Schaumwein

Schaumwein

Schaumwein (moussierender Wein, Champagner, fälschlich Sekt), schäumender Wein, der sehr viel Kohlensäure enthält (der Druck in den Champagnerflaschen beträgt 4–5 Atmosphären), die beim Öffnen der Flaschen unter Aufbrausen entweicht. Der französische S., der allgemein unter dem Namen Champagner (nach der Provinz Champagne des alten Frankreich) geht (vgl. Sekt), ist ein feuriger, leichter, angenehmer Süßwein und wird aus blauen und weißen Trauben hergestellt, indem man die Jungweine nach bestimmtem Verhältnis (cuvée) mischt, mit Zuckerlösung versetzt, auf Flaschen füllt und diese verkorkt. Bei der nun beginnenden Gärung entwickelt sich Kohlensäure, und es scheidet sich Hefe ab. Letztere sammelt sich in den auf den Kopf gestellten Flaschen auf dem Kork und wird durch das Degorgieren herausgespritzt. Dann erhält der Wein einen Zusatz von Zucker, gelöst in Wein oder Kognak, auch wohl von Farbstoff etc. (Dosieren), worauf die Flaschen mit Draht oder Bindfaden verschlossen werden. In Frankreich liebt man den Champagner weder zu stark noch zu süß, in Österreich und dem östlichen Deutschland besonders süß, in Rußland mild und süß, in England körpervoll und kräftig. Nach dem Kohlensäuregehalt unterscheidet man Crémant, Mousseux und Grand mousseux, von denen ersterer am wenigsten Schaum (nur leichten Rahm) liefert, letzterer dagegen am stärksten schäumt. Gefärbter Champagner heißt Rosé, die bräunliche Färbung, Œil de Perdrix, ist nicht mehr üblich. Der S. wird in den Präfekturen Châlons-sur-Marne, Epernay, Reims, Ste. – Menehould und Vitry-sur-Marne des Marnedepartements hergestellt. In Reims verarbeitet man besonders Gebirgswein, in Epernay Flußwein. Einige Orte, wie das Schloß Sillery (früher allgemein gebräuchlicher Name für Champagner), und Firmen, wie Veuve Cliquot, haben Weltruf erlangt. Der Aufschwung, den die Champagnerfabrikation im 19. Jahrh. in Frankreich genommen hat, ist großenteils deutschem Kapital und deutscher Intelligenz zu danken, und so finden sich unter den französischen Champagnerfirmen auffallend viele deutsche Namen (Heidsieck, Schneider, Röderer, Mumm etc.). Alle Häuser führen ihre besondern registrierten Marken und Etiketten, welche die Qualität vielfach schon durch ihre Farbe angeben (Carte noir, C. blanche, C. d'or). Außer in der Champagne werden in Frankreich noch an vielen andern Orten Schaumweine erzeugt, so besonders in St.-Péray, Departement Ardèche (sehr gewürzig, wohlschmeckend, aber schwer und nicht stark moussierend); der Bourgogne mousseux von Yonne und Tonnerrois ist ein sehr starker, schwerer, parfümierter Wein; der Vin mousseux d'Anjou von Savonnières und St.-Aubin ist sein, angenehm schmeckend, aber sehr zu Kopf steigend, schwerer und nicht so delikat wie Champagner; die weißen moussierenden Burgunder von Epineuil und Dannemoins erreichen fast den Tonnerrois. Der Vin d'Arbois, Departement Jura, steht dem Champagner am nächsten, moussiert ungemein stark, aber nur im ersten und zweiten Jahr. Außerdem gibt es noch im Bordelais und in der Gascogne zahlreiche Schaumweinfabriken. Auch in Deutschland wird sehr viel S. fabriziert, so im Elsaß, an der Ahr (die Ahrweine eignen sich ganz vorzüglich dazu), in Koblenz, Mainz, Hochheim, Rüdesheim, Frankfurt, Wiesbaden, Mannheim, Freiburg, Eßlingen, Würzburg, Frickenhausen in Unterfranken, Freyburg a. U., Naumburg, Dresden, Lößnitz, Hirschberg, Grünberg. Die deutsche Schaumweinfabrikation steht auf gleicher Höhe mit der französischen. Guter deutscher S. verträgt sehr wohl den Vergleich mit dem französischen, der in den meisten Fällen nur aus Kaprice oder Großtuerei vorgezogen wird. Das Vorurteil gegen deutschen S. verlangt einen niedrigern Preis, so daß die Fabrikanten auf billige Herstellung bedacht sein müssen. In Österreich werden sehr viele Schaumweine aus steirischen und niederösterreichischen Trauben dargestellt und finden unter Originaletiketten ansehnlichen Absatz in Frankreich, namentlich in Paris. Neben dem alten oben beschriebenen Verfahren zur Herstellung von S. werden auch andre neuere angewendet, die manche Vorteile gewähren, die Abscheidung von Hefe in den Flaschen vermeiden etc. Auch wird S. durch Einpressen von Kohlensäure in Wein oder Obstwein hergestellt. Dem Champagner ähnlich ist der Asti spumante aus Muskattrauben von Asti. – Champagner wird kalt (in Eis gekühlt, frappiert) getrunken und wirkt ungemein schnell, aber auch ebenso vorübergehend erregend, erfrischend, erheiternd wie kein andrer Stoff. Er wird auch als diätetisches Mittel und arzneilich benutzt. Die Fabrikation des Champagners steht in notwendiger Beziehung zur Erfindung des Flaschenverschlusses mit Korken, die dem Pater Kellermeister der Abtei von Hautvillers, Dom Pérignon, zugeschrieben wird und in die Zeit von 1670–1715 fällt. Bis ins 18. Jahrh. hinein war auch der Gebrauch der Flaschen selten, und ihr fester Verschluß war unbekannt. Von Hautvillers scheint sich das Geheimnis der Fabrikation schnell verbreitet zu haben, und zu Anfang des 18. Jahrh. war der Champagner bereits in weitern Kreisen bekannt. In Deutschland wurde der erste S. von Häusler in Hirschberg dargestellt. Die Herstellung im großen wurde zuerst in Eßlingen und Heilbronn versucht, 1830 in Würzburg und 1834 an der Mosel. 1840 betrug die deutsche Schaumweinproduktion etwa 0,25 Mill., gegenwärtig ca. 12 Mill. Flaschen im Jahre. Man verarbeitet etwa 90,000 hl Wein, wovon etwa ein Drittel aus Frankreich und 25,000 hl aus Lothringen bezogen werden. Die französische Champagnerproduktion betrug 1850: 6,7 Mill., 1900 aber 28 Mill. Flaschen und führte 1902 für 5,9 Mill. Mk. nach Deutschland aus. Deutschland führte 1905: 25,783 dz Champagner im Werte von 5,6 Mill. Mk. ein und 23,071 dz im Werte von 2,8 Mill. Mk. aus (eine Flasche Schaumwein wiegt mit Glas 1,4 kg). Vgl. Regner, Die Bereitung der Schaumweine (2. Aufl., Wien 1898); Greßler, Die Schaumweinfabrikation (Halle 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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