Natal [1]

Natal [1]

Natal, brit. Kolonie an der Ostküste von Südafrika (s. Karte bei »Kapkolonie«), zwischen Indischem Ozean (O.), Britisch-Kaffraria (S.), Basutoland und Oranjeflußkolonie (W.) und Transvaal (Norden), mit 89,900 qkm Fläche. Das Land steigt vom welligen Küstenstreifen (30 km breit) in drei Terrassen (200, 800, 1100 m) gegen die Westgrenze zu den Kathlamba- oder Drakenbergen (s. d.) an. Der geologische Bau, ähnlich dem der Kapkolonie (s. d.), zeigt im östlichen Teile über Granit, Gneis und kristallinischen Schiefern, die an einzelnen Stellen hervortreten, lagernde Sandsteine (Tafelbergsandstein) der Kapformation, diskordant bedeckt von wenig ausgedehnten, ammonitenreichen Kreideschichten; im Innern folgen Ablagerungen der Karruformation, zum Teil kohleführend. Steinkohlen werden ausgebeutet bei Newcastle im Clip River County, am Movifluß und an der Küste; 1902 betrug die Förderung 592,821 Ton., an Ort und Stelle im Werte von 512,574 Pfd. St erl. Außerdem findet man Gold, auch am Tugelafluß, Eisen, Salpeter, Kupfer und Blei. Das Klima, wärmer als im Kapland, ist an der Küste gleichmäßig (Seeklima), im Innern nicht (Kontinentalklima); Ostwinde herrschen vor und bringen im Sommer Regen, im Herbst West- oder Südwestwinde. Temperatur: Durban im Jahr 19,8°, Pieter-Maritzburg (639 m) 17,5° im Jahr (Jahresextreme). Durchschnittlich fallen 95 cm Regen (Durban 102, Pieter-Maritzburg 77 cm), am meisten in der wärmern Jahreszeit. Die Vegetation Natals gleicht der der Kapkolonie (s. d.); die Gesträuchformationen, die den größten Teil des Kaplandes bedecken, erreichen hier ihre nördliche Grenze. An den Küsten findet sich dichter Tropenwald, während die Hügelterrassen offene Savannen mit Mesembryanthemum Stopelia, Aloe, Zwiebelgewächsen und der meterhohen Amaryllis Belladonna bilden. Die Küstenregion erzeugt tropische Kulturen: Zuckerrohr, Reis, Kaffee, Tee, Indigo, Tabak, Baumwolle, Ananas, Orangen, Bananen etc. Die erste Terrasse ist reiches Grasland, wo Mais, Hafer, Gerste, Kartoffeln gedeihen, die zweite dichtbewaldetes Hügelland, beide mit vortrefflichen Weiden. Von der letzten und höchsten Bergregion fließen die Gewässer dem Indischen Ozean zu. Der Hauptfluß ist die Tugela. Andre Flüsse sind: der Umzimkulu, Umkomanzi, Umgeni und Umwoti, meist goldhaltig, aber nicht schiffbar. Die ursprüngliche Fauna hat sich durch Kultivierung des Landes mannigfach geändert. Löwe und Elefant sind verschwunden, nur der Leopard ist vorhanden; ferner Antilopen, Goldmull (zu den Insektenfressern gehörig), giftige Schlangen (besonders Echidna); Termiten und die Blutwanze (Tiek der Kolonisten) können zur wahren Landplage werden. Europäische Haustiere gedeihen gut, besonders in den nördlichen Distrikten die Schafe (vortreffliche Wolle).

N. bildet seit 1893 eine autonome Kolonie mit verantwortlicher Regierung; seit 1897 ist Sululand, seit 1903 sind die früher zur südafrikanischen Republik gehörigen Distrikte Utrecht, Vrijheid und (zum Teil) Wakkerstroom mit N. vereinigt. An der Spitze steht ein vom König ernannter Gouverneur, ihm zur Seite sechs Minister und zwei Kammern (die Gesetzgebende Versammlung: 39 Mitglieder [2 für Sululand]). Die Bevölkerung betrug 1901: 971,500 (11 auf 1 qkm) ohne Wakkerstroom, davon in Sululand 201,635; in Utrecht 18,036, in Vrijheid 38,373. Für Volksbildung ist seit 1877 viel getan, namentlich durch verschiedene Religionsgemeinschaften. Die Regierung unterstützt die öffentlichen Schulen, von denen 270 für Europäer (1902) 10,816 Schüler und 207 für Eingeborne 11,032 Schüler haben, durch einen Jahreszuschuß von 107,000 Pfd. Sterl. Außerdem noch 18 Schulen für Indier (1133 Schüler; 1345 Pfd. Sterl.). Allen Konfessionen ist freie Ausübung ihrer Religion gewährleistet; ein anglikanischer und ein katholischer Bischof residieren in der Hauptstadt. Hauptbeschäftigungen sind Ackerbau und Viehzucht, auch wird Bergbau auf Kohle (s. oben) betrieben. Der Viehstand der Europäer und der Eingebornen war 1902: 35,220, bez. 30,358 Pferde, 239,493, bez. 275,226 Rinder, 89,066, bez. 512,413 Ziegen, 482,771, bez. 73,155 Schafe. Die Angoraziegen gehören ausschließlich Europäern. Zur Hebung der unbedeutenden Industrie hat die Regierung Prämien ausgesetzt. Der überseeische Handel geht über Durban, den einzigen Hafen der Kolonie. 1902 betrug die Einfuhr (Kurz- und Modewaren, Eisen und Eisenwaren, Kleider, Leder- und Apothekerwaren etc.) 13,317,445, die Ausfuhr (Wolle, Angorahaar, Häute und Felle, Gold, Zucker, Kohle, Silber) 7,218,856 Pfd. Sterl. Die Eisenbahnen haben (1902) 1022 km Länge; die Hauptlinie von Durban hat Anschluß nach Johannisburg und Pretoria. Die Telegraphenlinien sind 2772 km lang. Postanstalten bestanden 317 (auch Telephon). Ein Kabel verbindet Durban mit Aden. Die Einkünfte betrugen 1901/02: 3,439,820, die Ausgaben 3,097,601, die Kolonialschuld 12,519,143 Pfd. Sterl. Administrativ zerfällt N. in 24 Divisionen, außer den neu hinzugekommenen Besitzungen (s. oben). N. ist seit 1898 mit der Kapkolonie durch Zollverein verbunden. Hauptstadt ist Pieter-Maritzburg, Haupthafen und Handelsort Durban (s. d.).

Die Küste von N. wurde zuerst Weihnachten 1497 von Vasco da Gama erreicht und, weil er am Weihnachtstag (dies natalis Domini) hierher kam, N. genannt. Um 1575 besuchte der Portugiese Perastrello das Land N.; doch wurde es trotz seiner günstigen Lage nicht kolonisiert. Noch im 17. Jahrh. gab es neben der herrschenden Kaffernbevölkerung Reste von Hottentotten in N. Erst 1719 gründeten die Holländer daselbst eine Kolonie, die jedoch bald wieder einging. Keinen längern Bestand hatte die vom englischen Leutnant Farewell 1824 gegründete Niederlassung. Kapitän Gardiner bereiste das Land 1835 in verschiedenen Rich ungen, trat in freundschaftliche Verbindung mit dem Sulukaffernkönig Dingaan und erhielt von ihm über 28,000 qkm Landes abgetreten. Er gründete Durban und konstituierte die Kolonie als Republik Victoria, bat aber die englische Regierung vergebens, sie als britische Kolonie in Besitz und Schutz zu nehmen. Gardiner verließ deshalb N., und die Kolonie ging wieder ein. Inzwischen kamen 1837 nach und nach verschiedene Züge unzufriedener Buren, die aus der Kapkolonie auswanderten, nach N., bestanden unter Peter Retief, Gert Maritz (5. Febr. 1838 im Sululager niedergemetzelt) und Andreas Pretorius mehrere siegreiche Kämpfe (so 16. Dez. 1838 bei Umslato) gegen die Sulukaffern und gründeten im eroberten Gebiet das zum Andenken an Peter Retief und Gert Maritz genannte Pieter-Maritzburg. Die Kolonie, die Batavisch-afrikanische Maatschappij, wie die Buren ihre Niederlassung in N. nannten, blühte rasch auf und konstituierte sich im November 1839 als unabhängige Republik Port Natal. Aber der Gouverneur der Kapkolonie, Sir George Napier, bestritt 1840 den Buren das Recht, in N. einen unabhängigen Staat zu gründen, und begann 1842 die Feindseligkeiten, infolge deren im Sommer 1842 (endgültig 1845) das Gebiet von N. der britischen Hoheit unterworfen wurde, die Buren aber meist in das Gebiet des Vaal und Oranje auswanderten. Die zurückgebliebenen Buren wurden zufrieden gestellt und ordneten sich willig der britischen Herrschaft unter. N. wurde 1856 zu einer besondern, von der Kapkolonie unabhängigen Kolonie erhoben, durch verschiedene neue Erwerbungen (zuletzt 1865 Alfredia) vergrößert und durch die Zertrümmerung der Sulumacht (1879) gefestigt. Über die Kämpfe der Buren gegen die Engländer Ende 1899 bei Ladysmith und Colenso, Anfang 1900 am Spionskop und am Vaalkrantz s. den Artikel »Südafrikanischer Krieg«. Der danach eingerichtete südafrikanische Zollverband hatte für N. zunächst keine Vorteile; vielmehr war die Finanzlage der Kolonie 1905 sehr bedrängt. Anfang 1906 machte sich unter der einheimischen Bevölkerung eine Gärung bemerkbar, die ein größeres Aufgebot veranlaßte. Der Protest des britischen Kolonialamts gegen die harte Bestrafung der Rädelsführer veranlaßte Ende März (auf wenige Tage) den Rücktritt des Ministeriums von N. Vgl Brooks, History and description of the colony of N. (Lond. 1876); E. v. Weber, Vier Jahre in Afrika (Leipz. 1879); Peace, Our colony of N. (Lond. 1885); R. Russell, N., the land and its story (6. Ausg., das. 1900); Ingram, Natalia, history of N. and Zululand (das. 1897); Burleigh, N. campaign (das. 1900); v. Wernsdorff, Ein Jahr in Rhodesia. Skizzen aus N. und Zululand (Berl. 1899); Barnett and Sweeney, N., the state and the citizen (Lond. 1904); Rowell, N. and the Boers (das. 1900); »Official handbook of the colony of N.« (das.); »Natal-Almanac«; »Statistical yearbook«. Karten: von Russell (Lond. 1897) und »Karte von N. etc.«, 1: 800.000 (Berl., D. Reimer, 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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