Thümmel

Thümmel

Thümmel, 1) Moritz August von, Schriftsteller, geb. 27. Mai 1738 in Schönefeld bei Leipzig, gest. 26. Okt. 1817 in Koburg, studierte in Leipzig, wo er mit Weiße und Rabener in freundschaftlichen Verkehr trat, ward 1761 Kammerjunker bei dem Erbprinzen von Sachsen-Koburg und 1768 Wirklicher Geheimer Rat und koburgischer Minister; 1783 zog er sich von den öffentlichen Geschäften zurück. Unter seinen Schriften erlangten »Wilhelmine, oder der vermählte Pedant«, ein prosaisch-komisches Gedicht (Leipz. 1764; neu bearbeitet 1766; Neudruck der ersten Ausg., das. 1894), und die »Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich« (das. 1791–1805, 10 Bde.) einen außerordentlichen Ruf. T. erwies sich in diesen Produktionen als abhängig von Voltaire, Sterne, Smollet, Fielding und Geistesverwandten Wielands, über den er sich aber durch stärkere Berücksichtigung der öffentlichen Zustände erhebt, während er an Grazie hinter ihm zurückbleibt. Feine Beobachtung und Schilderungsgabe, daneben freilich auch Frivolität und lüsterne Leichtfertigkeit sicherten ihnen die nachhaltigste Wirkung. Seine Werke erschienen gesammelt in 6 Bänden (Leipz. 1812), dann mit Biographie von Gruner in 7 Bänden (das. 1820), zuletzt Leipzig 1855, 11 Bde. Vgl. Kyrieleis, M. A. v. Thümmels Roman »Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich« (Marb. 1908).

2) Hans von, sächs. Minister. geb. 25. Mai 1824 in Gotha, gest. 12. Febr. 1895 in Dresden, stand 1850 bis 1852 im sächsischen Justizdienst, trat dann als vortragender Rat in das Finanzministerium, wurde 1871 zugleich Vorsitzender der Kommission für die Staatsprüfung der Techniker, 1879 Mitglied des Kompetenzgerichtshofes und 1888 Präsident des Technischen Oberprüfungsamtes. Im März 1890 wurde er Finanzminister.

3) Wilhelm, prot. Theolog, geb. 6. Mai 1856 in Barmen, wurde 1881 Pfarrer in Geldern, 1884 in Remscheid, 1900 Privatdozent in Berlin, 1901 außerordentlicher Professor der praktischen Theologie in Jena und 1903 ordentlicher Professor daselbst. T. wurde wegen Verletzung des § 166: 23mal vor Gericht gefordert und zweimal verurteilt. Außer zahlreichen Abhandlungen und Vorträgen, die sich auf seine Prozesse und seine Auseinandersetzung mit dem Ultramontanismus beziehen (darunter »Rheinische Richter und römische Priester«, 2. Aufl., Barmen 1888), schrieb T. »Zur Beurteilung des Donatismus« (Halle 1893); »Die Versagung der kirchlichen Bestattungsfeier« (Leipz. 1902); »Der Religionsschutz durch das Strafrecht« (das. 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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