Seewarte

Seewarte

Seewarte, deutsche, Zentralanstalt zur Förderung der maritimen Meteorologie, hervorgegangen aus der von v. Freeden 1867 begründeten und bis 1875 geleiteten norddeutschen S., die durch Reichsgesetz vom 9. Jan. 1875 in eine Reichsanstalt umgewandelt und nach Verordnung vom 26. Dez. 1875 (abgeändert durch Verordnung vom 4. Febr. 1895) dem Chef der Admiralität, später dem Reichsmarineamt unterstellt wurde. Die S. verfolgt in erster Linie Förderung und Sicherheit des Verkehrs zur See. Sie besitzt sieben Abteilungen. Die erste bearbeitet die maritime Meteorologie, sammelt die Beobachtungen über die physikalischen Verhältnisse des Meeres und über die meteorologischen Erscheinungen auf hoher See, verteilt an die Schiffskapitäne, die Mitarbeiter der S. sind, die meteorologischen Schiffsjournale (Wetterbücher), die nach einem gemeinsamen internationalen Schema angelegt sind, gibt Anleitung zur Führung dieser Wetterbücher und sammelt und verarbeitet sie zu allgemeinen und besondern Segelanweisungen. Die zweite Abteilung besorgt die Beschaffung und Prüfung der nautischen, meteorologischen und magnetischen Instrumente und Apparate. Sie prüft die Sextanten, Oktanten und Schiffskompasse, beschäftigt sich mit der praktischen Anwendung der Lehre vom Magnetismus und der Pflege und Vervollkommnung der Lehre von der Deviation der Schiffskompasse und verwaltet die Modell- und Instrumentensammlung, die zur Beleuchtung neuer Erfindungen der Nautik und zur Belehrung des nautischen Publikums dient. Die dritte Abteilung ist Zentralstelle für Wettertelegraphie, Küstenmeteorologie, Sturmwarnungswesen und Eisberichte für Nord- und Ostsee. Ihre Hauptaufgabe besteht in der täglichen Einsammlung der telegraphischen Witterungsnachrichten, der darauf fußenden täglichen, größtenteils ebenfalls telegraphischen Berichterstattung; sie veröffentlicht täglich Wetterkarten für Europa mit Wettervorhersagen. Hieran schließen sich die Abfassung und Absendung von Hafentelegrammen, Wetterberichten und Wetterkarten an Zeitungen, Behörden und Privatabonnenten. Die vierte Abteilung der S. bestimmt im Interesse der deutschen Kapitäne und der Chronometerindustrie den Gang der ihr zur Prüfung übergebenen Chronometer in verschiedenen Temperaturen. Auch hält sie Konkurrenzprüfungen von Chronometern ab. Die fünfte Abteilung liefert auf Grund der von Kapitänen und Konsulaten eingegangenen Berichte Küsten- und Hafenbeschreibungen; seit 1903 ist diese Abteilung der Nautischen Abteilung des Reichsmarineamtes angegliedert. Die meteorologische Abteilung behandelt allgemeinere Fragen meteorologischer Art und erforscht durch Drachenaufstiege die meteorologischen Verhältnisse der höhern Luftschichten. Die Zentralabteilung bearbeitet die Aufgaben allgemeinerer Art, wie Personalangelegenheiten, Verträge mit Verlegern der Publikationen etc. Zur Vertretung der S. befinden sich Hauptagenturen bei den Küstenbezirksämtern in Bremen, Bremerhaven, Hamburg, Kiel, Stettin und Neufahrwasser, außerdem hat sie 16 Agenturen. Diese 22 Agenturen prüfen nautische und meteorologische Instrumente, untersuchen die Deviation (Abweichung der Kompasse an Bord eiserner Schiffe) und erteilen Rat an Schiffsführer über die Schiffswege, wichtige Werke und Karten sowie über alles, was zum Führen der meteorologischen Schiffsjournale (s. oben) eine Beziehung hat. Auf den Normalbeobachtungsstationen in Memel, Neufahrwasser, Rügenwaldermünde, Swinemünde, Wustrow, Kiel, Kuxhaven, Keitum auf Sylt, Wilhelmshaven (kaiserliches Observatorium) und Borkum werden die Beobachtungen angestellt, die der dritten Abteilung der S. Material für ihre Untersuchungen und Publikationen (Sturmwarnungen etc.) liefern. Außerdem werden auf ihnen regelmäßige meteorologische Beobachtungen angestellt. Die 126 Sturmwarnungsstellen bringen die von der S. ausgehenden Witterungsnachrichten und Sturmwarnungen zur Kenntnis des Publikums. In 47 Hafenplätzen werden ausführliche Hafentelegramme der S. ausgehängt. Organ der deutschen S. sind die »Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie« (seit 1892, früher hrsg. vom Hydrographischen Amt der Admiralität und der Nautischen Abteilung des Marineamtes). Andre Veröffentlichungen der S. sind: »Tägliche Wetterberichte« (seit 1876); »Der Pilot«, ein Führer für Segelschiffe (7 Bde.); »Monatsbericht der deutschen S.« (16 Jahrgänge, bis 1892); »Aus dem Archiv der deutschen S.« (27 Jahrgänge); »Resultate meteorologischer Beobachtungen von deutschen und holländischen Schiffen für Eingradfelder des Nordatlantischen Ozeans« (1880–1901); »Meteorologische Beobachtungen in Deutschland« (1878–86); »Deutsches meteorologisches Jahrbuch, Beobachtungssystem der deutschen S.« (1887–1905); »Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im System der deutschen S.« (1889–1900, 5 Bde.); »Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen« (1887–1905); »Tägliche synoptische Wetterkarten für den Nordatlantischen Ozean und die angrenzenden Teile der Kontinente« (hrsg. von dem dänischen meteorologischen Institut und der deutschen S., Kopenh. u. Hamb., seit 1884); »Vierteljahrswetter-Rundschau« (10 Jahrgänge); Segelhandbücher: für den Atlantischen Ozean (2. Aufl. 1899), dazu Atlas (2. Aufl. 1902); für den Indischen Ozean (1892), dazu Atlas (1891); für den Stillen Ozean (1897), dazu Atlas (1896); für den englischen Kanal: 1) die englische Küste, 2) die französische Küste, 3) die Kanalinseln (2. Aufl. 1899, 2 Bde.); für die französische Westküste (1894); für die Südküste Irlands und des Bristolkanals (2. Aufl. 1901); für die Westküste Irlands (1902); den irischen Kanal (1896, 2 Bde.); die afrikanische Westküste (1900); die Ostküste Südamerikas (1902), die wichtigsten Häfen Chinas (1900); Jahresberichte über die Tätigkeit der deutschen S. (seit 1877); »Kompaß an Bord«, Handbuch für Führer von eisernen Schiffen (2. Aufl. 1906); Erdkarten der erdmagnetischen Elemente für 1885, 1890, 1895, 1900, 1905; »Der Pilote«, neue Folge (1902–06, 5 Bde.); »Dampferhandbuch für den Atlantischen Ozean« (1905); »Atlas der Gezeiten und Gezeitenströme für das Gebiet der Nordsee und der britischen Gewässer« (1905); »Atlas der Stromversetzungen auf den wichtigsten Dampferwegen im Indischen Ozean und in den ostafrikanischen Gewässern« (1905); »Tabellarische Reiseberichte nach den meteorologischen Schiffstagebüchern« (1904–06, 3 Bde.); »Wirksamkeit des Sturmwarnungswesens« (1905); »Untersuchungen über Schiffspositionslaternen« (1894); »Instruktion für die Prüfung von Schiffspositionslaternen« (1906); »Instruktion der S. über die Behandlung der Kompasse und ihrer Deviation an Bord eiserner Schiffe« (6. Aufl. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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