Fluoreszénz

Fluoreszénz

Fluoreszénz, ein eigentümliches Selbstleuchten gewisser (meist fester und flüssiger) Körper, das durch Lichtstrahlen hervorgerufen wird und nur so lange dauert wie die Bestrahlung. Läßt man die Sonne auf Petroleum scheinen, so strahlt das schwach gelbliche Öl ein sanftes, schön blaues Licht aus; Wasser, in das man eini ge Stückchen Roßkastanienrinde geworfen hat, schimmert im Tages- oder Sonnenlicht hellblau, ebenso eine Chininlösung. Das gelbe Uranglas (Annaglas, Kanarienglas) zeigt bei Tagesbeleuchtung einen hellgrünen, gewisse Spielarten von Flußspat (Fluorcalcium) einen schön blauen Schimmer; nach letzterm Körper hat man die Erscheinung F. genannt. Übergießt man zerkleinerte Pflanzenblätter mit Weingeist, worin sich das Blattgrün (Chlorophyll) auflöst, so leuchtet die grüne Lösung, von den Sonnenstrahlen getroffen, mit blutrotem Licht; eine blaue Lösung von Lackmus fluoresziert orange, ebenso eine purpurrote Lösung von Naphthalinrot. Noch auffallender zeigen sich diese Erscheinungen bei Belichtung mit dunkelviolettem Licht. Besonders intensive F. besitzt die wässerige Lösung des Fluoreszeïn. Schon eine Spur davon in Wasser gebracht läßt dieses im Sonnenlicht oder im dunkelvioletten Licht schön hellgrün fluoreszieren. Unter den festen Stoffen zeigt namentlich Platincyanbaryum F. Papier mit seinem Pulver dieses Stoffes beklebt (Fluoreszenzschirm) leuchtet im dunkelvioletten Licht intensiv hellgrün. Ein einzelner Kristall zeigt polarisiertes Fluoreszenzlicht, ebenso doppeltbrechende Kristalle andrer Substanzen. Die F. bleibt selbst bei -200° erhalten. Von Gasen fluoreszieren die Dämpfe von Jod, Kalium u. Natrium. Das Fluoreszenzspektrum des letztern enthält auch die Natriumlinie. Der violette Joddampf fluoresziert orange und wird von den grünen Strahlen, die er am kräftigsten absorbiert, am stärksten erregt. Das Fluoreszenzlicht von Gasen und völlig klaren Flüssigkeiten ist stets unpolarisiert, im Gegensatz zu dem von trüben Flüssigkeiten ausgesendeten reflektierten Licht. Läßt man Sonnenlicht durch eine Flasche mit Petroleum gehen, so vermag es, obgleich viel heller als gewöhnliches Tageslicht, den blauen Schimmer in einer zweiten Flasche mit Petroleum nicht mehr hervorzurufen; es müssen demnach Strahlenarten, die dieses Vermögen besitzen, im Petroleum der ersten Flasche zurückbehalten (absorbiert) und zur Erregung des blauen Lichtes verbraucht worden sein. Nur solche Strahlen können die F. irgend eines Stoffes hervorrufen, die von ihm absorbiert werden, und sie tun dies um so stärker, je kräftiger sie absorbiert werden. Bei Beleuchtung mit einem Spektrum zeigen sich Rot und alle folgenden Farben bis zum Violett vollkommen wirkungslos; erst im Violett beginnt der bläuliche Schimmer und bedeckt nicht nur den violetten Teil des Spektrums, sondern erstreckt sich noch weit über das violette Ende hinaus bis auf eine Entfernung, die der Länge des unter gewöhnlichen Umständen sichtbaren Spektrums etwa gleichkommt. Hieraus geht hervor, daß es Strahlen gibt, die noch stärker brechbar sind als die violetten, die aber für gewöhnlich nicht gesehen werden. Diese übervioletten (ultravioletten) Strahlen (s. Abbild.) werden auf dem Petroleum sichtbar, weil sie seinen blauen Fluoreszenzschimmer erregen. Auf dem hellen bläulichen Grunde des fluoreszierenden Spektrums zeigen sich nicht nur von G bis H die Fraunhoferschen Linien, sondern auch das ultraviolette Gebiet erscheint mit zahlreichen solchen Linien erfüllt, deren hervorragendste mit den Buchstaben L bis S bezeichnet sind (s. Abbild.).

Sonnenspektrum mit dem ultravioletten Teil.
Sonnenspektrum mit dem ultravioletten Teil.

Bergkristall oder Quarz läßt die ultravioletten Strahlen weit vollkommener durch als Glas. Bei Benutzung eines Prismas von Bergkristall erscheint daher auf dem Petroleum oder einem Fluoreszenzschirm der ultraviolette Teil des Spektrums beträchtlich heller und noch weiter verlängert. Die ultravioletten Strahlen sieht man auch unmittelbar durch ein Glas- oder Quarzprisma in bläulichgrauer (lavendelgrauer) Farbe, wenn man das gewöhnlich allein sichtbare helle Spektrum abblendet; unser Auge ist also keineswegs unempfindlich für diese Strahlen höchster Brechbarkeit, sondern nimmt sie unter gewöhnlichen Umständen nur deswegen nicht wahr, weil sie im Vergleich zu jenen hellen Strahlen zu lichtschwach sind. Farblose oder schwach gelbliche Substanzen, wie Chininlösung, Auszug der Roßkastanienrinde, Petroleum etc., die nur die lichtschwachen violetten und ultravioletten Strahlen absorbieren und diesem Umstand ihr nahezu farbloses Aussehen verdanken, können nur unter dem Einfluß dieser Strahlen höchster Brechbarkeit fluoreszieren. Die korallenrote Lösung des Eosins dagegen, die erbsengrün fluoresziert, wird durch die grünen, Naphthalinrot durch die gelbgrünen, Blattgrün durch die hochroten Strahlen am stärksten erregt, in jedem Fall nämlich durch die Strahlengattung, durch deren Absorption die gesättigte Färbung dieser Körper verursacht wird, und die sich im Spektrum des durchgelassenen Lichtes (Absorptionsspektrum) durch einen schwarzen Absorptionsstreifen an der entsprechenden Stelle kenntlich macht. Das von einem fluoreszierenden Körper ausgestrahlte Licht ist zusammengesetzt, auch wenn das erregende Licht einfach ist. Das Fluoreszenzlicht des Petroleums, das durch einfach violettes Licht hervorgerufen ist, wird durch ein Prisma zu einem Spektrum ausgebreitet, das Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett enthält, jedoch in einem solchen gegenseitigen Verhältnis, daß die aus allen diesen Farben gemischte Fluoreszenzfarbe blau erscheint. Bei farblosen oder allen unscheinbar gefärbten fluoreszierenden Körpern, die wie Petroleum, Chininlösung etc. nur die brechbareren Strahlen des Tageslichts absorbieren, enthält das ausgestrahlte Fluoreszenzlicht nur solche Strahlen, die weniger brechbar sind als das erregende einfache Licht (Stokessche Regel). Bei jenen fluoreszierenden Substanzen dagegen, die sich durch starke Absorptionsstreifen im Gebiet der minder brechbaren Strahlen auszeichnen und daher lebhaft gefärbt erscheinen, können im Fluoreszenzlicht auch Strahlen enthalten sein, die brechbarer sind als das erregende Licht. Erregt man z. B. Naphthalinrot durch Licht, das durch rotes Glas gegangen ist und nur rote und orangefarbene Strahlen enthält, so ist das erregte Fluoreszenzlicht aus Rot, Orange, Gelb und Gelbgrün zusammengesetzt, durch orangefarbenes Licht sind also die stärker brechbaren gelbgrünen Strahlen hervorgerufen. Bei diesen der Stokesschen Regel nicht unterworfenen Substanzen erregt überhaupt jeder absorbierte Strahl stets das vollständige der Substanz eigentümliche Fluoreszenzspektrum.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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