Staatsschuldbuch

Staatsschuldbuch

Staatsschuldbuch, amtliches Register, in das Darlehnsforderungen an die Staatskasse aus konsolidierten Staatsschulden in der Form von Buchschulden eingetragen werden können. Nach dem preußischen Gesetz vom 20. Juli 1883 kann der Inhaber einer Schuldverschreibung der konsolidierten Staatsanleihe gegen Einlieferung des Schuldbriefes die Eintragung dieser Schuld in das bei der Hauptverwaltung der Staatsschulden geführte S. beantragen. Dadurch entsteht eine Buchschuld des Staates auf den Namen des eingetragenen Gläubigers. Dieser Eintrag vertritt die Stelle einer Obligation. Der Gläubiger erhält zwar über den erfolgten Eintrag eine Benachrichtigung, allein diese Benachrichtigung ist auch nichts weiter als eine solche; sie repräsentiert nicht wie die Staatsobligation die Forderung selbst. Da noch ein zweites Exemplar des Staatsschuldbuches an einem andern Orte geführt wird, so ist durch das S. der Vorteil einer absoluten Sicherheit gegeben. Das S. ist so für Stiftungen, Fideikommisse, vormundschaftliche und ähnliche Vermögensverwaltungen, aber auch für einzelne Privatpersonen von großer Wichtigkeit. Durch Löschung der Buchschuld und Ausreichung eines neuen Inhaberschuldbriefes kann der betreffenden Forderung die Zirkulationsfähigkeit wiedergegeben werden. Daß die Einrichtung einem Bedürfnis entsprach, zeigt die wachsende Benutzung; es waren eingetragen 1. April 1885: 643 Konten mit 52 Mill. Mk., 1893: 14,295 Konten mit 840 Mill. Mk., 1904: 1710 Mill. Mk., so daß mehr als ein Siebentel sämtlicher preußischen Staatsschulden zurzeit aus in das S. eingetragenen Buchschulden besteht. Im Deutschen Reiche wurde ein Staats- oder Reichsschuldbuch mit der gleichen Ausdehnung wie in Preußen und unter enger Anlehnung an die preußischen Bestimmungen eingeführt durch Gesetz vom 31. Mai 1891 (§ 9 abgeändert durch Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) mit Verordnungen vom 27. Jan. und 7. März 1892. Die Zinszahlung erfolgt durch eine Reichs- oder Landeskasse oder durch die Reichsbank oder durch die Post an den legitimierten Eigentümer. Ein S. hat auch Hamburg sowie Sachsen (Gesetz vom 25. April 1885 mit Novelle vom 12. Juni 1906), und zwar unter Anlehnung an die preußischen Bestimmungen, eingeführt. Zur Ausstellung der Bescheinigung, durch die Rechtsnachfolger von Todes wegen sich, sofern ihre Berechtigung auf der gesetzlichen Erbfolge beruht, als Erben, und, sofern sie auf letztwilliger Verfügung beruht, darüber auszuweisen haben, daß sie über die eingetragene Forderung zu verfügen berechtigt sind, ist das Nachlaßgericht und, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte, auf Ermächtigung des Reichskanzlers auch derjenige Konsul des Reiches zuständig, in dessen Amtsbezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 188 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Vgl. Frick, Das preußische S. (in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik«, Jena 1890); Mücke, Die Gesetze, betr. das preußische S. und das Reichsschuldbuch (Berl. 1902); die jährlich in Berlin erscheinenden »Amtlichen Nachrichten über das preußische S.« und die »Amtlichen Nachrichten über das deutsche Reichsschuldbuch«. Frankreich erhielt ein S. (Grand-livre de la dette publique) schon durch Gesetz vom 24. Aug. 1793. In England, wo der Staal die Verwaltung seiner Schulden der Bank von England übertragen hat, wird der Nominalbetrag der Schuld auf Namen in das von der Bank geführte große Buch (Great Ledger) eingetragen. Dafür erhält der Gläubiger nach Zahlung an die Bank einen Interimsschein (scrip). Erst mit der auf Grund dieses Scheines erfolgten Eintragung in das Hauptbuch entsteht eine Schuldverpflichtung für den Staat. Die Auszahlung der Zinsen erfolgt bei der Bank und deren Filialen, auf Verlangen auch durch die Post. Das System der Staatsschuldbücher besteht außerdem noch in Rußland, Spanien, Holland und Belgien. In Österreich werden Inhaberpapiere auf Verlangen gegen Namenpapiere umgetauscht, von denen es freie und unfreie gibt; die letztern können nur bei Erfüllung besonderer Vorschriften auf Dritte übertragen werden. Die Vereinigten Staaten geben neben den Inhaberpapieren (Couponbonds) auch Namenpapiere (registrierte Bonds) aus, bei denen der Name des Gläubigers sowohl auf der Obligation als im Register des Staates eingetragen ist.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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