Kehlkopfpfeifen

Kehlkopfpfeifen

Kehlkopfpfeifen (pfeifen der Dampf, Pfeiferdampf, Hartschnaufigkeit, Rohren [vom engl. to roar, brüllen]), eine bei Pferden häufig vorkommende Abnormität der Atmung. Bei der (an der Hebung der Rippen kenntlichen) Einatmung entsteht ein eigentümlicher giemender, pfeifender Ton, der mit dem normalen pustenden oder schnaufenden Ausatmungsgeräusch nicht zu verwechseln ist, jedoch in sehr verschiedenem Grade hörbar wird. Bei leichtem K. ist der Ton leise und zeigt sich erst nach längerer, schneller Bewegung, oft nur bei gleichzeitigem Herannehmen des Kopfes an den Hals (Beizäumen). Bei stärkerer Ausbildung des K. tritt der Ton sofort beim Traben laut hervor und kann sich in schweren Fällen nach schnellem Lauf zu einem beängstigenden Giemen oder fast zum Brüllen steigern. In solchen Fällen erleidet das Pferd eine starke Atemnot und kann bei Fortsetzung der Bewegung in Erstickungsgefahr geraten. Ursache dieser Erscheinung ist eine Lähmung der die Stimmritze erweiternden Muskeln, bez. ihres Nervs, die fast immer einseitig und meist (aus unbekanntem Grund) links vorkommt. Bei der Einatmung werden normal die beiden Knorpel, welche die Stimmritze einfassen, auseinander gezogen und dadurch die Eintrittspforte für die Luft erweitert. Beim K. geschieht dies vollkommen nur auf der gesunden Seite, während der Knorpel der gelähmten Seite mehr oder weniger herabhängt und in die Stimmritze vorspringt. Das Vorbeistreichen der Luft an diesem Vorsprung erzeugt das Pfeifen. Eine Atembeschwerde ist mit dem Pfeifen an sich noch nicht verbunden, sondern tritt nur dann ein, wenn bei totaler einseitiger oder gar beiderseitiger Lähmung die Stimmritze so eng bleibt, daß sie der Luft hinreichenden Eintritt nicht mehr gestattet. Aber auch wenn das K. die Atmung noch nicht behindert, ist es ein bedenklicher Zustand, weil es sich (fast stets) allmählich zu verschlimmern pflegt. Immerhin können Pferde mit K., namentlich im Zugdienst, jahrelang brauchbar bleiben, während sie als Reitpferde eher versagen. Der Verkaufswert solcher Pferde ist natürlich sehr verringert; in Deutschland ist K. Hauptmangel mit vierzehntägiger Gewährsfrist (s. Gerichtliche Tiermedizin). Behandlung ist höchstens chirurgisch möglich, jedoch fragwürdig. Eingetretene Atemnot kann man durch Einlegung eines Tracheotubus (s. Luftröhrenschnitt) jedoch so weit beseitigen, daß das Pferd noch zum langsamen Zug brauchbar bleibt. Die Ursache des K. ist unbekannt, doch ist die Vererblichkeit der Anlage dazu zweifellos. Bisweilen bleibt K. nach schweren, akuten Erkrankungen der Atmungsorgane zurück und kann dann ausnahmsweise wieder verschwinden. Vgl. Dieckerhoff, Gerichtliche Tierheilkunde (3. Aufl., Berl. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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