Holtzmann

Holtzmann

Holtzmann, 1) Karl Julius, protest. Theolog, geb. 6. Mai 1804 in Karlsruhe, gest. daselbst 23. Febr. 1877, wurde 1816 Lehrer, später Professor am Lyzeum daselbst, 1847 Stadtpfarrer und Lehrer am evangelischen Predigerseminar zu Heidelberg, 1861 Prälat in dem erneuerten evangelischen Overkirchenrat in Karlsruhe. Als Mitglied der Generalsynode von 1861 wirkte er tätig mit zum Zustandekommen der neuen badischen Kirchenverfassung.

2) Adolf, Germanist, Bruder des vorigen, geb. 2. Mai 1810 in Karlsruhe, gest. 3. Juli 1870 in Heidelberg, studierte in Halle und Berlin Theologie, wandte sich aber dann der Sprachwissenschaft zu und begab sich zur Vollendung seiner Studien mit Unterstützung der Regierung 1832 nach München, 1834 nach Paris. 1837 zum Erzieher der badischen Prinzen berufen, verweilte er eine Reihe von Jahren in dieser Stellung, bis er 1852 die Professur der deutschen und indischen Sprache an der Universität Heidelberg erhielt. Seine Arbeiten gehören dem Gebiete der orientalischen Sprachen (Indisch und Altpersisch) wie dem der deutschen Sprache- und Literatur an. Von jenen sind zu nennen seine Übersetzung des 2. Buches des indischen Epos »Ramajana« (Karlsr. 1841, 2. Aufl. 1843), die »Indischen Sagen« (das. 1845–47, 3 Bde.; 2. Aufl. 1854, 2 Bde.), die Schrift »Über den griechischen Ursprung des indischen Tierkreises« (das. 1841) und die »Beiträge zur Erklärung der persischen Keilinschriften« (das. 1845, Heft 1); dem Gebiete der deutschen Grammatik auf sprachvergleichender Grundlage gehören an: »Über den Umlaut« (Karlsr. 1843) und »Über den Ablaut« (das. 1844), der deutschen Literatur seine Ausgabe der althochdeutschen Übersetzung eines Traktats von Isidor (das. 1836), seine »Untersuchungen über das Nibelungenlied« (Stuttg. 1854), worin er der herrschenden Ansicht von Lachmann entgegentrat, und woran sich außer der Streitschrift »Kampf um der Nibelunge Hort« (das. 1855) seine Ausgabe des Nibelungenliedes (das. 1857) und der »Klage« (das. 1859) sowie die Schulausgabe des Nibelungenliedes (3. Aufl. 1874) anschlossen, endlich die Ausgabe des »Großen Wolfdietrich« (Heidelb. 1865). Großen Widerspruch fand sein Buch »Kelten und Germanen« (Stuttg. 1855), worin er die Identität beider Völker zu beweisen versuchte. Seine sehr verdienstliche »Altdeutsche Grammatik« (Leipz. 1870–75, Bd. 1) blieb unvollendet. Nach seinem Tod erschienen, von Holderherausgegeben: »Germanische Altertümer mit Text, Übersetzung und Erklärung von Tacitus' Germania« (Leipz. 1873), seine Vorlesungen über »Deutsche Mythologie« (das. 1874) und »Die ältere Edda, übersetzt und erklärt« (das. 1875).

3) Heinrich Julius, protest. Theolog, Sohn von H. 1), geb. 17. Mai 1832 in Karlsruhe, wurde 1861 außerordentlicher, 1865 ordentlicher Professor der Theologie in Heidelberg, 1874 in Straßburg. In H. hat die kirchliche Richtung des Protestantenvereins (s. d.) ihren wissenschaftlichen Hauptvertreter gefunden, in dessen Schriften sich strenger, kritischer Geist mit lebenswarmer Erfassung der christlich-religiösen Probleme vereinigt. Außer zahlreichen Abhandlungen schrieb er: »Kanon und Tradition« (Ludwigsb. 1859); »Die synoptischen Evangelien, ihr Ursprung und geschichtlicher Charakter« (Leipz. 1863); »Kritik der Epheser- und Kolosserbriefe« (das. 1872); »Die Pastoralbriefe« (das. 1880); »Lehrbuch der historischkritischen Einleitung in das Neue Testament« (Freiburg 1885, 3. Aufl. 1892); »Das Neue Testament und der römische Staat« (Straßb. 1892); »Lehrbuch der neutestamentlichen Theologie« (Freiburg 1897, 2 Bde.); »R. Rothes spekulatives System« (das. 1899); »Die Entstehung des Neuen Testaments« (Straßb. 1904; erweiterter Abdruck, Halle 1904). Außer den neutestamentlichen Partien von Bunsens Bibelwerk veröffentlichte er auch: »Predigten, gehalten im akademischen Gottesdienst zu Heidelberg« (Elberf 1865); »Akademische Predigten« (Leipz. 1873); »Geschichte des Volkes Israel und der Entstehung des Christentums« (mit G. Weber, das. 1867, 2 Bde.); das »Lexikon für Theologie und Kirchenwesen« (mit Zöpffel, das. 1882; 3. Aufl., Berl. 1895), den »Handkommentar zum Neuen Testament« (mit Lipsius, Schmiedel und v. Soden, Freib. 1890–91, 3. Aufl. 1899 ff.). In dem »Kurzen Bibelwörterbuch« (hrsg. von Guthe, Tübing. 1903) bearbeitete er die neutestamentlichen Artikel.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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