Pfordten

Pfordten

Pfordten, Ludwig Karl Heinrich, Freiherr von der, bayr. Staatsmann, geb. 11. Sept. 1811 zu Ried im Innviertel, gest. 18. Aug. 1880 in München, studierte 1827–31 die Rechte, ward 1833 Privatdozent in Würzburg, 1834 außerordentlicher und 1836 ordentlicher Professor des römischen Rechts daselbst. Wegen seines geistreichen Vortrags und seiner Freisinnigkeit bei der akademischen Jugend beliebt, aber beim Ministerium Abel verdächtig, ward er 1841 plötzlich als Appellationsgerichtsrat nach Aschaffenburg versetzt, aber schon 1843 Professor an der Universität Leipzig. Im März 1848 als Minister des Auswärtigen in das sächsische Märzministerium berufen, kehrte er nach dessen Entlassung im April 1849 nach Bayern zurück, um das Portefeuille des königlichen Hauses und des Auswärtigen, im Dezember zugleich den Vorsitz im Ministerium zu übernehmen. Als Gegner der preußischen Hegemonie schloß sich P., 1854 in den Freiherrenstand versetzt, eng an Österreich an, betrieb die Wiederherstellung des alten Bundes und die Aufnahme Österreichs in den Zollverein. Die Triasidee, die Begründung eines »rein deutschen« Staatenbundes unter Bayerns Leitung neben Österreich und Preußen, war das Ziel seiner auswärtigen Politik. Seine innere Politik zog ihm von seiten der Liberalen heftige Angriffe zu, und die bei den Landtagsverhandlungen von 1859 erhobenen Beschwerden veranlaßten 1. Mai seine Entlassung. Am 13. Mai zum bayrischen Bundestagsgesandten ernannt, entfaltete er namentlich 1863–64 in der schleswig-holsteinischen Sache eine lebhafte Tätigkeit für die Ziele der Mittelstaaten und ihren Schützling, den Augustenburger. Seit Dezember 1864 wieder bayrischer Ministerpräsident, lehnte P. 1865 Bismarcks Antrag eines Bündnisses mit Preußen ab, suchte bei dem Herannahen des Konflikts vom Sommer 1866 zu vermitteln, schloß aber im Juni mit Österreich einen Separatvertrag und blieb demselben auch nach der Schlacht bei Königgrätz treu, indem er sich zugleich des französischen Schutzes versicherte. Als aber Österreich Friedensverhandlungen begann, bat auch er in Nikolsburg Preußen um Frieden. Indem er 22. Aug. 1866 das von Bismarck vorgeschlagene Schutz- und Trutzbündnis annahm, erlangte er verhältnismäßig günstige Friedensbedingungen; dennoch mußte er 29. Dez. 1866 zurücktreten. Eine Frucht seiner Muße waren die »Studien zu Kaiser Ludwigs oberbayrischem Stadt- und Landrecht« (Münch. 1875). – Seine Söhne: Hermann von der P., geb. 5. Juli 1857 in München, Dozent an der Universität daselbst, schrieb: »Handlung und Musik der Bühnenwerke Richard Wagners« (3. Aufl., Berl. 1903); »Musikalische Essays« (Münch. 1897, neue Folge 1899). – Otto von der P., geb. 23. Mai 1861 in Frankfurt a. M., lebt in München; schrieb eine Reihe historischer Dramen: »1812« (Heidelb. 1897, 2. Aufl. 1900), »Michelangelo« (1897), »Mohammed der Große« (1898), »Der König von Rom« (1900), »Friedrich der Große« (1902), »Die Osterlinge« (1903); ferner: »Werden und Wesen des historischen Dramas« (1901), »Versuch einer Theorie von Urteil und Begriff« (1906) und den Roman »Das offene Fenster« (1904), sämtlich in Heidelberg erschienen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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