Fabrikgesetzgebung

Fabrikgesetzgebung

Fabrikgesetzgebung (Arbeiterschutzgesetzgebung), der Inbegriff aller auf größere gewerbliche Unternehmungen, insbes. Fabriken (s.d.) sich beziehenden staatlichen Anordnungen zum Schutz der Arbeiter gegen persönliche und wirtschaftliche Nachteile, die ihnen in ihrem Arbeitsverhältnis erwachsen können. Sie erstreckt sich auf Regelung der Arbeitszeit, Art der Beschäftigung, Lohnzahlung, Fabrikordnung, Streitigkeiten aus dem Arbeitsvertrag, bez. über die Bedingungen desselben, Haftpflicht der Unternehmer, Wohnungsverhältnisse, Bestellung obrigkeitlicher Organe zur Überwachung der Arbeiterzustände und zur Durchführung der F. etc. Die Notwendigkeit, einen solchen Schutz zu gewähren, machte sich zuerst bei Fabriken geltend, in denen die Maschine die Verwendung schwächerer Kräfte (Frauen, Kinder) ermöglichte und vielfach eine übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit und eine Verschlechterung der Lage der Arbeiter in sittlicher und wirtschaftlicher Beziehung stattfand. Alle Industriestaaten haben heute eine mehr oder weniger weitgehende F. Hierbei gilt im allgemeinen als Grundsatz, einen gesetzlichen Schutz nur da zu gewähren, wo die eigne Kraft der Arbeiter nicht zureicht, ihre Interessen in einem dem Gesamtinteresse entsprechenden Maße wahrzunehmen. Dieser Schutz beschränkt sich heute zwar im wesentlichen, aber nicht mehr ausschließlich auf Fabriken. Daher bürgert sich auch die Bezeichnung Arbeiterschutzgesetzgebung an Stelle von F. mehr und mehr ein.

[England.] Die älteste und umfangreichste F. hat England. Hier wurden zwar schon seit den Zeiten der Plantagenets im Interesse der Arbeiter gewerbepolizeiliche Anordnungen erlassen, doch stammt der Beginn der eigentlichen F. erst aus der Zeit, in der die technischen Umwälzungen der Baumwollindustrie ein Einschreiten zugunsten der schwächern Arbeitskräfte erforderlich machte.

Das erste Gesetz ist die Moral and Health Act vom 22. Juni 1802. Es bezog sich nur auf Baumwoll- und Schafwollfabriken und auf Kirchspiels- (Pfarr-) Lehrlinge, d. h. jugendliche Arme, die Armenverwaltungen zur Erleichterung ihrer Lasten in Fabriken ausgetan hatten, und bestimmte, daß ihre Arbeitszeit nicht mehr als 12 Stunden innerhalb des Zeitraums von 6 Uhr morgens bis 9 Uhr abends betragen dürfe; auch wurden Anordnungen im Interesse von Gesundheit und Unterricht getroffen. Nachdem 1815 eine parlamentarische Enquete über die Zustände der Fabrikbevölkerung veranstaltet worden war, wurde durch ein Gesetz vom 1819 die Arbeit von Kindern unter 9 Jahren in Baumwollspinnereien überhaupt verboten. Ein Gesetz von 1831 untersagte die Nachtarbeit für alle jugendlichen Personen von 9–21 Jahren und setzte für Personen bis 18 Jahren ein Maximum der Arbeitsdauer von 12 Stunden täglich und von 9 Stunden Sonnabends fest. Das nächste Streben ging nun dahin, die Maximalarbeitszeit weiter herabzusetzen und die F. auf die gesamte Textilindustrie auszudehnen. Nachdem 1832–33 eine umfassende Enquete über die Lage der Fabrikarbeiter veranstaltet worden war, wurde durch Gesetz vom 29. Aug. 1833 in allen Textilfabriken den Personen unter 18 Jahren die Nachtarbeit untersagt, für Kinder von 9–13 Jahren eine Maximalarbeitszeit von 48 Stunden, für junge Personen von 13–18 Jahren eine solche von 69 Stunden wöchentlich festgesetzt. Da die frühern Gesetze nur unvollkommen ausgeführt worden waren, so wurden vier Fabrikinspektoren bestellt. Darauf folgte ein Gesetz vom 10. Aug. 1842, das für Bergwerke die Arbeit unter Tag für Kinder unter 10 Jahren und für Frauen verbot und eigne Inspektoren einführte. Das Gesetz von 1833 wurde vielfach durch Anwendung des Relaissystems, d. h. durch Einstellung zweier einander ablösender Arbeiterreihen umgangen. Dem suchte die Fabrikakte vom 6. Juni 1844 zu begegnen, die den Fabrikinspektoren weiter gehende Befugnisse erteilte und die Verantwortlichkeit der Fabrikbesitzer, Fabrikleiter und Werkführer verschärfte. Zwar wurde das Mindestalter für Kinder von 9 auf 8 Jahre herabgesetzt, dafür aber auch die Höchstdauer der Tagesarbeit für Kinder bis 13 Jahre auf 61/2 Stunden täglich vermindert. Die für junge Personen erlassenen Vorschriften wurden von da ab auf erwachsene Frauen ausgedehnt. Das Gesetz vom 30. Juni 1845 brachte Beschränkungen auch für die in Kattundruckereien beschäftigten Kinder, jungen Personen und Frauen. Nach langem Kampf um Einführung eines zehnstündigen Normalarbeitstages wurde durch die »Zehnstundenbill« vom 8. Juni 1847 für die Textilindustrie die Maximalarbeitsdauer für alle jungen Personen unter 16 Jahren und für alle Frauen auf 10 Stunden den Tag (58 Stunden die Woche) festgesetzt. Die ganze Bewegung erreichte jedoch, da die Fabrikanten durch Anwendung von Relais mit verschiedenen Anfangs- und Schlußzeiten die Arbeitsdauer über das dem Sinne des Gesetzes entsprechende Maß hinaus erweiterten, erst mit dem Gesetz vom 5. Aug. 1850 ihren Abschluß, das Anfang und Schluß des Normalarbeitstages (6 Uhr früh bis 6 Uhr abends) bestimmte und für Ruhepausen Anordnungen traf. Ergänzt wurde es durch ein weiteres Gesetz vom 20. Aug. 1853, das die Kinderarbeit regelte, und durch Gesetz vom 30. Juni 1856, das Anbringung von Schutzvorkehrungen an Maschinen anordnete. In den folgenden Jahren (1860,1862,1863 und 1864) wurden auch die Bleichereien, Färbereien, Appreturanstalten, die mit Wasser oder Dampf betriebenen Spitzenmanufakturen, Bäckereien, die Fabrikation von Tonwaren, Zündhütchen, Zündhölzchen und Patronen, Papiertapetendruckereien, Baumwollsamtscherereien durch eine Reihe besonderer Gesetze geregelt, neue Anordnungen über in Bergwerken zu treffende Sicherheitsvorkehrungen erlassen, die Zahl der Inspektoren für Kohlenwerke vermehrt etc. Durch die Fabrikakte von 15. Aug. 1867 wurden mit vielfachen Sonderbestimmungen für die einzelnen Zweige der F. noch andre industrielle Etablissements sowie alle Anstalten unterstellt, in denen während eines Jahres 50 und mehr Personen wenigstens 100 Tage gemeinschaftlich beschäftigt werden. Aber auch für die kleinern Betriebe aller Art wurde durch das Werkstättenregulierungsgesetz vom 21. Aug. 1867 die Frauen- und Kinderarbeit beschränkt, nachdem bereits 1863 die Bestimmungen des Gesetzes von 1850 auch auf die in Handbetrieb stehenden Werkstätten des Appreturgewerbes ausgedehnt worden waren. Durch Gesetz vom 21. Aug. 1871 wurden auch die Werkstätten der Aussicht der Fabrikinspektoren unterstellt.

Nachdem inzwischen noch ein besonderes Gesetz für die Textilfabriken vom 30. Juli 1874 betreffs des Unterrichts der Kinder in offiziell anerkannten Schulen erlassen worden war, machte sich das Bedürfnis nach einer einheitlichen Kodifikation der bestehenden buntscheckigen Bestimmungen geltend, die das Fabriken- und Werkstättengesetz vom 27. Mai 1878 (»Factory and Workshop Act«) mit den es ergänzenden Zusatzgesetzen von 1883 und 1889 brachte. Dieses Gesetz, das an Stelle der seitherigen Gesetze trat, unterscheidet Fabriken und Werkstätten, beide insoweit, als Kinder (Personen unter 14 Jahren), junge Personen (junge Leute von 14–18 Jahren) und Frauen (alle weiblichen Personen über 18 Jahre) darin beschäftigt werden, sowie häusliche Arbeitsstätten, in denen mechanische Kraft nicht zur Anwendung kommt, und die dann nicht als Werkstätten im allgemeinen Sinne gelten. Betriebsstätten, in denen ausschließlich Männer von mehr als 18 Jahren arbeiten, unterliegen dem Gesetz nicht, mit Ausnahme von Bäckereien, die als »Werkstätten« ebenfalls »reguliert« sind. Von den Vorschriften des Gesetzes sind ausgenommen häusliche Werkstätten und Fabriken zum Brechen von Flachs mittels Maschinen, sofern in ihnen nur Frauen beschäftigt werden, sowie Handwerksschulen. Bei den Fabriken unterscheidet das Gesetz die der Textilindustrie und die der sonstigen Industrie. Am weitesten gehen die Schutzbestimmungen in der Textilindustrie. Für alle geschützten Personen ist verboten die Arbeit zur Nachtzeit (von 9 Uhr abends bis 6 Uhr morgens), an Sonnabend-Nachmittagen, an Sonntagen, am ersten Weihnachtsfeiertag und am Karfreitag. Außerdem müssen acht halbe Feiertage jährlich gewährt werden. Für junge Personen und Frauen ist die Maximalarbeitszeit an den fünf ersten Wochentagen 10 Stunden (2 Stunden Pause für Mahlzeiten), am Sonnabend 6–61/2 Stunden. Ohne Unterbrechung von mindestens 1/2 Stunde dürfen sie nicht länger als 41/2 Stunden hintereinander beschäftigt werden. Abweichungen sind für gesetzlich bestimmte Fälle zulässig. Kinder dürfen erst vom 10. Jahr an beschäftigt und dann entweder nur nach dem System der Beschäftigung in Vor- und Nachmittagsreihen oder an umschichtigen Tagen zur Arbeit eingestellt werden. Bei beiden Systemen beträgt die längste zulässige Dauer ununterbrochener Arbeit ebenfalls 41/2 Stunden. In zwei Wochen beträgt die Arbeitszeit ebensoviel wie für Frauen in einer Woche. Verlängerungen sind ausnahmsweise zulässig. Für die nichttextile Industrie und die Werkstätten sind einige hiervon abweichende Bestimmungen getroffen. Alle geschützten Personen dürfen Sonnabends bis 2 Uhr und 5 Stunden hintereinander, jugendliche Personen und Frauen an den fünf ersten Wochentagen 101/2 Stunden beschäftigt werden. Kinderarbeit ist unbedingt untersagt in Fabriken oder Werkstätten, wo Spiegel mit Quecksilber belegt werden, bei der Bleiweißerzeugung, in Glasschmelzen, Metallschleifereien und bei dem Eintauchen von Zündlichten in Masse, bedingt (für Kinder unter 11 Jahren) bei der Metallschleiferei, die anders als auf trocknem Weg erfolgt, und bei dem Barchentschneiden. Dies Verbot gilt mit einigen Abweichungen auch für junge Leute. Das Gesetz bestimmt ferner Beginn und Ende des Arbeitstages, Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung, Verteilung der Pausen und Mahlzeiten. Bezüglich der Arbeit in häuslichen Arbeitsstätten ohne Anwendung mechanischer Kraft enthält das Gesetz noch besondere weniger weitgehende Schutzbestimmungen für Kinder und junge Personen sowie Vorschriften über den Schulbesuch der in Fabriken und Werkstätten beschäftigten Kinder, ferner zum Schutz der Gesundheit und persönlichen Sicherheit aller Arbeiter, solche über Größe, Reinhaltung, Ventilation der Arbeitsräume, über Einrichtung von Maschinen und gefährlichen Werkzeugen, deren Reinigung etc. Von Unfällen, die Arbeiter in Fabriken oder Werkstätten treffen, und die den Tod oder schwerere Körperverletzungen zur Folge haben, ist dem Fabrikinspektor und dem Distriktsarzt sofort Anzeige zu erstatten. Ein neues Fabrik- und Werkstättengesetz von 1901 faßt die bestehenden Schutzbestimmungen zusammen, erweitert den Schutz in den gefährlichen Gewerben, verbietet die Arbeit von Kindern unter 12 Jahren und enthält auch Bestimmungen über die Heimarbeit, wonach diese in ungesunden Räumen untersagt werden kann.

Die Haftpflicht (s.d.) der Arbeitgeber wurde durch Gesetz vom 7. Sept. 1880 geregelt, eine Erweiterung derselben durch eine Ende 1893 dem Parlament vorgelegte Bill angestrebt. Weiter sind noch zu erwähnen die besondern Gesetze zum Schutz von Frauen und Kindern beim Bergbau vom 10. Aug. 1872 und vom 16. Sept. 1887, über den Gewerbebetrieb der Gangmeister vom 20. Aug. 1867, über die Beschränkung der Arbeitszeit von Kindern und jungen Personen in Verkaufsläden vom 25. Juni 1886, das Gesetz vom 6. Aug. 1872 über Schiedsgerichte in Arbeitsstreitigkeiten, die Gesetze über Arbeiterwohnungen (s.d.) etc. Vgl. v. Bojanowski, Die englischen Fabrik- und Werkstättengesetze bis zum Gesetz von 1874 (Berl. 1876); Derselbe, Das englische Fabrik- und Werkstättengesetz von 1878 (Jena 1882); Karpeles, Die englischen Fabrikgesetze (Berl. 1900).

[Schweiz.] In der Schweiz war bis 1874 die F. Sache der kantonalen Gesetzgebung. Einige Kantone hatten schon seit dem 16. und 17. Jahrh. durch Fabrikmandate und Fabrikordnungen (so Zürich 1674 und 1717) gesetzliche Anordnungen getroffen. Im 19. Jahrh. wurden fast in allen industriellen Kantonen einschneidende Bestimmungen erlassen, so in Zürich und Thurgau über Kinderarbeit 1815, in Zürich durch das allgemeine Fabrikgesetz 1853, in Aargau 1862, Glarus 1848, 1864 und 1872, hier unter Einführung eines gesetzlichen Normalarbeitstages für Erwachsene, Baselland 1868, Baselstadt 1869, St. Gallen 1853, Tessin 1873. Da durch die Ungleichheit in der Gesetzgebung einige Kantone andern gegenüber in ihrer Konkurrenzfähigkeit sich geschädigt fühlten, so wurde die F. durch die Bundesverfassung als Bundessache erklärt und ein eidgenössisches Fabrikgesetz unterm 23. März 1877 erlassen. Durch dasselbe wurde ein gesetzlicher Arbeitstag von 6 (im Sommer 5) Uhr morgens bis 8 Uhr abends und in diesem eine Maximalarbeitszeit von 11 Stunden, an den Tagen vor Sonn- und Festtagen von 10 Stunden für alle Arbeiter eingeführt. Diese Zeit kann bei gesundheitsschädlichen Gewerben durch den Bundesrat verkürzt, ausnahmsweise auch mit behördlicher Genehmigung verlängert werden. Nacht- und Sonntagsarbeit sind nur ausnahmsweise zulässig, als regelmäßige nur in Betrieben, die ihrer Natur nach keine Unterbrechung gestatten. Kinder unter 14 Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden, für Kinder von 14–16 Jahren dürfen Unterricht und Fabrikarbeit zusammen 11 Stunden den Tag nicht übersteigen. In manchen Betrieben ist die Arbeit von Kindern überhaupt verboten. Zur Sonntags- und Nachtarbeit dürfen Frauen unter keinen Umständen, junge Leute unter 18 Jahren nur ausnahmsweise verwendet werden. Wöchnerinnen dürfen vor und nach ihrer Niederkunft im ganzen während 8 Wochen, nach ihrer Niederkunft mindestens 6 Wochen, in Fabriken nicht beschäftigt werden. Zum Schutze gegen Gefahren für Leben und Gesundheit wurden besondere Vorschriften über Herstellung und Unterhaltung von Arbeitsräumen, Maschinen und Werkgerätschaften erlassen; Führung von Arbeiterverzeichnissen und Erlaß von Fabrikordnungen (s.d.) sind obligatorisch. Verhängte Bußen sind im Interesse der Arbeiter zu verwenden. Die Haftpflicht der Fabrikbesitzer wurde durch ein besonderes Gesetz vom 25. Juni 1881 geregelt. Die Durchführung des Gesetzes liegt den Kantonsregierungen ob, die z. T. (besonders Glarus durch Gesetz vom 8. Mai 1892, Zürich durch ein solches vom 18. Juni 1894) über diese Bestimmungen hinausgingen. Zum Zweck der Kontrolle hat der Bundesrat Fabrikinspektoren zu ernennen. Vgl. Böhmert, Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz, Bd. 1 (Zürich 1873); v. Scheel, Die Fabrikgesetzgebungen der Kantone der Schweiz etc. (in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie«, Bd. 20, 1873); »Das Bundesgesetz, betreffend die Arbeit in den Fabriken vom 23. März 1877, kommentiert durch seine Ausführung in den Jahren 1878 bis 1899« (Bern 1900).

[Deutsches Reich.] Hier wurden zuerst in Preußen Bestimmungen über Kinderarbeit in Fabriken getroffen. Das Regulativ vom 9. März 1839 verbot die Aufnahme von Kindern unter 9 Jahren in Fabriken, Berg- und Hüttenwerken, setzte für junge Leute unter 16 Jahren den Höchstbetrag der täglichen Arbeitszeit auf 10 Stunden fest und verbot für sie die Nacht-, Sonntags- und Festtagsarbeit. Das Gesetz vom 16. Mai 1853 läßt die Fabrikarbeit erst vom 12. Lebensjahr an zu, verfügt weitere Beschränkungen für die Arbeit junger Personen und nimmt die Bestellung von Fabrikinspektoren in Aussicht. Weitere Bestimmungen, z. B. über das Trucksystem (s.d.), enthielt die Gewerbeordnung von 1845 und die Verordnung betr. die Errichtung von Gewerberäten vom 9. Febr. 1849. Vgl. Anton, Geschichte der preußischen F. (in Schmollers »Forschungen«, 11. Bd., 2. Heft, Leipz. 1891). In Bayern wurde 1840 und 1854 die regelmäßige Beschäftigung von werktagsschulpflichtigen Kindern unter 9, bez. 10 Jahren in Fabriken, Berg-, Hütten- und Schlagwerken untersagt, für Kinder unter 12 Jahren war die Nachtarbeit verboten, für die Tagesarbeit ein Höchstbetrag von 10, bez. 9 Stunden festgesetzt. Auch in Baden wurde durch Verordnung vom 4. März 1840 über den Schulunterricht der in Fabriken beschäftigten Kinder sowie durch die Gewerbeordnung von 1862, in Sachsen und Württemberg durch die Gewerbegesetze von 1861 die Kinderarbeit beschränkt, der Erlaß von Fabrik- und Werkstätteordnungen vorgeschrieben, das Trucksystem verboten etc.

Einheitlich wurde die F. zunächst für den Norddeutschen Bund geregelt, dann für das Deutsche Reich, seit 1888 auch für Elsaß-Lothringen durch die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 mit den Novellen vom 17. Juli 1878 und vom 1. Juni 1891 und dem Gesetz über die Anfertigung und Versendung von Zündhölzern vom 13. Mai 1884. Das Gesetz enthält allgemeine Bestimmungen zur Regelung der Sonn- und Festtagsarbeit (vgl. Sonntagsruhe), trifft Vorkehrungen gegen das Trucksystem, erläßt Bestimmungen über Lohn- und Abschlagszahlungen und über vertragsmäßige Lohneinbehaltungen, die bei Fabriken für den Fall der rechtswidrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter den Betrag des durchschnittlichen Wochenlohns nicht übersteigen dürfen, verpflichtet ferner den Unternehmer, die zum Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit bei der Arbeit nötigen Vorkehrungen zu treffen. Der Schutz für Kinder wurde 1891 erweitert. Kinder unter 13 Jahren dürfen in Fabriken, Bergwerken, Hüttenwerken und einigen andern gewerblichen Anlagen, seit Verordnung vom 31. Mai 1897 auch in Werkstätten mit Konfektionsarbeit überhaupt nicht, Kinder über 13 Jahre nur beschäftigt werden, wenn sie nicht mehr volksschulpflichtig sind. Kinder unter 14 Jahren dürfen nicht länger als 6, junge Leute von 14–16 Jahren nicht über 10 Stunden täglich und an Sonn- und Festtagen überhaupt nicht beschäftigt werden. Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen dürfen nicht vor 51/2 Uhr morgens beginnen und nicht über 81/2 (Sonnabends für Arbeiterinnen nicht über 51/2) Uhr abends dauern. Die Beschäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahre darf nicht über 11 Stunden täglich, an den Vorabenden der Sonn- und Festtage nicht über 10 Stunden dauern. Wöchnerinnen dürfen während 4 Wochen nach ihrer Niederkunft überhaupt nicht und in den folgenden 2 Wochen nur beschäftigt werden, wenn ein ärztliches Zeugnis dies für zulässig erklärt. Diese Bestimmungen gelten auch für Bergwerke, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebene Brüche oder Gruben. In allen diesen Anlagen dürfen Arbeiterinnen unter Tag nicht beschäftigt werden. Der Bundesrat kann die Verwendung von Arbeiterinnen sowie von jugendlichen Arbeitern für gewisse Fabrikationszweige, die mit besondern Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von besondern Bedingungen abhängig machen. In andern Fällen, wo ununterbrochen gearbeitet werden muß oder der Betrieb eine Einteilung in regelmäßige Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, kann er innerhalb der gesetzlich bestimmten Grenzen Ausnahmen von den für junge Leute und Arbeiterinnen angeordneten Beschränkungen eintreten lassen. Von dieser Befugnis wurde für Walz- und Hammerwerke, Glashütten, Spinnereien 1879, für Steinkohlenbergwerke 1881 und 1883, Drahtziehereien mit Wasserbetrieb 1886, Gummiwarenfabriken 1888 Gebrauch gemacht. Durch kaiserliche Verordnung vom 9. Juli 1900 (gültig vom 1. Jan. 1901 an) sind die Vorschriften der § 134 bis 139 der Gewerbeordnung auch auf die größern Betriebe des Handwerks (Werkstätten mit Motorenbetrieb) ausgedehnt worden. Die Novelle zur Gewerbeordnung vom 30. Juni 1900 hat Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in offenen Verkaufsläden eine Minimalruhezeit gebracht. Endlich hat ein Gesetz vom 30. März 1903 (gültig vom 1. Jan. 1904 an) weitere Einschränkungen bezüglich der Kinderarbeit neben den bestehenden gebracht. Das Gesetz unterscheidet zwischen eignen und fremden Kindern. Fremde Kinder dürfen bei Bauten, Ziegeleien, in Brüchen und Gruben, beim Steinklopfen, im Schornsteinfegergewerbe, im Speditionsfuhrwerksbetrieb, bei der Farbenbereitung, in Kellereien und in zahlreichen besonders aufgeführten Werkstätten überhaupt nicht mehr beschäftigt werden. Der Bundesrat kann auch noch andre ungeeignete Beschäftigungen untersagen. Soweit die Beschäftigung nicht überhaupt verboten ist, dürfen fremde Kinder unter 12 Jahren in Werkstätten, im Handels- und Verkehrsgewerbe, Mädchen auch in Gast- und Schankwirtschaften nicht beschäftigt werden, die Beschäftigung darf 3, in den Schulferien 4 Stunden nicht übersteigen, nicht zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und nicht vor dem Vormittagsunterricht stattfinden. Weitere Bestimmungen regeln die Beschäftigung fremder Kinder bei theatralischen und ähnlichen Vorstellungen, beim Austragen von Waren und bei Botengängen, und die Sonntagsruhe und schreiben Anzeige der Kinder durch den Arbeitgeber bei der Ortspolizeibehörde sowie Ausstellung einer Arbeitskarte vor. Eigne Kinder, d. h. solche, die mit dem Arbeitgeber oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grad verwandt sind, angenommene und bevormundete und zur Zwangserziehung überwiesene Kinder dürfen in den absolut verbotenen Betrieben, ferner in Betrieben mit elementarer Triebkraft (wo Beschäftigung bisher gestattet war), Mädchen in Gastwirtschaften überhaupt nicht mehr, in allen andern Fällen dürfen sie nicht vor zurückgelegtem 10. Lebensjahr beschäftigt werden. Die Bestimmungen über Arbeitszeit und Sonntagsruhe finden auch auf sie Anwendung. Die Fabrikinspektion (s.d.), dann für größere Betriebe der Erlaß von Arbeitsordnungen (s. Fabrikordnung) ist obligatorisch. Vgl. Wolff, Der Fabrikarbeiter, systematische Darstellung der Rechtsverhältnisse (2. Aufl., Leipz. 1902).

[Österreich-Ungarn.] In Österreich wurden Vorschriften über Verwendung und Unterricht der Fabrikskinder 1786 und 1787 erlassen. Kinder sollten nicht ohne Not vor dem 9., seit 1842 nicht vor dem 12. Jahre beschäftigt werden. Weitere Beschränkungen brachte die Gewerbeordnung vom 20. Dez. 1859, eine umfassendere Regelung aber die Novelle zu derselben vom 8. März 1885 und das Gesetz vom 21. Juni 1884 über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und Frauenspersonen beim Bergbau. Für alle gewerblichen Unternehmungen gilt: Verbot der Sonntagsarbeit (ausgenommen sind Säuberungs- und Instandhaltungsarbeiten; auch können aus erheblichen Gründen Ausnahmen bewilligt werden, vgl. Sonntagsruhe), das Truckverbot, obligatorische Führung von Arbeitsbüchern, obligatorische, der Behörde vorzulegende Arbeitsordnungen (vgl. Fabrikordnung); für alle Arbeiter sind Ruhepausen (zusammen mindestens 11/2 Stunde) vorgeschrieben; Verpflichtung der Gewerbsinhaber zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiter; zu regelmäßigen gewerblichen Beschäftigungen dürfen Kinder unter 12 Jahren gar nicht, zwischen 12 und 14 Jahren nicht über 8 Stunden täglich und nur verwendet werden, wenn die Arbeit der Gesundheit und körperlichen Entwickelung nicht nachteilig ist; durch Verordnung kann bei gefährlichen oder gesundheitsschädlichen Verrichtungen die Beschäftigung jugendlicher (unter 16 Jahren) und weiblicher Arbeiter verboten oder nur bedingungsweise gestattet werden; für jugendliche Arbeiter ist die Nachtarbeit (8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens) verboten (Ausnahmen können vom Ministerium zugelassen werden); Wöchnerinnen dürfen erst 4 Wochen nach ihrer Niederkunft regelmäßig beschäftigt werden; für fabrikmäßig betriebene Gewerbsunternehmungen darf die Arbeitsdauer (auch für erwachsene Arbeiter) ohne Einrechnung der Arbeitspausen 11 Stunden binnen 24 Stunden nicht überschreiten (Normalarbeitstag, gilt auch für Bergwerke; bei nachgewiesenem besondern Bedürfnis kann jedoch noch eine weitere Stunde zugestanden werden); Kinder unter 14 Jahren dürfen zu regelmäßiger Beschäftigung gar nicht, junge Personen von 14–16 Jahren nur zu leichtern, der Gesundheit und der körperlichen Entwickelung nicht schädlichen Arbeiten verwendet werden; die Nachtarbeit ist für junge Personen und Frauen verboten, doch können Ausnahmen durch Verordnung zugelassen werden. Für die beim Bergbau beschäftigten jugendlichen Arbeiter und Frauen sind durch Gesetz vom 21. Juni 1884 besondere Bestimmungen getroffen worden. Kinder von 12–14 Jahren dürfen nur auf Ansuchen der Eltern und mit besonderer Erlaubnis der Bergbehörde zu leichten Arbeiten über Tag, Frauen und Mädchen überhaupt nur über Tag verwendet werden; die tägliche Schicht darf höchstens 12, die wirkliche Arbeitszeit höchstens 10 Stunden betragen. Das Gesetz vom 16. Jan. 1895 hat die bisher nur durch Verordnungen geregelte Sonntagsruhe (s.d.) gesetzlich geregelt. Das Gesetz vom 11. Juni 1883 führte Gewerbeinspektoren ein. In Ungarn dürfen nach dem Gewerbegesetz von 1844, bez. 1. Nov. 1885 Kinder unter 10 Jahren gar nicht, solche von 10–12 Jahren nur mit behördlicher Bewilligung, solche von 12–14 Jahren täglich nur höchstens 8, solche von 14–16 Jahren höchstens 10 Stunden in Fabriken zur Arbeit verwendet werden. Nachtarbeit ist für junge Personen unter 16 Jahren verboten, doch sind Ausnahmen zugelassen. Die Arbeitszeit erwachsener Männer und Frauen ist gesetzlich nicht beschränkt. Ein Gesetz von 1891 regelt die Sonntagsruhe, ein solches von 1893 den Schutz der Arbeiter bei Unfällen und die Gewerbeinspektion.

[Frankreich.] In Frankreich war zwar durch Gesetz vom 9. Sept. 1848 ein Normalarbeitstag von 12 Stunden für Erwachsene angeordnet worden, doch wurde diese Bestimmung nie verwirklicht. Die Kinderarbeit wurde zuerst geregelt durch Gesetz vom 22. März 1841. An dessen Stelle gilt jetzt das Gesetz vom 19. Mai 1874. Dasselbe bezieht sich auf die industrielle Arbeit von Personen unter 16 Jahren und von minderjährigen Mädchen (16–21 Jahren) in Manufakturen, Fabriken, Hüttenwerken, Bergwerken, Bauhöfen und Werkstätten. Das geringste Alter der zu beschäftigenden Kinder ist 12 Jahre, ausnahmsweise 10, die längste Dauer der Arbeitszeit für 10–12jährige 6 Stunden, für 12–15jährige 12 Stunden, wenn sie den ersten Elementarunterricht genossen haben, sonst 6 Stunden, für 15jährige 12 Stunden. Die Nachtarbeit ist verboten für Personen unter 16 Jahren, in fabrikmäßigen Betrieben auch für Mädchen von 16–21 Jahren. Sonn- und Feiertags darf keine dieser Personen zur Arbeit verwendet werden. In Bergwerken, Steinbrüchen etc. dürfen weder Knaben unter 12 Jahren, noch Mädchen und Frauen zu einer unterirdischen Arbeit herangezogen werden. Durch Verordnung können jene Arbeiten bezeichnet werden, die gefährlich sind, die Kraft von Kindern übersteigen und für junge Leute unter 16 Jahren als verboten gelten. Das Gesetz enthält ferner Bestimmungen über Schulunterricht, Werkstättenpolizei, Fabrikinspektion etc. Ein neues Gesetz vom 2. Nov. 1892 erweitert den Geltungsbereich der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen mit gewissen Abänderungen auch auf Unternehmungen, die unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit oder des gewerblichen Unterrichts jugendliche Personen und Frauen ausbeuten. Das Aufnahmealter der Kinder, die Unterrichtszertifikate besitzen, beträgt 12, sonst 13 Jahre, die Arbeitszeit 10 Stunden täglich, für Personen von 16–18 Jahren 60 Stunden wöchentlich, für über 18jährige Mädchen und Frauen 11 Stunden täglich. Für alle diese Kategorien ist die Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit verboten. Ein Gesetz vom 12. Juni 1893 verschärft die Schutzbestimmungen in bezug auf Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter. Vgl. Tallon, Lois de protection de l'enfance ouvrière (3. Aufl., Par. 1885); Caire, La législation sur le travail des femmes et des enfants (das. 1896).

[Andre Staaten.] In Belgien wurde durch Verfassungsordnung vom 28. Juni 1884 die Arbeit von Knaben unter 12 Jahren und von Mädchen unter 14 Jahren in den Gruben verboten. 1887 wurden drei Gesetze erlassen über Lohnzahlung, Einigungsämter und über Beschränkung der Übertragung von Lohnforderungen und der Beschlagnahme von Löhnen. Das Gesetz vom 13. Dez. 1889 befaßt sich mit dem Schutz der Kinder, der jungen Arbeiter unter 16 und der weiblichen unter 21 Jahren (Minimalalter der Beschäftigung für Kinder 12 Jahre, Maximalarbeitszeit für junge Personen unter 16 und für weibliche Arbeiter unter 21 Jahren 12 Stunden, einschließlich 11/2 Stunde Ruhepausen, Verbot der Nachtarbeit und der Beschäftigung von mehr als 6 Tagen in der Woche, Schonzeit von 4 Wochen für Wöchnerinnen, Einführung der Fabrikinspektion). Am 21. Sept. 1894 wurden Bestimmungen erlassen über die hygienische Beschaffenheit der Betriebsstätten, 22. Okt. 1895 über Neuregelung der Arbeitsinspektion, 17. Juni 1896 über Lohnzahlungen, 15. Juni 1896 über die (nunmehr obligatorischen) Arbeitsordnungen. – In Holland hatte ein Gesetz vom 19. Sept. 1872 Maßregeln zur Verhinderung übermäßiger Arbeit der Kinder und deren Verwahrlosung angeordnet. Das Gesetz vom 5. Mai 1889 dehnte den Schutz auch auf junge Leute und weibliche Arbeiter aus. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gehen in mehreren Beziehungen weiter als diejenigen des belgischen. Insbesondere gilt für weibliche Arbeiter eine Maximalarbeitszeit von 11 Stunden mit 1 Stunde Pause, Verbot der Sonntags- und Nachtarbeit. Gesundheitsschädliche und gefährliche Arbeit kann durch Verordnung verboten werden. Ein Gesetz vom 20. Juni 1895 schützt auch die erwachsenen männlichen Arbeiter, zunächst in solchen Fabriken und Werkstätten, die mit Kraftmaschinen arbeiten oder in der Regel wenigstens 10 Arbeiter beschäftigen. – In Dänemark ordnet das Gesetz vom 23. Mai 1873 an für Kinder: Minimalalter 10 Jahre, Maximalarbeitszeit 61/2 Stunden, einschließlich 1/2 Stunde Pause, Verbot der Nacht-, Sonn- und Festtagsarbeit, ebenso für junge Arbeiter von 16–18 Jahren, doch ist für diese die Maximalarbeitszeit 12 Stunden, einschließlich 2 Stunden Pause, ferner Schutz zur Verhinderung gesundheitsschädlicher Arbeit. Das Gesetz vom 14. Febr. 1874 regelt die Arbeit in Zündhölzerfabriken, das vom 12. April 1889 betrifft die Verhütung von Unfällen beim Gebrauch von Maschinen. Ein Gesetz vom 30. März 1901 verbietet die Arbeit von Kindern unter 12 Jahren in Fabriken und bringt einige Verschärfungen des Arbeiterschutzes. – In Schweden waren die Unternehmer durch die Gewerbeordnung vom 18. Juni 1864 verpflichtet, Rücksicht auf die Gesundheit ihrer Arbeiter zu nehmen. Das Gesetz vom 18. Nov. 1881 ordnet an für Kinder: Minimalalter der Beschäftigung 12 Jahre, Maximalarbeitszeit 6 Stunden mit Ruhepause, Verbot der Arbeit unter Tag, der Nachtarbeit; für jugendliche Arbeiter unter 18 Jahren: Maximalarbeitszeit 10 Stunden, Verbot der Nachtarbeit. Das Gesetz vom 10. Mai 1889 bezweckt Schutz gegen Gefahren im Betrieb für alle gewerblichen Unternehmungen und führt Arbeitsinspektion durch Gewerbeinspektoren ein; ein Gesetz vom 13. Dez. 1895 dehnt den Arbeiterschutz mit gewissen Einschränkungen auf staatliche und kommunale Betriebe aus. – Norwegen hat erst mit Gesetz vom 27. Juni 1892 den Arbeiterschutz begonnen (Verbot der Arbeit von Kindern unter 14 Jahren, zehnstündige Arbeitszeit für 14–18jährige etc.), 1897 die Arbeitszeit in Bäckereien geordnet. – In Finnland enthielt das Gewerbegesetz vom 24. Febr. 1868 einige Schutzbestimmungen, weiter ging das Gesetz vom 31. März 1879. Das Gesetz vom 15. April 1889 ordnet an: Schutzvorschriften für alle Arbeiter zur Verhinderung gesundheitsschädlicher und lebensgefährlicher Arbeiten. Minimalalter der Beschäftigung 12 Jahre, für jugendliche Arbeiter bis zu 18 Jahren Verbot der Nachtarbeit, für solche unter 15 Jahren Maximalarbeitszeit 7 Stunden, für solche von 15–18 Jahren 14 Stunden, einschließlich Pausen. – In Rußland gelten das Gesetz vom 1. Juni 1882, betreffend die Arbeit Minderjähriger (Minimalalter 12, ausnahmsweise 10 Jahre, für Personen von 12–15 Jahren: Maximalarbeitszeit 8 Stunden mit Pause, Verbot der Nachtarbeit mit zulässigen Ausnahmen, der Sonn- und Festtags- und der gesundheitsschädlichen Arbeit), das Gesetz vom 12. Juni 1884, betreffend den Schulunterricht Minderjähriger, die in Fabriken etc. arbeiten, und die Fabrikinspektion, das Gesetz vom 3. Juni 1885, betreffend das Verbot der Nachtarbeit von Arbeitern bis zu 17 Jahren und von weiblichen Arbeitern in mehreren Gewerbszweigen, das Gesetz vom 3. Juni 1886, betreffend die Aussicht über das Fabrikwesen und die wechselseitigen Beziehungen der Fabrikanten und Arbeiter zueinander, und das Gesetz vom 24. Febr. 1890 (mit Novelle vom 8. Juni 1893), betreffend die Arbeit der Kinder, jugendlichen und weiblichen Arbeiter, das an Stelle der seitherigen vorübergehenden Bestimmungen dauernde setzt und dieselben z. T. weiter ausdehnt. Ein neues Gesetz vom 14. Juni 1897 führt Sonntagsruhe und Maximalarbeitstag von 111/2 Stunden für Männer ein. Vgl. »Die F. des Russischen Reiches, übersetzt und erläutert« (2. Aufl., Riga 1895); Rosenberg. Zur Arbeiterschutzgesetzgebung in Rußland (Leipz. 1895); Tugan-Baranowsky, Geschichte der russischen Fabrik (deutsch, Berl. 1900). – In Italien wurde 7. Dez. 1843 für Kinder unter 9 Jahren die Arbeit in mehreren Betrieben, ebenso die Nachtarbeit verboten, die Arbeitszeit beschränkt (für die Lombardei-Venedig); durch das Bergwerksgesetz von 1859, bez. 1885 ist die Arbeit von Kindern unter 10 Jahren im Innern von Bergwerken untersagt. Nach dem Gesetz vom 11. Febr. 1886 ist das Minimalalter der Beschäftigung für Kinder in Fabriken, Gruben und Bergwerken 9 Jahre, bei unterirdischer Arbeit 10 Jahre; die Beschäftigung von Personen unter 15 Jahren ist verboten oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht bei gewissen gefährlichen und ungesunden Arbeiten. Die Nachtarbeit ist verboten für Kinder unter 12 Jahren und für solche von 12–14 Jahren auf 6 Stunden beschränkt. Maximalarbeitszeit für Kinder unter 13 Jahren 8 Stunden. – In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist die F. Sache der Einzelstaaten. Die Union hat für die in ihren Werkstätten beschäftigten Arbeiter den achtstündigen Arbeitstag durch Gesetz vom 25. Mai 1868 eingeführt. In sieben Staaten besteht ein gesetzlicher Arbeitstag von 10, in sechs Staaten von 8 Stunden, doch gestatten die meisten (zehn) eine vertragsmäßige Verlängerung. Fast in allen industriellen Staaten wird gesetzlich die Arbeit von Kindern und jugendlichen Arbeitern, in einigen auch von Arbeiterinnen beschränkt, zehn Staaten haben besondere Gesetze zum Schutz von Bergwerksarbeitern. Vgl. Tait, Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten (Tübing. 1884); Stimson, Handbook to the labor law of the United States (New York 1896); Lohr, Laws of the U. S. (1896).

Da diejenigen Länder, in denen die Industrie durch eine F. beschränkt wird, andern gegenüber in der Konkurrenz leicht im Nachteil sind, so wurde schon mehrfach, zuerst 1841 vom elsässischen Fabrikanten Daniel Legrand, der Gedanke angeregt, die Industriestaaten sollten auf Grund von Vereinbarungen ihre F. nach gewissen Grundsätzen einheitlich regeln. Diesem Gedanken trat 1890 die Arbeiterschutzkonferenz (s.d.) in Berlin näher, ohne jedoch zu praktischen Ergebnissen zu gelangen. Über die Internationale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz s. Arbeiterschutz.

Vgl. außer den bei den einzelnen Ländern oben angegebenen Schriften: Lohmann, Die F. der Staaten des europäischen Kontinents (Berl. 1878); v. Zanten, Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den europäischen Ländern (Jena 1901); Evert, Handbuch des gewerblichen Arbeiterschutzes (Berl. 1900); »Handbuch der Arbeiterwohlfahrt«, hrsg. von O. Dammer (Stuttg. 1903, 2 Bde.); Artikel »Arbeiterschutzgesetzgebung« im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 1 (2. Aufl., Jena 1898); viel Material in dem »Bulletin des internationalen Arbeitsamts« (das., seit 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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