Generalversammlung

Generalversammlung

Generalversammlung (Plenarversammlung, Hauptversammlung) heißt in Vereinen, Genossenschaften, Gewerkschaften (Gewerkenversammlung) und Aktiengesellschaften eine Versammlung, zu der sämtliche Mitglieder der Gesellschaft in gesetzlich oder statutarisch bestimmter Form durch Vorstand oder Aufsichtsrat eingeladen werden, und an der jedes Mitglied teilzunehmen berechtigt ist. Das Reichsrecht regelt die Generalversammlung bei den Vereinen (Bürgerliches Gesetzbuch, § 32ff.), der Reichsbank (Gesetz vom 14. März 1875), den eingeschriebenen Hilfskassen (Gesetz vom 7. April 1876), den Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Gesetz vom 1. Mai 1889, in der Fassung vom 20. Mai 1898), den Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897), den Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Gesetz vom 20. April 1892), den Krankenkassen (Gesetz vom 15. Juni 1883 in der Fassung vom 10. April 1892 und den Novellen vom 30. Juni 1900 und 25. Mai 1903), den Berufsgenossenschaften (Gesetze vom 6. Juli 1884,5. Mai 1886,11. Juli 1887,13. Juli 1887, in der Fassung der Neupublikationen vom 5. Juli 1900), den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (Gesetz vom 12. Mai 1901); das Landesrecht normiert die Gewerkenversammlungen. Die vorschriftsmäßig berufene G. ist dasjenige Organ der Gesellschaft, das alle Mitglieder repräsentiert und endgültig über allgemeinere und wichtigere Angelegenheiten, so über Fortbestehen oder Auflösung, über Organisation, Jahresrechnungen, Wahlen etc. beschließt. Bei Genossenschaften sind die Beschlüsse in das Protokollbuch einzutragen, bei Aktiengesellschaften bedürfen sie zur Gültigkeit gerichtlicher oder notarieller Beurkundung. Jeder Genosse hat Eine Stimme. Bei Aktiengesellschaften gewährt jede Aktie das Stimmrecht, das nach den Aktienbeträgen ausgeübt wird; doch kann dasselbe für den Besitzer mehrerer Aktien gemäß dem Gesellschaftsvertrag durch Festsetzung eines Höchstbetrages oder in Abstufungen oder nach Gattungen beschränkt werden. Bei Aktiengesellschaften ist Ausübung des Stimmrechts durch Bevollmächtigte (schriftliche Bevollmächtigung erforderlich und genügend) zulässig, nicht aber bei eingetragenen Genossenschaften, abgesehen von Vertretung handlungsunfähiger Personen oder von Korporationen, Handelsgesellschaften und Vereinen, wenn solche Mitglieder der Genossenschaft sind, sowie von Frauen, wenn das Statut die Teilnahme von Frauen an der Generalversammlung ausschließt. Die Beschlüsse werden nach einfacher Stimmenmehrheit der Erschienenen gefaßt, sofern nichts andres im Statut bestimmt ist. Konstituierende G. nennt man diejenige, durch welche die Gründung der Gesellschaft vollzogen wird. Dann gibt es ordentliche, zu den gesetzlich oder statutenmäßig bestimmten Zeiten (bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien mindestens einmal in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag eine andre Frist bestimmt, die jedoch sechs Monate nicht übersteigen darf, bei eingetragenen Genossenschaften mindestens einmal binnen sechs Monaten nach Ablauf jedes Geschäftsjahres) zu berufende und außerordentliche Generalversammlungen. Die erstern finden zum Zweck von Neuwahlen für Vorstand und Aufsichtsrat, zur Prüfung des gesamten Betriebes, Abhör der Rechnungen, Entlastung (Decharge) des Vorstandes, Verfügung über den Reingewinn, Beschlußfassung über Deckung von Verlusten und zur Erledigung andrer laufender Geschäfte statt. Die außerordentlichen Generalversammlungen werden dagegen zur Erledigung außergewöhnlicher Geschäftsangelegenheiten, wie Veränderungen in der Organisation (Statutenänderung), Auflösung etc., berufen. Eine solche muß berufen werden, wenn sie unter Anführung der Gründe und des Zweckes schriftlich gefordert wird von Aktionären, die 1/20 des Grundkapitals besitzen (soweit nicht das Statut oder der Gesellschaftsvertrag eine niedrigere Zahl fordert), bez. bei Genossenschaften von 1/10 der Genossen, ferner bei Aktiengesellschaften, wenn sich bei der Bilanz ergibt, daß der Verlust die Hälfte des Grundkapitals erreicht, bei eingetragenen Genossenschaften nach Eröffnung des Konkurses, bei solchen mit unbeschränkter Hast- oder Nachschußpflicht, wenn das Vermögen der Gesellschaft einschließlich des Reservefonds und der Geschäftsguthaben zur Schuldendeckung nicht reicht. Die Wirksamkeit der G. ist schwerfällig und begrenzt, da die Zahl der Mitglieder meist sehr groß ist, ihnen Geschäftskenntnisse abgehen, nicht alle an der G. teilnehmen können etc. Die wirksame Kontrolle verbleibt dem Aufsichtsrat. Im übrigen muß das Gesetz durch Strafbestimmungen die Aktionäre gegen Widerrechtlichkeiten durch Aufsichtsrat und Vorstand, gegen mißbräuchliche Ausnutzung des Stimmrechts etc. zu schützen suchen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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