Mill

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Mill, 1) James, engl. Historiker und Nationalökonom, geb. 6. April 1773 in der schottischen Grafschaft Forfarshire, gest. 23. Juni 1836, studierte in Edinburg Theologie, widmete sich seit 1802 in London der Schriftstellerei und ward Mitarbeiter an mehreren Zeitschriften. Seine »History of British India« (Lond. 1818–19, 6 Bde.; neue Ausg. 1872. 10 Bde.) ward mit allgemeinem Beifall aufgenommen, und obwohl sie die Mißbräuche der indischen Verwaltung schonungslos aufdeckte, erhielt ihr Verfasser 1819 von der Ostindischen Kompanie einen einträglichen Posten im India House. M. schrieb ferner: »Elements of political economy« (Lond. 1821, neue Ausg. 1846) und eine Anzahl philosophischer Werke, darunter »Analysis of the phenomena of the human mind« (1829; neue Ausg., mit Anmerkungen von John Stuart M., 1869; 2. Aufl. 1878, 2 Bde.). Eine Charakteristik von ihm liefert die Autobiographie seines Sohnes (s. unten). Vgl. Bain, James M. (2. Aufl., Lond. 1887).

2) John Stuart, Philosoph und Nationalökonom, Sohn des vorigen, geb. 20. Mai 1806 in London, gest. 8. Mai 1873 in Avignon, wurde von seinem Vater mit völliger Beiseitelassung jedes Religionsunterrichts erzogen, zeigte bereits mit 14 Jahren eine solche Frühreife, daß ein Mann wie Jer. Bentham ihn seines Umganges würdigte, und vollendete seit 1820 seine Ausbildung in Frankreich. Von 1823–1858 war er Beamter der Ostindischen Kompanie, 1865–68 Mitglied des Unterhauses. Benthams Hauptwerk übte einen großen Einfluß auf ihn aus, so daß er schon als Jüngling eine »utilitarische« Gesellschaft gründete, von der sich der Name »Utilitarier« herschreibt. Seinen Ruhm als Philosoph verdankt M. vorzüglich seinem Hauptwerk: »System of logic, ratiocinative and inductive«, das er 1832 begann und 1841 vollendete, worauf es 1843 im Druck erschien (9. Aufl. 1875, 2 Bde.; auch Ausg. in 1 Bd.; deutsch von Schiel, 4. Aufl., Braunschw. 1877, und mit Anmerkungen von T. Gomperz, 2. Aufl., Leipz. 1884–87, 3 Bde.). Es steht dieses auf dem Boden des englischen Empirismus und geht darauf aus, »den induktiven Prozeß auf strenge Regeln und einen wissenschaftlichen Probierstein, wie es der Syllogismus für das Schließen ist, zurückzuführen«. Die entgegenstehende Ansicht hat er in seiner »Examination of Sir E-Hamilton's philosophy« (5. Aufl. 1878) zu widerlegen gesucht. Mills Theorie der Induktion war in ihren Grundzügen fertig, als er Comtes (s. d.) »Cours de philosophie positive« kennen lernte und durch ihn für eine Reihe von Jahren ein ebenso feuriger Anhänger der positiven Philosophie wie später entschiedener Gegner der positiven Politik desselben wurde. Letztere hat er in seiner Schrift »Auguste Comte and the positivism« (Lond. 1865, 4. Aufl. 1890; deutsch von Elise Gomperz, Leipz. 1874) hauptsächlich ihrer hierarchischen Tendenzen halber einer vernichtenden Kritik unterzogen. In seiner Abhandlung »Utilitarianism« (1863) gibt er Regeln, deren Befolgung zu einer möglichst leidlichen und genußreichen Existenz in möglichst großer Ausdehnung führen soll. Als Nationalökonomen haben M. zuerst seine 1844 erschienenen »Essays on some unsettled questions of political economy« (2. Aufl. 1874) Ruf verschafft, die Vorläufer seiner 1848 zuerst erschienenen »Principles ok political economy« (7. Aufl. 1871; deutsch von Soetbeer, 4. Ausg., Leipz. 1881–85, 2 Bde.), die in England sich als das neben den Werken von Macculloch verbreitetste und angesehen ste Lehrbuch der Nationalökonomie behauptet haben. Wesentlich an die Gedanken von Adam Smith und Ricardo anknüpfend, hat M. nach Vollständigkeit und Systematik gestrebt, sich indessen sozialistischen Anwandlungen, zu denen er durch den Schüler Saint-Simons, G. d'Eichthal, Anregung empfing, nicht verschlossen. Von den zahlreichen politischen Schriften Mills sind zu nennen die »Considerations on representative government« (1861, 3. Aufl. 1865; Index 1904; deutsch von Wessel, Leipz. 1873), ferner der »Essay on liberty« (1859 u. ö.; deutsch in Reclams Universal-Bibliothek). M. stand als Politiker durchaus auf dem Boden der radikalen Parteien und ist, nicht ohne Beeinflussung durch seine geistreiche und hochgesinnte Freundin und nachherige Frau (Mrs. Taylor), die auf ihn einen ähnlichen Zauber ausübte wie Madame de Vaux auf Aug. Comte, ein eifriger Anhänger des Frauenstimmrechts gewesen, für das er namentlich in der »Subjection of women« (1869, 5. Aufl. 1883; deutsch von Jenny Hirsch, 3. Aufl., Berl. 1891) eintrat. Seine »Dissertations and discussions« erschienen gesammelt in 4 Bänden (2. Aufl., Lond. 1875). Nach seinem Tode wurden herausgegeben seine »Autobiography« (1873; deutsch von Kolb, Stuttg. 1874), in der er seine Erziehung ausführlich schildert, und drei religiöse Aufsätze: »Nature, the utility of religion, and Theism« (1874, 3. Aufl. 1885; deutsch von Lehmann, Berl. 1875), die eine ernstliche Hinneigung zum Manichäismus verraten, ferner Mills »Correspondance inédite avec Gustave d'Eichthal« (Par. 1897) und »Lettres inédites de James Stuart M. à Auguste Comte, avec les réponses d'Aug. Comte« (mit Einleitung von Lévy-Bruhl, das. 1899). Die von T. Gomperz redigierte deutsche Ausgabe von Mills »Gesammelten Werken« (Leipz. 1873–80, 12 Bde.) enthält außer den oben angeführten Hauptwerken auch die vermischten kleinern Schriften (Bd. 10–12). Vgl. Taine, Le positivisme anglais, étude sur Stuart M. (Par. 1864); F. A. Lange, Mills Ansichten über die soziale Frage (Duisb. 1866); Littré, A. Comte et Stuart M. (3. Aufl., Par. 1877); Courtney, The metaphysics of John Stuart M. (Lond. 1879) und dessen Biographie Mills in den »Great writers« (das. 1888); Bain, James Stuart M., a criticism (das. 1885); Lauret, Philosophie de Stuart M. (Par. 1885); Gomperz, John Stuart M., ein Nachruf (Wien 1889); Douglas, James Stuart M., a study of his philosophy (Lond. 1895; deutsch, Freib. i. Br. 1897); Sänger, John Stuart M. Sein Leben und Lebenswerk (Stuttg. 1901).

3) Hugh Robert, engl. Geograph, geb. 28. Mai 1861 in Ihurso, seit 1900 Direktor der British Rainfall Organisation. Er ist namentlich auf den Gebieten der Ozeanographie und Klimatologie tätig und schrieb außer verschiedenen Unterrichtsbüchern: »The vertical relief of the globe«; »The permanence of Ocean basins«; »Realm of nature; an outline of physiography« (1892); »The international geography, by seventhy authors« (Lond. 1899, 3. Aufl. 1903); »New lands, their resources and prospective advantage« (1900); »The antarctic manual« (1901); »A fragment of the geography of England« (1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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