Persische Literatur

Persische Literatur

Persische Literatur. Die Geschichte der persischen Literatur beginnt erst mit der Zeit, wo sich die neupersische Sprache zu bilden begann, d.h. mit dem Eindringen des Islams. Als die Araber das Sasanidenreich stürzten (651), war in demselben eine Fülle bedeutender orientalischer Kultur vorhanden. Fürsten und Priester (die Mobeds) hatten das Altpersische verjüngt und fortgebildet; aus dem Zend waren Schriften in das Pehlewi übertragen worden, und die Wissenschaft hatte treffliche Pfleger in den Nestorianern gefunden, die Byzanz vertrieb. Bei dem Ansturm der Muslimin gingen diese Kulturschätze zum großen Teil verloren, und nur in wenigen Fällen, insbes. beim Epos, konnte später noch an die alten Traditionen angeknüpft werden. Allerdings gaben die Perser mit dem Übertritt des größten Teiles der Nation zum Islam ihre Eigenart nicht verloren (vgl. Schiiten); in vielen Beziehungen aber konnten sie sich des arabischen Einflusses nicht entschlagen, und Inhalt und Form ihrer Literatur nahmen eine mehr oder weniger arabische Färbung an. Theologie, Rechts- und Staatswissenschaft, vorwiegend auch Mathematik, Astronomie und Medizin, wurden von den persischen Gelehrten in arabischer Sprache behandelt (s. Arabische Literatur). Das eigentliche Gebiet der persischen Literatur bleibt daher die Poesie, für die das Persische vermöge seiner Anmut sich vorzugsweise eignete, daneben die Geschichte; doch kommt für letztere erst mit der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. die persische Sprache zur Anwendung.

Schon vor der Herrschaft des Islams, unter der Dynastie der Sasaniden, wird von der Sage der Fürst Bahrâm-Gôr (420–438) als Erfinder der Verskunst und des Reimes bezeichnet (eine reizende Version dieser Sage s. in Rückerts »Östlichen Rosen«). Mohammed Aufi, der Verfasser des ältesten literarhistorischen Werkes der Perser (im Anfang des 13. Jahrh.), führt zwei persische Reimzeilen von diesem hochberühmten Herrscher an; Veranlassung dazu soll seine geliebte Sklavin Dilârâm (»Herzensruhe«) gegeben haben, welche die dichterische Anrede ihres Herrn und Geliebten mit gleichgemessenen und am Ausgang gleichtönenden Worten erwiderte. Unter Chosroes Parwes (s. Chosroes) soll der Dichter Bârbed gelebt haben, der in der Legende wie einer der spätern neupersischen Barden aussieht. Gewiß lebte in den ersten islamischen Zeiten die Poesie im stillen auch unter dem Volke weiter; aber erst seitdem die Auflösung des Kalifats selbständige Staatswesen persischer Nationalität erstehen ließ, trat die neupersische Poesie offen aus Licht. Sie entwickelte sich zunächst seit der Staatsverwaltung der Tahiriden, Sassariden und Samaniden (819–999) und ward von den Ghasnawiden (seit 976), Seldschuken (seit 1037) und spätern Geschlechtern gefördert, so daß vom 10. bis in das 14. Jahrh. die neupersische Dichtkunst in hoher Blüte stand.

Im ersten Zeitraum (900–1100) tritt die reinste und schönste Blüte der persischen Heldendichtung zutage. An seinem Eingang steht inmitten kleinerer Poeten, von denen nur einzelne Liedchen durch Aufi übermittelt sind (gesammelt und übersetzt von Ethé in den »Morgenländischen Forschungen«, Leipz. 1875), der große Dichter Rûdaki (gest. um 950), von dessen der Sage nach in 100 Bänden gesammelten Gedichten aber nur Bruchstücke erhalten sind. Etwa 50 seiner Lieder sind in Text und Übersetzung 1873 in den »Nachrichten der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften« von Ethé veröffentlicht worden. Dagegen ist uns in dem 1082 von Kâbûs, einem Herrscher von Gîlân, geschriebenen »Kâbûsnâme«, worin in 44 Kapiteln Moral und Lebensweisheit gepredigt wird, und das noch heute im Orient für den trefflichsten Fürstenspiegel gilt (übersetzt von Querry, Par. 1886; nach der türkischen Übersetzung ins Deutsche übertragen von v. Diez, Berl. 1811), ein wichtiges Werk aus jenen Anfangszeiten der neupersischen Literatur aufbewahrt geblieben. Ihr eigentlicher Aufschwung datiert aber von der Regierung des Ghasnawiden Mahmûd (998–1030), der nicht nur zahlreiche Dichter und Gelehrte um sich versammelte und dem bedeutendsten die Ehrenstelle eines Dichterkönigs verlieh, die von da ab stehende Hofcharge wurde, sondern der dichterischen Produktion auch zu einem größern innern Gehalt zu verhelfen wußte, indem er ihr eine nationale Grundlage gab und sie auf die reiche Fundgrube der alten Nationalsagen hinwies. Poeta laureatus wurde Unßuri (gest. 1039), der das alte Epos von »Wâmik und Asrâ« erneuerte und eine große Menge kleinerer Gedichte, besonders zum Lobe der Ghasnawiden, verfaßte. Größer war sein Schüler Farruchi (s. d.). Das Größte in der nationalen Heldendichtung leisteten Dakiki (s. d.) und Firdosi (s. d.). An das große Nationalepos des letztern, das »Schahnâme«, lehnten sich nachher viele andre Dichtungen aus denselben Sagenkreisen an, so das »Gerschâspnâme«, das »Dschehângîrnâme« u.a., die in Mohls Einleitung zu seiner Ausgabe des »Schahnâme« genauer besprochen sind. In diese erste Periode fallen auch noch die Vierzeilen des berühmten sufischen Scheichs Abu Saîd-i-Abu'l Chair (968–1049, zum Teil herausgegeben und übersetzt von Ethé in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie, 1875 und 1878) und Nâßir-i-Chosraus (1004–88) tiefsinnige didaktische Gedichte (gleichfalls teilweise herausgegeben und übersetzt von Ethé in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 33, 34,36, und in den »Göttinger Gelehrten Nachrichten«, 1882); ferner Menôtschehri (gest. 1090; hrsg. und übersetzt von Biberstein-Kazimirski, Par. 1887).

Mit dem 12. Jahrh. beginnt die zweite Periode (1100–1200), in der das nationale Element schon mehr zurücktritt, um einerseits dem panegyrischen Hofton Platz zu machen, anderseits in romantischen Stoffen auszugehen. In ersterer Weise, als höfischer Panegyriker, tat sich vor allen hervor Enweri (gest. um 1191). Der populärste unter den ältern mystischen Dichtern war Sanâi (gest. 1131 oder später), der in seinem »Garten der Wahrheit« die Geheimnisse des Wesens der Gottheit und der Menschheit zu durchdringen versuchte. Den Gegensatz zu ihm bildete der Satiriker Omar Chajjâm (s. d.). In Enweris Art dichtete auch der gelehrte Châkâni Hakâïki (gest. um 1199; hrsg. und übersetzt von Salemann, Petersb. 1875). Sein Zeitgenosse war Reschîd Watwât (gest. 1182), der Hauptgesetzgeber für die persische Metrik und Poetik. Der größte Glanz dieser Literaturperiode ging aber aus von Nisami (s. d.). Seine Liebesgeschichten blenden nicht allein durch anmutige Phantastik, sondern spannen auch durch meisterhaft ersonnene und kunstvoll durchgeführte Verwickelungen und sprechen durch das rein menschliche Gefühl, das sich in ihnen kundgibt, warm zu unserm Herzen.

In der dritten Periode (1200–1300), die historisch mit der Überschwemmung des Landes durch die Mongolen unter Dschengis-Chan zusammenfällt, wendet sich die poetische Tätigkeit mehr nach innen. Beschaulichkeit und theosophische Betrachtung herrschen vor, Mystik und Didaktik gelangen zur höchsten Blüte. Der Vorläufer der Hauptrepräsentanten dieser Richtung ist Ferîd ud Dîn Attâr (s. Attâr), der nicht nur selbst eine Menge mystischer und ethischer Originalwerke schrieb, sondern sich auch durch Sammlung bisher zerstreuter Schätze mystischer Weisheit verdient machte. Unter seinen eignen Werken übte das »Buch der Geheimnisse« (»Esrârnâme«) auf die Dichtung des größten mystischen Dichters der Perser bedeutenden Einfluß aus. Dieser war Dschelal ud Dîn Rumi (s. d.), dessen Dichtungen durch den gesamten Orient der Mittelpunkt des mohammedanischen Pantheismus sind. Als Hauptvertreter der didaktischen Poesie unter den Persern ist Saadi (s. d.) zu nennen, dessen moralphilosophische Hauptdichtungen »Rosengarten« (»Gulistân«) und »Fruchtgarten« (»Bostân«) sich durch liebliche Einfachheit der Erzählungen, denen Denksprüche in Prosa und Versen beigemischt sind, auszeichnen. Außerdem tat er sich auch als lyrischer Dichter hervor. Zu dieser Periode sind noch zu rechnen: Emir Chosrau aus Dehli (1253–1325) als Nachfolger Nisamis in der romantischen Erzählung; Mahmûd Schebisteri (gest. 1320), der Verfasser des »Rosenflors des Geheimnisses« (»Gulschen-i-râz«, pers. und deutsch von Hammer, 1838, pers.u. engl. von Whinfield, 1880; anonym, Lond. 1887); Chwâdschu Kirmâni (1281–1352), Verfasser eines »Fünfers«, der zwei Liebesromane, zwei mystisch-didaktische Gedichte und ein Lobgedicht auf einen Wesir umfaßt; der durch seine poetischen Fragmente oder Kit'as bekannte Ibn Jemîn (gest. 1344; deutsch von Schlechta-Wssehrd, 2. Aufl., Stuttg. 1879) u.a.

Der vierte Zeitraum (1300–1400) umfaßt die heitere Lyrik und bildet zugleich die Glanzperiode dieser Dichtungsart bei den Persern, im eigentlichen Gegensatze zu der schlimmen politischen Lage Persiens unter den Mongolen. Den Höhepunkt erreichte die Lyrik in Hafis (s. d.), einem der größten und berühmtesten aller Lyriker des Orients, dessen Gedichte zu den glänzendsten Erscheinungen der Weltliteratur gehören. Von andern verdient aus diesem Zeitraum noch Wassâf, der Lobredner des Sultans Abu Saîd aus der Familie Dschengis-Chans, Erwähnung, ein schwieriger, an Alliterationen, Wortspielen, Allegorien und gelehrten Anspielungen reicher Dichter, und Kâsim-i-Anwâr (gest. 1356). – Der fünfte Zeitraum (1400 bis 1500) ist als die Periode des Stillstandes zu bezeichnen. Er wird begrenzt durch Dschami (s. d.), den letzten Dichter erster Größe, der das, was nach dem Vorgang der großen Epiker, Mystiker und Lyriker noch zu tun übrigblieb, in hoher Vollendung in sich darstellte, dabei jedoch mehr Korrektheit, Glätte des Stiles und nachahmendes Talent als selbstschöpferisches Genie entfaltete. Mit dem sechsten Zeitraum (1500–1600) beginnt die Abnahme der Poesie. Von Dschamis Nachfolgern sind noch zu nennen: sein Schwestersohn Hatifi (s. d.), ferner Hilali (s. d.), Ahli von Schiraz (gest. 1535), Feisi (s. d.) und Fettahi (s. d.). – In die siebente Periode (seit 1600) gehören als die letzten bedeutendern Lyriker Persiens und Indiens: Tâlib aus Amol (gest. 1626), Ssâïb (gest. 1677 in Ispahan), der Kaiser Schah-Alam (der von 1759–1806 regierte und unter dem Namen Âftâb dichtete) u.a.; ferner mehrere große Epen, Nachahmungen Firdosis. In den beiden letzten Perioden ist die persische Poesie besonders reich an Sammlungen von Fabeln, Märchen, Novellen etc. Dieser Reichtum stammt aus Indien und ist durch die Perser zu den Arabern und von da weiter nach dem Okzident vermittelt worden. Auszuzeichnen sind die »Enwâr-i-suheili« (»Die Lichter des Kanopus«), die berühmte persische Bearbeitung der Fabeln des Bidpai durch Hussein Wâïs Kâschifi (gest. 1504; gedruckt Hertford 1805, öfters zu Kalkutta; hrsg. von Ouseley, Hertford 1851 u. ö.; übersetzt von Eastwick, das. 1854, und von Wollaston, Lond. 1877); der »Nigâristân« (»Bildersaal«) von Dschuweini; das »Tûtînâme« (»Papageienbuch«), eine Märchensammlung von Nachschebi (1330; in der Bearbeitung von Kādirī, pers.u. engl., Lond. 1801, deutsch von Iken, Stuttg. 1837; Neudruck, Berl. 1905; nach der türkischen Bearbeitung von Rosen, Leipz. 1858); »Behâr-i-dânisch« (d.h. »Frühling der Weisheit«) von Inâjet Ullâh in Indien (engl. von Scott, 1799; deutsch von Hartmann, Leipz. 1802), eine Sammlung von Erzählungen u. Novellen; »Bachtijârnâme«, die Geschichte des Prinzen Bachtijâr (hrsg. und übersetzt von Ouseley u. d. T.: »History of Bakhtyar and theten viziers«, Lond. 1801; pers. auch Par. 1839; franz., das. 1805); die romanhafte Geschichte von Hâtim Tâi (Kalkutta 1818 u. ö.; vollständige engl ische Übersetzung von Forbes, Lond. 1830); endlich der große 15bändige Roman »Bostân-i-Chajâl« (»Garten der Phantasie«), verfaßt in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. In das 18. Jahrh. fallen die märchenhaft novellistischen Behandlungen der Sagen von Hâtim ben Obaid durch Ferîd Ghafer Chan, ein für die Kenntnis morgenländischen Zauber- und Feenwesens wichtiges Werk, und von dem Räuber und Minstrel Kurroglu (deutsch von Wolff, Jena 1843, Auszüge daraus von Chodzko, Lond. 1842). Das Drama geht bei den Persern fast ebenso wie bei den Arabern leer aus; doch ist zu erwähnen, daß in Persien alljährlich der Tod Husseins, des Sohnes Alis, und andrer muslimischer Märtyrer mit großem Gepränge in der Art unsrer mittelalterlichen Mysterien dramatisch ausgeführt wird (vgl. Chodzko, Sur la littérature dramatique des Persans, Par. 1844, und Djungui Chehâdet, das. 1852; Théâtre persan, das. 1878).

Ein zusammenhängendes Werk über die poetische Literatur der Perser ist Hammers »Geschichte der schönen Redekünste Persiens« (Wien 1818), leider eine sehr ungenügende Arbeit. Für einen größern Leserkreis berechnet sind Pizzis »Storia della poesia persiana« (Turin 1894, 2 Bde.), Horns »Geschichte der persischen Literatur« (Leipz. 1901; berücksichtigt fast nur die poetische Literatur) und E. G. Browne, Literary history of Persia (Lond. 1902). Streng wissenschaftlich ist Ethés »Neupersische Literatur« (im »Grundriß der iranischen Philologie« von Geiger und Kuhn, Bd. 2, Straßb. 1896; behandelt die poetische Literatur gleichfalls besonders eingehend). Vgl. auch Goethe in den Noten zum »Westöstlichen Diwan«; Sir Gore Ouseley, Biographical notices of Persian poets (Lond. 1846); Sprenger, Catalogue of the manuscripts of the libraries of the king of Oudh (Kalkutta 1854); O. v. Schlechta-Wssehrd, Moralphilosophie des Morgenlandes aus persischen Dichtern erläutert (Leipz. 1892) u.a.

Die persische Geschichtschreibung behandelt teils die allgemeine Geschichte der mohammedanischen Staaten, teils Spezialgeschichte. Firdosis großes Nationalepos enthält in seinem zweiten, poetisch unbedeutendern Teil viel historisches Material, kann indes natürlich nicht als eine direkt geschichtliche Arbeit in Anspruch genommen werden. Das erste größere persische Geschichtswerk ist die auf Befehl des Samanidenfürsten Manßûr ben Nûh von Bal'ami 963 verfaßte persische Übersetzung der großen arabischen Chronik des Tabari (s. d.), von der eine vollständige französische Übersetzung von Zotenberg vorliegt (Par. 1867–74, 4 Bde.; pers., Kanpur 1896). Die Gewohnheit, wissenschaftliche Werke arabisch zu schreiben, stand der Fortbildung der Geschichtschreibung lange im Weg, und nur wenige Werke dieser Art sind aus dem 11. und 12. Jahrh. zu nennen, unter ihnen das freilich nicht eigentlich historische Buch über die Staatsverwaltung von dem berühmten Wesir Nisâm-ul-mulk (gest. 1092; »Sijâsetnâme«, hrsg. und übersetzt von Schefer, Par. 1891–97, 3 Bde.). Erst in der Zeit der Mongolenherrschaft sind größere Fortschritte sichtbar. Eine Universalgeschichte von den ältesten Zeiten bis 1259 vollendete Minhâdsch ben Sirâdsch Dschûzdschâni u. d. T.: »Tabakât-i-Nâssiri« (zum Teil veröffentlicht von Lees, Kalkutta 1864; übersetzt von Raverty, Lond. 1881–1897, 2 Bde.), eine andre, das »Tarîch-i-guzîde«, Hamdullâh Mustaufi 1329. Dschuweini (gest. 1283) verfaßte eine Geschichte Dschengis-Chans und seiner Nachfolger u. d. T.: »Târich-i-dschehânguschâi« und Reschîd ud Dîn von Hamadan eine Geschichte der Mongolen: »Dschâmi'-uttawârîch« (verfaßt 1310; Teile hrsg. und übersetzt von Beresin, Petersb. 1858–88; von Quatremère, Histoire des Mongols de la Perse, Par. 1836, Bd. 1). Zu erwähnen sind ferner: die Chronik des Wassâf (beendigt 1328), welche die Geschichte der Nachkommen Dschengis-Chans enthält und in einem überaus kunstreichen Stil geschrieben ist (pers. und deutsch von Hammer, Bd. 1, Wien 1856; pers. vollständig Bombay 1853); ebenso das »Zafarnâme« oder die Geschichte Timurs von Scheref ud Dîn Ali Jezdi (gest. 1454), französisch von Pétis de la Croix (Delft 1723, 4 Bde.; pers. gedruckt in der »Bibliotheca Indica«, Kalkutta 1887–88, 2 Bde.) und die große, in überaus rhetorischem Stil abgefaßte Universalgeschichte »Rauset ussafâ« (»Lustgarten der Lauterkeit«) von Mirchond (s. d.). Andre Geschichtswerke gleichen Inhalts sind das »Habîb-ussijar« von Mirchonds Enkel Chondemîr, das »Lubb-uttawârîch« (»Quintessenz der Chroniken«, verfaßt 1542) von Emîr Jahjâ (gest. 1555) etc.

Als die persische Sprache auch in Indien offiziell in Gebrauch kam, d.h. als die Zeit der indischen Großmoguls mit Bâber, Humâjûn und Akbar begann, wanderte mit der Poesie auch die Geschichtschreibung dahin und trug daselbst reiche Blüten. Eine vorzügliche und nahezu vollständige Sammlung aller Dokumente aus persischen Historikern, die auf die Geschichte Indiens von der Zeit der ersten mohammedanischen Eroberung bis zur Besitzergreifung durch die Engländer Bezug haben, ist in Elliots, von Dowson fortgesetzter »History of India as told by its own historians« (Lond. 1867–77, 8 Bde.) gegeben. Wir greifen aus der Fülle dieser Geschichtswerke nur einige heraus, z. B. Abdul Kâdir Badâûnis »Muntachab-uttawârîch«, eine allgemeine Geschichte Indiens, vollendet 1596 (Kalkutta 1865–69, 3 Bde.; engl. von Ranking und Lowe, das. 1884–98, 2 Bde.); das »Akbarnâme« (Kalkutta 1877–86, 3 Bde., dazu Index 1878–87, 3 Bde.; übersetzt von H. Beveridge, Heft 1–8, das. 1897–1903), die Geschichte Kaiser Akbars von Abu'l Fasl Allâmi (1551–1602), mit dem Supplementband des »Âîn-i-Akbari«, einer statistischen Schilderung des Mongolenreichs in Indien (hrsg. von Blochmann, Kalkutta 1872–77, 2 Bde.; nebst dem Anfang einer englischen Übersetzung, das. 1873, fortgesetzt von Jarrett, das. 1891–94); Ferischtahs Universalgeschichte Indiens: »Gulschen-i-Ibrâhîmi« (um 1606; lithographiert, Lakhnau 1281 d. H., von Briggs, Bombay 1831, 2 Bde.; übersetzt von Briggs, Lond. 1829, 4 Bde.); ferner das »Ikbâlnâme-i-Dschehângîri«, eine Geschichte Akbars und Kaiser Dschehângîrs von Mu'tamad Chan (gest. 1639; Kalkutta 1865); das »Pâdschahnâme«, eine Geschichte Kaiser Schahdschehâns von Abd ul Hamid von Lahor (gest. 1654; das. 1867–72, 3 Bde.); Mohammed Kâzims 1688 verfaßtes »Âlamgîrnâme«, eine Geschichte der ersten zehn Jahre der Regierung Kaiser Aurengzîb Âlamgîrs (das. 1868–73, 2 Bde.). und Mohammed Sâkî Musta'idd Chans »Maâsir-i-Âlamgîri«, eine vollständige Darstellung der gesamten Regierungszeit dieses Kaisers, verfaßt 1710 (das. 1871); außerdem Gholâm Husseins »Sair-ulmutaachcherîn« in 2 Bänden, die Periode von 1707–81 umfassend (Lakhnau 1283 d. H.; engl. von Hâdschi Mußtafâ, Kalkutta 1789; anonym, das. 1902; verkürzt u. d. T.: »Mulachchas-uttawârîch«, das. 1827). Ferner sind zu erwähnen: die verschiedenen teils authentischen, teils untergeschobenen Autobiographien großer Mongolenfürsten, so die »Tuzukât« oder »Malfûzât-i-Tîmûr«, angeblich eine persische Übersetzung der ursprünglich dschagataïsch geschriebenen Memoiren Timurs (teilweise pers.u. engl. von White und Davy, Oxf. 1783; ein Teil in engl. Übersetzung von Stewart, Lond. 1830); die »Wâki'at-i-Bâbari«, Sultan Bâbers Aufzeichnungen, ebenfalls ursprünglich in dschagataïschem Gewand (übersetzt angeblich von Mîrzâ Abd ur Rahîm, wahrscheinlich aber von Schaich Zain, einem Zeitgenossen Bâbars; hrsg. von Leyden und Erskine, das. 1826; das Original ist von Ilminski, Kasan 1857, und von A. S. Beveridge, Bd. 1, Leiden 1905, in franz. Übersetzung von Pavet de Courteille, Par. 1871, herausgegeben worden); das »Dschehângîrnâme«, angeblich Kaiser Dschehângîrs Autobiographie (engl. von Price, Lond. 1829; von Lowe, Heft 1, Kalkutta 1889) etc. Neben diesen Werken über die Geschichte Indiens haben wir zahlreiche andre über die Geschichte Persiens, so die Geschichte Nâdir Schahs von Mohammed Mehdî (vollendet 1757; Ausgaben von Tebriz, Teheran und Bombay; franz. Übersetzung von W. Jones, Lond. 1770, 2 Bde.); das »Târîch-i-Zendîje« des Ibn Abd ul Kerîm (hrsg. von E. Beer, Leiden 1888); über die Geschichte der Afghanen, die Geschichte von Taberistan, Kaschmir und den angrenzenden Ländern, über die Geschichte aller der kleinern Dynastien in Indien, Spezialhistorien von einzelnen Provinzen und Städten, Darstellungen der Taten Mohammeds und der Kalifen etc. Ein Kreis von derartigen Werken, der sich auf die Geschichte der kaspischen Länder bezieht, ist herausgegeben von Dorn: »Mohammedanische Quellen etc.« (Petersb. 1850–1858, 4 Bde.). Ebenfalls sehr reich ist die p. L. an Biographien von Gelehrten und Dichtern, von Aufis »Lubâb-ulalbâb« (um 1200 verfaßt) an bis zu dem modernsten, erst 1803 verfaßten »Machzan-ulgharâib« von Ahmed Ali Sendîlawi. Am bekanntesten unter diesen sind der ziemlich unkritische Dauletschâh (s. d.) und Lutf Alibegs (1722 bis nach 1784) vorzüglicher »Âteschkede« (»Feuertempel«; hrsg. von Bland, Heft 1, Lond. 1844).

Spärlicher, aber immerhin noch ansehnlich genug sind die Früchte, welche die p. L. auf dem Boden der eigentlichen Fachwissenschaften aufzuweisen hat. Hier tritt überall der bedeutende Einfluß arabischer Wissenschaft hervor. Nur das Gebiet des mystischen Pantheismus, der so recht in iranischem Boden wurzelt, ist selbständig angebaut und hat eine wahre Unzahl von mehr oder weniger systematischen Werken hervorgebracht. Das älteste ist das schon im 11. Jahrhundert verfaßte »Kaschf-ulmahdschûb« (vgl. hierzu Tholuck, Ssufismus, Berl. 1821). Die Geographie wird häufig in Geschichtswerken mit behandelt; als selbständige Werke sind zu erwähnen das Reisewerk (»Sefer-nâme«) des Nâßir-i-Chosrau (pers.u. franz. von Charles Schefer, Par. 1881); der Gesandtschaftsbericht des Rizâquli ChânRelation del'ambassade an Kharezm«, pers.u. franz. von Schefer, das. 1876–79, 2 Bde.) und »Heft Iklîm« oder »Die sieben Klimate« von Emîn Ahmed Râzi (verfaßt 1594), eine unerschöpfliche Fundgrube geographischen, biographischen oder bibliographischen Wissens. Für die Religionsgeschichte sind wichtig: »Ulemâ-i-Islâm«, das Nachrichten über die altpersische Religion liefert (pers.u. d. T.: »Fragments relatifs à la religion de Zoroastre« von Olshausen und Mohl, Par. 1829; deutsch von Vullers, Bonn 1831; engl. von Wilson in »The Parsi religion«, Bombay 1843); »Dabistân« (s. d.). In der Medizin, Pharmazie, Botanik, Physik hat die p. L. schätzbare Werke aufzuweisen, wovon wir hier nur die um 970 verfaßte Pharmakologie des Muwaffak von Herat (das älteste selbständige persische Prosawerk, hrsg. von Seligmann, Wien 1859) und das medizinische Kompendium »Tuhfat-ulmûminîn« von Mohammed Mûmin Husseini (um 1700; hrsg. Dehli 1266 und Ispahan 1274 d. H.) erwähnen. Die mathematischen Wissenschaften verdanken in der arabischen Literatur einen großen Teil ihrer Ausbildung persischen Gelehrten. Schon früh gab es persische Übersetzungen des Eukleides und Ptolemäos. Hauptsächlich förderte diese Studien Naßîr ed Dîn Tusi (gest. 1273), Direktor der von Hulâgu (1259) zu Merâgha erbauten Sternwarte und Verfasser eines noch vorhandenen Lehrbuchs über Geometrie, Astronomie und Astrologie (Rom 1594). Nach Merâgha mußten die ausgezeichnetsten Gelehrten kommen, und aus den dort gemeinschaftlich angestellten Beobachtungen gingen die »ilchanischen Tafeln« hervor (vgl. Jourdain, Mémoire sur l'observatoire de Méragha, Par. 1810). Nicht minder berühmt sind die »kaiserlichen Tafeln«, die der gelehrte Fürst Ulugh Beg (Enkel Timurs, gest. 1449), der die Sternwarte in Samarkand anlegte, mit andern gemeinschaftlich verfaßte (teilweise hrsg. und übersetzt von Gravius, Lond. 1650, und Hyde, Oxford 1665). Die Philosophie fand durch die Kenntnis der Werke der griechischen Philosophen früh bei den Persern Eingang, nur schrieben die persischen Gelehrten ihre hierher gehörigen Werke meist arabisch. Persisch sind z. B. einige ethische Schriften: »Kîmija-i-Sa'âdet« von Ghazali (s. d.); »Achlâk-i-Nâssiri« von Naßîr ed Dîn Tusi (lithographiert, Bombay 1267 d. H. u. ö.); »Achlâk-i-Muhsini« von Hussein Wâïs Kâschifi (s. oben; hrsg. Kalkutta 1809, Hertford 1853 u. ö.) u.a. Im Gebiete der Rhetorik sind zu erwähnen: »Hadâik-i-balâghat«, d.h. die Gärten der Beredsamkeit, von Schems ud Dîn Fakir (Kalkutta 1814) und »Nahr-ul-fassâhat«, d.h. der Strom der Beredsamkeit, von Mîrzâ Katîl (gest. 1817; das. 1822 und Lakhnau 1843). Außerdem haben die Perser auch zahlreiche Werke der altindischen Literatur übersetzt, z. B. die epischen Gedichte »Râmâyana« und »Mahâbhârata«, einzelne Upanischads etc.

Reichhaltige Verzeichnisse neupersischer Werke sind: Stewart, Descriptive catalogue of the oriental library of the late Tippoo Sultan of Mysore (Cambr. 1809); Sprenger, Catalogue (s. oben); Morley, Descriptive catalogue (höchst wertvoll für die historische Literatur der Perser, Lond. 1854); Flügel, Katalog der orientalischen Handschriften in der Wiener Hofbibliothek (Wien 1865–67, 3 Bde.); Rieu, Catalogue of the Persian manuscripts in the British Museum (Lond. 1879–83, 3 Bde.; Supplement 1895); Pertsch, Verzeichnis der persischen Handschriften der königl. Bibliothek zu Berlin (Berl. 1888); Sachau und Ethé, Catalogue of the Persian manuscripts in the Bodleian Library (Oxf. 1889); Browne, Catalogue of the Persian manuscripts in the Library of the University of Cambridge (Cambr. 1896); Ethé, Catalogue of Persian manuscripts in the Library of the India Office (Bd. 1, Oxf. 1903); die orientalischen Kataloge von München, St. Petersburg, Kopenhagen, Leiden, Gotha etc.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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