in Amerika und der Schweiz unterhalten die N. Verbindung. Vgl. Szeberényi, Der Nazarenismus (deutsch von Schwalm, Braunschw. 1890); Cramer in der Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 13. Bd., S. 672 ff.; Eötvös, A Nazarénusok (Budap. 1904). – 3) Sekte. gestiftet von Joh. Jak. Wirz, Seiden weber in Basel (geb. 22. Jan. 1778, gest. 25. Sept. 1858), der seit 1826 als Prophet die Lehre von drei Hauptperioden des Reiches Gottes auf Erden (Ökonomie des Vaters, Sohnes und Heil. Geistes), deren dritte in Sammlung der Gläubigen aus allen Konfessionen zur »neuen Kirche« er als neuer Jesus herbeiführt, vertrat. Die Bibel gilt nur als Mittel der Verbreitung zur Erkenntnis der Wahrheit, die in Offenbarung an Wirz erfolgte. In wunderlichem Gemisch sind theosophisch-spekulative und chiliastischsinnliche Gedanken bei Wirz vereint. Die sehr strenge Sittenlehre verbietet den ehelichen Verkehr und fordert Gütergemeinschaft. Ihr Gottesdienst kennt keinen Gesang (Eph. 5, 19), aber tägliches Altargebet und Anrufung der Maria als die Königin der obern Gemeinde. Als Sakramente gelten Taufe, Abendmahl und (nicht überall) Letzte Öl ung, durch ein Fegfeuer gelangt der Verstorbene in den Himmel. Verbreitet sind die N. (im Volksmunde Neukirchler genannt) in Württemberg (etwa 200 Anhänger), Preußen (Wuppertal) und Rußland (Bessarabien), organisiert in Kreisen unter Vorstehern. Vgl. Wirz, Zeugnisse und Eröffnungen des Geistes (Barmen 1863–64, 2 Bde.); Kalb, Kirchen und Sekten der Gegenwart (Stuttg. 1905); Herzogin der Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 13, S. 674 ff.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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