Herberge

Herberge

Herberge (althochd. heriberga, ital. albergo, franz. auberge), früher soviel wie Kriegslager, später allgemein in der Bedeutung von Wirtshaus oder Gasthaus (s. d.) gebraucht. Doch machte man in Deutschland schon frühzeitig einen Unterschied zwischen dem Gasthaus, in dem überhaupt Fremde gegen Entgelt beherbergt und verpflegt werden, und der zur Zunftzeit vom Herbergsvater u. der Herbergsmutter verwalteten H. (im engern Sinne), in der wandernde Gesellen ein Unterkommen fanden, auch Arbeit nachgewiesen erhielten und kranke verpflegt wurden. Von den am Orte wohnenden Gesellen wurden die Herbergen (Gesellenherbergen, auch oft »Verkehre« genannt) zu Zusammenkünften benutzt, sowie sie auch als Aufbewahrungsort der Gesellenladen dienten. An Stelle derselben sind heute vielfach die auf Anregung . J. H. Wicherns entstandenen Herbergen zur Heimat getreten, die, aus freiwillig aufgebrachten Mitteln eingerichtet und z. T. unterhalten und unter christlicher Hausordnung stehend, wandernden Gesellen eine billige Unterkunft bieten und dieselben vor den schädlichen Einflüssen der Wirtshäuser bewahren sollen. Eine solche H. wurde 1854 in Bonn unter dem Einfluß des Professors Klemens Perthes gegründet. Seit dieser Zeit hat sich das Herbergswesen in vielen Städten verbreitet. Die meisten Herbergen stehen in Verbindung mit Gesellenvereinen (s. d.) unter katholischer Leitung. Die deutschen evangelischen Herbergsverbände bilden seit 1886 einen deutschen Herbergsverein mit dem Organ »Der Wanderer« (Gadderbaum, 1883–1896: »Die Arbeiterkolonie«), das zugleich Organ des Zentralvorstandes deutscher Arbeiterkolonien und des Gesamtverbandes deutscher Verpflegungsstationen ist. 1902 gab es in Deutschland 462 Herbergen zur Heimat nebst 280 Verpflegungsstationen mit etwa 19,000 Betten (im Ausland, besonders in der Schweiz: 31); 1902 wurden 3 Millionen Nachtquartiere genommen. Es werden Gäste ohne Unterschied der Konfession aufgenommen. Jedem Einkehrenden ist Gelegenheit gegeben, an der gemeinsamen Andacht teilzunehmen, es wird aber niemand dazu gezwungen. Vgl. Perthes, Das Herbergswesen der Handwerksgesellen (2. Aufl., Gotha 1883); Augener, Die Herbergen zur Heimat (Bielef. 1869); Rathmann, Die Herbergen zur Heimat (Hamb. 1876); »Die H. zur Heimat«, Denkschrift des Zentralausschusses für innere Mission (Berl. 1882); »Die H. zur Heimat 1854 bis 1896« (Bielef. 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Herberge — Herberge: Die auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Zusammensetzung mhd. herberge, ahd. heriberga, niederl. herberg (Bestimmungswort ist ↑ Heer, das Grundwort gehört zum Verb ↑ bergen) bedeutete ursprünglich »ein das Heer bergender… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Herberge — Sf erw. obs. (9. Jh., heribergon 8. Jh.), mhd. herberge, ahd. heriberga, as. heriberga Stammwort. Wie afr. hereberge eine Zusammenbildung aus dem Wort für Heer und einer Ableitung des starken Verbs bergen, also eigentlich Bergung, Unterkunft für… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Herberge — Herberge, 1) das Unterkommen in einem Hause; 2) der Ort, wo die sämmtlichen Gesellen einer Zunft ihre Zusammenkünfte halten, ihre Lade aufbewahren, u. wo die einwandernden od. kranken Gesellen verpflegt werden; entweder ist dazu das Haus eines… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Herberge — Herberge, im allgemeinen s.v.w. Gasthaus, Unterkunft, im besonderen Gasthaus für die auf der Wanderschaft befindlichen Gesellen einer Handwerkerinnung früherer Zeit. Dieselben hatten ihren gesonderten Tisch, über dem das Innungszeichen aufgehängt …   Lexikon der gesamten Technik

  • herberge — Herberge, voyez Heberge …   Thresor de la langue françoyse

  • Herberge — [Network (Rating 5600 9600)] Auch: • Heim …   Deutsch Wörterbuch

  • Herberge — 1. Die Herberg geht an, aber der Wirth ist ein Schalk, sagte der Narr zum Todtengräber. 2. Die Herberg schön, der Wirth ein Schalk. – Eiselein, 300; Simrock, 4588; Braun, I, 1291. 3. Die Herberge kan man nicht mitnemen. – Petri, II, 131. 4. Es… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Herberge — Jugendherberge; Jugendgästehaus; JH; Bleibe; Unterkunft * * * Hẹr|ber|ge 〈f. 19〉 1. Wirtshaus, Gasthaus, in dem man übernachten kann 2. Unterkunftsheim für die Jugend (JugendHerberge) [<ahd. heriberga, urspr. „ein das Heer bergender Ort“; →… …   Universal-Lexikon

  • Herberge — Hẹr·ber·ge die; , n; veraltend; 1 ein meist einfaches Gasthaus, in dem man schlafen und essen kann ≈ Unterkunft || K: Jugendherberge 2 nur Sg; die Aufnahme als Gast <um Herberge bitten; irgendwo Herberge finden> …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Herberge — die Herberge, n (Mittelstufe) Unterkunft für Reisende, einfaches Gasthaus Beispiel: Die Touristen haben erst nach Mitternacht eine Herberge gefunden …   Extremes Deutsch

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