Menschenrassen

Menschenrassen

Menschenrassen (hierzu die »Ethnographische Karte«, mit Textblatt: »Übersicht der Menschenrassen und Völkerschaften«), die verschiedenen, durch besondere typische Eigenschaften (Rassenmerkmale) gekennzeichneten Gruppen, in die das Menschengeschlecht zerfällt. Ob man die so gebildeten Gruppen im zoologischen Sinn als ebenso viele verschiedene Arten (Spezies) oder als Rassen, d. h. als konstant gewordene (erbliche) Varietäten einer einzigen Art, anzusehen hat, wird so lange eine offene Frage bleiben, bis über die Begriffe Art, Varietät und Rasse Übereinstimmung unter den Naturforschern herrschen wird. Die Ansichten über die Kriterien, die man an eine Art und eine Varietät zu stellen hat, gehen noch sehr auseinander. Im allgemeinen kann man wohl sagen, daß eine Anzahl charakteristischer Züge und deren regelmäßige, fortgesetzte Vererbbarkeit sowie Fruchtbarkeit der Individuen innerhalb der Art und Unfruchtbarkeit zwischen Individuen verschiedener Arten die Spezies kennzeichnen. Allerdings sind auch diese Kriterien durch die Transformationslehre zum Teil hinfällig geworden, die den Nachweis erbracht hat, daß für konstant gehaltene Merkmale sich abändern und neu entstandene Merkmale sich vererben können, sowie daß Kreuzungen innerhalb der Art vorkommen (z. B. zwischen Wolf und Hund, Ziege und Schaf, Gemse und Schaf u. a.), daß also auch die Art wandelbar ist. Halten wir indessen an der oben gegebenen Definition der Art fest, so würde bezüglich des Menschen die Möglichkeit einer scheinbar unbegrenzten Fruchtbarkeit geschlechtlicher Mischungen zwischen den Vertretern verschiedener M., desgleichen die allmählichen Übergänge, die von einer Rasse zur andern stattfinden, gegen die Annahme verschiedener Menschenarten sprechen. Über die Veränderlichkeit des Typus Mensch herrscht allerdings unter den Anthropologen ebenfalls keine Übereinstimmung. Während auf der einen Seite (Kollmann) die Ansicht vertreten wird, daß der Mensch ein Dauertypus sei, da er sich seit dem Diluvium nicht verändert habe, behaupten andre, daß der Mensch wie jedes andre lebendige Wesen Veränderungen unterworfen sei und auf dem Wege sich befände, neue Rassen zu bilden, wofür die Bevölkerung Nordamerikas als Beispiel diene. Die letztere Auffassung dürfte zurzeit die meisten Vertreter finden. Dementsprechend geht auch die Auffassung der neuern Anthropologie da hinaus, daß die M. keine besondern Arten, sondern nur Varietäten bedeuten.

Die unterscheidenden körperlichen (somatischen) Rassenmerkmale beruhen teils auf der Beschaffenheit des Integuments (Haut, Haar, Augen), teils auf dem Verhalten der Knochen, insbes. des Schädelbaues, sowie verschiedener Organe, wie z. B. des Gesichts, des Gehirns. Die verschiedene Hautfarbe wurde von jeher dem Einteilungsprinzip zugrunde gelegt; sie wird durch die Farbe des in der Haut kreisenden Blutes, die Dicke und Durchsichtigkeit der obern Hautschicht und vor allem durch einen in den Zellen der tiefern Schichten der Oberhaut, dem sogen. Rete Malpighii, in Form feinster brauner Körner abgelagerten Farbstoff (Pigment) bedingt; je nach seiner dichtern oder lockern Verteilung erscheint die Haut schwarz, braun, rot oder gelb und endlich weißrot; im letztern Falle schimmert die natürliche Farbe des Blutes, die bei dunklerer Färbung durch das Hautpigment mehr oder weniger verdeckt wird, durch die fast völlig pigmentfreie Haut hindurch. Da die Sprache außerstande ist, auch nur annähernd den Reichtum an Nuancierungen und Tiefen der Färbung in Worten auszudrücken, so bedient man sich zur Feststellung der verschiedenen Rassenfarben sogen. Farbentafeln (am bekanntesten die von Broca entworfene, erhältlich bei G. Masson in Paris) und direkt auf die Haut auslegbarer Farbenstreifen, die eine große Anzahl von mit Nummern versehenen Farbentönen zum Vergleich und zur sichern Bezeichnung der zu untersuchenden Hautfarbe enthalten. Auch der Drüsen- und Fettreichtum der Haut (Hautglanz, spezifischer Geruch) ist für die Rassenkunde von Bedeutung. So besitzen die Weiber gewisser Völker (Hottentotten u. a.) höchst merkwürdige Fettanhäufungen in der Gegend der Hinterbacken (Steatopygie). Bestimmte Völker lassen einen besondern Geruch aus ihrer Haut ausströmen. Auch die Gestalt der weiblichen Brust (schalen-, halbkugelförmig, konisch u. a.), ihre Größe (üppig, voll, mäßig u. a.) und Festigkeit (stehend, sich senkend, hängend), desgleichen die Beschaffenheit der Warzenhöfe und Warzen geben wichtige Rassenmerkmale ab.

Eine besondere Bedeutung legt man den Haaren bei. Hier kommen Farbe (blond, hellbraun, dunkelbraun, schwarz und rot), Krümmungsverhältnisse (straff, schlicht, wollig, lockig, kraus und spiralig gerollt), Dicke und Querschnitt (kreisförmig, elliptisch-plattgedrückt, bohnenförmig u. a.), Menge (sehr reichlich, reichlich, spärlich, fehlend), Verbreitung über den Körper (Bartwuchs) in Betracht. Dabei zeigen mancherlei Wechselbeziehungen, daß es sich hierbei nicht um bloß äußerliche, sondern um tiefer in die Konstitution eindringende Merkmale handelt. Blondes Haar trifft man fast nur bei hellhäutigen, schwarzes dagegen bei hell- und dunkelhäutigen Rassen an. Die Querschnittform steht mit den Krümmungsverhältnissen in enger Beziehung. Je mehr der Querschnitt sich dem Kreise nähert, um so weniger neigt das Haar zur Kräuselung, hingegen weisen stark gekräuselte Haare einen mehr ovalen bis elliptisch-plattgedrückten Querschnitt (Bandform) auf. Je nach dem »Haarstand« ergibt sich spärliches, dichtes, nicht gruppiertes oder gruppiertes (büschelförmiges) Haar.

In enger Beziehung zu der Farbe der Haut und Haare steht die der Augen (blau, grau, braun, gelb, grünlichgelb). Durch genaue Erhebungen über Haar- und Augenfarben europäischer Schulkinder hat sich herausgestellt, daß der blonde, blauäugige Typus vor allem im europäischen Norden vertreten ist und sehr schnell nach Süden zu dem brünetten Typus mit dunkeln Augen Platz macht. Je mehr das dunkle Pigment im Haar zunimmt, um so mehr erfüllt es im allgemeinen auch die Regenbogenhaut. Daher sind blaue Augen bei dunkelhaarigen Rassen selten.

Die Verschiedenheit des Knochenbaues drückt sich in erster Linie in der Körperlänge aus (s. Mensch, S. 607). Weitere Rassenunterschiede liegen in der Länge und Form der Gliedmaßen, in der Bildung des Beckens etc. Namentlich aber zeigen sich wesentliche Verschiedenheiten in der Bildung des knöchernen Schädels und Gesichts. Das Augenmerk der Anthropologen richtet sich daher in erster Linie auf die Feststellung der Größen- und Formenverhältnisse des knöchernen Schädels (Verhältnis von Länge, Breite und Höhe; ob er lang oder kurz, breit oder schmal, hoch oder niedrig ist), wozu neben der Beschreibung und bildlichen Darstellung (Kranioskopie) die Messung der Hauptdimensionen (Kraniometrie) dient. Andreas Retzius stellte als erster dafür feste Grundsätze auf, indem er das gegenseitige Verhältnis der beiden wichtigsten Schädeldurchmesser, des größten Längen- und des größten Breitendurchmessers, zugrunde legte. Beim Überwiegen des erstern entsteht eine mehr länglich-ovale, bei dem des letztern eine mehr rundlich-kurze Schädelform. Die Völker der ersten Gruppe bezeichnete er als Langschädel (Dolichokephalen), die der zweiten als Rund- oder Kurzköpfe (Brachykephalen). Das Nähere s. unter Dolichokephalie und Brachykephalie. Jede Hauptgruppe schied er wieder je nach dem stärkern und geringern Vorspringen der Kiefer und Zähne über das Gesichtsprofil in schiefzähnige (prognathe) und geradzähnige (orthognathe) Völker. In die so entstehenden vier Abteilungen versuchte Retzius nun alle Völker der Erde unterzubringen. Indessen stellte sich bald heraus, daß diese kraniologischen Merkmale allein nicht ausreichen, eine Rasseneinteilung zu begründen, weil auf diese Weise Völker in eine Gruppe zusammengeworfen werden, die im übrigen so verschiedenartig wie möglich sind. Trotzdem ist das von Retzius angegebene Prinzip, der Schädelindex, d. h. das Verhältnis zweier seiner Hauptmaße zueinander (das größere Maß = 100 gesetzt), eines der wichtigsten Kennzeichen der Schädelmessung geblieben.

Bedeutungsvoll erscheint nächstdem der Knochenbau des Gesichts. Hier kommt das gegenseitige Verhältnis von Gesichtsbreite und Gesichtslänge zunächst in Betracht. Man unterscheidet hohe, bez. schmale (leptoprosope) und niedrige, bez. breite (brachyprosope) Gesichter. Das Hervorspringen der Jochbeine, die Abflachung des ganzen Gesichts, die Bildung der Stirn (breit, schmal, hoch, niedrig, fliehend, gerade), das Hervortreten der Überaugenwülste und des Nasenwulstes, die Augenweite tragen zur Charakterisierung der Physiognomie der Rassen bei. Dazu kommen noch die Form, Stellung und Größe der Augenhöhlen, der Nasenöffnung, die Gestalt des Gaumens und der sogen. Gesichtswinkel. Näheres s. Schädel.

An dem von Weichteilen bekleideten Gesicht und Schädel sind ferner für die Unterscheidung der Menschen in Rassen wichtig: die Art der Haarumrandung (winklig-eckig, rund etc.), die Gestalt der Nase (gerade, Adler-, Stumpf-, breite, flache, platte Nase), die Stellung derselben zur Stirn (tief abgesetzt, mit der Stirn eine gerade Linie bildend etc.), die Form der Nasenflügel, die Stellung und Form der Augenspalte (Europäer-, Mongolenauge), Öffnungsweite derselben, die Form des Ohres, Sitz des Ohrläppchens, die Mund- und Lippenbildung (gewulstet und breit oder schmal und sein), die Stellung (vertikal oder schräg zum Kieferrande), Größe und das Aussehen der Zähne.

Von den innern Organen scheint das Gehirn (Gewicht, Windungen) Rassenunterschiede darzubieten. Die diesbezüglichen Untersuchungen sind noch in den Anfängen begriffen. Auch gewisse physiologische Rassencharaktere sind von Bedeutung, wie das zeitliche Auftreten der Pubertät, die Dauer des Säugens der Kinder, die mittlere Lebensdauer. Endlich muß auch die Anlage und Neigung zu bestimmten Erkrankungen und die Immunität gegen andre zu den Rassenmerkmalen gerechnet werden. So neigen die nordischen Völker in viel höherm Grade zu Malaria und Gelbfieber als die südeuropäischen, die erstern auch mehr zur Schwermut und zum Selbstmord, die letztern hingegen mehr zur Manie und Tobsucht. Die Neger verhalten sich ziemlich immun gegen Malaria und Gelbsucht, werden indessen ganz besonders stark von der Schwindsucht heimgesucht. Unter den semitischen Völkern ist die Neigung zu Nerven- und Geisteskrankheiten besonders groß, im besondern auch zu Zuckerkrankheit, hingegen verhalten sie sich refraktär gegenüber Epilepsie, Gehirnerweichung und Abdominaltyphus.

Unter den psychischen Rassenmerkmalen steht die Sprache obenan; nächstdem kommen die Kultur- und Gesellschaftsform, die religiösen Anschauungen, Überlieferungen etc. in Betracht. Die Sprache ist jedoch nichts weniger als ein sicheres Rassenmerkmal, weil durch Eroberung, Wanderungen etc. selbst den Eroberern oft genug eine fremde Sprache aufgedrängt wird. Dessenungeachtet geben oft geringe Reste eines fremden Sprachstammes, die einer andern Sprache, z. B. in Gestalt von Wurzelwörtern, beigemischt sind, wichtige Fingerzeige über die Zusammensetzung eines Volkes. Man unterscheidet in der Regel einsilbige (Chinesisch, Siamesisch, Burmanisch), suffigerierende (Uralisch-altaisch) und präfigerierende (Südafrikanisch) Sprachen, dann Agglutinations- oder polysynthetische (Amerikanisch, mit Ausschluß der Eskimosprache, Australisch, Ägyptisch etc.) Sprachen und schließlich Flexionssprachen (Sanskrit und die demselben verwandten Idiome).

Brauch und Sitte der Völker sind von mehr untergeordneter Bedeutung für die Rassenlehre. Die Wiederkehr einzelner charakteristischer Züge bei verschiedenen Völkern (z. B. die Stellung der Weiber im Familienleben, die Zeremonien bei der Geburt eines Kindes, beim Eintreten der Mannbarkeit, bei der Eheschließung, bei der Leichenbestattung, zeremonielle Handlungen beim Gottesdienst, abergläubische Handlungen u. a.), der Gebrauch bestimmter Werkzeuge zu gleichen Zwecken wird sich zwar oft genug durch gegenseitigen Austausch erklären lassen, jedoch wird man noch häufiger die Beobachtung machen, daß unter gleichen äußern Umständen und Bedingungen Völker an den verschiedensten Stellen der Erde zu gleichen Vorstellungen und Sitten gelangen. Für diese Parallelerscheinungen und übereinstimmenden Anschauungen in Recht, Sitte und Brauch, die über die Grenze ethnologischer Verwandtschaft hinausgeht, hat Bastian die Bezeichnung des Völkergedankens erfunden. »Von allen Seiten, aus allen Kontinenten tritt uns unter gleichartigen Bedingungen ein gleichartiger Menschengedanke entgegen, mit eiserner Notwendigkeit.... Überall aber, wenn den Ablenkungen durch die auf der Oberfläche schimmernden Lokalfärbungen widerstehend, gelangt ein schärferes Vordringen der Analyse zu gleichartigen Grundvorstellungen; und diese in ihren primären Elementargedanken, unter dem Gange des einwohnenden Entwickelungsgesetzes, festzustellen, für die religiösen ebensowohl wie für die rechtlichen und ästhetischen Anschauungen... bilden die Aufgaben der Ethnologie

Der erste Versuch, die Menschen in Klassen einzuteilen, stammt aus dem Jahre 1684 von dem Franzosen F. Bernier (die Weißen in Europa, die Gelben in Asien, die Schwarzen in Afrika und die Lappen im Norden). Den zweiten Versuch unternahm Linné, indem er die Varietäten Amerikaner, Europäer, Asiaten und Afrikaner unterschied. Seitdem hat es an zahlreichen Versuchen nicht gefehlt, die Menschen zu klassifizieren. Die Zahl der Einteilungen schwankt zwischen 2 und 60, indessen macht sich bei allen diesen Versuchen die Neigung geltend, auf die vier von Linné angenommenen Typen zurückzugreifen. Blumenbach fügte zu diesen vier Varietäten noch die malaiische hinzu. Cuvier, fußend auf der Überlieferung, daß nur drei Menschenpaare nach der großen Flut übriggeblieben waren, nahm nur drei M. an: die Kaukasier, die Mongolen und die Neger. Alle Völker, die er nicht in diese Gruppen unterbringen konnte, ließ er einfach fort; »die Rotfarbe der Amerikaner genügt nicht, um aus ihnen eine besondere Rasse zu machen«. In ähnlicher Weise teilte Quatrefages die Menschheit ein: in den weißen Stamm mit der arischen, semitischen und allophylen (Esthen, Kaukasier, Aino) Untergruppe, in den gelben Stamm mit der mongolischen oder mazedonischen und der ugrianischen oder borealen Untergruppe und den schwarzen Stamm mit den Negrito, den Melanesiern, Afrikanern und Saab (Hottentotten) als Untergruppen. Weitere Klassifikationsversuche wurden von Lacépède, Prichard, Flourens, Virey, Bory-de-Saint-Vincent, Desmoulins, Leibniz, Kant, Mortimer, Agassiz u. a. unternommen. Der erste, der eine gewisse Anzahl physischer Merkmale der Einteilung zugrunde legte (Beschaffenheit der Haare, Form der Nase, Hautfarbe, Form der Augen, Volumen der untern Extremitäten) und dadurch den Boden für spätere Einteilungen ebnete, war 1868 Isidore Geoffroy Saint-Hilaire. In neuerer Zeit haben zwei Versuche einer allgemeinen Einteilung der Menschheit eine mehr durchschlagende Bedeutung erlangt: die rein somatische, aber keineswegs im Retziusschen Sinne streng kraniometrische Einteilung von Huxley und die wesentlich auf linguistischen Prinzipien beruhende, aber immer noch mit der somatischen Klassifikation Fühlung behaltenden Einteilung von Friedrich Müllerin Wien, die durch Ernst Haeckel eine Erweiterung erfahren hat.

Huxley unterschied vier Typen: den australoiden, den negroiden, den xanthochroiden und den mongoloiden. Das Völkerschema von Fr. Müller, das sich vornehmlich auf die Sprache und die Beschaffenheit der Haare stützt, ist folgendes:

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Die beste bisherige Einteilung des Menschengeschlechtes scheint unsers Erachtens die von Deniker zu sein.

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Weiteres s. die Textbeilage zur Karte.

Auch unter den Skelettresten der Urzeit Europas lassen sich bereits mehrere Rassen unterscheiden, die heutigestags zum Teil ausgestorben sind, zum Teil den Grundstock für verschiedene moderne Rassen abgegeben haben. Die ältesten menschlichen Überreste, die wir kennen, gehören der paläolithischen Zeit an; von diesen kommen in erster Linie die Schädel in Betracht. Die dem ältern Abschnitte des Paläolithikum angehörigen Schädel, bez. Schädeldecken, nämlich die von Neandertal, Egisheim, Spy, Engis, Brüx, Krapina, Gibraltar, Galley-Hill, Bury St. Edmond, Tilbury (dazu würden noch die von Kannstatt, Stägenäs, Clichy, Olmo kommen, deren Altersbestimmung allerdings unsicher ist), sowie die Unterkiefer von Spy, La Naulette, Schipkahöhle, Malarnaud, desgleichen die Zähne von Tenbach zeichnen sich vor den entsprechenden rezenten Skeletteilen durch eine Reihe pithekoider Eigenschaften (s. oben) in dem Maß aus, daß man sie mit vollem Recht als eine eigne Rasse (Neandertal- oder Kannstattrasse) ansprechen kann. Gegen Ende der Eiszeit, bez. bei Beginn der Postglazialzeit tritt in Mitteleuropa eine zweite Rasse in die Erscheinung, deren Schädel sich bereits durch harmonischere Formen kennzeichnen, die von Cro-Magnon oder Laugerie-Basse; diese findet sich vertreten durch die Funde von Cro-Magnon, Laugerie-Basse, Sordes, Chancelade u. a. Gleichfalls jünger als der Neandertalmensch, aber doch noch von der Cro-Magnonrasse unterschieden, ist die Grimaldirasse, deren Vertreter neuerdings in den Höhlen von Baoussé-Roussé (Grotte des Enfants) bei Mentone aufgedeckt worden sind. Möglicherweise stammt der Cro-Magnontypus von dem von Grimaldi ab. Gegen Ende des Diluviums erscheinen in Europa die ersten kurzköpfigen Einwanderer von Osten her; man bezeichnet sie als Furfoozrasse (Funde von Furfooz, Grenelle, La Truchère etc.).

Vgl. Virey, Histoire naturelle du genre humain (2. Ausg., Brüss. 1834); Prichard (s. d.), Researches into the physical history of mankind (deutsch von R. Wagner, Leipz. 1840–48, 4 Bde.); Waitz, Anthropologie der Naturvölker (Bd. 1–4, das. 1859–64; Bd. 5 u. 6 von Gerland, 1870–71; Bd. 1 in 2. Aufl. 1876); O. Peschel, Völkerkunde (7. Aufl., das. 1897); Fr. Müller, Allgemeine Ethnographie (2. Aufl., Wien 1879); Ratzel, Völkerkunde (2. Aufl., Leipz. 1895, 2 Bde.); Quatrefages de Bréau, L'espèce humaine (8. Aufl., Par. 1886; deutsch, Leipz. 1878) und Histoire générale des races humaines (Par. 1886–89, 2 Bde.); Topinard, L'Anthropologie (5. Aufl., das. 1897; deutsch von Neuhaus, Leipz. 1888); Keane, Man past and present (Cambridge 1899); Ripley, The races of Europe (Lond. 1900); Deniker, The races of men (das. 1900); Lampert, Die Völker der Erde (Stuttg. 1902, 2 Bde.), und die Literatur beim Artikel »Anthropologie«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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