Quecksilberchlorīd

Quecksilberchlorīd

Quecksilberchlorīd (Merkurichlorid, Doppeltchlorquecksilber, Ätzsublimat, Sublimat) HgCl2 entsteht beim Erhitzen von Quecksilber in überschüssigem Chlor, beim Lösen von Quecksilberoxyd in Salzsäure oder von Quecksilber oder Schwefelquecksilber in salpetersäurehaltiger Salzsäure. Zur Darstellung erhitzt man schwefelsaures Quecksilberoxyd mit Chlornatrium in Glaskolben oder Tonretorten und erhält als Rückstand schwefelsaures Natron und ein Sublimat von Q. als ziemlich feste, weiße, kristallinische Masse. Q. bildet farb- und geruchlose, lange, glänzende Prismen vom spez. Gew. 5,4, schmeckt scharf metallisch, löst sich in 3 Teilen Alkohol und 4 Teilen Äther; 100 Teile Wasser lösen bei 10°: 6,57, 20°: 7,39, 50°: 11,34, 80°: 24,3, bei 100°: 54 Teile, es reagiert schwach sauer, wird neutral durch Alkalichloride, verflüchtigt sich zum Teil beim Verdampfen der Lösung, schmilzt bei 260°, sublimiert leichter als das Chlorür und wird durch viele Metalle und reduzieren de Substanzen, auch durch Licht zu Chlorür oder Quecksilber reduziert; durch Sauerstoffsäuren wird es nicht zersetzt, aber es löst sich reichlich in Salpetersäure. Auch Salzsäure und Salmiak erhöhen die Löslichkeit. Eiweiß wird durch Q. stark gefällt. Q. bildet Verbindungen mit Quecksilberoxyd, Schwefel-, Phosphor- und Jodquecksilber, auch mit den Alkalichloriden. Aus einer Lösung von Salmiak und Q. kristallisiert leicht lösliches Ammoniumquecksilberchlorid (Alembrotsalz, Salz der Wissenschaft) (NH4)2HgCl4+2H2O, das an der Luft verwittert und zum Vergolden dient. Oxychloride (Kleinit, Eglestonit, Terlinguait) finden sich bei Terlingua in Texas. Ammoniak fällt aus Q. Merkuriammoniumchlorid (Quecksilberamichlorid, Diquecksilberdiammoniumchlorid, weißer Quecksilberpräzipitat, Hydrargyrum praecipitatum album), ein farbloses, in Wasser und Alkohol unlösliches Pulver, das durch Licht zersetzt wird, in Säuren und heißen Lösungen von Ammoniaksalzen löslich ist, durch kochendes Wasser zersetzt wird und beim Erhitzen, ohne zu schmelzen, in Kalomel, Stickstoff und Ammoniak zerfällt. Es wird in Form von Salbe gegen parasitäre Hautkrankheiten, Ekzem, bei Augenkrankheiten, gegen Filzläuse etc., auch zur Darstellung von Zinnober benutzt. Q. dient zum Ätzen in Stahl, als Reservage in der Kattundruckerei, in der Hutmacherei, zum Imprägnieren (Kyanisieren) des Holzes, besonders der Eisenbahnschwellen, zur Konservierung tierischer Substanzen, zur Darstellung von Anilinrot und Quecksilberpräparaten etc. Es ist eins der heftigsten Gifte; örtlich wirkt es reizend und ätzend, erzeugt schwere Magendarmentzündung, große Mattigkeit, Ohnmachten, Benommenheit der Sinnes- und Empfindungswerkzeuge und den Tod unter heftigen Konvulsionen. Man benutzt es gegen Syphilis innerlich, als Bad (s. d., S. 240) und als Einspritzung unter die Haut sowie bei Hautausschlägen, Rose, Scheidengonorrhöe, Pruritus vulvae, auch gegen Sommersprossen. Zu Einspritzungen unter die Haut empfiehlt sich eine Lösung von Q. mit Zusatz von Chlornatrium oder filtriertem Hühnereiweiß (Quecksilberalbuminat), Glutinpeptonsublimat etc. Bei derartigen Präparaten sind die Schmerzhaftigkeit und die entzündliche Reizung gering. Es wirkt ungemein stark antiseptisch und findet daher namentlich in der Chirurgie, zur Desinfektion ausgedehnte Verwendung. Lösungen von 1:20,000 hemmen die Entwickelung der Bakterien, während zur völligen Aufhebung ihrer Fortpflanzungsfähigkeit Lösungen von 1:1000 nötig sind. Man benutzt zur Herstellung solcher Lösungen Sublimatpastillen, die etwas Chlornatrium (Kochsalz) enthalten, das die Haltbarkeit und Löslichkeit des Quecksilberchlorids erhöht, aber auch seine Giftwirkung herabsetzt. Die betreffenden Lösungen müssen mit destilliertem Wasser dargestellt werden. Ist man auf Brunnenwasser angewiesen, so ist diesem etwas Kochsalz, besser etwas Essig hinzuzufügen, um die Ausscheidung von Quecksilberoxychlorid zu vermeiden. Unter dem Namen Seračika verbraucht das serbische und rumänische Landvolk große Mengen Q. zur Bereitung von weißem Präzipitat, das als Schönheitsmittel und als Abortivmittel dient. Q. wurde von Geber entdeckt und war zur Zeit des Basilius Valentinus (15. Jahrh.) schon Handelsartikel. Die Darstellung aus schwefelsaurem Quecksilberoxyd und Chlornatrium wurde von Kunkel angegeben.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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