Motorboote

Motorboote

Motorboote (hierzu Tafel »Motorboote«), durch Kraftmaschinen getriebene kleine See- und Flußfahrzeuge, hauptsächlich für Schnellbetrieb. Man verwendet Explosionsmotoren (Daimler, Deutz, Bertheau u.a. für Benzin, Gasolin, Sauggas, Spiritus, Naphtha und Petroleum) mit oder ohne Wassereinspritzung und Gleichdruckmotoren (Diesel u.a. für Masut, Borneoöl, Texasöl, Teeröl). Vorzüge der M. gegen Dampfboote sind: große Gewichtsersparnis bei der Maschinenanlage, weil Kessel, Dampfrohre und Kondensator fortfallen; die Anlage und ihr Betrieb ist billiger, erfordert weniger Bedienungsmannschaft, der flüssige Brennstoff ist leichter und braucht weniger Platz als Kohlen; die Betriebsgefahr ist geringer als bei Dampfmaschinen. M. sind stets betriebsbereit und entwickeln keinen Rauch. Am billigsten arbeiten Dieselmotoren (1/6 der Wasserdampfmaschine, 1/30 der Naphthamaschine, 1/5 der Benzinmotoren, 1/8 der Spiritusmotoren). Die meisten M. haben Viertaktmotoren, der schwedische Bertheaumotor hat zwei Zylinder mit Zweitaktmotoren, neuere M. haben vier Zylinder mit Zweitaktmotoren. Fig. 4 zeigt einen stehenden Bootsmotor (Zwillingsmotor), Fig. 5 einen liegenden Bootsmotor (Balancemotor). Nachteile der M. sind: alle Ölmotoren laufen nur in einer Richtung, deshalb sind Umkehrkuppelungen (Wechselgetriebe zwischen Motor und Propellerwelle) oder Wendeschrauben (umstellbare Schraubenflügel mit Gestänge in der hohlen Welle) erforderlich, die aber nur bei kleinen Motorbooten mit der Hand, durch Hebelwirkung vom Vorwärts-auf Rückwärtsgang umgestellt werden können. Bei größern Motoren sind sowohl zum Andrehen (in Gang setzen) wie auch zur Umsteuerung Hilfsmaschinen erforderlich, deren sicheres Wirken bis jetzt noch Mängel zeigt. Dieser Mangel an Manövrierfähigkeit ist der Hauptnachteil der M.; bei Benzinmotoren kommt auch noch die Gefahr von Explosionen vor. Alle M. sind infolge des ungleichmäßigen Ganges der Motoren stärkern Erschütterungen der Gestänge und Schraubenwellen ausgesetzt als Dampfboote.

M. werden sehr vielseitig verwendet: als Verkehrsboote (Fig. 2) in Häfen, auf Flüssen und Binnenseen, da ihr Betrieb zum Personen- und Frachttransport viel billiger ist, auch, wo erforderlich, größere Geschwindigkeit leistet als bei Dampfbooten gleicher Größe; ferner als Polizei- und Zollwachtboote, Rettungsboote (zuweilen zugleich Spritzen- und Pumpenboote), als kleine Schlepper, als Leichterfahrzeuge in überseeischen Häfen, wo Schlepper fehlen, als Jachten (neuerdings werden auch größere gedeckte Luftfahrzeuge mit Salonaufbauten als M. gebaut; Fig. 1). Besonders bewährt haben sich M. als kleine und große (gedeckte) Beiboote für Segel- und Dampfjachten, Seedampfer und neuerdings auch als Kriegsschiffsbarkassen, Torpedobarkassen (Thornicroft baut solche von 12 m Länge mit 18 Seemeilen Geschwindigkeit und mit zwei Torpedolanzierrohren). In der deutschen Marine sind M. verschiedener Größe als Beiboote für Schiffe im Gebrauch. Zu den Motorbooten sind auch die Hochseefischerfahrzeuge und Segeljachten zu rechnen, die Motoren als Hilfskraft bei Windstille, in Hafeneinfahrten etc. benutzen; sie machen den Betrieb wirtschaftlicher, weil sie den Fang schneller zum Markte bringen, und sind besonders in Dänemark und Frankreich schnell eingebürgert. Diese Hilfsmotoren können auch zum Treiben von Win den für die Schleppnetze und von Ankerspillen benutzt werden. In Holland sind viele Kanalfahrzeuge, auch Schuten und Kuffen, als M. gebaut. Beim Segeln wird die Hilfsschraube senkrecht gestellt, und ihre Wendeflügel werden so gestellt, daß sie keinen Wasserwiderstand haben. Unter den Wendeschrauben hat sich Meißners Umsteuerschraube (Fig. 3) besonders gut bewährt; bei ihr kann durch beliebige Stellung der Schraubenflügel die Steigung der Schraube nach Bedarf geändert werden, sowohl um der Schraube die günstigste Steigung für die Umdrehungen des Motors zu geben, als auch um den Steigungssinn der Schraube gänzlich von Vorwärtsgang auf Rückwärtsgang umzuschalten, während der Motor seinen gleichmäßigen einseitigen Gang beibehält. In der hohlen Schraubenwelle sitzt eine Schubstange, die einen in der hohlen Schraubennabe befindlichen prismatischen Kreuzschieber mit Kurbelzapfen je nach Bedarf in je eine von drei Stellungen bringt; die Kurbelzapfen greifen in Kurbelschleifen der Schraubenflügelflanschen und geben den Schraubenflügeln die gewünschte Steigung.

Am weitesten verbreitet ist die Verwendung der M. zu Sportszwecken als Schnellboote oder Rennboote, und zwar besonders in Frankreich und England, in neuester Zeit auch in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Nach mancherlei Versuchen hat sich bei diesen Schnellbooten eine eigentümliche Boots form entwickelt, Kretzschmers Tetraederform: ihr sehr breites, aber niedriges Hauptspant liegt am Heck, der Bug ist meist ein hoher, stehender Keil; die Verbindungslinien zwischen Vorsteven und Hauptspant sind meist nahezu gerade (Doppelkeilform); die Schraubenwelle führt schräg zum Kiel nach unten, die Schraube liegt unter dem Hinterteil des Bootes. Bei schneller Fahrt hebt sich das Boot vorn weit aus dem Wasser und gleitet hinten fast ganz auf der Wasseroberfläche, findet also geringsten Wasserwiderstand und keine Saugwirkung am Heck; die bei Schiffen die Fahrt hemmende Bugwelle verschwindet fast vollständig. Bis Anfang 1906 waren die schnellsten Rennboote: das französische Rapée III, 8 m lang, 1,25 m breit, 1,2 Ton. schwer mit Benzinmotor von 80 Pferdekräften; es leistete mit einer Schraube von 66 cm Durchmesser bei 960 Umdrehungen in der Minute 40,4 km (21,8 Seemeilen) in der Stunde; das deutsche Motorboot Blitzmädel, 12 m lang, mit Daimlermotor von etwa 90 Pferdekräften, leistete bei 1120 Umdrehungen 44 km (23,6 Seemeilen) in der Stunde; ein englisches Yarrowboot, 12 m lang, 1,5 m breit, 3,5 Ton. schwer, mit zwei vierzylindrigen Napier-Benzinmotoren von 120 Pferdekräften und Doppelschrauben, leistete 48 km (26 Seemeilen) in der Stunde auf glattem Wasser. Das Yarrowboot ist aus Stahlblech, hat 450 Lit. Benzinvorrat, der bei voller Fahrt für 130, bei 3/4-Fahrt für 260 Seemeilen Strecke reicht. Die Rennboote sind aus feinstem Torpedobootsstahl oder Mahagoni (der glatten Oberfläche wegen) gebaut und haben vorn meist ein Walfischdeck zum Schutze der Motoren und des Steuermanns. Über Verwendung von Motoren bei Unterseebooten s. d.

Wettfahrten von Motorbooten (Rennbooten) finden jährlich statt auf der Kieler Woche (vom deutschen Automobilklub veranstaltet); von Calais nach Dover (Rekord 1905: Mercedes IV 1 Stunde 7 Sek.). Im April 1905 nahmen in Monaco anläßlich einer Motorbootausstellung insgesamt 93 Stück 8–18 m lange Rennboote an einer Seeregatta teil, wobei die größten M. die 100 km-Strecke in 3 Stunden 10 Min. 53 Sek. zurücklegten; das Motorboot Dietrich II erledigte die 140 km-Seestrecke in 4 Stunden 41 Min. 25 Sek. Zweifellos hat der Motorbootssport größere Zukunft und mehr allgemeine Sympathie als der für den allgemeinen Verkehr ungleich vi et gefährlichere Automobilsport am Lande.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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