Frauenkauf

Frauenkauf

Frauenkauf (Brautkauf), die den Anschauungen fortgeschrittener Völker fremdartige Sitte der Naturvölker, die Braut ihren Eltern gegen einen vereinbarten, meist in Haustieren bezahlten Preis abzukaufen. Die Frau wird dadurch zur bloßen Ware (Sklavin) und zum absoluten Eigentum des Mannes, so daß er mit ihr nach seinem Belieben schalten und walten, ja selbst über ihr Leben verfügen kann. Diese noch heute über einen großen Teil Afrikas verbreitete, auch in China, Indien etc. fortlebende Sitte entspricht bereits dem Vaterrecht oder der männlichen Herrschaft. Denn der Preis wird überall dem Vater, Bruder oder Oheim, nicht der Mutter des Mädchens gezahlt. Auch bei den alten Juden herrschte der F., und das Wort môhar, das Luther mit »Morgengabe« übersetzte, bezeichnete vielmehr den Kaufpreis, den Jakob durch siebenjährige Dienstbarkeit erlegte. In Indien empfahl Manus Gesetzbuch dem Vater bereits, kein Geld für die Tochter zu nehmen. Homer gedenkt noch (Ilias 23,704–705) eines auf vier Rinder geschätzten Mädchens. Bei den Römern wurde der F. (coëmptio) symbolisch durch Zahlung eines As vollzogen. Auch bei den alten Germanen und den nordischen Völkern wurde das Mund recht über die Frau durch Kauf erworben. Recht eigentümlich war die Sitte des Mädchenverkaufs an den Meistbietenden bei den alten illyrischen Venetern, wie sie Herodot (1,196) schildert und als die beste Art lobt; denn mit dem Gelde, das der Verkauf der Schönen einbrachte, wurden die Häßlichen ausgestattet und bekamen so ebenfalls Männer. Diese Sitte hat als Mailehen (s.d.) in manchen deutschen Ländern noch lange fortgelebt, und in einigen slawischen Ländern sollen sich die Werber noch heute überbieten. Vgl. Hellwald, Die menschliche Familie (Leipz. 1888), S. 306–346, wo auch die entsittlichenden Folgen des Frauenkaufs erwogen werden.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Brautkauf — Brautkauf, s. Frauenkauf …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Frauenraub — (Brautraub), eine früher fast über alle Teile der Welt verbreitete Sitte, nach welcher der Freier die Braut, auch wenn er sich ihres eignen und der Eltern Einverständnisses vorher versichert und, wo dies üblich ist, den Kaufpreis erlegt hat (s.… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Hochzeit [1] — Hochzeit (mittelhochd. hôchgezît), ursprünglich jede hohe, d. h. festliche Zeit des Jahres, später ein Galatag und Gastgelage bei Hof, zuletzt die Vermählungsfeier mit ihren Festlichkeiten. Bei den Naturvölkern, welche die Frau meist durch Kauf… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Kaufehe — Kaufehe, s. Frauenkauf …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Mundĭum — (latinisiert aus althochd. munt, niederd. und nordd. mund, »Hand«, im Neuhochdeutschen in Verbindungen und Ableitungen wie Vormund, Mündel etc. erhalten; Mundschaft, Mundrecht), im germanischen Recht eine Schutzgewalt, deren hauptsächlichste… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Rechtswissenschaft — (Rechtsgelehrsamkeit, Jurisprudenz), im subjektiven Sinn die wissenschaftliche Erkenntnis und Kenntnis der Rechtssatzungen, im objektiven Sinn ihre wissenschaftliche Bearbeitung und Darstellung. Die R. beschränkt sich nicht auf die Darstellung… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Völkerkunde — (Ethnographie, Ethnologie), die Wissenschaft, welche die größern natürlichen Bestände der Menschheit (Stämme, Völker, Rassen) schildert, wobei meist unter Ethnographie nur die Beschreibung und Klassifikation, unter Ethnologie die vergleichende… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Weib — (Frau), eine erwachsene Person weiblichen Geschlechts. Über die Unterschiede zwischen Mann und W. hinsichtlich der Körperkonstitution s. Geschlechtseigentümlichkeiten. Die Stellung und Behandlung des Weibes richtet sich bei den verschiedenen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Sie sind ein schöner Mann — Filmdaten Deutscher Titel Sie sind ein schöner Mann Originaltitel Je vous trouve très beau …   Deutsch Wikipedia

  • Mesopotamien und Kleinasien: Städte, Staaten, Großreiche —   Das Land an Euphrat und Tigris, das von den Griechen Mesopotamien, »Zwischenstrom(land)«, genannt wurde, gehört zu den frühesten Gebieten der Erde, die eine Hochkultur hervorgebracht haben. Bereits um 3000 v. Chr. entstanden hier erste… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”