Gelnhausen

Gelnhausen

Gelnhausen, ehemals wichtige Reichsstadt, jetzt Kreisstadt im preuß. Regbez. Kassel, an der Kinzig, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Frankfurt a. M. – Bebra und Gießen-G., 141 m ü. M., liegt am rebenbepflanzten Dietrichsberg, hat alte Mauern, Tore u. Wälle, zwei Vorstädte, eine evangelische und eine kath. Kirche, darunter die schöne, romanische Marienkirche aus dem 13. Jahrh. mit vier Türmen, und eine Synagoge.

Wappen von Gelnhausen.
Wappen von Gelnhausen.

Auf einer Insel der Kinzig steht die Ruine der prächtigen romanischen, angeblich von Friedrich Barbarossa erbauten Kaiserpfalz. Von sonstigen bemerkenswerten alten Gebäuden sind zu nennen: das Rathaus, der alte Fürstenhof (jetzt Sitz der Behörden), der sogen. Hexenturm, der Halbmondturm (jetzt Schießhalle), das Johanniterhaus, der Buttenturm u. a. Die Stadt zählt (1900) 4589 Einw., davon 511 Katholiken und 207 Juden, hat ein Amtsgericht, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Solquelle mit Bad, Reichsbanknebenstelle, betreibt Fabrikation von Gummiwaren, elektrischen Glühlampen und Zinnoxyd, Schuhen, Zigarren, Kaffeesurrogaten, Siegellack und Kautschukstempeln, Gerberei, Orgelbau, eine große elektrotechnische Anstalt, Wein- und Obstbau, Baumschulen und bedeutende Sandsteinbrüche. – Im 12. Jahrh. hatte G. ein eignes Grafengeschlecht, nach dessen Aussterben (um 1155) es an die Hohenstaufen kam. Kaiser Friedrich I. erbaute sich hier die erwähnte Residenz und verlieh dem bei der Burg G. entstandenen Dorf 1169 die Reichsunmittelbarkeit. 1180 wurde auf dem Reichstag zu G. Heinrich dem Löwen Sachsen aberkannt. Karl IV. verpfändete den im 13. Jahrh. zur Stadt erweiterten Ort 1349 an die Grafen von Schwarzburg, die 1435 die Pfandschaft an die Pfalzgrafen bei Rhein und die Grafen von Hanau verkauften. Von da beginnt der Verfall der Stadt, den nachher die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges (1634 wurde sie eingeäschert, 1635 fast gänzlich verwüstet) besiegelten. Die Stadt behielt zwar auf den Reichstagen Sitz und Stimme, ihre Reichsfreiheit wurde aber von den Pfandherren bestritten und nicht einmal anerkannt, als das Reichskammergericht sie 1734 für eine Reichsstadt erklärte. Durch das Aussterben der Grafen von Hanan (1736) kam deren Anteil an Hessen-Kassel, das 1746 auch den pfälzischen Teil erkaufte und 1803 G. als Erbeigentum erhielt. 1866 fiel G. mit Kurhessen an Preußen. Die Kaiserpfalz bildete seit 1350 unter dem Namen »Burg G.« eine Ganerbschaft, die noch gegen Ende des 18. Jahrh. den Forstmeistern von G., den Krempen von Freudenstein und den Schelmen von Bergen, einem altadligen Geschlecht, gehörte. Vgl. Euler, Zur Rechtsgeschichte der Reichsstadt G. (Frankf. 1874); »Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel«, Bd. 1: Kreis G., von L. Bickell (Marb. 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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