Brechdurchfall

Brechdurchfall

Brechdurchfall (Cholera nostras, infantilis, aestiva, Sommerdiarrhöe), akute Form eines Magendarmkatarrhs, die am häufigsten und gefährlichsten Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr, besonders wenn dieselben schon vorher darmkrank waren, aber auch ältere Kinder und erwachsene Leute befällt. Plötzlich oder mehr allmählich, mit oder ohne Fieber treten Verdauungsstörungen mit schleimigem Erbrechen und häufigem Durchfall auf. Die anfangs noch bräunlich oder grünlich gefärbten Ausleerungen werden wässerig infolge der reichlichen Ausschwitzung von Blutwasser durch die katarrhalisch geschwellte, stellenweise ihres Epithels beraubte Darmschleimhaut. Zunehmender Kräfteverfall, Kühle und Blässe des Gesichts und der Extremitäten, Kleinheit des Pulses zeigen das Sinken der Herzkraft an; dabei führt der Wasserverlust durch die unaufhörlichen Ausleerungen zu Versiegen der Urinausscheidung, Trockenheit der Schleimhäute und Welkwerden der Haut. Unter größter Erschöpfung, Benommenheit (ähnlich wie bei Hirnhautentzündung, daher Hydrocephaloid genannt), Cyanose, Einsinken der Fontanellen, Abfall der Temperatur, manchmal auch mit krampfhaften Zuckungen führt das Leiden in einer großen Zahl der Fälle zum Tode. Brustkinder werder viel weniger leicht befallen wie künstlich ernährte. Die Krankheit tritt gehäuft (in Form kleiner Epidemien) in den heißen Sommermonaten auf und beruht wahrscheinlich zum großen Teil auf Infektion der Nahrung (Milch) durch verschiedene Mikrobenarten. Begünstigt durch Wärme, vermehren sich diese mit großer Schnelligkeit in der Milch und führen hier in wenigen Stunden zur Bildung giftiger Substanzen, die innerhalb des Darmkanals noch verstärkt wird. Die Behandlung verzichtet, da an eine Verdauungstätigkeit seitens des schwer erkrankten Darmes nicht zu denken ist, auf jede Nahrungszufuhr. Durch reichliche Wasserzufuhr (oder Kamillentee), allenfalls auch durch subkutane Injektion von physiologischer Kochsalzlösung sucht man der gefährlichen Wasserverarmung vorzubeugen. Die Herzschwäche wird durch Kampfer, Äther, Wein bekämpft, die Zirkulationsstörung durch Anwendung von Wärmflaschen, heißen Bädern mit Senfmehlzusatz. Erst nach halbtägigem Aussetzen der Durchfälle darf vorsichtig mit Zufuhr gekühlter sterilisierter Milch begonnen werden. Der B. ist an der starken Kindersterblichkeit der großen Städte erheblich beteiligt (in Berlin war er 1870 bei über 27 Proz. aller gestorbenen Kinder Todesursache). Er wird am besten bekämpft durch Ernährung des Kindes an der Mutterbrust, durch reinliche Gewinnung der Milch, durch kühle, reinliche Aufbewahrung, rasche Abgabe an die Konsumenten und Sterilisierung durch Auskochen vor dem Verbrauch.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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