Galla

Galla

Galla (arab., nach Krapf »Einwanderer«, nach Bruce »Hirten«, nach Brenner »Ungläubige, Barbaren«; sie selbst nennen sich Oroma oder Ilmorma, »Menschen, Männer«), zu dem äthiopischen Zweig der Hamiten gehörige Völkerfamilie, die südwärts bis zum Sabaki reicht, während der Keil mohammedanischer G. zwischen Schoa und dem eigentlichen Abessinien ihre nördlichste Abzweigung bezeichnet. Bestimmte, geographisch abgetrennte Zweige der G. sind die Somal (s.d.) in der Nordostecke Afrikas und die Hirtenvölker der Massai und Wakuafi, wahrscheinlich auch der Wahuma. Die G. haben keinen einheitlichen Volkstypus, sondern sind ein Mischvolk aus Hamiten und Negern. Die Körperfarbe schwankt von Lichtkaffee- bis Dunkelbraun, das Haar vom lockigen bis wolligen, der Gesichtstypus vom kaukasischen bis zum echt negerhaften. Der erstere Typus, der sich vorwiegend im N. findet, zeichnet sich aus durch mehr langen als runden Kopf, große, wohlgebildete Stirn, große schöne Augen und Augenbrauen, vorstehende Backenknochen und Unterkiefer, dicke Lippen und vorstehendes Kinn, meist geringen Bart, hartes, schlicht geringeltes Haar. Die Charaktereigenschaften sind gleichfalls sehr verschieden: während die nördlichen, vor allem die mit den Abessiniern in steter Fehde liegenden mohammedanischen Wollogalla, fanatisch, treulos und räuberisch sind, werden die heidnischen Südgalla als treu, offen und redlich geschildert. Die Männer kleiden sich in eine Art Toga aus Baumwolle, Kamel- oder Ziegenhaar, darunter tragen sie meist ein baumwollenes Lendentuch, das bei den Frauen von den Hüften bis zu den Knöcheln reicht und bei den Hirtenvölkern aus Leder besteht, als Schmuck Armringe aus Elfenbein, Messing oder Eisen, Perlenschnüre und silberne Amulette. Die nördlichen G. sind teilweise von Abessinien abhängig, die südlichen dagegen ganz unabhängig. Die letztern haben selten mehr als eine Frau und stehen in der Sittenstrenge unübertroffen da. Die Frau wird nicht gekauft, bringt dem Mann vielmehr eine Mitgift mit, die diesem verbleibt, falls sie sich von ihm scheidet, das Gegenteil der bei fast allen Afrikanern herrschenden Sitte. In Ackerbau und Viehzucht sowie im Schmieden, Flechten und Holzschnitzerei sind die nördlichen G. sehr geschickt. Der Herdenreichtum (Rinder, Fettschwanz- und Mähnenschafe, Kamele, Ziegen) ist groß. Zum Reiten werden Pferde und Ochsen benutzt, jedoch nicht Kamele, wiewohl diese bis zum Sabaki vorkommen. Esel werden gleichfalls viel benutzt. Bei der Jagd brauchen sie eine (oft vergiftete) Lanze; die Nordgalla jagen fast immer zu Pferde. Die Verfassung der G. hat republikanischen Anstrich. Die Zahl der selbständigen Stämme ist sehr groß. An der Spitze eines jeden steht ein auf acht Jahre gewählter Häuptling (Heiu oder Heiitsch), der keine feste Residenz hat, sondern in seinem Stamm umherzieht, wobei er alle Hauptangelegenheiten untersucht. Er ist zugleich Großgrundbesitzer. Beschränkt ist seine Herrschaft durch den Rat der Aba Worati, der Familienväter. Die heidnischen G. haben keine Fetische; ihr rein persönlich gedachter Gott, Wak oder Waka, hat zwei Untergottheiten, Oglie (männlich) und Atete (weiblich), denen sie Kühe und Schafe opfern. Dem Wak opfern sie alle Jahre unter dem heiligen Workabaum (Ficus sycomorus). Die Priester, Suba, unter einem Oberpriester und Zauberer, Kalidscha, stehen in hohem Ansehen. Die Sprache der G. gehört zu der äthiopischen (südlichen) Gruppe der hamitischen Sprachen. Ein Wörterbuch nebst Grammatik lieferte Tutschek (Münch. 1844–45, 3 Bde.), neuerdings Viterbo (Mail. 1892, 2 Bde.), eine Grammatik auch Massaja (Par. 1867), eine linguistische Skizze nach neuern Materialien De Gubernatis (Flor. 1888, im »Bollettino della Società Africana d'Italia«). Vgl. Krapf, Travels, researches and missionary labours in Eastern Africa (Lond. 1860); d'Abba die, Sur les Oromo (Brüss. 1880); Bianchi, Alla terra dei G. (Mail. 1884); Paulitschke, Harar-Forschungsreise nach den Somal- und Gallaländern (Leipz. 1888), Ethnographie Nordostafrikas (Berl. 1893–96, 2 Bde.) und dessen andre Werke; Bottego, Il Giuba esplorato (Rom 1895); Prätorius, Zur Grammatik der Gallasprache (Berl. 1893); A. Donaldson Smith, Through unknown African countries. First expedition from Somaliland to lake Lamu (Lond. 1897); Vannutelli und Citerni, L'Omo (Mail. 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Galla — (arab.; in ihrer Sprache Oroma), hamit. Volksstamm in Ostafrika, südl. vom Hochland von Abessinien, Mischung aus Neger und Araber, teils Christen, teils Mohammedaner, teils Heiden, etwa 3 Mill. Köpfe …   Kleines Konversations-Lexikon

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