Genfer See

Genfer See

Genfer See (lat. Lacus Lemanus, franz. früher Lac de Genève, neuerdings Lac Léman), der größte See des Nordabhanges der Alpen, liegt 372 m ü. M., zwischen den Schweizer Kantonen Wallis, Waadt und Genf und dem französischen Depart. Obersavoyen, ist 582 qkm groß und hat die Gestalt einer nach S. gekrümmten Mondsichel, deren Mittellinie 72,3 km mißt. Er zerfällt durch die Enge zwischen Promenthoux (östlich von Nyon) und Yvoire in den westlichen Petit Lac (79 qkm) und den östlichen Grand Lac (503 qkm). Ersterer ist von flachen Ufern umgeben und zerfällt durch Barren in vier nicht über 70 m tiefe Becken. Am Grand Lac steigen, je weiter nach O., desto mehr, die Ufergelände zu bedeutender Höhe an, besonders auf der Südseite, wo sich die Kalkketten des Chablais, überragt von der Montblancgruppe, bis an den See vorschieben. Am obern Ende hinter der sumpfigen Rhoneebene erheben sich die Felsmassen der Dent du Midi (3260 m). Der Grand Lac hat zwischen Ouchy und Evian mit 13,8 km die größte Breite, und hier sinkt der Seeboden zu einer Ebene, die auf einer Ausdehnung von 60 qkm eine gleichmäßige Tiefe von 310 m zeigt. Die mittlere Tiefe des ganzen Sees beträgt 152,7 m. Zahlreiche Flüsse und Bäche ergießen sich in den See, darunter die Veveyse, Venoge, Morge, Aubonne, Promenthouse und Versoix am Nordufer, die Drance und Hermance auf dem Südufer. Die Rhone hat unterhalb der Mündung ein 50–60 m tiefes unterseeisches Flußbett geschaffen, das sich noch 9 km weit vom Ufer in einer Tiefe von über 250 m verfolgen läßt; es ist dadurch entstanden, daß ihr schwereres Wasser auf den Seegrund hinabströmt und die Sedimente an der Grenze des ruhigen und des bewegten Wassers sich ablagern und die Ränder bilden. Das Einzugsgebiet des Sees beträgt 7412 qkm, darunter 1000 qkm Gletscher, woher sich z. T. die geringen Niveauschwankungen erklären, die 1841–83 im Mittel 1,467 m betrugen, seit 1891 aber durch die hydraulischen Anlagen von La Coulouvrenière auf eine Amplitüde von 0,6 m reguliert werden können. Dadurch stellt sich das Mittelwasser auf 372 m über dem Mittelmeer. Der G. S. ist durch seine blaue Farbe berühmt, die mit der großen Durchsichtigkeit des Wassers zusammenhängt, die für das bloße Auge im Winter auf 10 m, im Sommer auf 6,6 m Tiefe ermittelt wurde. Der See ist im Winter eisfrei, nur der Hafen von Genf ist zuweilen (so 1891) zugefroren. Im offenen Grand Lac bewegen sich die Oberflächentemperaturen zwischen 4 und 14°, am Grunde zwischen 4 und 5,5°. Die täglichen Wärmeschwankungen der Luft dringen (mit 4°) bis zu einer Tiefe von 12–25 m ein, die jährlichen auf 120 m Tiefe. Hohe Wellen erregen der warme Südostwind (Vaudaire) im großen, der Nordostwind (Bise) im kleinen See. Auf dem G. S. sind zuerst die eigentümlichen Schwankungen des Seespiegels, die sogen. Seiches, studiert und als stehende Wellen erkannt worden. Es gibt deren zwei Gruppen, Längs- und Querschwingungen, beide ein- und zweiknotig, mit einer Schwingungsdauer von 73 und 35,5 Min. für die erste, 10 und 5 Min. für die zweite Gruppe. Nicht selten sind Luftspiegelungen. Der Fischreichtum ist geringer als bei andern Alpenseen; eigentümlich sind dem See die Féra (Coregonus Fera) und Gravenche (Coregonus hiemalis), zwei Felchenarten; ferner kommen vor Saibling, Barsch, Trüsche, Karpfen, Seeforelle etc. Der Fischfang liefert einen jährlichen Ertrag von mehr als 1/2 Mill. Fr. Das schweizerische Ufer ist anmutig, trefflich bebaut und dicht besetzt mit Städten, stadtartig gebauten Dörfern, Villen und Schlössern; das savoyische Gelände ist ebenfalls fruchtbar, trägt schon südliche Vegetation, ist aber weniger gut angebaut, ernster und großartiger. Wichtige Orte sind außer Genf: Villeneuve, Schloß Chillon, die Kurorte Montreux und Clarens, Vevey, Ouchy (der Hafen von Lausanne), Morges, Rolle, Nyon und Coppet auf Schweizerseite, Yvoire mit seinem alten Felsenschloß, Thonon, Evian und das malerische Meillerie auf Savoyerseite. Am nördlichen Ufer ist die schweizerische Bahnlinie Genf-Lausanne-Villeneuve, am südlichen Ufer die Linie Annemasse-Evian-Bouveret der französischen Mitteelmerbahn. Auf dem See ist die Dampfschiffahrt 1823 eingeführt; gegenwärtig besitzt die Compagnie générale de navigation in Lausanne, die den ganzen Personenverkehr beherrscht, 21 Schiffe, darunter 4 für den Warentransport; den Verkehr im Hafen von Genf vermitteln 9 kleine Schraubendampfer. Vgl. Rey, Genéve etles rives du Léman (3. Aufl., Par. 1875); Forel, Le lac Léman; précis scientifique (2. Aufl., Genf 1886) und Le Léman, monographie limnologique (das. 1892–1902, 3 Bde.); Herbst, Der G. S. und seine Umgebung (Weim. 1877); Rénard, Autour du Léman (Lausanne 1890).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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