Platte [3]

Platte [3]

Platte (v. hebr. polat, »entwischen, entrinnen«), in der Gaunersprache ein Ort, wohin man sich flüchten kann, wo man sicherist, sodann organisierte Banden, deren Genossen sich zu einem gemeinsamen, verbrecherischen Handeln zusammenfinden. »Platte Leute« sind daher die Vertrauten der Gauner und »platt machen« bedeutet: im Freien nächtigen. Meist legen sich die Platten einen Beinamen, wie Olga-, Mizzi-, Bismarckplatte, bei. Sie bestehen fast durchweg aus jugendlichen Personen und zählen meist nur männliche Personen zu ihren Mitgliedern; die mit ihnen in Verbindung stehenden Mädchen versehen gewöhnlich die Stelle von Hehlerinnen. Die Platten sind meistens sogen. Diebsplatten. In neuerer Zeit sind solche entstanden, die Zechprellerei gewohnheitsmäßig betreiben und hierbei wenn notwendig auch vor Gewalttätigkeiten nicht zurückschrecken. Weniger gefährlich, wenn auch nicht weniger unangenehm für Publikum und Polizei, sind die sogen. Randalplatten, die plötzlich auftauchen und durch gewaltigen Lärm Ruhe- und Verkehrsstörungen verursachen. Zweck dieser letztern ist in erster Linie die Freude am Randal selbst, sodann die Schaffung einer Gelegenheit zur bequemern Verübung von Taschendiebstählen. Heimat der P. sind alle Großstädte, wo die jugendliche Bevölkerung weniger beaufsichtigt wird. Alle Länder und alle Zeiten kennen Platten. Die frühern Platten waren vielfach gefährlicher als die jetzigen, zumal sie ihre Tätigkeit auf weite Landstrecken ausdehnten. Jene P., der Hans Georg Schwarzmüller als »König« vorstand und in der später der 14jährige Johann Andreas Mahr eine führende Rolle einnahm, terrorisierte 1740–53 alle Schichten der Bevölkerung von Hildburghausen, erstreckte aber ihre Tätigkeit auch über Hessen und Thüringen. Diese P., die mehr als 130 Mitglieder zählte, hatte ihren »König«, übte die Gerechtigkeit über ihre Genossen nach eignem Rechte, dem sogen. Platterecht, hatte ihre eigne Sprache, Plattesprache, in der kein rein deutsches Wort enthalten war. Eine wirksame Bekämpfung des Platteunwesens ist nur dadurch möglich, daß man nicht nur dem Straßenbettel der Kinder, sondern auch ihrer Hausiertätigkeit in Häusern und Wirtschaften energisch zu Leibe geht.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Platte — Platte: Das aus mlat. platta »Metallplatte; Tonsur« (zu vlat. *plattus »flach«, vgl. ↑ platt) entlehnte Substantiv bezeichnete in den ältesten Sprachzuständen (ahd. platta, blatta) nur die Tonsur des Geistlichen (danach bedeutet »Platte« seit dem …   Das Herkunftswörterbuch

  • Platte [1] — Platte, 1) flacher, im Verhältniß zu seiner Breite u. Längedünner Körper, bes. von Metall u. von Stein, von Marmor zu Tischplatten, von Sandstein zu Belegen von Fußböden od. Fußwegen, auch von gebranntem Lehm, Ziegelplatten, zum Pflastern der… …   Pierer's Universal-Lexikon

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