Isókrates

Isókrates

Isókrates, der vierte unter den zehn attischen Rednern (s. Attische Redner), geb. 436 v. Chr. in Athen, gest. 338, genoß den Unterricht der bedeutendsten Sophisten der Zeit, wie Gorgias, Prodikos, und verkehrte auch mit Sokrates. Schwache Stimme und Schüchternheit hinderten ihn am öffentlichen Auftreten; daher beschäftigte er sich nach dem Sturz der Dreißig, als sein früher wohlhabender Vater sein Vermögen verloren hatte, anfangs mit dem Abfassen gerichtlicher Reden für andre. Um 390 eröffnete er eine rhetorische Schule, die ihm Reichtum und Ruhm einbrachte. Zu seinen zahlreichen Schülern aus ganz Griechenland gehörten die Redner Isäos, Hypereides und Lykurgos sowie die Geschichtschreiber Theopomp und Ephoros. Vom politischen Leben hielt er sich fern; doch suchte er auf die politischen Verhältnisse Athens wie ganz Griechenlands durch eine Reihe nur zur Lektüre bestimmter Kunstreden einzuwirken. So sollte der hochgefeierte »Panegyrikos«, eine 380 nach zehnjähriger Arbeit veröffentlichte Art Festrede (hrsg. von Herold, griech. u. deutsch, Nürnb. 1859), die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes aller Griechen gegen Persien unter Athens Hegemonie dartun. Im »Areiopagitikos« (hrsg. von Mehler, Groning. 1861) empfahl er den Athenern die Wiederherstellung der Solonischen Verfassung zwecks einer Wiedergeburt Athens. Noch im 98. Jahre vollendete er den »Panathenaïkos«, eine Lobrede auf Athen, kurz bevor er sein Leben nach der Schlacht bei Chäroneia durch freiwilligen Hungertod beschloß, angeblich aus Schmerz über den Sturz der griechischen Freiheit. Von den im Altertum unter seinem Namen gehenden sechzig Reden, von denen jedoch nur die kleinere Hälfte für echt galt, sind, außer zehn wahrscheinlich unechten Briefen, 21 erhalten: 3 paränetische, 11 epideiktische und 7 Gerichtsreden, davon sechs für andre. Die Bedeutung des I. liegt in der Ausbildung des Stils; weniger Tiefe der Gedanken, anregende Frische und natürliche Kraft zeichnen ihn aus als sorgfältige Auswahl der im reinsten Attizismus gehaltenen Sprache, rhythmische Abrundung des Periodenbaues, geschickte Anwendung der Figuren und aller Wohlklang bewirkenden Mittel. Die von im geforderte Sorgfalt in der Fügung der Rede ist auch für die Folgezeit maßgebend geworden. Ausgaben (außer in den Sammlungen der Redner) von Baiter (Par. 1846), Benseler-Blaß (2. Aufl., Leipz. 1882, 2 Bde.); ausgewählte Reden von Rauchenstein-Reinhardt (5. Aufl., Berl. 1882), Schneider (3. Aufl., Leipz. 1886, 2 Bde.); Übersetzungen von Benseler (das. 1854–55, 2 Bde.), Christian (3. Aufl., Stuttg. 1869). Flathe (das. 1869). Vgl. Blaß, Die attische Beredsamkeit, Bd. 2 (2. Aufl., Leipz. 1892).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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