Transportversicherung

Transportversicherung

Transportversicherung hat zum Gegenstande den Ersatz des Schadens, der durch einen dem Transportmittel oder den transportierten Gütern oder beiden zustoßenden Unfall, sei es infolge von Naturereignissen, von Verbrechen oder sonstigen Ursachen, entsteht. Man unterscheidet See- und Binnentransportversicherung, welch letztere wieder Fluß- (Strom-) und Landtransportversicherung (Eisenbahn, Post, Wagen) sein kann. Die Seetransportversicherung ist die wichtigste und zugleich diejenige Versicherungsart, die zuerst rationeller ausgebildet und (in Italien bereits im 14. Jahrh.) gesetzlich geregelt worden ist. Es erklärt sich dies aus den großen, täglich wiederkehrenden Gefahren der Seeschiffahrt, die das Verlangen nach Abminderung des Risikos für den einzelnen Unternehmer wachriefen, dem Mangel einer höhern nautischen Kunst und der großen, durch Normannen, Mauren und Levantiner geübten Piratengefahr. Die Seeversicherung trat an Stelle des seit Jahrhunderten üblichen Seedarlehens (foenus nauticum). Auch die neuere Gesetzgebung, so das deutsche Handelsgesetzbuch (Artikel 782–905, jetzt § 778–900), wandte ihr eine eingehende Aufmerksamkeit zu. Die Seeversicherung hat vorzüglich deswegen mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil bei vorkommenden Unfällen ein Nachweis der Verschuldung schwer oder überhaupt nicht zu erbringen ist und die Gefahr, nach der die Prämie sich zu richten hat, nicht allein von Naturereignissen und von der Route, sondern auch von der Ladung (Art, Menge), Bemannung, von der Seetüchtigkeit der Schiffe etc. abhängig ist. Über die letztern werden unter andern vom Germanischen Lloyd in Hamburg, vom Büreau Veritas in Paris eigne Register (Lloydregister) geführt (s. Schiffsklassifikation). Anderseits nimmt die Seetransportversicherung notwendig mit dem Wachstum des Handels an Bedeutung zu, denn infolge der großen Gefahren des Seetransports gelangen die Seefrachten fast durchweg zur Versicherung. Nach der Art der versicherten Objekte unterscheidet man a) die Kaskoversicherung, d. h. die Versicherung des Schiffes, zu der auch die Frachtversicherung hinzuzurechnen ist. Unter sie wäre auch die Versicherung der übrigen Transportmittel (Eisenbahnwagen jz. B. der internationalen Schlafwagens, Automobile, Wagen), die in neuerer Zeit in Deutschland aufgekommen ist, zu rechnen. b) Die Güterversicherung. Sie ist die für Handel und Industrie unentbehrlichste Art der eigentlichen T. Besondere Arten sind die Valoren- und die Musterkoffer- und Reiselagerversicherung. Die Valorenversicherung, d. h. Versicherung von Geld- und sonstigen Wertsendungen (Effekten, Schecks, Wechsel, Coupons, Papiergeld, Gold, Silber und Pretiosen) gegen Verluste durch Raub, Diebstahl, Unterschlagung oder sonstigen Unfall. Sie ist deshalb sehr wichtig, weil die Post nicht für höhere Gewalt und außerhalb Deutschlands nur in sehr engen Grenzen haftet, und weil sie viel billiger ist als die Gebühr der Post für Wertsendungen. Sie wird in der Weise abgeschlossen, daß ein für allemal von der betreffenden Gesellschaft eine Generalpolice gelöst wird, mit welcher der Versicherte zugleich ein Versicherungsjournal erhält, in das er alle Wertsendungen unmittelbar vor Versand einzutragen hat. c) Sonstige Versicherungsarten, wie die Versicherung der Bodmereigelder.

Nach der Art des Versicherungsvertrags unterscheidet man Einzel- und Generalversicherung. Die letztere, die insbes. in der Seeversicherung vorkommt, ist wieder Pauschalversicherung oder Generalversicherung im engern Sinn. Bei der Pauschalversicherung wird im voraus eine bestimmte Summe festgesetzt, sei es für eine längere Zeit oder entsprechend dem Werte der an einem Tag unterwegs befindlichen Güter. Der Versicherte trägt jeden Transport in ein besonderes Journal ein und macht den Versicherer jedesmal Mitteilung. Die Prämie (im voraus zu bezahlen) wird vierteljährlich auf Grund der Anmeldungen verrechnet.

Träger der T. sind teils Einzelversicherer, teils Aktiengesellschaften und Versicherungsvereine. Einzelversicherer kommen zwar auch in Deutschland vor, von größerer Bedeutung sind sie aber nur in der Seeversicherung in England (Korporation von Lloyds). In Deutschland kommen hauptsächlich Aktiengesellschaften (zurzeit 47) in Betracht, welche die T. teils ausschließlich, teils neben andern Versicherungsgeschäften betreiben. Sie haben naturgemäß ihren Sitz in den großen Seeplätzen (in Hamburg allein 11). Die Bruttoprämieneinnahmen betrugen bei allen (Ende 1903) 111,2 Mill. Mk., die Prämien für eigne Rechnung 59,6, die Schäden für eigne Rechnung 43,0 Mill. Mk. = 75 Proz. der Prämie, die Verwaltungskosten 11,5 Mill. Mk. = 20 Proz. der Prämien, der Überschuß 4,97 Mill. Mk., der Verdienst nur 4,6 Proz. (in den Vorjahren nur 3,5,4,3,2,8 und 1,8). Der Grund der geringen Rentabilität liegt in der starken Konkurrenz der deutschen Gesellschaften untereinander sowie der Gesellschaften auf dem Weltmarkt. Der Internationale Transportversicherungsverband mit zurzeit 93 Gesellschaften (1874 gegründet) hat bisher wenig Erfolg gehabt. Die T. auf Gegenseitigkeit kommt nur in Form kleiner Kaskoversicherungsvereine (Kompakten) zu gegenseitiger Versicherung der Schiffskörper auf Küstenfahrten vor.

Die Höhe der Prämie ist, abgesehen von den Verwaltungskosten, vornehmlich durch folgende Umstände bedingt: 1) das Transportmittel (ob Dampf- oder Segelschiff, Bauart, Alter des Fahrzeuges, Reederei); 2) die Art der versicherten Güter, auch die Art ihrer Verstauung (Unterbringung); 3) die Jahreszeit (Sommerprämien z. B. im Seeverkehr billiger als Winterprämien); 4) die Route, wobei die Prämie natürlich sich erheblich ändert bei sogen. durchgehenden Risiken, d. h. wenn z. B. zu der Seereise noch die Vor- und Nachreise, die Lagerung in den Lagerhäusern (Feuersgefahr!) hinzukommt; 5) sonstige Umstände, z. B. besondere Unsicherheit des Transports wegen Kriegsgefahr, wegen Mangels an Rechtsschutz (Valorenversicherung für weite Gebiete Rußlands ausgeschlossen) u. dgl. – Eine Abart der T. ist die bei Eisenbahnen übliche Versicherung des »Interesses an der Lieferung« (Lieferfristversicherung), d. h. gegen den besondern Schaden, der dem Versicherten aus der Nichtankunft oder der nicht rechtzeitigen Ankunft des Gutes am Ablieferungsort erwächst (vgl. Lieferungszeit). Eine unentbehrliche Hilfseinrichtung der T., namentlich der Seeversicherung, ist die Rückversicherung; der erste Versicherer behält nur ein gewisses Maximum der Versicherung auf ein Schiff für eigne Rechnung. Vgl. A. Manes, Transportversicherung (im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, 2. Aufl., Jena 1901), und die Literatur bei Seeversicherung.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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