Milchstraße

Milchstraße

Milchstraße (hierzu Tafel »Milchstraße I u. II«), der in weißlichem Licht (Astrallicht) schimmernde Gürtel, der das Himmelsgewölbe in zwei nicht ganz gleiche Teile teilt und aus sehr zahlreichen kleinen und kleinsten Sternen besteht. Genaue Darstellungen des Verlaufs der M., die in der Zukunft eventuelle Veränderungen in der Gestalt dieses leuchtenden Gürtels festzustellen ermöglichen, sind sehr schwierig anzufertigen, da nur die Beobachtung mit dem bloßen Auge imstande ist, den matten leuchtenden Glanz der M. in allen ihren Verzweigungen wahrzunehmen, während schon ein schwaches Fernrohr den Gesamteindruck durch die Auflösung in Sterne verwischt. Die besten Zeichnungen der M. lieferten Heis, Böddicker, Easton und Trouvelot. Von letzterm rührt die beifolgende Tafel I her, die den Zweig der M. darstellt, wie er auf der nördlichen Halbkugel in den Sommer- und Herbstmonaten erscheint; er schneidet den Äquator im Sternbilde des Adlers und ist leicht nach Osten (links) geneigt. Oben auf der Tafel beginnt sie in zwei Streifen getrennt im Sternbilde der Cassiopeja, der rechte Streifen geht durch das Sternbild des Cepheus und kommt hier dem Nordpol am nächsten, der linke hellere Streifen durchzieht das Sternbild der Eidechse, dann vereinigen sich beide in dem Sternbilde des Schwanes; hier ist die M. sehr hell und ihre Gestalt sehr verwickelt, es treten einige helle, wolkenartige Verdichtungen in der Nähe des hellen Sternes Deneb auf. Südlich von Deneb scheint eine unregelmäßige dunkle Spalte die M. in ihrem nördlichen Teil zu trennen. Von hier an teilt sie sich in zwei große Zweige, die auf weite Himmelsstrecken durch eine dunkle Rille voneinander getrennt verlaufen. Der rechte Zweig bildet eine riesige leuchtende Wolke zwischen den Sternen γ und β im Schwan und wendet sich dann nördlich durch die Sternbilder der Leier, des Fuchses, Herkules, Adler und Ophiuchus, wo er, immer schwächer werdend, wenige Grade südlich vom Äquator endigt. Der linke Hauptzweig bildet eine helle Verdichtung bei dem Stern ε im Schwan, geht dann durch die Sternbilder des Fuchses und Adlers, wo er den hellen Stern Atair ganz umschließt, und dann auf die südliche Hemisphäre in das Sternbild des Sobieskischen Schildes. Hier bildet die M. wieder mehrere unregelmäßige Wolken und sendet einen Ausläufer nach dem Skorpion hin, der den hellen Stern Antares umschließt. Bis hierhin ist der Verlauf der M. auf der Tafel dargestellt, unter dem Horizont (vgl. die Sternkarten beim Artikel »Fixsterne«) geht sie dann durch die Sternbilder Altar, Lineal, Zirkel, Kentaur und Fliege zum Südlichen Kreuz, wo sie die größte Helligkeit erreicht, nachdem sie kurz vorher durch den dunkeln, Kohlen sack genannten Fleck getrennt wird; dann geht sie durch das Schiff Argo zum Großen Hund, dicht bei Sirius vorbei und wird nun auch wieder für nördliche Breiten sichtbar. Ihr weiterer Verlauf geht durch die Sternbilder Einhorn, Orion, Zwillinge, Fuhrmann, Giraffe, Perseus wieder zur Cassiopeja hin, wo die Darstellung auf der Tafel beginnt.

Was die Erklärung des Milchstraßenphänomens betrifft, so haben wir es jedenfalls mit einem ungeheuern Sternhaufen zu tun, dem auch unser gesamtes Sonnensystem angehört; um aber die Gestalt und Anordnung dieses Sternhaufens bestimmen zu können, ist es notwendig, daß genauere Ausstellungen über die Zahl und Verteilung der Sterne, namentlich der schwächern, vorhanden sind; diese existieren aber in vollständiger Weise nur für die Sterne bis zur neunten Größe, für die schwächern Sterne wird erst die photographische Himmelskarte das Material liefern. Die Annahme von Herschel, daß das Milchstraßensystem eine linsenförmige Gestalt habe, und daß die Sterne gleichmäßig in demselben verteilt seien, kann jedoch heute schon nicht mehr als wahrscheinlich betrachtet werden; wahrscheinlich ist es, daß das ganze System eine ringförmige oder spiralige Anordnung hat. Um die Willkür, welche Zeichnungen der M. mit bloßem Auge immerhin darbieten, zu vermeiden, hat man neuerdings mit gutem Erfolg photographische Aufnahmen derselben mit sehr kleinen Linsen hergestellt. Tafel II zeigt sechs solcher Milchstraßenphotographien, die von Barnard mit einer Linse von nur 11/2 Zoll Durchmesser von verschiedenen Teilen der M., namentlich am Südhimmel, aufgenommen worden sind und sowohl den außerordentlichen Sternreichtum als auch den Verlauf und die Grenzen der M. deutlich erkennen lassen. Vgl. die Textbeilage zu Artikel und Karte »Fixsterne«; Samter, Die M. (Berl. 1895). – Über den Mythus der Entstehung der M. s. Phaëthon 2). Nach andrer Sage brachte Hermes den Herakles als Säugling in den Olymp und legte ihn der Hera, während sie schlief, an die Brust. Diese warf ihn aber beim Erwachen von sich, und von der verspritzten Milch entstand die M. am Himmel.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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