Nägel [1]

Nägel [1]

Nägel (Ungues), dünne Hornplatten auf den letzten Finger- und Zehengliedern der Wirbeltiere. Es sind Verhärtungen der Oberhaut und gehen daher an ihren Rändern in die Haut über, liegen aber in einer besondern Vertiefung der Lederhaut, dem sogen. Nagelbett. Die Nagelwurzel ist der hintere dünnere und weichere Teil der N., die in der Lederhaut verborgen ist und beim Menschen nur als ein weißer Fleck (Möndchen, Lunula) hervorsieht. Im Bau weichen die N. nur unwesentlich von der übrigen Oberhaut (s. Haut, S. 902) ab, bestehen daher aus einer äußern Horn- und einer innern Schleimschicht, die beim Wachstum ihre Lage beibehält, während die Hornschicht beständig nach vorn geschoben wird. Wie die Oberhaut und ihre Haare sind auch die N. gefäß- und nervenlos, daher unempfindlich. Doch sind sie für die Feinheit des Gefühls der Finger und Zehen sehr wichtig, da ein Druck, der auf die Tastwärzchen der Haut an den Fingerspitzen wirkt, in dem festen Nagel einen Gegendruck findet und die Einwirkung des Druckes auf die Nerven enden nun um so sicherer wird. Sie werden beim Menschen bis zu 5 cm lang Zu ihrer gänzlichen Erneuerung sind an den Fingern 120–140, an den Zehen 180–300 Tage (an der großen Zehe sogar mehr als ein Jahr) erforderlich. – Bei Schwindsüchtigen und an andern chronischen Lungenleiden Erkrankten pflegen die N. der Finger stark gewölbt zu sein, weil das letzte Fingerglied mit dem Schwunde des Fettes dünner und schwächer wird. Bei länger dauernden fieberhaften Krankheiten bleiben die Fingernägel im Wachstum zurück, eine quer verlaufende flache Rinne bezeichnet nach der Genesung diese Wachstumshemmung. Bei schwerer Ernährungsstörung der Haut, wie sie z. B. bei den akuten Exanthemen und auch bei Quecksilberkuren vorkommt, werden unter anderm die N. trocken, rissig und brüchig. Hatte sich Blut oder Eiter unter dem Nagel angesammelt, so wird dieser meist abgestoßen, nach einiger Zeit aber durch einen neuen Nagel ersetzt. Ein sehr beschwerliches Übel entsteht durch Einwachsen des Nagels in das Fleisch (Nagelzwang). Dies ist bedingt durch das Herausdrücken der Weichteile infolge von Zusammenpressen der Zehen durch enge Schuhe und kommt beinahe nur an der großen Zehe vor, hauptsächlich an der Seite, die der zweiten Zehe zugewendet ist. Der Reiz des Nagelrandes bewirkt eine schmerzhafte Entzündung, die zu hochgradiger Verbildung des ganzen Nagelgliedes führen kann. Bei den leichtern Graden des Übels legt man ein Blättchen von Blei unter den Rand des Nagels, das man durch einen Heftpflasterstreifen befestigt. Dadurch wird der Nagel in die Höhe gehoben und das Fleisch herabgedrückt. Höhere Grade des Übels erfordern die Wegnahme des ganzen Nagels oder eine Spaltung der Länge nach und Ausziehen der reizenden Hälfte. Auch bei Entzündungen und Vereiterungen des Nagelbettes tut man gut, sich rechtzeitig an einen Arzt zu wenden. Zuweilen entwickeln sich in den Nägeln der Finger und Zehen Pilze, welche die Textur der N. wesentlich beeinträchtigen (Nagelgrind, Onychomykosis). Der Nagel erscheint dann verdickt, aber nur in seiner obern Platte noch normal hart, während die tiefern Schichten der Nagelsubstanz weich und leicht zu zerbröckeln sind und gelbe Pilzmassen enthalten. Die Behandlung erfordert langdauernde Bäder in warmem Laugen- oder Seifenwasser, Entfernung der weichen Schüppchen, Abschneiden der N. und Bürsten mit starkem Alkohol, Sublimatlösung oder Seifenspiritus (vgl. auch Nagelverkrümmung). Vgl. Schultz, Haut, Haare und N., ihre Pflege etc. (4. Aufl., Leipz. 1898); Heller, Die Krankheiten der N. (Berl. 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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