Barlaam und Josaphat

Barlaam und Josaphat

Barlaam und Josaphat (eigentlich Joasaph), einer der verbreitetsten geistlichen Romane des Mittelalters, in dem die Bekehrung des indischen Prinzen Josaphat durch den Eremiten Barlaam erzählt wird. Josaphat wird trotz aller Vorkehrungen seines christenfeindlichen Vaters, eines indischen Königs, durch Barlaam heimlich im Christentum unterwiesen und getauft. Die Versuche, ihn durch Disputationen, Verführungs- und Zauberkünste dem Heidentum wiederzugewinnen, scheitern; ja der König selbst wird durch den frommen Sohn bekehrt, entsagt der Krone und stirbt als Einsiedler ebenso wie nach ihm Josaphat selbst. Parabeln und Beispiele, die teilweise bis in die Neuzeit hinein bekannt geblieben sind, durchbrechen die Erzählung und ihre frommen Erörterungen. Die Legende ist, wie zuerst Liebrecht in Eberts »Jahrbuch für romanische Philologie« 1862 nachgewiesen hat, eine christliche Umformung der indischen Tradition vom Leben Buddhas. Nach E. Kuhns Untersuchungen ist diese Umgestaltung vermutlich zuerst in Iran erfolgt und von da durch Vermittelung einer syrischen Version einerseits einem georgischen, anderseits einem griechischen Texte zugeflossen. Diese griechische Version wurde noch vor 634 von einem Mönche Johannes aus dem Sabakloster bei Jerusalem verfaßt, den man schon früh irrtümlich mit Johannes Damascenus (s. d.) identifizierte. Sie ist von Boissonade in den »Anecdota« (Bd. 4) herausgegeben und von Liebrecht (Münst. 1847) übersetzt. Im Mittelalter vermittelte eine seit dem 12. Jahrh. handschriftlich überlieferte Übertragung ins Lateinische und Vinzenz von Beauvais' »Speculum historiale« den Stoff den Völkern des Abendlandes. Aus jener lateinischen Übersetzung flossen zunächst drei französische Bearbeitungen in Versen, von einem Anonymus, vom anglonormännischen Trouvère Chardry im 13. Jahrh. (hrsg. von Koch, Heilbr. 1879) und von Guide Cambrai (hrsg. von Zotenberg und P. Meyer, Stuttg. 1864), sowie einige Prosaübersetzungen und eine Bearbeitung von Girard (Par. 1642). Aus einem nordfranzösischen oder provenzalischen Original ging im 14. Jahrh. die italienische »Storia de S. Barlaam« (zuletzt Rom 1816) hervor. Ebenfalls aus dem Lateinischen übertragen sind Juan de Arze Solorzanos »Historia de Barlaam y Josaphat« (Madr. 1608), eine um 1470 verfaßte tschechische Bearbeitung (Prag 1593) und eine polnische in Versen von Kulizewski (Krak. 1688). Antonio de Borgio übersetzte das Buch in die Tagalasprache auf den Philippinen (Manila 1712). Eine deutsche Bearbeitung lieferte Rudolf von Ems im 13. Jahrh. in seinem Gedicht »B. u. I.« (hrsg. von Pfeiffer, Leipz. 1843). Eine zweite deutsche Bearbeitung von einem unbekannten Verfasser ist nur in Bruchstücken bekannt geworden (durch Pfeiffer in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, 1841, und in »Forschung und Kritik«, Wien 1863); eine dritte, noch ungedruckte, von einem Bischof Otto aus dem 13. Jahrh., enthält die gräfliche Bibliothek zu Solms-Laubach. Aus dem Deutschen flossen eine isländische »Barlaams-Saga« sowie das schwedische Volksbuch »Barlaam och Josaphat« (15. Jahrh.; bearbeitet von Keyser und Unger, Christiania 1851). Vgl. Zotenberg, Notice sur le livre de B. et J. (Par. 1886); E. Kuhn in den »Abhandlungen der königlich bayrischen Akademie«, 1893.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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