Wissmann

Wissmann

Wissmann, Hermann von, berühmter Afrika reisender, geb. 4. Sept. 1853 in Frankfurt a. O., gest. 15. Juni 1905 in Weissenbach bei Liezen (Steiermark), wurde im Kadettenkorps vorgebildet und 1874 Leutnant in einem mecklenburgischen Infanterieregiment. Im Dienste der Deutschen afrikanischen Gesellschaft ging W. 1880 mit Pogge (s. d.) nach Loanda (Westafrika) und gelangte mit ihm über Malange und Kimbundo 17. April 1882 nach Nyangwe am obern Kongo. Während Pogge zu der von ihm gegründeten Station Mukenge am Lulua zurückkehrte, brach W. im Juni nach Osten auf, erreichte im Juli den Tanganjikasee und 14. Nov. die Ostküste bei Saadani. Nach seiner Rückkehr wurde W. vom König Leopold von Belgien zu einer Forschungsreise in das südliche Kongobecken gewonnen. Begleitet von sieben Europäern, unter ihnen der Stabsarzt Wolf und die Leutnants François und Brüder Franz und Hans Müller, fuhr er im November 1883 von Hamburg nach Loanda, zog über Malange zum Kassai, überschritt diesen und gründete am Lulua die Station Luluaburg, von wo er 28. Mai 1885 mit einem zerlegbaren Boot und 28 größern und kleinern Kanus die Talfahrt antrat, die ihn 5. Juni in den Kassai, 9. Juli in den Kongo und 17. Juli nach Léopoldville führte. Dadurch war der bis dahin unbekannte Unterlauf des Kassai festgestellt. Nach kurzem Erholungsaufenthalt in Madeira fuhr W. mit Wolf (Franz Müller war 9. Jan. 1885 in Luluaburg gestorben und Hans Müller krank nach Europa zurückgekehrt) den Kassai aufwärts bis zum Wissmann-Fall und zog dann nach Nyangwe, von wo er auf dem alten Wege zum Tanganjika und dann über den Nyassa und Schire im August 1887 zur Sambesimündung gelangte. Im Begriff, die Leitung einer Expedition zum Entsatz von Emin Pascha zu übernehmen, wurde er 1888 vom Reichskanzler unter Beförderung zum Hauptmann und Ernennung zum Reichskommissar dazu berufen, den Araberaufstand in Deutsch-Ostafrika zu bewältigen. Mit 21 Offizieren, Ärzten und Beamten und 40 Unteroffizieren ging W. nach Ostafrika, wo er in kurzer Zeit eine Kolonialtruppe aus angeworbenen Somal, Zulu und Sudanesen bildete und 8. Mai 1889 des Rebellenführers Buschiri befestigtes Lager bei Bagamoyo erstürmte. In schneller Folge wurden sodann Saadani, Pangani und Tanga genommen und im September Mpwapwa wieder besetzt; Buschiri wurde gefangen genommen und 14. Dez. hingerichtet. Endlich gelang es W., auch das befestigte Lager des Arabers Bana Heri, der an Buschiris Stelle getreten war, zu stürmen (9. März 1890) und dadurch den Aufstand völlig niederzuwerfen. Darauf ging W. zur Erholung nach Deutschland, wo er zum Major befördert und geadelt wurde. Noch in demselben Jahr nach Afrika zurückgekehrt, nahm er den vom Sultan von Sansibar abgetretenen Küsten strich durch Heißen der kaiserlichen Flagge (1. Jan. 1891) in Besitz und gründete am Kilimandscharo die Station Moschi. Als 1. April eine Zivilverwaltung eingerichtet und W. als Kommissar dem Gouverneur Soden unterstellt wurde, ging er auf Urlaub nach Deutschland. Er kehrte im August wieder dorthin zurück, um den durch Privatsammlungen aufgebrachten zerlegbaren Wissmann-Dampfer nach dem Victoria Niansa zu schaffen, konnte aber erst 1892 diesen Auftrag erledigen, indem er unter Änderung des ursprünglichen Planes den Wissmann-Dampfer durch den Schirefluß zum Nyassasee beförderte. W. begab sich darauf zur Erholung nach Indien und im Frühjahr 1894 nach Deutschland zurück. Am 1. Mai 1895 wurde er, der sich inzwischen verheiratet hatte, vom Kaiser zum Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ernannt und hatte von August 1895 bis Juni 1896 diesen Posten inne. In Berlin wurde er für das Jahr 1897 zum Vorsitzenden der Gesellschaft für Erdkunde erwählt, zog sich aber bald ins Privatleben zurück und lebte, von einigen größern Jagdausflügen (auch nach Südafrika) abgesehen, auf seinem Gut in Steiermark. Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher II«. Ein Denkmal (von J. Götz) wird ihm zu Lauterberg im Harz errichtet. Er veröffentlichte: »Im Innern Afrikas. Die Erforschung des Kassai« (mit Wolf, v. François und H. Müller, Leipz. 1888; 3. Aufl. 1891); »Unter deutscher Flagge quer durch Afrika« (Berl. 1889, 8. Aufl. 1902; kleinere Ausg. 1891); »Antwort auf den offenen Brief des Herrn Doktor Warneck über die Tätigkeit der Missionen« (das. 1890); »Meine zweite Durchquerung Äquatorialafrikas« (Frankf. a. O. 1891; neue Ausg. von E. Wolf, 1907); »Afrika, Schilderungen und Ratschläge zur Vorbereitung für den Aufenthalt und den Dienst in den deutschen Schutzgebieten« (Berl. 1895, 2. Aufl. 1903); »In den Wildnissen Afrikas und Asiens, Jagderlebnisse« (das. 1901, 2. Aufl. 1908). Vgl. v. Perbandt, Richelmann und R. Schmidt, Hermann v. W., Deutschlands größter Afrikaner (Berl. 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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