Fischer

Fischer

Fischer, 1) Ludwig, der berühmteste Bassist seiner Zeit, geb. 18. Aug. 1745 in Mainz, gest. 10. Juli 1825 in Berlin, war zuerst Sänger der kurfürstlichen Kapelle in Mainz und sang dann an den Bühnen zu Mannheim (1767), München (1778), Wien (Nationatsingspiel 1779), auch in Paris und den Hauptstädten Italiens, von 1788 ab bis zu seiner Pensionierung (1815) an der Berliner italienischen Oper. Seine Stimme erstreckte sich von groß D bis eingestrichen a. Der Osmin in Mozarts »Entführung« ist für F. geschrieben.

2) Lorenz Hannibal, Staatsmann, geb. 1784 in Hildburghausen, gest. 8. Aug. 1868 in Rödelheim, studierte die Rechte, ward 1805 in seiner Vaterstadt Advokat, 1811 Landschaftssyndikus und später Land rat, trat 1825 in fürstlich Leiningensche, 1831 in oldenburgische Dienste und wurde Regierungspräsident des Fürstentums Birkenfeld und 1847 Geheimer Staatsrat. In Birkenfeld durch sein reaktionäres Auftreten verhaßt und im April 1848 durch eine tumultuarische Bewegung zum Rücktritt gezwungen, lebte er als Privatmann in Jena, versteigerte 1852, aus dem oldenburgischen Staatsdienst förmlich entlassen, im Auftrag des Bundestags die in Bremerhaven liegende deutsche Flotte und erregte durch sein Verhalten dabei die Entrüstung des deutschen Volkes (»Flotten-Fischer«). 1853 zum lippeschen Wirklichen Geheimen Rat ernannt, um die Verfassungsreformen von 1848 und 1849 wieder zu beseitigen, veranlaßte er die Verfassungswirren in diesem Ländchen. Am 3. Juli 1855 bei einer zufälligen Anwesenheit in Koburg wegen Majestätsbeleidigung in seiner 1852 für die sachsen-gothaische Ritterschaft an den Bundestag gerichteten Beschwerdeschrift verhaftet und später freigesprochen, 1855 auch aus dem lippeschen Staatsdienst entlassen, lebte er seitdem als Privatmann an verschiedenen Orten. Er schrieb: »Der teutsche Adel in der Vorzeit, Gegenwart und Zukunft« (Frankf. 1852, 2 Bde.); »Aburteilung der Jesuitensache« (Leipz. 1853) und zur Rechtfertigung seines staatsmännischen Wirkens: »Politisches Martyrtum, eine Kriminalgeschichte mit Aktenstücken« (das. 1855).

3) Ludwig Friedrich Alexander von, Bürgermeister von Augsburg, geb. 5. Okt. 1832 in Sulzbach, gest. 8. Jan. 1900 in Augsburg, studierte 1850 bis 1854 die Rechte, trat in den bayrischen Staatsdienst, ward 1857 bei der Regierung in Augsburg angestellt und 1862 zum zweiten, 1866 zum ersten Bürgermeister von Augsburg gewählt. Seit 1863 Mitglied der bayrischen Abgeordnetenkammer, 1871 bis 1873,1884–90 und 1898–1900 Mitglied des Reichstags, wirkte er schon vor 1866 für die deutschnationale Sache in Süddeutschland, beteiligte sich an allen der allgemeinen Wohlfahrt dienenden Bestrebungen und gestaltete speziell Augsburg zu einer modernen Stadt um.

4) Anton, Erzbischof von Köln, geb. 30. Mai 1840 in Jülich, auf dem Friedrich Wilhelms-Gymnasium in Köln sowie auf den Universitäten Bonn und Münster gebildet, wurde 1863 zum Priester geweiht, wirkte 1864–89 als Religions- und Oberlehrer an dem Gymnasium in Essen, trat 1889 als zweiter Weihbischof dem Kardinal Krementz zur Seite, ward 6. Nov. 1902 als Nachfolger Simars zum Erzbischof gewählt, 19. März 1903 inthronisiert und 24. Juni d. J. zum Kardinal ernannt. Er schrieb unter anderm: »De salute infidelium« (Essen 1886).

[Dichter und Schriftsteller.] 5) Johann Georg von, Dichter, geb. 25. Okt. 1816 zu Großsüßen in Württemberg, gest. 4. Mai 1897 in Stuttgart, war zuerst Volksschullehrer, besuchte dann die Universität Tübingen und wurde 1846 als Professor für Geschichte, Geographie und Literatur an der Oberrealschule in Stuttgart angestellt. 1882 wurde dem Dichter vom König von Württemberg mit dem Kronenorden der persönliche Adel erteilt; 1885 zog er sich in den Ruhe stand zurück. Er trat zuerst mit einer Sammlung »Gedichte« (Stuttg. 1854, 3. Aufl. 1883) hervor, die bedeutendes Talent verrieten, und denen später »Neue Gedichte« (das. 1865) und weitere Sammlungen unter den Titeln: »Den deutschen Frauen« (das. 1869), »Aus frischer Luft« (das. 1872), »Neue Lieder« (das. 1876), »Merlin«, Liederzyklus (das. 1877), das Idyll »Der glückliche Knecht« (das. 1881), »Auf dem Heimweg« (das. 1891) und »Mit achtzig Jahren« (das. 1896) folgten. F. weiß den heitern Humor und den würdigsten Ernst gleich glücklich zu behandeln, er besitzt die Gefühlstiefe des echten Lyrikers und ist Meister der Form. Außerdem veröffentlichte er die Dramen: »Saul« (Stuttg. 1862), »Friedrich II. von Hohenstaufen« (das. 1863), »Florian Geyer, der Volksheld im deutschen Bauernkrieg« (das. 1866) und »Kaiser Maximilian von Mexiko« (2. Aufl., das. 1868), Werke, die bei vielem Schönen in der Sprache und z. T. auch in der Charakteristik doch eine sich klar aufbauende, kunstvoll gesteigerte u. spannende Handlung vermissen lassen. Fischers naturpsychologische Skizze »Aus dem Leben der Vögel« (Leipz. 1863) zeugt von seiner Beobachtung und sinniger Auffassung des Naturlebens. 1900 wurde dem Dich ter in Stuttgart ein Denkmal (Bronzebüste) errichtet. Vgl. H. Fischer, Erinnerungen an I. G. F. von seinem Sohne (Tübing. 1897).

6) Kuno, Geschichtschreiber der neuern Philosophie, geb. 23. Juli 1824 zu Sandewalde im Kreise Guhrau in Schlesien, studierte seit 1844 in Leipzig und Halle Philosophie, Philologie und Theologie und habilitierte sich, nachdem er eine ästhetische Schrift (im Platonischen Geiste): »Diotima, die Idee des Schönen« (Pforzh. 1849), veröffentlicht hatte, als Privatdozent der Philosophie zu Heidelberg. Der mit Erfolg begonnenen akademischen Wirksamkeit machte nach dem Erscheinen der ersten Hälfte des ersten Bandes seiner »Geschichte der neuern Philosophie« (s. unten) ein Befehl des bad ischen Ministeriums zwar vorläufig ein Ende (vgl. seine Schriften: »Das Interdikt meiner Vorlesungen«, Mannh. 1854, und »Apologie meiner Lehre«, das. 1854), erweckte aber zugleich für den Gemaßregelten und dessen Werk eine große Teilnahme. Die Habilitation in Berlin wurde ihm unter dem Ministerium Raumer zunächst nicht gestattet; als sie ihm durch königliche Kabinettsorder erlaubt wurde, hatte er schon einen Ruf als Honorarprofessor nach Jena angenommen, wohin er Ende des Jahres 1856 übersiedelte. Sein glänzendes Redetalent fand allseitige Anerkennung. Nach Zellers Abgang wurde er 1872 nach Heidelberg zurückberufen, wo er noch gegenwärtig wirkt. Von seinem Hauptwerk, der »Geschichte der neuern Philosophie«, erschien 1897–1903 (Heidelberg) eine Gesamtausgabe (Jubiläumsausgabe) in zehn Bänden folgenden Inhalts: Bd. 1: Descartes' Leben, Werke und Lehre (4. Aufl. 1897); Bd. 2: Spinoza (4. Aufl. 1898); Bd. 3: Leibniz (4. Aufl. 1902); Bd. 4 u. 5: Im. Kant (4. Aufl. 1898–99); Bd. 6: Fichte (3. Aufl. 1900); Bd. 7: Schelling (3. Aufl. 1902); Bd. 8: Hegel (1901); Bd. 9: Schopenhauer (3. Aufl. 1903); Bd. 10: Bacon (s. unten). Er zeigt in dieser monographisch gehaltenen, sehr verständlich geschriebenen Geschichte die Gabe, die springenden Punkte herauszufinden und von diesen aus die einzelnen Lehren, gleichsam als seine eignen, zu entwickeln. Die tiefern Schwierigkeiten werden bisweilen dabei verdeckt. Seine Auffassung Kants verwickelte ihn in einen lebhaften Streit mit Trendelenburg, der für letztern der Sache nach zu entscheiden ist (vgl. Trendelenburgs Schrift »Kuno F. und sein Kant«, Leipz. 1869, sowie Fischers Gegenschrift »Anti-Trendelenburg«, Jena 1870). Wie manche andre hat F. schon vor längern Jahren auf Kant besonders hingewiesen und betont, man dürfe die kritische Phil osophie nicht ungestraft vernachlässigen. In den Monographien: »Die Selbstbekenntnisse Schillers« (Frankf. 1858), »Schiller als Philosoph« (das. 1858) und »Schiller als Komiker« (das. 1868; alle vier zusammen als »Schiller-Schriften«, 2. Aufl., das. 1891) suchte er dessen geistige Persönlichkeit vom philosophischen Gesichtspunkt aus zu erklären: in den »Akademischen Reden« (Stuttg. 1862) behandelte er »I. G. Fichte« (zum Jubiläum) und »Die beiden Kantschen Schulen in Jena«. Sein systematisches Werk: »Logik und Metaphysik« (Stuttg. 1852, 2. Aufl. u. d. T.: »System der Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre«, Heidelb. 1865) gehört nach Inhalt und Methode der Hegelschen Schule an. Er schrieb noch: »Franz Baco von Verulam« (Leipz. 1856), in 3. Auflage 1904 (zugleich als 10. Bd. der »Geschichte der neuern Philosophie«) u. d. T. »Francis Bacon und seine Schule« erschienen; »Kants Leben und die Grundlage seiner Lehre. Drei Vorträge« (Mannh. 1860); »Lessings Nathan der Weise« (Stuttg. 1834; 3. Aufl. als 1. Bd. von »Lessing als Reformator der deutschen Literatur«, 1881, 2 Bde.; 4. Aufl. 1896); »Über die Entstehung und die Entwickelungsformen des Witzes« (Heidelb. 1871, 2. Aufl. 1889); »Über die menschliche Freiheit« (das. 1888), beide Schriften wiederholt in den »Kleinen Schriften« (bis 1902: 9 Bde.); »Goethes Faust«, Bd. 1: »Die Faustdichtung vor Goethe« (4. Aufl., das. 1902), Bd. 2: »Entstehung, Idee und Komposition des Goetheschen Faust« (5. Aufl. 1904), Bd. 3 u. 4: »Die Erklärung etc. nach der Reihenfolge seiner Szenen« (2. Aufl. 1904); Goethes »Iphigenie«, Goethes »Tasso« u. a., gesammelt in den »Goethe-Schriften« (das., 8 Bde.); »Philosophische Schriften« (das. 1891–92, 3 Bde.; Bd. 1: »Einleitung in die Geschichte der neuern Philosophie« in 5. Aufl. 1902). Vgl. Falkenheim, K. F. und die literarhistorische Methode (Berl. 1892).

7) Robert, Vertreter der Gabelsbergerschen Stenographie und freimaurerischer Schriftsteller, geb. 19. Juli 1829 in Gera, wurde 1872 Regierungsrat, 1877 Oberbürgermeister von Gera, 1881 Geheimer Regierungsrat und 1893 Direktor der fürstlichen Sparkasse in Gera und trat 1899 in den Ruhestand. Er schrieb unter anderm: »Handbuch der Gabelsbergerschen Stenographie« (2. Aufl., Altenb. 1894); »Lehrgang der Gabelsbergerschen Stenographie« (104. Tausend, das. 1902); »Lehrgang der Satzkürzung der Gabelsbergerschen Stenographie« (5. Aufl., das. 1903); »Stenographisches Wörterbuch« (8. Aufl., das. 1896); »Der stenographische Unterricht« (das. 1886). Auch gab er den »Briefwechsel zwischen Gabelsberger und Wigard« (Leipz. 1886) und »Briefe Gabelsbergers an Heger, Posener und Anders« (das. 1890) heraus. Von seinen freimaurerischen Schriften sind zu nennen: »Erläuterung der Katechismen der Freimaurerei« (oft aufgelegt, Leipz.); »Briefe über Freimaurerei« (4. Aufl., das. 1893); »Ritual und Symbol« (Instruktionsvorträge, das. 1878); »Licht, Liebe, Leben« (das. 1880); »Die Schwesternloge« (das. 1878); das Taschenbuch »Asträa« (das. 1882–1903); »Liederbuch für Freimaurerlogen« (5. Aufl., das. 1902). Außerdem veröffentlichte er: »Kaufmännische Rechtskunde« (5. Aufl. von Rudolf Fischer, Leipz. 1902, 2 Tle.); »Katechismus des deutschen Handelsrechts« (4. Aufl., das. 1902) u. a.

8) Karl, Historiker, geb. 4. Nov. 1840 in Darmstadt, studierte Theologie und Philologie und wurde 1886 Direktor des Gymnasiums zu Dillenburg, 1891 in Wiesbaden. Er schrieb unter anderm: »Geschichte des Kreuzzugs Kaiser Friedrichs I.« (Leipz. 1870); »Geschichte der auswärtigen Politik und Diplomatie im Reformationszeitalter« (Gotha 1874); »Die Nation und der Bundestag« (aktenmäßige Geschichte des Bundestags, Leipz. 1880); »Fürst Bismarck. Parteilehren und Volkswohl« (anonym, Gotha 1881); »Deutsches Leben und deutsche Zustände von der Hohenstaufenzeit bis ins Reformationszeitalter« (das. 1884); »Glauben oder Wissen?« (das. 1890); »Grundzüge einer Sozialpädagogik und Sozialpolitik« (Eisenach 1892); »Kulturentwickelung und Erziehungsaufgaben« (das. 1896); »Eduard Mörikes Leben und Werke« (Berl. 1901); »E. Mörikes künstlerisches Schaffen und dichterische Schöpfungen« (das. 1903). Mit R. Krauß gab er »Mörikes Briefe« heraus (Berl. 1903–04, 2 Bde.).

9) Hermann, Germanist, Sohn von F. 5), geb. 12. Okt. 1851 in Stuttgart, studierte in Tübingen und Leipzig klassische und deutsche Philologie, war von 1875–88 Bibliothekar an der königlichen öffentlichen Bibliothek in Stuttgart und wurde 1888 als ordentlicher Professor der germanischen Philologie an die Universität Tübingen berufen; seit 1891 ist er zugleich Vorsitzender des Literarischen Vereins in Stuttgart. Er schrieb: »Die Forschungen über das Nibelungenlied seit Karl Lachmann« (Leipz. 1874): »Eduard Mörike« (Stuttg. 1881); »Ludwig Uhland« (das. 1887); »Zur Geschichte des Mittelhochdeutschen« (Tübing. 1889); »Beiträge zur Literaturgeschichte Schwabens«, erste und zweite Reihe (das. 1891 u. 1899); »Geographie der schwäbischen Mundart« (mit Atlas, das. 1895); »Schwäbisches Wörterbuch« (das., seit 1901); »Der Neuhumanismus in der deutschen Literatur« (das. 1902) und die »Erinnerungen an I. G. Fischer« (s. oben). Ferner gab er heraus: den »Briefwechsel zwischen Jakob Grimm und F. D. Gräter« (Heilbr. 1877); »Georg Rudolf Weckherlins Gedichte« (Tübing. 1894–95, 2 Bde.); »Die Reise der Söhne Giaffers« (mit I. Bolte, das. 1896); »Briefwechsel zwischen A. v. Haller und E. F. v. Gemmingen« (das. 1899).

10) August, Orientalist, geb. 14. Febr. 1865 in Halle a. S., studierte 1883–89 in Halle, Berlin und Marburg Theologie und morgenländische Sprachen, habilitierte sich 1890 in Halle für semitische Philologie, wurde 1896 als Bibliothekar und Lehrer des Arabischen an das Seminar für orientalische Sprachen zu Berlin berufen, unternahm 1898 eine Studienreise nach Marokko und wurde 1900 ordentlicher Professor an der Universität Leipzig. Er veröffentlichte: »Biographien von Gewährsmännern des Ibn Ishâq« (Leid. 1890); »Marokkanische Sprichwörter« (Berl. 1898); »Katalog der Bibliothek der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft« (2. Aufl., Bd. 1, mit Pischel und G. Jacob, Leipz. 1900) u. a. In mehreren umfangreichen Aufsätzen (in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 49 etc.) handelte er über den altarabischen Dichter Aus b. Hadschar. Mit K. Foy redigierte er die »Westasiatischen Studien« der »Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprachen« (Berl. 1898–1900, Bd. 1–3). Gegenwärtig ist er Redakteur der Veröffentlichungen der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Mit H. Zimmern gibt er die »Leipziger semitischen Studien« heraus.

[Naturforscher.] 11) Heinrich, Mineralog und Zoolog, geb. 19. Dez. 1817 zu Freiburg i. Br., gest. daselbst 2. Febr. 1886, studierte in Freiburg und in Wien Medizin und Naturwissenschaften, praktizierte als Arzt und habilitierte sich 1846 als Privatdozent für Mineralogie und Zoologie an der Universität Freiburg, an der er 1854 zum außerordentlichen, 1859 zum ordentlichen Professor der Geologie und Mineralogie und Direktor des mineralogisch-geologischen Museums ernannt wurde. F. war einer der ersten, die das Mikroskop in dieser Wissenschaft anwandten. Er schrieb : »Orthoptera europaea« (Leipz. 1854); »Clavis der Silikate« (das. 1864); »Chronologischer Überblick über die Einführung der Mikroskopie in das Studium der Mineralogie, Petrographie und Paläontologie« (Freiburg 1868). Anfang der 1870er Jahre gründete er mit Ecker das prähistorisch-ethnographische Museum und untersuchte namentlich Steinbeile, Steinamulette und Steinidole aller Völker. Hierauf beziehen sich die Arbeiten: »Nephrit und Jadeit nach ihren mineralogischen Eigenschaften sowie nach ihrer urgeschichtlichen Bedeutung« (2. Aufl., Stuttg. 1880); »Die Mineralogie als Hilfswissenschaft für Archäologie« (Braunschw. 1877); »Kritische mikroskopisch-mineralogische Studien« (Freiburg 1869–73,3 Hefte).

12) Emil, Chemiker, geb. 9. Okt. 1852 in Euskirchen, studierte 1871–74 in Bonn und Straßburg, habilitierte sich 1878 als Privatdozent in München, wurde 1879 zum außerordentlichen Professor und Vorsteher der Abteilung für analytische Chemie ernannt und ging 1882 als Professor der Chemie nach Erlangen, 1885 nach Würzburg, 1892 als Nachfolger von A. W. Hofmann nach Berlin, wo nach seinen Angaben ein neues großes chemisches Institut gebaut wurde. F. zählt zu den fruchtbarsten Forschern auf dem Gebiete der organischen Chemie. Er ermittelte die Konstitution des Rosanilins, entdeckte die organischen Hydrazine und die Einwirkung des Phenylhydrazins auf Aldehyde und Ketone, die er zum Studium der Zuckerarten benutzte. Es gelang ihm, die Konstitution der Zuckerarten festzustellen und die Synthese des Traubenzuckers und zahlreicher andrer Glieder der Zucker- und Glykosidgruppe auszuführen. Auch arbeitete er über die Purinkörper (Kaffeïn, Theobromin, Xanthin etc.) und brachte deren Studium durch ihre Synthese zum Abschluß. Er fand neue stereochemische Gesichtspunkte für die Theorie der Fermentwirkung und der Gärungserscheinungen und bereicherte durch neue analytische Methoden sowie durch zahlreiche Synthesen die Chemie der Aminosäuren und der Proteïnstoffe. Gemeinsam mit Mering entdeckte er eine neue Klasse von Schlafmitteln (Veronal, Proponal). Er schrieb: »Anleitung zur Darstellung organischer Präparate« (6. Aufl., Würzb. 1901); »Der Neubau des ersten chemischen Instituts der Universität Berlin« (mit Guth, Berl. 1901).

13) Otto, Chemiker, Vetter des vorigen, geb. 28. Nov. 1852 in Euskirchen, studierte in Berlin, Bonn und Straßburg, habilitierte sich 1878 als Privatdozent in München, wurde 1884 nach Erlangen berufen und 1885 zum Professor ernannt. Er arbeitete über die organischen Farbstoffe, besonders (mit Emil F.) über die Triphenylmethan-Abkömmlinge, und entdeckte 1881 im Kairin das erste künstliche Fiebermittel.

[Geographen und Reisende.] 14) Theobald, Geograph, geb. 31. Jan. 1846 in Kirchsteitz bei Zeitz, widmete sich in Heidelberg, Halle und Bonn geschichtlichen und naturwissenschaftlich-geographischen Studien, promovierte 1868 zu Bonn als Historiker und habilitierte sich nach achtjährigen, besonders der Erforschung der Mittelmeerländer gewidmeten Reisen 1877 als Privatdozent der Geographie in Bonn, wurde 1879 ordentlicher Professor in Kiel und 1883 in Marburg. 1886 besuchte er die tunesische Sahara, 1888,1899 u. 1901 Marokko und Algerien. Er schrieb: »Beiträge zur physischen Geographie der Mittelmeerländer, besonders Siziliens« (Leipz. 1877); »Studien über das Klima der Mittelmeerländer« (Ergänzungsheft zu »Petermanns Mitteilungen«, 1879); »Die Dattelpalme, ihre geographische Verbreitung etc.« (ebenda 1881); »Raccolta di mappamondi e carte nautiche del medio evo« (Venedig 1881); »Beiträge zur Geschichte der Erdkunde und der Kartographie von Italien im Mittelalter« (das. 1886); »Die südeuropäischen Halbinseln« (in Kirchhoffs »Länderkunde von Europa«, 3. Bd., Prag u. Leipz. 1893); »Wissenschaftliche Ergebnisse einer Forschungsreise im Atlasvorlande von Marokko 1899« (Ergänzungsheft 133 zu »Petermanns Mitteilungen«); »Meine dritte Forschungsreise im Atlasvorlande von Marokko im J. 1901« (in den »Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg«, 18. Bd., 1902); »La Penisola Italiana« (Turin 1903).

15) Gustav Adolf, Afrikareisender, geb. 3. März 1848 in Barmen, gest. 11. Nov. 1886 in Berlin, wurde Militärarzt und schloß sich 1876 der Denhardtschen Expedition nach Ostafrika an. Zunächst erforschte er 1877 Witu und die südlichen Gallaländer, 1878 gemeinsam mit den Gebrüdern Denhardt den Tanafluß bis Mossa, lebte darauf in Sansibar und machte 1882 mit Unterstützung der Geographischen Gesellschaft in Hamburg eine Reise vom Pangani durch das Massailand bis zum Naiwaschasee. Nach kurzem Aufenthalt in Deutschland unternahm er 1885 auf Kosten von Junkers Bruder die Befreiung des in der Äquatorialprovinz eingeschlossenen Junker (s.d.) und seiner Leidensgefährten, Emin und Casati, konnte aber nur bis zum Victoria Niansa vordringen und kehrte über den Naiwaschasee zur Küste und 1886 nach Deutschland zurück, wo er bald darauf einem Gallenfieber erlag. Außer seinen Reiseberichten (in den »Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg«, 1876–83) schrieb er: »Mehr Licht im dunkeln Weltteil« (Hamb. 1885).

[Bildhauer und Maler.] 16) Johann Martin, Bildhauer, geb. 1740 zu Bebele im Algäu, gest. 27. April 1820 als Professor der Anatomie in Wien, erhielt seine künstlerische Bildung seit 1760 zu Wien, namentlich durch Schletterer. 1764 vollendete er mit Messerschmidt die Verzierung der Fassade am Palast der Prinzessin Emanuela von Savoyen und kurz nachher die kolossale Marmorstatue des Mucius Scävola im Garten zu Schönbrunn. Eine von ihm gefertigte anatomische Aktfigur hat noch jetzt Bedeutung für den Unterricht; seine zahlreichen Denk- und Grabmäler sind zwar trocken in der Komposition, aber tüchtig durchgearbeitet.

17) Ferdinand August, Bildhauer, geb. 17. Febr. 1805 in Berlin, gest. daselbst 2. April 1866, widmete sich auf der Berliner Akademie unter Schadow der Plastik, trat dann als Lehrer in die Anstalt ein und wurde 1847 Mitglied der Akademie und Professor. Die Verhältnisse beschränkten seine Tätigkeit mehr auf Leistungen für die Kunstindustrie und für dekorative Zwecke. F. fertigte namentlich geschmackvolle Modelle für Gold- und Silberarbeiten, so das nach der Zeichnung von Cornelius für den sogen. Glaubensschild, Patengeschenk König Friedrich Wilhelms IV. an den Prinzen von Wales, ferner das für einen von der Stadt Berlin dem Kronprinzen von Preußen als Hochzeitsgeschenk dargebrachten Tafelaufsatz. Auch der sogen. Legitimitätsschild, den deutsche Adlige dem Exkönig Franz II. von Neapel verehrten, ist nach Fischers Modell ausgeführt. Von seinen übrigen plastischen Arbeiten sind zu nennen: Statue einer römischen Wasserträgerin (1839, im Besitz des deutschen Kaisers), die Mosesstatue aus Sandstein auf der Berliner Schloßkuppel und die der Minerva und des Merkur auf der Balustrade des königlichen Schlosses. Vier Gruppen zur Erinnerung an die Befreiungskriege auf dem Belle-Allianceplatz, zu denen er zwei Modelle geschaffen und zwei Skizzen geliefert hatte, hat er nicht mehr vollendet. Sie wurden nach seinem Tode von den Bildhauern Franz und Walger in Marmor ausgeführt.

18) Ludwig Hans, Maler und Radierer, geb. 2. März 1848 in Salzburg, machte seine Studien auf der Wiener Kunstakademie, bildete sich bei Lichtenfels in der Landschaftsmalerei, bei L. Jacoby im Kupferstich und bei Unger als Radierer aus und machte dann Studienreisen nach Ital ien, dem Orient, Ägypten und Nordafrika. Seine durch scharfe, geistvolle Auffassung hervorragenden Zeichnungen hat er zum Teil in ZeitschriftenGraphische Künste«, »Zeitschrift für bildende Kunst« u. a.) veröffentlicht und mit eignem Text begleitet, in dem er sich auch als gewandter Reisebeschreiber und Feuilleton ist bewährt hat. Im Auftrag der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien hat er eine Reihe von landschaftlichen Radierungen und Kupferstichen nach eignen und fremden Kompositionen ausgeführt, unter denen der Zyklus: historische Landschaften aus Österreich-Ungarn die bedeutendste Schöpfung des Künstlers ist. Für das naturhistorische Museum in Wien hat er neun dekorative Landschaften geschaffen. Auch hat er zahlreiche Aquarelle gemalt und gab heraus: »Die Technik der Aquarellmalerei« (8. Aufl., Wien 1901). Als Illustrator hat er sich auch an ethnographischen Werken (unter andern an W. Junkers »Reisen in Afrika«, und Baumanns »Durch Massailand zur Nilquelle«) beteiligt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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