Lewald

Lewald

Lewald, 1) August, Schriftsteller, geb. 14. Okt. 1792 zu Königsberg i. Pr., gest. 10. März 1871 in München, wurde gegen seinen Willen zum Handelsstand bestimmt, machte hierauf als Sekretär im russischen Hauptquartier den Befreiungskrieg mit, ging 1818 in Brünn zur Bühne über und ließ sich nach öfters gewechseltem Aufenthalt 1834 in Stuttgart nieder, wo er die Zeitschrift »Europa« gründete, die auf dem Gebiete der Kunst und Literatur lange Zeit eine tonangebende Stimme führte. Nachdem er ihre Redaktion 1846 an F. G. Kühne (s. d.) abgetreten, wandte er sich der Politik zu, war 1849–62 Regisseur des Hoftheaters in Stuttgart und lebte zuletzt in ziemlicher Vergessenheit, nachdem er in München 1851 zum Katholizismus übergetreten war. Von seinen zahlreichen Schriften sind die bemerkenswertesten: »Aquarelle aus dem Leben« (Mannh. 1836–37, 4 Bde.); »Der Divan«, Novellen (Stuttg. 1839, 6 Bde.); »Neue Aquarelle aus dem Leben« (das. 1840, 2 Bde.); der autobiographische »Theaterroman« (das. 1841, 5 Bde.); die ultramontan angehauchten Romane: »Klarinette« (Schaffh. 1863, 3 Bde.) und »Der Insurgent« (das. 1865, 2 Bde.) u.a. Kurz vor seinem Tod erschienen: »Letzte Fahrten. Zwölf Reisebriefe aus dem Jahre 1870« (Mainz 1871). Seine »Gesammelten Schriften« gab er in einer Auswahl (auch u. d. T.: »Ein Menschenleben«) heraus (Leipz. 1844 bis 1845, 12 Bde.). Vielfach anregend auf dramaturgischem Gebiet wirkte seine »Allgemeine Theaterrevue« (Stuttg. 1835–37, 3 Bde.).

2) Fanny, Schriftstellerin, Verwandte des vorigen, geb. 24. März 1811 zu Königsberg i. Pr. von israelitischen Eltern, gest. 5. Aug. 1889 in Dresden, trat in ihrem 17. Jahre zur evangelischen Kirche über, begleitete 1831 ihren Vater auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich und lebte sodann längere Zeit in Breslau und Berlin. Nachdem sie schon 1834 zur Unterhaltung einer kranken Schwester Märchen geschrieben hatte, betrat sie 1841 die schriftstellerische Laufbahn mit der Novelle »Der Stellvertreter« (in der »Europa«). Es folgten ohne ihren Namen: »Klementine« (Leipz. 1842); »Jenny« (das. 1843); »Eine Lebensfrage« (das. 1845); »Das arme Mädchen« (in der »Urania«). Im Frühjahr 1845 bereiste sie Italien und nahm sodann ihren Aufenthalt in Berlin, wo sie sich 1854 mit Adolf Stahr (s. d.) verheiratete, mit dem sie in der Folge eine Reihe von Reisen unternahm. Ihre literarische Produktivität steigerte sich, ohne an innerm Wert zu verlieren. Nacheinander erschienen: »Italienisches Bilderbuch« (Berl. 1847); »Diogena, Roman von Iduna Gräfin H.-H.«, eine anonym erschienene Persiflage der Gräfin Hahn-Hahn (2. Aufl., Leipz. 1847); »Prinz Louis Ferdinand« (Bresl. 1849, 3 Bde.; 2. Aufl., Berl. 1859); » Erinnerungen aus dem Jahre 1848« (Braunschw. 1850, 2 Bde.); »Liebesbriefe« (das. 1850, schon 1845 entstanden); »Dünen- und Berggeschichten« (das. 1851, 2 Bde.); »England und Schottland«, Reisetagebuch (das. 1852, 2 Bde.); »Wandlungen«, ein Roman (das. 1853, 4 Bde.), »Deutsche Lebensbilder« (das. 1856); »Die Reisegefährten« (Berl. 1858); »Das Mädchen von Hela« (das. 1860); »Meine Lebensgeschichte« (das. 1861–63, 6 Bde.); »Bunte Bilder« (das. 1862, 2 Bde.); »Von Geschlecht zu Geschlecht«, Roman (das. 1863–65, 8 Bde.); »Osterbriefe für die Frauen« (das. 1863); »Erzählungen« (das. 1866–1868, 3 Bde.); »Villa Riunione« (das. 1863, 2 Bde.); »Sommer und Winter am Genfer See«, ein Tagebuch (das. 1869); »Für und wider die Frauen«, Briefe (das. 1870, 2. Aufl. 1875); »Nella, eine Weihnachtsgeschichte« (das. 1870); »Die Erlöserin«, Roman (das. 1873, 3 Bde.); »Benedikt« (das. 1874, 2 Bde.); »Benvenuto«, Roman aus der Künstlerwelt (das. 1875, 2 Bde.); »Neue Novellen« (das. 1877); »Reisebriefe aus Italien, Deutschland und Frankreich« (das. 1880); »Helmar«, Roman (das. 1880); »Zu Weihnachten«, drei Erzählungen (das. 1880); »Vater und Sohn«, Novelle (das. 1881); »Vom Sund zum Posilipp«, Reisebriefe (das. 1883); »Stella«, Roman (das. 1884, 3 Bde.); »Die Familie Darner«, Roman (das. 1887); »Zwölf Bilder nach dem Leben« (das. 1888) u.a. Von ihren Schriften erschien eine Auswahl u. d. T.: »Gesammelte Werke« (Berl. 1871–74, 12 Bde.); aus ihrem Nachlaß veröffentlichte L. Geiger »Gedachtes und Gefühltes, 1838–1888« (Mind. 1900). F. Lewalds Romane sind durch eine außerordentlich scharfe Beobachtung, durch energische Plastik der Gestaltung und klare Durchbildung des Stils ausgezeichnet. Die Grundlage ihrer Anschauung aber ist ein herber und harter Realismus, der im rechnenden Verstand und in der leidenschaftslosen Nüchternheit eine Art Ideal erblickt, von ihr die Lösung aller Rätsel des Daseins erwartet und begreiflicherweise nur in einzelnen Fällen eine poetische Wirkung hervorzurufen vermag. Vgl. K. Frenzel, Erinnerungen und Strömungen (Leipz. 1890).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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