Grundstück

Grundstück

Grundstück (Immobilie, Liegenschaft), ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der Gegenstand besondern Eigentums ist. Grundstücksteil, ein durch gedachte vertikale Linien abgegrenzter Teil der Fläche, bez. des Raumes eines Grundstückes. Die besonders abgegrenzten, versteinten und in die Grundkataster und Grundbücher als selbständige Stücke eingetragenen Grundstücke werden vielfach auch Parzellen genannt. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstückes gehören nach § 94 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches: 1) die mit dem Grund und Boden zu nicht bloß vorübergehendem Zweck und nicht etwa kraft besondern Rechtes fest verbundenen Gebäude, Werke und sonstigen Sachen; 2) solange sie mit dem Boden zusammenhängen, die Erzeugnisse; 3) eingepflanzte Pflanzen und ausgesäter Same; 4) mit dem Eigentum verbundene Gerechtsame. Die Übertragung des Eigentums an Grundstücken kann nur durch die sogen. Auflassung erfolgen. Verträge über Veräußerung von Grundstücken bedürfen der notariellen oder gerichtlichen Form (vgl. Auslassung). Ländliche Grundstücke genießen insofern einen besondern Schutz, als der gewerbsmäßige Handel mit ländlichen Grundstücken ungeeigneten Persönlichkeiten nach § 35 der Gewerbeordnung untersagt werden kann, bez. gewerbsmäßigen Güterzertrümmerern eine Reihe von Auflagen gemacht sind, die eine ständige Beaufsichtigung ermöglichen; außerdem hat der Verpächter eines landwirtschaftlichen Grundstückes bez. seines Pachtzinses im Konkurs ein unbeschränktes Absonderungsrecht (s. Abgesonderte Befriedigung). Vgl. auch Eigentum u. Grundbücher.

Das Landgut besteht aus der Gesamtheit der zu einem wirtschaftlichen Ganzen vereinigten einzelnen Grundstücke, Bauanlagen und unkörperlichen Gutsbestandteilen. Unter Grundstücken versteht man die Einzelfläche, in die der Grund und Boden ohne Gebäude abgegrenzt ist, und die äußern Momente: Klima, Lage, die deren Ertragsfähigkeit beeinflussen. Die Grundstücke werden als Produktionsflächen zur Produktion von Kulturpflanzen, oder als Betriebsflächen, Baugrund zur Anlage von Gebäuden, Wegen etc. verwendet und nach ihrer Benutzungsweise (Kulturart) als Acker, Wein-, Hopfen-, Obst-, Gartenland, Wiesen, Weiden, Baum-, Wald-, Rohr-, Teichland etc. benannt. Von besonderer Wichtigkeit ist die Lage und die Form der Grundstücke. Die Form der Grundstücke hat großen Einfluß auf ihre Brauchbarkeit für die Landwirtschaftsunternehmung, sie steht in Beziehung zur Höhe der Produktion und insbes. zum Produktionsaufwande. Die Größe entscheidet über die Art der landwirtschaftlichen Benutzung, die Menge des Ertrages sowie die Möglichkeit, Handkraft, Gespanne oder Motoren zur Bearbeitung des Landes verwenden zu können.

Fig. 1. Quadratisches Grundstück.
Fig. 1. Quadratisches Grundstück.
Fig. 2. Rechteckiges Grundstück.
Fig. 2. Rechteckiges Grundstück.
Fig. 3. Unregelmäßig begrenztes Grundstück.
Fig. 3. Unregelmäßig begrenztes Grundstück.

Für die überwiegende Zahl von Kulturarbeiten auf dem Feld ist eine Abgrenzung mit geraden, parallelen, im rechten Winkel zueinander stehenden Linien am vorteilhaftesten, dabei sollen die Grundstücke eine größere zusammenhängende Fläche bilden und ihre Grenzen im Verhältnis zur Flächengröße geringste Länge besitzen. Jede Abweichung von dieser Form ist mit Verlust an Arbeitskraft und Unvollkommenheit der Arbeitsausführung verbunden.

Fig. 4. Arrondiertes quadratisches Landgut.
Fig. 4. Arrondiertes quadratisches Landgut.
Fig. 5. Arrondiertes rechteckiges Landgut.
Fig. 5. Arrondiertes rechteckiges Landgut.
Fig. 6. Parzelliertes Landgut.
Fig. 6. Parzelliertes Landgut.

Das Quadrat oder das nicht zu lange Rechteck ist für Ackerfelder und auch für andre Kulturarten am entsprechendsten. Bildet das G. ein Dreieck, Trapezoid oder unregelmäßiges Vieleck, so müssen bei der Ackerung die Pflugfurchen immer kürzer werden, und mit dem Pfluggespann muß um so öfter umgekehrt werden, wodurch erheblicher Zeitverlust eintritt. Rhombus und Rhomboid sind im Wesen dem Quadrat und Rechteck gleich zu erachten, ihre Schiefwinkeligkeit bedingt jedoch bei Drillsaat durch Überfahren der Feldgrenzen erheblichen Verlust an Samen, während bei Verwendung von Dampfpflügen und Mähmaschinen erhebliche Erschwerung der Arbeit unvermeidlich ist.

Quadratische Felder von nur 0,5–2 Hektar besitzen für die Ackerung zu kurze Seitenlängen von 70–141 m, während Rechtecke von gleicher Fläche längs der Langseiten von 200 m bei 25–100 m Kurzseiten leichter zu ackern sind. Bei quadratischen Feldern von 36–60 Hektar entstehen für die Kräfte der Gespanne viel zu lange Seiten von 600–711 m, während gleich große Rechtecke von 400 : 900 bis 400 : 1500 m nach den kurzen Seiten leichter zu pflügen sind.

Wie beispielsweise aus den Figuren 1–3 zu ersehen ist, ist die Länge der Feldgrenzen bei gleicher Flächengröße der Grundstücke von 9 Hektar bei dem quadratischen G. (Fig. 1) am geringsten, und zwar 1200 m, während das rechteckige G. (Fig. 2) 2000 m lange und das unregelmäßig begrenzte G. (Fig. 3) 2400 m lange Grenzen aufweist. In letztern beiden Fällen wird die Begrenzung der Grundstücke um so ungünstiger, je gestreckter sie sind, und je mehr ein- und ausspringende Winkel vorhanden sind.

Bei der Vereinigung der einzelnen Grundstücke zum Landgut hat die Grundstückform gleichfalls große Bedeutung: von ihr hängt die Gestalt des Landgutes ab. Die verschieden geformten einzelnen Grundstücke können in zusammenhängender Fläche vereinigt, das Landgut gut arrondiert, geschlossen sein, oder in mehr oder weniger zahlreiche Teile zerstückelt, parzelliert, durch Zwischenlieger voneinander geschieden sein. Auch hier ist das Quadrat und das nicht allzusehr in die Länge gezogene Rechteck mit dem Wirtschaftshof in der Mitte die entsprechendste Form, während jede Abweichung hiervon die Bewirtschaftung erschwert und damit den Reinertrag verringert. Liegt der Wirtschaftshof in der Mitte der Felder und ist überdies die Verbindung des Hofes mit den Feldern durch richtig geführte Verbindungswege (inneres Wegnetz) erleichtert, so kann wegen der unbehinderten Kommunikation die größte Ökonomie mit menschlichen und tierischen Arbeitskräften erreicht werden.

Ist die Landgutsgestalt quadratisch und liegt gleichzeitig der Wirtschaftshof zentral, so ergeben sich selbst bei sehr großen Gütern nur mäßige Entfernungen. Bei dem 900 Hektar großen Landgute Fig. 4 sind, im Falle der Wirtschaftshof bei a errichtet ist, von diesem bis zur Gutsgrenze doch nur 1500 m Weglänge zurückzulegen, wenn dagegen der Hof bei b angelegt wird, so verlängert sich der Weg bei günstigster diagonaler Wegverbindung bis zur schräg gegenüberliegenden Gutsecke auf 4,24 km (Fahrzeit 1 Stunde 8 Minuten) und bei gleicher Größe, aber von rechteckiger Gestalt, Fig. 5, bei Wirtschaftshoflage a auf 4,5 km (Fahrtdauer 1 Stunde 12 Minuten) und bei Hoflage b auf 9,05 km (2 Stunden 25 Minuten). Die Gutsgrenzen sind bei gleicher Gutsgröße von 900 Hektar in Fig. 4: 12 km, in Fig. 5: 20 km und bei zersplitterter Lage der Grundstücke, Fig. 6: 36 km, d. h. die Grenzlängen verhalten sich in diesen drei Beispielen wie 1: 1,7: 2,2. Die Grenzen, die stets mangelhafter kultiviert werden, verursachen in den letzten beiden Fällen gegenüber dem ersten viel mehr Aufwand für Arbeit und Material und vermehren die Gelegenheiten zu Grenzstreitigkeiten aller Art. Zersplitterte Grundstücke machen die Herstellung von Durchfahrten, Wegen und Rainen notwendig, deren Raum bei zusammenhängendem Besitze der Kultur zugeführt werden kann, die Zug- und Handarbeitskräfte können nicht entsprechend ausgenutzt werden, viel Zeit und Kraft geht durch Zurücklegen nutzloser Wege verloren, die vollkommenste Bodenbearbeitung über quer läßt sich nicht ausführen, die Anwanden vermehren sich, wozu die Nachteile des sogen. Trepprechtes kommen, d. h. des herkömmlichen Zugeständnisses, über die Grenze bis an den Rand des eignen Grundstückes mit dem Pfluge etc. fahren zu dürfen. Maschinen können nur in beschränktem Maße verwendet werden. Der Felddiebstahl wird erleichtert. Die Aussicht über die Arbeitskräfte und die Einteilung des Gutes werden erschwert, die Betriebseinrichtung muß sich der Bewirtschaftung der fremden Grundstücke, zwischen denen der eigne Besitz liegt, anpassen (Flurzwang). Die Parzellen sind unzugänglicher und anderseits durch Überfahrtsrecht und Umwenderecht belastet. Meliorationen, wie Bewässerungen und Drainagen, können nur schwierig und mit erheblich größerm Kapitalsaufwande zur Ausführung gelangen. Einzelne, aus dem Wege liegende Felder müssen für sich extensiver bewirtschaftet werden. Am nachteiligsten ist die Zersplitterung des Landgutes bei Ackerfeldern, weniger schädlich bei Wiesen, Wäldern und am geringsten hinderlich bei Weiden.

Für die Bewirtschaftung der Grundstücke ist es am zweckmäßigsten, wenn der Hof in der Mitte des Landgutes liegt, besonders dann, wenn unmittelbar an den Hof die Gärten und Grasgärten, hierauf die Acker, Wiesen und Weiden und am entferntesten der Wald gelegen sind. Liegt der Hof in der Mitte des Landgutes, so vermindert sich in erheblichem Maße das Zurücklegen unproduktiver Wege für die menschlichen und tierischen Arbeitskräfte. Die Gespanne, welche die Ernteprodukte in den Hof und den Stallmist auf die Felder führen, können die kürzesten Wege einhalten. Für die Felderbestellung hat dagegen die Hoflage mindere Bedeutung. Bei zentraler Hoflage können die Arbeiten auf den Grundstücken leichter übersehen und beaufsichtigt werden, die Bewirtschaftung der Grundstücke gestaltet sich einheitlich, während bei seitlicher Hoflage die entlegenen Grundstücke in extensiverer Weise bewirtschaftet werden müssen. Die Verbindung des Hofes mit den Grundstücken durch zweckmäßig geführte Wege wird übrigens die Bewirtschaftung wesentlich beeinflussen. Die Feldwege sind nach ihrer Zahl und Breite, um Bodenfläche zu ersparen, nur so weit zu vermindern, als damit nicht etwa die Kultur der Grundstücke erschwert wird. Hauptfeldwege sind auszubauen, wenigstens mit guter Packlage herzustellen, sie sollen in nicht zu großen Steigungen geführt werden, weshalb sie nach Erfordernis unter Bedachtnahme auf die mit genügenden Grabenüberbrückungen versehenen Feldzufahrten in Auf- und Abtrag zu legen sind. Nebenfeldwege dürfen nicht im spitzen Winkel, sondern müssen rechtwinkelig zu den Hauptwegen gestellt werden, um das Entstehen schwer zu beackernder Dreiecke (Gehren) hintanzuhalten.

Schließlich beeinflußt die natürliche und wirtschaftliche Lage der zu einem Landgute vereinigten Grundstücke deren Ertragsfähigkeit und verschärft oder mildert damit die Nachteile der Grundstückform.

In bezug auf die wirtschaftliche Lage gestaltet freie, offene, isolierte Lage (Einschicht, Einöde, Pußta) des Landgutes die Sicherheit der Grundstückerträge und der Gebäude, den Schutz gegen Feuer, Wind, Ungeziefer etc. und vornehmlich den Absatz und den Verkehr der Boden- und Tierprodukte namhaft ungünstiger als die Anlehnung des Landgutes an einen Ort oder an andre Landgüter. Ist noch dazu in dünnbevölkerter Gegend die wirtschaftliche Lage isoliert, so macht die Beistellung der Arbeitskräfte in den wichtigsten Arbeitsperioden viel größere Schwierigkeiten, als wenn das Gut in dichtbevölkerter Gegend und noch dazu in der Nähe eines Ortes gelegen ist. Der leichtere oder schwierigere Absatz der landwirtschaftlichen Produkte nach Art, Menge und Preis steht jedenfalls im innigsten Zusammenhange mit der Entfernung des Landgutes von volkreichen Städten, Fabriken etc. als konsumtionskräftige Marktorte und der Entwickelung der Eisenbahnen, Dampfschiffahrt und sonstigen Verkehrsgelegenheiten. In der Regel verteuern zwar dem Landgut benachbarte Industrien die Arbeitslöhne, ein Umstand, der aber zumeist durch die dann günstigern Absatzverhältnisse überboten wird. Vgl. Gauß, Die Teilung der Grundstücke, insbes. unter Zugrundelegung rechtwinkliger Koordinaten (4. Aufl., Berl. 1904, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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