Olshausen

Olshausen

Olshausen, 1) Hermann, prot. Theolog, geb. 21. Aug. 1796 zu Oldesloe im Holsteinischen, gest. 4. Sept. 1839 in Erlangen, Sohn des als Kanzelredner und theologischer Schriftsteller bekannten Detlev Johann Wilhelm O. (gest. 14. Jan. 1823 als Konsistorialrat in Eutin), ward 1818 Repetentin Berlin, 1821 außerordentlicher, 1827 ordentlicher Professor der Theologie in Königsberg und ging 1834 in gleicher Eigenschaft nach Erlangen. Das bedeutendste und für seine weniger philologische als gemütvolle und andächtige Erfassung des Stoffes bezeichnendste seiner Werke ist: »Biblischer Kommentar über sämtliche Schriften des Neuen Testaments« (Bd. 1–4, Königsb. 1830–40 u. ö.; fortgesetzt von Wiesinger und Ebrard, Bd. 5–7, das. 1852–62).

2) Justus, namhafter Orientalist, Bruder des vorigen, geb. 9. Mai 1800 zu Hohenfelde in Holstein, gest. 28. Dez. 1882 in Berlin, studierte von 1816–23 in Kiel, Berlin und Paris orientalische Sprachen, promovierte 1823 in Kiel, wurde gleich danach außerordentlicher, 1830 ordentlicher Professor daselbst, 1845 Etatsrat, 1848 Kurator der Universität, während er zugleich (bis 1849) als Vizepräsident der Landesversammlung fungierte und als solcher energisch gegen den Druck Dänemarks auf die Elbherzogtümer protestierte. Infolgedessen 1852 von der dänischen Regierung seinen Stellungen enthoben, folgte er 1853 einem Ruf als Oberbibliothekar und Professor der orientalischen Sprachen nach Königsberg und wurde Ende 1858 als vortragender Rat in das preußische Kultusministerium zu Berlin versetzt, welche Stellung er bis 1874 bekleidete. O. veröffentlichte: »Emendationen zum Alten Testamente« (Kiel 1826); den Anfang einer kritischen Ausgabe des ZendavestaVendidâd«, Hamb. 1829, Teil 1); »Die Psalmen erklärt« (Leipz. 1853); »Lehrbuch der hebräischen Sprache« (Braunschw. 1861); »Prüfung des Charakters der in den assyrischen Keilinschriften enthaltenen semitischen Sprache« (Berl. 1865) u.a. Vgl. E. Schrader, Gedächtnisrede auf J. O. (Berl. 1883).

3) Theodor, schleswig-holstein. Patriot, Bruder der vorigen, geb. 19. Juni 1802 in Glückstadt, gest. 31. März 1869 in Hamburg, studierte die Rechte, lebte, als Demagog verfolgt, 1824–29 bald in Frankreich, bald in der Schweiz, wurde aber 1830 Advokat in Kiel, dann städtischer Beamter und redigierte seit 1830 das »Kieler Korrespondenzblatt«, in dem er mutig für die Selbständigkeit Schleswig-Holsteins eintrat. 1847 in die holsteinische Provinzialständeversammlung gewählt, ward er bei der Erhebung von 1848 und der Einsetzung einer provisorischen Regierung eins ihrer hervorragendsten Mitglieder, trat nach dem Waffenstillstand von Malmö (26. Aug. 1848) zurück, ließ sich indes in den Landtag wählen. Den Einmarsch der preußischen Truppen begrüßend, bekämpfte er die Intervention des Deutschen Bundes 1851, ging, von der dänischen Amnestie ausgeschlossen, nach Hamburg und, von hier im Juli ausgewiesen, nach New York, später nach St. Louis. 1865 nach Europa zurückgekehrt, lebte er zuerst in Zürich, dann in Hamburg. Von seiner Beschreibung der Vereinigten Staaten erschienen nur drei Teile: »Das Mississippital« (Kiel 1853), »Der Staat Missouri« (das. 1854) und »Der Staat Iowa« (das. 1855); außerdem verdient seine »Geschichte der Mormonen« (Götting. 1856) Erwähnung.

4) Robert Michaelis, Mediziner, Sohn von O. 2), geb. 3. Juli 1835 in Kiel, studierte seit 1853 dort und in Königsberg, wurde 1859 Assistent von Martin in Berlin, habilitierte sich 1862 als Privatdozent für Geburtshilfe in Halle und wurde daselbst 1863 zum außerordentlichen, 1864 zum ordentlichen Professor der Geburtshilfe und Gynäkologie sowie zum Direktor der Universitätsfrauenklinik befördert. 1887 folgte er einem Ruf in gleicher Stellung nach Berlin. O. erwarb sich große Verdienste um die operative Gynäkologie, speziell um die Ausbildung der Ovariotomie und der Totalexstirpation der Gebärmutter, auch führte er die Auskratzung der erkrankten Gebärmutterschleimhaut in die Praxis ein und gab eine neue Methode des Dammschutzes an. Er schrieb: »Die Krankheiten der Ovarien« (in Billroths »Handbuch der Frauenkrankheiten«, Stuttg. 1877; 2. Aufl. in Billroth und Lückes »Deutscher Chirurgie«, das. 1886); »Klinische Beiträge zur Gynäkologie und Geburtshilfe« (das. 1884); auch lieferte er mit Veit eine Neubearbeitung von Schröders »Lehrbuch der Geburtshilfe« (5. Aufl., Bonn 1902). Mit Hofmeier gibt er die »Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkalogie« heraus.

5) Justus, Kriminalist, Bruder des vorigen, geb. 10. April 1844 in Kiel, trat in Berlin in die juristische Praxis ein, ward 1873 zum Staatsanwaltsgehilfen in Königsberg, 1875 zum Obergerichtsassessor in Celle, 1878 zum Kreisrichter daselbst, 1879 zum Landrichter in Kottbus ernannt, in demselben Jahr auch zeitweise im königlichen Justizministerium mit Organisationsarbeiten beschäftigt, sodann 1880 als Landrichter nach Berlin, 1885 als Landgerichtsdirektor nach Schneidemühl, 1887 als Rat an das königliche Kammergericht in Berlin versetzt, mit welcher Stellung er seit 1888 die eines Dozenten für Rechtswissenschaft an der königlichen Forstakademie Eberswalde verband. 1890 wurde er Rat beim Reichsgericht und im Juni 1899 zum Oberreichsanwalt ernannt. Unter seinen Schriften sind zu nennen: »Die Einsprüche dritter Personen in der Exekutionsinstanz nach gemeinem und preußischem Recht« (Berl. 1874); »Der Einfluß von Vorbestrafungen auf später zur Aburteilung kommende Straftaten« (das. 1876); »Beiträge zur Reform des Strafprozesses« (das. 1885); »Das Gesetz betreffend das geistige Eigentum« (das. 1894), besonders aber sein reichhaltiger »Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich« (das. 1879–1883, 2 Bde.; 7. Aufl. mit Zweigert, 1905). Von der Strafgesetzgebung des Deutschen Reiches gab er auch eine Textausgabe mit Anmerkungen heraus (8., bez. 2. Aufl., Berl. 1905, 3 Tle.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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