Ironīe

Ironīe

Ironīe (griech. eirōnéia, Verstellung) ist ursprünglich nur eine bestimmte Redeweise, die darin besteht, daß sich der Sprechende den Anschein gibt, etwas anderes zu denken und zu glauben, als wirklich der Fall ist; doch muß dieser Gegensatz von Schein und Wirklichkeit, wenigstens dem Verständigen, erkennbar bleiben. Die Alten rechneten daher die I. zu den rhetorischen Figuren. Indem die I. zu dem Widersinnigen und Verkehrten den Kontrast der nicht ernst gemeinten Zustimmung gesellt, wirkt sie komisch (s. d.), und indem sie eine subjektive Schöpfung des Sprechenden ist, tritt sie den subjektiv-komischen Begriffen des Witzes und des Humors (soweit dieser komisch ist) zur Seite. Wie der Humor kann aber auch die I. objektiviert, d. h. in die Objekte hineinverlegt werden und statt durch Worte, durch den Zusammenhang einer künstlerischen Darstellung, durch Geschehnisse, Situationen, Zustände oder die äußern Eigenschaften sichtbarer oder hörbarer Eindrücke in die Erscheinung treten. Die Überlegenheit der ironischen Auffassung kann sich dabei, wie der Humor, zu der Höhe einer weitschauenden philosophischen Weltbetrachtung erheben; aber sie unterscheidet sich ebensosehr von der polemischen Schärfe der Satire wie von der versöhnlichen Hoheit des Humors. Nur in der zugespitzten Form des Sarkasmus nähert sie sich der erstern, doch kommt in der Satire in der Regel der erregte Affekt des Grollenden, im Sarkasmus dagegen die souveräne Sicherheit des Überlegenen zum Ausdruck. An diese höchste Entwickelung lehnt sich die berühmte Forderung der romantischen I. an, die, auf den schaffenden Genius angewendet, nicht nur dessen Erhabenheit über die kleine Welt des Alltags, sondern auch über den jeweils von dem Künstler behandelten Stoff bezeichnen soll: der Künstler schaltet in freiem Spiel mit den Erscheinungen der Welt. Diese besonders von Solger, Tieck und Fr. Schlegel verfochtene Theorie der romantischen I. knüpft an gewisse Seiten der idealistischen Ästhetik Schillers an, die sie aber durch Übertreibung schädigt; sie wirkt nach in der dichterischen Praxis E. T. A. Hoffmanns und besonders H. Heines, der in einer bestimmten Periode seines Schaffens die von ihm erweckten zarten oder erhabenen Gefühle durch ironische Schlußpointen zersetzt: doch ist es bei ihm eine I., die das Hohe herab-, und nicht eine solche, die das Niedere hinaufzieht. Vgl. Schasler, Das Reich der I. in kulturgeschichtlicher und ästhetischer Beziehung (Berl. 1879).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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