Fistel

Fistel

Fistel (Fistula, »Röhre«), in der Chirurgie ein widernatürlicher Gang in Knochen und Weichteilen, und zwar: 1) Fisteln, die Nebenkanäle eines Drüsenausführungsganges darstellen, durch Verwundungen desselben und dadurch entstehen, daß geschwürige Prozesse von außen in den Gang und umgekehrt von innen nach außen durchbrechen. 2) Geschwürige Gänge (fistulöse Geschwüre), die auf ihrer Oberfläche Eiter und Jauche absondern und zugleich als Ausflußweg für den Eiter und die Verschwärungsprodukte dienen, die sich in der Tiefe, etwa an einem kariösen Knochen u. dgl., gebildet haben (unvollkommene oder blinde Fisteln). Bei der äußern unvollkommenen F. liegt die Öffnung auf der äußern Haut, bei der innern auf einer Schleimhaut (z. B. des Mastdarms). Vollkommene Fisteln sind Kanäle mit stets zwei Öffnungen, nämlich einer auf der äußern Haut und einer auf der Schleimhaut (z. B. vollkommene Mastdarmfistel). Manche Fisteln dieser Art sind verzweigt und haben mehr als zwei Öffnungen nach einer Richtung hin. 3) Kommunikationsfisteln sind abnorme Öffnungen, durch die zwei nebeneinanderliegende, mit Schleimhaut ausgekleidete Höhlen in abnormer Verbindung stehen, so daß der Inhalt einer Höhle in die andre und umgekehrt übertreten kann. Sie entstehen durch gewaltsames Einreißen (z. B. der Geburtswege bei der Entbindung), durch Verwundung oder Verschwärung der zwischen zwei benachbarten Schleimhauthöhlen liegenden Wand, wobei der Eiter sich einen abnormen Weg bahnt (Blasenscheiden- und Scheidenmastdarmfisteln). Selten sind die Fisteln angeboren und haben die Bedeutung sogen. Hemmungsbildungen, z. B. die angeborne Halsfistel. – Die Heilung der Fisteln ist oft schwierig und kann nur durch ein kompliziertes chirurgisches Verfahren erreicht werden. z. B. dadurch, daß man die Fistelränder mit dem Messer abträgt und die frischen Wundränder durch die Naht vereinigt (Näheres bei den einzelnen Formen der Fisteln). Die sogen. blinden Fisteln heilen nur, wenn der ihnen zugrunde liegende Krankheitsherd, z. B. die Karies eines Knochens, zuvor beseitigt worden ist.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Fistel — Fistel: Der medizinische Ausdruck für eine anormale röhrenförmige Verbindung zwischen Hohlorganen oder Körperhöhlen und der äußeren oder inneren Körperoberfläche (mhd. fistel, ahd. fistul »röhrenförmiges, tief gehendes Geschwür«) beruht auf… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Fistel — (Fistula, Chir.), 1) Fistulöses Geschwür, oft röhrenförmiges Geschwür (Ulcus fistulosum, s.d.), das sich unter der Haut od. zwischen andern Theilen fortsetzt, also größtentheis bedeckt ist u. sich immer mehr od. weniger hartnäckig in der Heilung… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fistel — Fistel, Kopfstimme, s. Falsett …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Fistel [2] — Fistel (lat. fistŭla), durch Verschwärung von Knochen oder Organen entstandene Eitergänge (fistulöse Geschwüre) und vernarbte Kanäle aus Hohlorganen (Kommunikations F.) …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Fistel — Fistel, Gelbholz, S. Fustel …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Fistel — (Musik), siehe Falset …   Damen Conversations Lexikon

  • Fistel — Fistel, s. Falset; in der Chirurgie röhrenförmiges Geschwür, welches sich unter der Haut im Zellgewebe ausdehnt, gewöhnlich nach außen, bisweilen auch nach innen ausmündet, meistens schwer zu heilen; die F.n werden nach den Theilen, in welchen… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Fistel — Eine Fistel (von lat. fistula = Pfeife, Röhre) ist eine nicht natürlich vorbestehende, röhren oder röhrennetzartige Verbindung zwischen einem inneren Hohlorgan und anderen Organen oder der Körperoberfläche. Insoweit wird zwischen inneren (zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Fistel — Fịs|tel 〈f. 21〉 1. abnorme, natürl. od. künstl. kanalartige Verbindung zw. zwei Hohlorganen od. zw. einem Hohlorgan u. der Körperoberfläche; Sy Fistula (1) 2. 〈kurz für〉 Fistelstimme [<ahd. fistul „tiefgehendes Geschwür“ <lat. fistula… …   Universal-Lexikon

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