Thermoelektrizität

Thermoelektrizität

Thermoelektrizität (griech.), durch Wärme hervorgerufene Elektrizität. Lötet man einen Bügel m n (Fig. 1) von Kupfer an einen Wismutstab o p und erwärmt die erste Lötstelle, so zeigt eine innerhalb des Bügels auf einer Spitze schwebende Magnetnadel a durch ihre Ablenkung, daß ein elektrischer Strom entstanden ist, der an der erwähnten Lötstelle vom Wismut zum Kupfer übergeht.

Fig. 1. Geschlossenes thermoelektrisches Element.
Fig. 1. Geschlossenes thermoelektrisches Element.

Die elektromotorische Kraft, die ihn hervorbringt, heißt thermoelektrische Kraft. Wird die Lötstelle unter die Temperatur der umgebenden Luft abgekühlt, so entsteht ein thermoelektrischer Strom von entgegengesetzter Richtung. Verbindet man einen Antimonstab mit dem Kupferbügel, so geht der Strom an der erwärmten Lötstelle vom Kupfer zum Antimon. Einen solchen aus zwei Metallen, die an zwei Stellen miteinander verlötet sind, gebildeten Bogen nennt man ein geschlossenes thermoelektrisches Element (Thermoelement).

Fig. 2. Offenes thermoelektrisches Element.
Fig. 2. Offenes thermoelektrisches Element.

Zwei Metallstäbchen, die bloß an einem Ende zusammengelötet sind, während die freien Enden Leitungsdrähte tragen, bilden ein offenes thermoelektrisches Element (Fig. 2), das zu einem geschlossenen wird, wenn man die Drahtenden miteinander in leitende Verbindung bringt. Die verschiedenen Metalle lassen sich in eine Reihe (thermoelektrische Spannungsreihe) derart ordnen, daß, wenn man aus zwei derselben ein Element bildet und die Lötstelle erwärmt, der positive Strom von dem in der Reihe höher stehenden Metall zu dem tiefer stehenden übergeht; diese Reihe ist: Wismut, Quecksilber, Platin, Gold, Kupfer, Zinn, Blei, Zink, Silber, Eisen, Antimon. Einige Schwefel- und Arsenmetalle sowie einige Oxyde, z. B. Kupferkies, Arsenikkies, Bleiglanz, Pyrolusit etc., stehen noch über dem Wismut, eine Legierung aus 2 Teilen Antimon mit 1 Teil Zinn noch unter dem Antimon. Zur Konstruktion möglichst wirksamer Thermoelemente wählt man zwei Metalle, die in der Spannungsreihe weit voneinander entfernt stehen, z. B. Wismut, und Antimon, speziell zur Konstruktion thermoelektrischer Pyrometer nach Le Chatelier, Platin und eine Legierung von Platin mit 10 Proz. Rhodium, deren Spannungsdifferenz mit der Temperatur regelmäßig zunimmt, und die auch hohe Temperatur ertragen können.

Fig. 3 u. 4. Thermosäulen.
Fig. 3 u. 4. Thermosäulen.

Die Wirkung wird verstärkt, wenn man mehrere Elemente nach Art der Voltaschen Säule zu einer thermoelektrischen Säule (Thermosäule, Fig. 3) verbindet; mehrere Stäbchenschichten, deren Zwischenräume mit einer isolierenden Substanz ausgegossen sind, werden, zu einem Bündel vereinigt, in eine Fassung p (Fig. 4) gebracht, so daß ihre Endstäbchen mit den Stiften x und y in leitender Berührung stehen. Eine solche Thermosäule in Verbindung mit einem Galvanometer (Multiplikator) wird Thermomultiplikator genannt und bildet ein sehr empfindliches Mittel zum Nachweis und zur Messung der strahlenden Wärme. Die sehr empfindliche Thermosäule von Rubens ist aus Eisen- und Konstantendrähten zusammengesetzt. Zur Verminderung der Wärmeverluste wird sie zweckmäßig in ein lustleeres Gefäß eingeschlossen. Eine Thermosäule, die geeignet ist, ein galvanisches Element zu ersetzen, ist die Sternsäule von Noë, deren 20 Elemente sternförmig angeordnet sind, von der Mitte aus durch einen Bunsenschen Brenner erwärmt werden und durch Vermittelung kupferner Blechspiralen die Wärme an die Luft abgeben. Von größern Thermosäulen sind namentlich diejenigen von Gülcher und Heil in Gebrauch, deren nach innen gerichtete Lötstellen mit Gas erhitzt werden. Bleche zu beiden Seiten dienen zur Ableitung der Wärme an die Luft, um die nach außen gerichteten Lötstellen zu kühlen. Solche Säulen dienen namentlich für elektrolytische Zwecke und zum Laden kleiner Akkumulatoren.

Fig. 5. Heils Thermosäule.
Fig. 5. Heils Thermosäule.

Heils Säule (Fig. 5; Dynaphor) wird auch in großen Dimensionen zur Ausnutzung der Wärme von Abdampf, Abgas, Öfen etc. gebaut. Leitet man durch ein Thermoelement einen galvanischen Strom, so bringt derselbe an der Lötstelle eine Temperaturveränderung hervor, die derjenigen entgegengesetzt ist, die einen Thermostrom von gleicher Richtung erzeugen würde. Geht z. B. der galvanische Strom vom Antimon zum Wismut, so erwärmt sich die Lötstelle; sie kühlt sich dagegen ab, wenn der Strom vom Wismut zum Antimon übergeht (Peltiers Phänomen).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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