Moser

Moser

Moser, 1) Johann Jakob, einer der fruchtbarsten Publizisten Deutschlands, geb. 18. Jan. 1701 in Stuttgart, gest. 30. Sept. 1785, wurde schon 1720 Professor der Rechte in Tübingen, ging 1721 nach Wien, wo er jedoch die gehoffte Anstellung nicht erhielt, da er sich nicht zum Übertritt zur katholischen Kirche entschließen konnte, ward 1726 als Regierungsrat nach Stuttgart berufen und 1727 als ordentlicher Professor der Rechte bei der Universität in Tübingen angestellt. Streitigkeiten mit der Zensur bewogen ihn aber 1732 zur Niederlegung der Lehrstelle und zum Wiedereintritt in das Regierungskollegium, aus dem er 1736 abermals austrat, um einem Ruf als preußischer Geheimrat, Direktor der Universität und Ordinarius der Juristenfakultät nach Frankfurt a. O. zu folgen. Auch dieses Verhältnis löste sich jedoch nach mehrfachen Differenzen mit König Friedrich Wilhelm I. schon 1739 wieder, und M. lebte nun acht Jahre lang zu Ebersdorf im reußischen Vogtland, seine Zeit schriftstellerischer Tätigkeit widmend. 1747 trat er als Geheimrat und Chef der Kanzlei in die Dienste des Landgrafen von Hessen-Homburg. Schon 1749 aber war er wieder in Hanau, wo er eine »Staats- und Kanzleiakademie« gründete, endlich 1751 Landschaftskonsulent in Stuttgart. Nachdem er acht Jahre lang unter beständigen Kämpfen gegen den die Landesrechte mit Füßen tretenden Herzog Karl Eugen in dieser Stellung zugebracht, ward er nach der Ablehnung einer neuen Geldforderung des Herzogs als angeblicher Verfasser der gegen denselben gerichteten Schriften vom Herzog selbst (1759) im Audienzsaal verhaftet und fünf Jahre lang auf der Bergfestung Hohentwiel in harter Gefangenschaft gehalten. Erst 1764 befreiten den Unschuldigen, der eine Entlassung unter ehrenrühriger Bedingung standhaft verworfen hatte, die Fürsprache Friedrichs d. Gr. beim Kaiser und ein reichshofrätlicher Befehl. M. ward nun zwar formell wieder in sein Amt eingesetzt, doch widmete er seit 1770 den Rest seines Lebens bloß schriftstellerischer Tätigkeit. 1885 wurde seine Büste, von Kopp modelliert, in Stuttgart aufgestellt; auch an der Nordfront des Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig ist er standbildlich dargestellt. Das bedeutendste Werk unter seinen 500 Bände umfassenden Schriften ist sein »Deutsches Staatsrecht« (Nürnb. 1737–54, 50 Bde. nebst 2 Supplementbänden und 1 Bd. Register). Außerdem sind zu erwähnen: »Neues deutsches Staatsrecht« (Stuttg. u. Frankf. 1766–75, 21 Bde., und Zusätze, 1781–82, 3 Bde.); »Deutsches Staatsarchiv« (Hanau u. Frankf. 1751–57, 13 Bde.); »Grundriß der heutigen Staatsverfassung des Deutschen Reiches« (7. Ausg., Tübing. 1754). Auch schrieb er seine »Lebensgeschichte« (3. Aufl., Frankf. u. Leipz. 1777–83, 4 Bde.). Vgl. Schmid, Das Leben J. J. Mosers (Stuttg. 1868); Herm. Schulze, J. J. M., der Vater des deutschen Staatsrechts (Leipz. 1869); O. Wächter, J. J. M. (Stuttg. 1885); Adam, J. J. M. als württembergischer Landschaftskonsulent (das. 1887).

2) Friedrich Karl, Freiherr von, ebenfalls staatsrechtlicher Schriftsteller, ältester Sohn des vorigen, geb. 18. Dez. 1723 in Stuttgart, gest. 10. Nov. 1798 in Ludwigsburg, trat mit dem Vater 1747 in hessen-homburgische Dienste und folgte ihm nach Hanau als Gehilfe und Lehrer an dessen Staats- und Kanzleiakademie. Er übernahm dann einen gesandtschaftlichen Posten von Hessen-Darmstadt, später einen ähnlichen von Hessen-Kassel, trat 1766 in den österreichischen Staatsdienst und ward im folgenden Jahre Reichshofrat in Wien, auch vom Kaiser in den Reichsfreiherrenstand erhoben, und führte 1770 die Verwaltung der kaiserlichen Herrschaft Falkenstein. 1772 ward er dirigierender Minister und Kanzler in Hessen-Darmstadt. 1780 auf seinen Antrag entlassen, wurde er mit Prozessen verfolgt, bis endlich der neue Großherzog, Ludwig I., das Verfahren niederschlug und M. wenigstens teilweise Entschädigung für die zugefügten Verluste bot. Von seinen Werken sind hervorzuheben: »Kleine Schriften zur Erläuterung des Staats- und Völkerechts« (Frankf. 1751–65, 12 Bde.); »Sammlung von Reichshofratsgutachten« (das. 1752–69, 6 Bde.); »Sammlung der neuesten und wichtigsten Deduktionen in deutschen Staats- und Rechtssachen« (Ebersd. 1752–64, 9 Bde.); »Deutsches Hofrecht« (Frankf. u. Leipz. 1754–55); »Patriotisches Archiv« (das. 1784–90, 12 Bde.); »Neues patriotisches Archiv« (Mannh. 1792–94, 2 Bde.); »Luthers Fürstenspiegel« (Frankf. 1783; neue Ausg. von Meyer, das. 1834); »Der Herr und der Diener, geschildert mit patriotischer Freiheit« (das. 1759, 3. Aufl. 1763). Sein Leben beschrieben Herm. v. Busche (Stuttg. 1846), A. Baumstark (das. 1846) und Ledderhose (Volksschrift, Heidelb. 1871).

3) Wilhelm Gottfried von, Forstmann, geb. 27. Nov 1729 in Tübingen, gest. 31. Jan. 1793 in Ulm, studierte in Halle und Tübingen, wurde 1757 württembergischer Expeditionsrat, dann Forstrat in der Grafschaft Hanau, später darmstädtischer Oberforstmeister, 1772 Jägermeister und 1786 fürstlich tarisscher Kammerpräsident in Ulm. M. war der Begründer der forstlichen Systemkunde. Er schrieb: »Grundsätze der Forstökonomie« (Frankf. 1757) und gab das »Forstarchiv zur Erweiterung der Forst- und Jagdwissenschaft etc.« (das. 1788–96, 17 Bde.; fortgesetzt von Gatterer) heraus.

4) Gustav von, Lustspieldichter, geb. 11. Mai 1825 in Spandau, gest. 22. Okt. 1903 in Görlitz, Sohn eines Ma ors, wurde im Berliner Kadettenkorps für die Militärlaufbahn erzogen, quittierte 1856 als Offizier in Görlitz den Militärdienst und wurde Landwirt auf seinem Gute Holzkirch bei Lauban in Schlesien. Seinen ersten dramatischen Versuch machte M. schon als Offizier mit dem Lustspiel »Der Husar« (späterer Titel: »Eine Frau, die in Paris war«), das 1856 mit Erfolg in Görlitz ausgeführt wurde. Da er in der Landwirtschaft keine Befriedigung fand, widmete er sich, vom Possendichter David Kalisch ermuntert, ausschließlich der Literatur. Von seinen zahlreichen (gegen 100) mit frischem Humor entworfenen und durch eine gewisse Keckheit der Erfindung ausgezeichneten, übrigens ohne jeden poetischen und literarischen Anspruch rein auf die theatralische Unterhaltung abzielenden Stücken, die fast sämtlich gute Aufnahme fanden, nennen wir: »Er soll dein Herr sein!« (1860), »Wie denken Sie über Rußland?« (1861), »Ein moderner Barbar« (1861), »Kaudels Gardinenpredigten« (1871), »Aus Liebe zur Kunst« (1873), »Das Stiftungsfest« (1873), »Ultimo« (1874), »Der Veilchenfresser« (1876), »Mädchenschwüre« (1877), »Der Bibliothekar« (1878), »Der Hypochonder« (1878), »Der Registrator auf Reisen« (mit L'Arronge, 1879), »Krieg im Frieden« (mit v. Schönthan, 1881), »Unsre Frauen« (mit demselben, 1882), »Reif Reiflingen« (mit demselben, 1882), »Die Amazone« (1889), »Die neue Gouvernante« (1891), »Fräulein Frau« (1892), »Blaues Blut« (1893), »Der sechste Sinn« (mit Rob. Misch, 1893), »Militärfromm« (mit J. v. Trotha, 1893). Eine Sammlung seiner »Lustspiele« erschien in 22 Bänden (Berl. 1873–97); ihnen folgten »Lustspiele und Schwänke« (Mühlhausen i. Thür. 1902–04, Bd. 2 u. 3).

5) Julius, Bildhauer, geb. 14. Juni 1832 in Berlin, bildete sich auf der dortigen Akademie und bei Aug. Fischer und Drake und machte 1857 und 1858 Studienreisen nach Rom und Paris. Seine Statuen und Gruppen religiösen, mythologischen und allegorischen Inhalts zeichnen sich durch edle Formenbildung aus, während sich in seinen Porträtbüsten und -Statuen ein lebendiges Naturgefühl bei schlicht-realistischer Auffassung kundgibt. Seine Hauptwerke sind: das Denkmal des Cornelius de Greiff in Krefeld, des Wohltäters der Stadt, die sitzende Sandsteinfigur der Kunsttechnik an der Außenseite der Berliner Nationalgalerie, die kolossale Statue eines segnenden Christus für den Dreifaltigkeitskirchhof in Berlin (1875), das Kriegerdenkmal für Naumburg, die kolossalen Bronzestatuen Friedrich Wilhelms I. und III. am Hauptportal der Kadettenanstalt in Großlichterfelde bei Berlin, die Gruppe der Fischerei für die Belle-Alliancebrücke, die Marmorgruppe eines Amor, dem eine Nymphe die Waffen raubt, ein Chamissodenkmal für Berlin (1888), Psyche (nach Heine), eine Bacchantin, Pan und Amor und Nymphe, von Amor überrascht.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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