Millefiōri

Millefiōri

Millefiōri (ital., »tausend Blumen«), mit Hilfe farbiger Glasstäbe dargestellte Glasarbeiten. Man gewinnt durch Ausziehen einer gleichfarbigen Glasmasse von kreisförmigem oder polygonalem Querschnitt massive Stäbe von entsprechendem Querschnitt und aus überfangenem Glas in gleicher Weise Stäbe, die auf dem Querschnitt einen Kern von andrer Farbe zeigen. Mehrere derartige mit farblosem Glas überfangene Stäbe lassen sich durch Anwärmen und Rollen auf der Marbelplatte in einen einzigen Stab verwandeln, der auf dem Querschnitt mehrere farbige, kreisrunde oder polygonale Kerne in farblosem Glase zeigt. Werden solche Stäbe ausgezogen und mehrere der erhaltenen dünnern Stäbe wieder zu einem einzigen Stab verschmolzen, so zeigt dieser regelmäßige Gruppen von Kernen auf dem Querschnitt, und so kann man sehr komplizierte Gebilde erhalten, besonders wenn man die Stäbe beim Ausziehen auch noch um ihre Achse dreht. Einfarbige und zusammengesetzte Stäbchen bilden die Elemente, die schon von der alten Glastechnik zu Mosaik-, Faden- und Filigrangläsern benutzt wurden, bei denen indessen meist immer nur der Querschnitt der Elemente zur Geltung kommt. So hat man durch Zusammenschmelzen verschieden gefärbter, einfarbiger, mit der Pinzette nachgeformter Elemente Bildnisse und Wappen hergestellt und diese dann durch Ausziehen so verkleinert, daß z. B. auf einem Querschnitt von nur etwas über 1 cm Durchmesser vier Bildnisse erschienen.

Millefiori-Teller (von Rauter in Ehrenfeld) und Abendmahlskännchen (15.–17. Jahrh.).
Millefiori-Teller (von Rauter in Ehrenfeld) und Abendmahlskännchen (15.–17. Jahrh.).

Im alten Ägypten, Rom und Byzanz wurde die Herstellung farbenreicher, als Vasi fioriti oder millefiori bezeichneter Hohlgläser sehr schwunghaft betrieben, und wahrscheinlich waren ähnliche Fabrikate auch die im Altertum hochgeschätzten Calices allassontes. Später benutzte Venedig die Elemente viel freier als das Altertum. Man ließ die farbigen, eingeschmolzenen Stäbchen über die ganze Höhe eines Gefäßes verlaufen, dessen farblose Wandung regelmäßig umspannen (s. Textfiguren und Tafel »Glaskunstindustrie I«, Fig. 7), resp. vollständig verdecken. Zur Darstellung derartiger Gläser (Faden-, Filigran-, Petinetgläser) setzt man z. B. in eine Tonform längs der aufsteigenden Wand einen in sich geschlossenen Kranz einfacher oder zusammengesetzter und gewundener Elemente ein, steckt dann ein an der Pfeife erblasenes, noch weiches Kölbchen in die Form, bläst es weiter auf, so daß die weiche Glasmasse den Stabkranz aufnimmt, hebt es mit diesem aus der Tonform heraus, wärmt an und drückt die Elemente durch Rollen des Kolbchens auf einer Platte noch tiefer in das Glas hinein. Man zieht nun das Kölbchen mit der Zange nach unten zu aus, schneidet den keine Elemente enthaltenden Boden mit der Schere ab, kneift die das Stabmuster enthaltenden Wandungen zusammen, so daß sich alle Stabenden in einem Punkt vereinigen, und arbeitet schließlich nach dem Wiederanwärmen das Gefäß in der üblichen Weise aus. Man erhält dann ein Gefäß mit von oben nach unten verlaufender Streifung, und wenn man das Kölbchen vor der Verarbeitung um seine Achse gedreht hatte, so erhält man die Musterung in Schraubenlinien. Die retikulierten oder gestrickten Gläser zeigen ein regelmäßiges, durch sich kreuzende, weiß gefärbte Fäden gebildetes, in farblosem Glas liegendes Rautendessin und innerhalb jeder Raute ein Luftbläschen; man erhält sie aus zwei konischen Röhren, welche, die kleinere an der äußern, die größere an der innern Oberfläche, durch aufgeschmolzene, in entgegengesetzter Richtung schraubenförmig verlaufende weiße Fäden gerippt sind. Diese Röhren werden ineinander geschoben und vorsichtig miteinander verschmolzen, wobei die Rippen rautenförmige Felder bilden und in jedem derselben eine Luftblase einschließen. An das eine Ende des innern Rohres schmelzt man dann einen an der Pfeife gebildeten Trichter aus gewöhnlichem Glas; das andre Ende kneift man mit., der Zange zu, und dann verarbeitet man das Arbeitsstück auf gewöhnliche Weise weiter.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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