Hausschilder

Hausschilder

Hausschilder (Geschäftsschilder) waren schon im Altertum bekannt. In Pompeji fand man unter andern das Relief einer von einem Maultier getriebenen Mahlmühle als Schild eines Bäckerladens, am Milchladen eine Ziege, am Weingeschäft zwei Amphora tragende Männer, einen von einer Schlange umwundenen Elefanten, den ein Zwerg führt, als Wirtshausschild, mehrfach ein Damenbrett als Abzeichen von Weinstuben, eine Schlange mit einem Pinienzapfen im Maul als Apothekenschild etc. Die Geschäftsschilder, die den Straßen der alten Städte eine eigne Romantik verliehen und die Hausnummern ersetzten, waren symbolische, gemalte oder plastische und inschriftliche. Zu den symbolischen gehören der grüne Busch (Mistelbusch) oder Kranz als Wirtshauszeichen, die Becken der Barbierstuben, der Zuckerhut und die Weintraube als Kaufhaus- und Weinstubenzeichen, die goldene Kugel der Berliner Butterhandlungen, die drei Messingkugeln der englischen Pfandhäuser, der Löwe mit der Brezel der Bäcker u. v. a., gewissermaßen auch der Stuhl mit der Schürze vor der Haustür an den Wursttagen der Schlächter. Ihnen reihen sich einfache Zeichen an, zwei ineinandergeschobene Triangel als Wirtshauszeichen, Tierbilder als Gasthofs- und Apothekenschilder, allen voran: zum weißen Roß, zum schwarzen Adler, zur goldenen Sonne, zum goldenen Löwen, zum grünen Baum, zum Mohren oder zum wilden Mann und zu den drei Mohren; der Bock zeitweise als Schild für den Bockbier-Ausschank. An den Apotheken kommen namentlich Äskulap, Minerva und Hygieia als redende Schilder hinzu. Die Schildermalerei beschäftigte selbst angesehene Maler, und einige ihrer Leistungen sind heute in die Museen gekommen, wie z. B. das jetzt im Berliner Schlosse befindliche Schild des Pariser Kunsthändlertz Gersaint von Watteau. Auch Chardin, Boucher, Josef Vernet, Vaulvo und Prudhon haben solche Schilder gemalt. Die Wirtshausschilder suchten sich früh durch Rätsel, Rebusse und Inschriften, die sich meist auf Barzahlung der genossenen Speisen und Getränke beziehen, hervorzuheben, wie z. B. »Heute für Geld, morgen umsonst«, »Wer heute kummt, muß zahlen glei, wer morgen kummt, ist zechenfrei« (Sembach bei Obervillach), »Die Rose blüht, der Dorn der sticht, wer gleich bezahlt, vergißt es nicht« (oft), »Das Haus steht unter der Sonnen, wer kein Geld hat, der gehe beim Bronnen« (Neuweiler, 1590). Gastwirtschaften suchten seit jeher durch drollige Namen anzulocken, soz. B. »Zu den drei Eseln« (Luxemburg), auf dem Schilde sind aber nur zwei Esel gemalt mit der Unterschrift: »Wann sehen wir drei uns wieder?«, »Zum hungrigen Wolf« (Hessenseth), »Zum dorstigen Pelikan« (Berlin), »Zur letzten Träne« (an vielen Orten ein Wirtshaus am Friedhof, in dem die Leidtragenden nach dem Begräbnis einkehren). In Paris wurde die schwarze Katze (chat noir) als Künstlerkneipe berühmt, ebenso die vielen Bierstuben »Zum groben Wirt«. Ähnliche Beispiele geben: »Zum gemütlichen Huhn« (Berlin), »Zum kalten Frosch« (Neustadt am Rennsteig), »Der lange Darm« (Landsberg a. W.), »Zum Luftdichten« (Stettin, Danzig u. a.), »Der Unmoralische« (Frankfurt a. O.). Aus der namentlich in Frankreich, Belgien und Holland sehr umfangreichen Literatur seien erwähnt: E. Fournier, Histoire des enseignes de Paris (Par. 1884); Blavignac, Histoire des enseignes d'hôtelleries, d'auberges et de cabarets (Genf 1878); Grand-Carteret, L 'enseigne, son histoire, sa philosophie etc. à Lyon (Grenoble 1900); Th. v. Liebenau, Das Gasthof- und Wirtshauswesen der Schweiz in älterer Zeit (Zürich 1891). Vgl. Haussprüche.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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