Schielen

Schielen

Schielen (Strabismus), eine Störung in der Assoziation der Augenbewegungen, bei der nur das eine Auge sich auf einen zu fixierenden Punkt einstellt, während das andre an diesem Punkt vorbeisieht. Je nachdem die Blicklinie des schielenden Auges vor, hinter, über oder unter dem zu fixierenden, Punkte vorbeischießt, besteht S. nach innen (S. convergens) oder nach außen (S. divergens), nach oben (S. sursum vergens) oder nach unten (S. deorsum vergens). Wegen dieser Abweichung der Blicklinie des schielenden Auges von der Richtung des fixierenden Auges fallen die Bilder ein und desselben Gegenstandes nicht auf gleichwertige Netzhautstellen: es besteht deshalb sehr oft Doppeltsehen, namentlich beim erworbenen S. Bei angebornem S. oder bei S., das in frühester Kindheit aufgetreten ist, fehlt das Doppeltsehen fast immer. Ein Schielender, der doppelt sieht, ist sehr oft im Zweifel über die wahre Lage der Objekte, ebenso entgeht ihm der Vorteil des stereoskopischen Sehens und der Schätzung von Entfernungen. Man unterscheidet zwei Arten des Schielens: das unbewegliche S. (Lähmungsschielen, S. paralyticus) und das bewegliche S. (S. concomitans). Bei ersterm ist das schielende Auge infolge einer Lähmung der betreffenden Augenmuskeln ganz unbeweglich nach einer bestimmten Richtung gewandt, oder es kann nur noch einen Teil der normalen Bewegungen ausführen. Die Ursachen dieser Lähmungen sind sehr mannigfaltig: Krankheiten des Gehirns, der Nerven, aber auch Diphtherie, Diabetes, Rheumatismus, Vergiftungen, Verletzungen kommen in Betracht. Auch kommen Lähmungen der Augenmuskeln angeboren vor. Beim beweglichen (konkomittierenden) S. ist die Beweglichkeit des abgelenkten Auges nicht gestört, es kann vielmehr allen Bewegungen des gesunden Auges folgen, freilich immer dabei in seiner abgelenkten Stellung bleibend (S. monolateralis). Dabei kann bei gewissen Blickrichtungen das bisher schielende Auge die Fixation übernehmen, dafür tritt dann das bisher fixierende Auge in Schielstellung (S. alternans, Wechselschielen). Das konkomittierende S. ist zumeist Folge einer Refraktionsanomalie, von Übersichtigkeit oder Kurzsichtigkeit. Durch Korrektion dieser Anomalien durch geeignete Brillen kann, namentlich im Beginn des konkomittierenden Schielens, eine Beseitigung erzielt werden; andernfalls bleibt nur die Schieloperation übrig, ein gänzlich ungefährlicher Eingriff, der in kurzer Zeit das Leiden beseitigt. Bleibt ein Auge dauernd in Schielstellung, so wird es nach und nach immer schwachsichtiger (Amblyopsie aus Nichtgebrauch). Die Behandlung des Lähmungsschielens hat zunächst die Ursache der Lähmung zu berücksichtigen und zu beseitigen, eventuell kommt dann auch hier die Schieloperation in Frage. Vgl. Schweigger, Klinische Untersuchungen über das S. (Berl. 1881) und Die Erfolge der Schieloperation (Wiesb. 1895); Alfred Gräfe, Motilitätsstörungen des Auges (in Gräfe-Sämisch, Handbuch der gesamten Augenheilkunde, 2. Aufl., Leipz. 1898) und Snellen u.a., Operationslehre (ebenda 1902 f.); Worth, Das S. (deutsch, Berl. 1904); Schoen, Das S. (Münch. 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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