Krankentransport

Krankentransport

Krankentransport, die Überführung von Kranken oder Verwundeten an Orte, wo sie geregelte ärztliche Behandlung finden. Abgesehen von der Inanspruchnahme gewöhnlicher öffentlicher Fahrgelegenheiten, die zum Transport von Personen mit ansteckenden Krankheiten niemals gestattet werden sollte, benutzt man zweckmäßig konstruierte Vorrichtungen verschiedener Art. Der Krankenkorb enthält eine Matratze mit wollener Decke, besitzt am Kopfende ein zurückschlagbares Verdeck, eine Decke aus wasserdichter Leinwand, an den Längsseiten Öfen aus Leder zum Durchstecken von Tragestangen. Krankenfahrbahren bestehen aus einem zweiräderigen Fahrgestell mit Federn und mit Stützen zum Feststellen, auf das ein Krankenkorb gestellt wird. Solche Fahrbahren hat man auch für den Betrieb durch Fahrräder konstruiert. Krankenwagen haben ein vierräderiges Fahrgestell mit Federn und einen kastenartigen Wagen mit Fenstern in den Seitenwänden und einer Tür an der Hinterwand, durch die eine Krankenbahre eingeschoben werden kann. Neben letzterer bleibt im Innern Raum für einen Begleiter des Kranken frei. Alle Krankentransportmittel müssen so eingerichtet sein, daß sie leicht desinfiziert werden können. Neuerdings benutzt man zweispännige Krankenwagen mit Gummirädern, die sich im Äußern von Landauern kaum unterscheiden. Auch die Wagen der Straßenbahnen, Kleinbahnen, Eisenbahnen werden für Krankentransporte eingerichtet. Auf den Eisenbahnen kann der K. in den gewöhnlichen Personenwagen geschehen, soweit dadurch keine Belästigung oder Gefährdung der Mitreisenden entsteht. Andernfalls (also auch bei ansteckenden Krankheiten) können zunächst ganze Abteile für die kranke Person und etwaige Begleitung gemietet werden. Auch werden besondere Krankenabteilungen oder ganze Wagen dazu hergerichtet, unter Umständen Salonwagen mit mehreren Abteilungen für Kranke, Ärzte, Begleitpersonal und Geräte. Auf den meisten deutschen Bahnen werden besonders eingerichtete Krankenwagen (mit Bett, Sitzen, Abort, unter Umständen auch Bad etc.), sowohl Gepäck-, als Güter- und auch Personenwagen benutzt, namentlich Wagen 4. und 3. Klasse, diese nach Herausnahme der Sitze. Für die Beförderung sind dann sechs Fahrkarten 1. Klasse zu lösen, zwei Begleiter werden dafür mitbefördert, etwaige weitere müssen Fahrkarten 3. Klasse lösen. Alle für die Krankenpflege nötigen Gegenstände dürfen mitbefördert werden, müssen jedoch von den Reisenden selbst beigestellt werden. Ähnlich wird der K. auch auf andern Eisenbahnen gehandhabt. Bei ansteckenden Krankheiten pflegen Polstersitze ausgeschlossen zu sein und eigne Matratzen und Betten der Kranken verlangt zu werden. Für solche Zwecke werden auch Wagen benutzt, die inwendig mit Metallbelag verkleidet oder sonstwie auf leichte und gründliche Reinigung und Desinfektion eingerichtet sind. In großen Städten bedarf der K. einer besondern Organisation. Vortreffliche Einrichtungen besitzen unter andern Berlin, Wien, Hamburg etc. sowie mehrere Städte in England, den Vereinigten Staaten. In Berlin ist der K. für die Stadt und die Vororte vom »Verband für erste Hilfe« 1905 neu organisiert worden. Man hat sehr zweckmäßig eingerichtete Wagen gebaut, die nach jedem einzelnen Transport ohne Rücksicht auf die Art der Krankheit des beförderten Patienten nach einem im Institut für Infektionskrankheiten festgestellten System desinfiziert werden. Das neue Unternehmen ist auf rein humanitärer Grundlage geschaffen worden, während in andern großen Städten die Krankentransporteinrichtungen meist durch die städtischen Behörden ausgeführt und unterhalten werden.

Der K. im Kriege bietet bei plötzlichem Massenandrang von Verwundeten unter ungünstigen Verhältnissen große Schwierigkeiten und ist deshalb seit langer Zeit eifrig gepflegt worden. Man benutzt dazu im Frieden bereit gestelltes (etatmäßiges) Material, ist aber sehr oft auf alltägliche Gebrauchs- und Fundgegenstände (Behelfsmaterial, Improvisationen) angewiesen. Der einzelne Mann trägt einen Verwundeten auf dem Rücken oder mit Hilfe eines Tuches etc. auf den Armen. Zwei Mann tragen den Verwundeten sitzend auf ihren kreuzweise verschränkten Händen (s. Tafel »Kriegssanitätswesen I«, Fig. 1), doch sind auch viele Tragevorrichtungen (Sitze, Tücher, Schürzen, Sessel) konstruiert worden. Krankentragen (Krankenbahren) werden aus Gewehren, Lanzen, allerlei Rundhölzern, Latten, Brettern mit Mänteln, Röcken, Pferdedecken, Säcken etc. hergestellt. Die preußisch-deutsche Krankentrage (s. Tafel »Kriegssanitätswesen I«, Fig. 2) besteht aus einem Holzgestell mit eisernen Querbändern, Füßen aus Winkeleisen, verstellbarem Kopfgestell, angeschnürtem Überzug aus Segeltuch, einer Vorrichtung zum Anschnallen des Kranken und einer Verbandtasche. Die Truppenkrankentrage kann für den Leertransport in der Mitte zusammengeklappt werden. Diese Tragen erfordern vier Mann Bedienung. Pferde, Ochsen, Maultiere etc. mit oder ohne Vorrichtungen zum Sitzen oder Liegen der Verwundeten werden mehrfach benutzt, am meisten aber vierräderige, zweispännige Wagen. Der preußische ein-etagige Wagen befördert zwei auf Bahren liegende und drei sitzende Verwundete, der zwei-etagige vier liegende Verwundete. Nach außen ist der Wagen durch verschiebbare Gardinen geschlossen. Gewöhnliches Landfuhrwerk wird zur Abschwächung der Stöße durch Strohschüttung hergerichtet. Besser macht man zwischen den obern Leiterbäumen eine Verschnürung und hängt an diese die Krankentrage. Die Hauptaufgabe beim K. fällt den Eisenbahnen zu. Die Eisenbahnkrankenwagen der preußischen Lazarettzüge (s. Tafel »Kriegssanitätswesen I«, Fig. 5, und Tafel II) sind Personenwagen 4. Klasse. Ein Wagen nimmt zehn Tragen auf. Die Hilfslazarettzüge werden aus leeren Güterwagen zusammengestellt und mit Lagerungsvorrichtungen verschiedenen Systems (Hamburger, Grundsches, Linxweiler etc.) versehen (vgl. Krankenzüge u. Tafel »Kriegssanitätswesen I«, Fig. 6 u. 7). Sehr angenehm ist für Schwerverwundete der Wassertransport. Selbst Flöße sind benutzbar, während Dampfschiffe wegen der Erschütterungen durch die Maschine für Schwerverwundete lästig werden können. Vgl. Peltzer, Die deutschen Sanitätszüge (Berl. 1872); Billroth und Mundy, Über den Transport der im Felde Verwundeten und Kranken (Wien 1874); Neudörfer, Handbuch der Kriegschirurgie (Leipz. 1867–72, 3 Bde.); Zur Nieden, Der Eisenbahntransport verwundeter und erkrankter Krieger (2. Aufl., Berl. 1883); Port, Taschenbuch der feldärztlichen Improvisionstechnik (Stuttg. 1884); Werner, Krankentransport und -Unterkunft im Kriege (in den »Vorträgen über ärztliche Kriegswissenschaft«, Jena 1902); Schlesinger und Joseph, Das neue Berliner Krankentransportwesen (Berl. 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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